BSG 9. Senat   24.04.2008     B 9/9a SB 7/06 R
Auch ein erhebliches Übergewicht gehört zu den Faktoren, die einen Bezug zu einer Behinderung aufweisen und daher bei der Beurteilung des Gehvermögens Berücksichtigung finden müssen (so BSG, Urteil vom 24. April 2008, B 9/9a SB 7/06 R, SozR 4-3250 § 146 Nr. 1). Die funktionellen Auswirkungen einer Adipositas permagna sind nicht nur bei Einschätzung eines aus anderen Gesundheitsstörungen folgenden GdB erhöhend zu berücksichtigen (vgl. Nr. 26.15 [S. 99]der AHP 200 bzw. Teil B Nr. 15.3 [Bl. 74] der Anlage zur VersMedV), sondern auch insoweit, als sie zu einer Einbuße der in § 145 Abs. 1 Satz 1 SGB IX genannten Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr führen (vgl. BSGE 62, 273, 274 = SozR 3850 § 60 Nr. 2 S 2.).
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 13. Senat   15.04.2010    L 13 SB 82/08/
BSG 9. Senat   30.04.2019     B 9 SB 76/18
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz 6. Senat
  15.06.2018
    L 6 SB 3/17
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz 6. Senat   09.11.2016   L 6 SB 94/16
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen 9. Senat   03.05.2006   L 9 SB 45/03
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 11. Senat   23.06.2011   L 11 SB 374/09
Landessozialgericht Baden-Württemberg 6. Senat   21.02.2013   L 6 SB 4007/12
Insofern ist danach zu fragen, ob die vorliegenden Gesundheitsstörungen bei einem Erwachsenen zur Notwendigkeit einer ständigen Begleitung führen würden
Die behinderungsbedingten Beeinträchtigungen von Säuglingen und Kindern sind also auf einen gedachten Erwachsenen zu übertragen. Soweit bei diesem hiernach die Voraussetzungen für das Merkzeichen B zu bejahen wären, steht es auch dem Säugling oder Kind zu.   >
SG Aachen 18. Kammer   18.02.2020   S 18 SB 181/18
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen 13. Senat   25.04.2018     L 13 SB 93/17
SG Gießen 16. Kammer   30.01.2020    S 16 SB 110/17
Bewertung Autismus bei Erwachsenen:
Diese Grundsätze führen im vorliegenden Fall zur Annahme eines Einsatzwertes von 30 hinsichtlich der autistischen Erkrankung und zu einer Beurteilung des einheitlich zu bewertenden Funktionssystems „Nervensystem und Psyche“ mit einem Einzel-GdB von 40. Hierbei ist im Vergleich zu den Maßstäben nach Teil B Nr. 3.7 VMG zu berücksichtigen, dass nach einem Beschluss des Ärztlichen Sachverständigenbeirats vom 18./19. März 1998 psychische Anpassungsschwierigkeiten, die einen Einzel-GdB von 30 bis 40 rechtfertigen, bereits durch Kontaktschwäche und/oder Vitalitätseinbuße gekennzeichnet sind; derartige vom Sachverständigenbeirat entwickelte Abgrenzungskriterien können zur Auslegung herangezogen werden (BSG, Urteil vom 23. April 2009 – B 9 VG 1/08 – juris Rn. 43; Senat, Urteil vom 26. September 2018 – L 13 SB 32/17 –; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. Februar 2013 – L 11 SB 245/10 – juris Rn. 45 ff.), wobei der Senat Kontaktmöglichkeiten und Vitalität als besonders bedeutsam für die Teilhabe ansieht, ferner den Erhalt der Möglichkeit einer Verfolgung von Lebensfreude. Hierbei setzt eine stärker behindernde psychische Störung, die für sich allein genommen einen Einzel-GdB von 40 rechtfertigt, regelmäßig einen erheblichen Verlust an sozialen Kontakten oder Vitalität voraus, was sich in der Regel durch deutliche Anzeichen sozialer Isolation und/oder Interesselosigkeit und geschwundene Lebensfreude manifestiert. Ein Indiz für bestehenden Leidensdruck ist darüber hinaus auch die Behandlungsfrequenz beim Facharzt für Neurologie und Psychiatrie oder beim Psychotherapeuten, ferner die – ggf. wiederholte – Durchführung stationärer Maßnahmen. Die Überzeugungsbildung in Bezug auf eine dauerhaft bestehende erhebliche psychische Erkrankung ist bei fehlender angemessener Behandlung zumindest erschwert (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 14. Dezember 2016 – L 7 SB 86/15). Selbstverständlich ist diese Aufzählung nicht abschließend; Indizien jeglicher Art sind zur Ermittlung der Schwere der psychischen Beeinträchtigung und des Teilhabeverlustes heranzuziehen und auszuwerten.
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen 13. Senat   14.07.2021    L 13 SB 66/19
Wer aufgrund eines schwerstgradig ausgeprägten Autismussyndroms nicht in der Lage ist, selbstständig zielgerichtet – auch unter Zuhilfenahme einer Begleitperson – eine auch nur geringfügige Strecke zurückzulegen, ist als außergewöhnlich gehbehindert i. S. v. § 229 Abs. 3 SGB IX anzusehen. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens aG sind dann ausnahmsweise trotz prinzipiell physisch vorhandener Gehfähigkeit gegeben
SG Gießen 16. Kammer   30.01.2020    S 16 SB 110/17
Aufgrund der vorliegenden Erfahrungen mit einer CI-Versorgung bei Menschen mit angeborener Taubheit ist je nach Ausmaß des Spracherwerbs ein GdB von 80 bis 100 als Ausnahme zu dem "in der Regel" anzunehmenden GdB von 100 gerechtfertigt. Durch die VmG Teil B Nr. 5.1 selbst sowie auch den Beschluss des Ärztlichen Sachverständigenbeirates Versorgungsmedizin beim BMAS aus dem Jahr 2008 kommt unmissverständlich zum Ausdruck, dass nicht allein das Kriterium der Taubheit, sondern auch die sich aus der jeweiligen Störung des Spracherwerbs resultierende Funktionsbeeinträchtigungen Ausfluss auf die Höhe des GdB haben.
Ein gleich aus welchem Grunde erfolgter Spracherwerb wirkt sich auf den GdB für das Gehör mindernd aus.
SG Chemnitz 16. Kammer   24.01.2017    S 16 SB 180/15Bayerisches Landessozialgericht 3. Senat   11.06.2014     L 3 SB 182/10
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen 10. Senat
28.04.2022
L 10 SB 50/19
Die Bewertung der Colitis ulcerosa richtet sich nach Teil B Nr. 10.2.2 VMG. Mittelschwere Auswirkungen (häufig rezidivierende oder länger anhaltende Beschwerden, geringe bis mittelschwere Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, häufiger Durchfälle) bedingen einen GdB von 30-40, schwere Auswirkungen (anhaltende oder häufig rezidivierende erhebliche Beschwerden, erhebliche Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, häufige, tägliche, auch nächtliche Durchfälle) einen GdB von 50-60. Ob die genannten Regelbeispiele alternativ oder kumulativ zu verstehen sind, ist umstritten (ausdrücklich für ein alternatives Verständnis Sächsisches LSG, Urteil vom 25.05.2005 - L 6 SB 55/04, juris Rn 37; für ein kumulatives Verständnis wohl LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 29.06.2010 - L 7 SB 8/05, juris Rn 63).
Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen 13. Senat   13.06.2014     L 13 SB 371/13
Eine erhebliche Minderung des Kräfte- und Ernährungszustands, die bei chronischen Darmstörungen einen GdB von 50 bedingt, liegt bei einem nur leichten Untergewicht und einem insgesamt ordentlichen Allgemeinzustand nicht vor, zumal wenn keinerlei Therapien durchgeführt werden, so dass der darin zum Ausdruck kommende fehlende Leidensdruck gegen die Einordnung als mittelschwere Störung spricht.
Landessozialgericht Baden-Württemberg 6. Senat   21.03.2013   L 6 SB 446/13
Ein Zustand nach Teilresektion des Dünn- und Dickdarms nach Morbus Crohn und Fistelbildung rechtfertigt trotz häufiger Durchfälle keinen GdB von 50, wenn die Aktivität des Morbus Crohn gering und der Kräfte- und Ernährungszustand gut ist.
Bayerisches Landessozialgericht 2. Senat   25.04.2018   L 2 SB 199/17
Nach Teil B Nr. 10.2.2 VMG wird eine Colitis ulcerosa bei mittelschwerer Auswirkung (häufig rezidivierende oder länger andauernde Beschwerden, geringe bis mittelschwere Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, häufige Durchfälle) mit einem Einzel-GdB von 30 bis 40 und eine Colitis ulcerosa mit schwerer Auswirkung (anhaltende oder häufig rezidivierende erhebliche Beschwerden, erhebliche Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, häufige, tägliche, auch nächtliche Durchfälle) mit einem Einzel-GdB von 50 bis 60 bewertet. Die diesbezügliche Grenzziehung ist nicht eindeutig.
Ob die genannten Regelbeispiele alternativ oder kumulativ vorliegen müssen, dürfte entsprechend einer Stellungnahme des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales als Verordnungsgeber dahingehend zu beantworten sein, dass es sich um nicht abschließende Beispiele handelt, wobei der Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes eine nicht unerhebliche Bedeutung zukommt
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen 13. Senat   24.02.2021   L 13 SB 83/181. Die Frage, ob "mittelgradige" und "schwere" soziale Anpassungsschwierigkeiten vorliegen, stellt sich im Rahmen von Teil B Nr 3.7 der Anlage zu § 2 VersMedV überhaupt nur, wenn eine schwere psychische Störung vorliegt.
2. Zur Auslegung der Begriffe "leichte", "mittelgradige" und "schwere" soziale Anpassungsschwierigkeiten können die vom Ärztlichen Sachverständigenbeirat beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales am Beispiel des "schizophrenen Residualzustandes" entwickelten Abgrenzungskriterien herangezogen werden.
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 11. Senat
10.05.2022
L 11 SB 125/18
SG Magdeburg 2. Kammer
03.07.2019
S 2 SB 366/17
SG Aachen 18. Kammer
20.08.2019
S 18 SB 17/18
Sächsisches Landessozialgericht 9. Senat
26.11.2019
L 9 SB 60/17
Auch durch die Diabetestherapie verursachte Einschränkungen bei Reisen oder dem Besuch öffentlicher Veranstaltungen begründen allein keine gravierenden Beeinträchtigungen in der Lebensführung, können aber im Zusammenwirken mit weiteren durch den Diabetes hervorgerufenen Einschnitten im Rahmen der anzustellenden Gesamtbetrachtung diese Annahme rechtfertigen.
Die Berücksichtigung von Folgeerkrankungen des Diabetes im Rahmen vom Teil B Nr 15.1 Abs 4 VmG erfordert nicht, dass diese Folgeerkrankungen auch isoliert mit einem GdB zu bewerten sind.
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht 2. Senat
  14.02.2020
  L 2 SB 54/18 
Soweit es die Feststellung eines GdB von 50 betrifft, enthält Teil B Nr 15.1 Abs 4 AnlVersMedV nF seinem Wortlaut nach drei Beurteilungskriterien: täglich mindestens vier Insulininjektionen, selbstständige Variierung der Insulindosis in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzucker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung sowie eine (durch erhebliche Einschnitte) gravierende Beeinträchtigung in der Lebensführung. Diese Kriterien sind nach Auffassung des Senats nicht jeweils gesondert für sich genommen starr anzuwenden; vielmehr sollen sie eine sachgerechte Beurteilung des Gesamtzustandes erleichtern (BSG Urteil vom 25.10.2012 - B 9 SB 2/12 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 16 RdNr 34).
Insoweit ist es nicht erforderlich, dass ausnahmslos an allen Tagen eine Anzahl von vier Insulininjektionen durchgeführt wird. Hierzu hat der Senat bereits entschieden, dass eine Bewertung des GdB, die sich ausschließlich an der Zahl der Insulininjektionen pro Tag orientiert, nicht überzeugt. Vielmehr ist der Therapieaufwand neben der Einstellungsqualität zu beurteilen (s Urteil vom 24.4.2008, aaO RdNr 40). Dazu hat der Senat ausgeführt, dass der GdB relativ niedrig anzusetzen sein wird, wenn mit geringem Therapieaufwand eine ausgeglichene Stoffwechsellage erreicht wird, und der GdB bei (in beeinträchtigender Weise) wachsendem Therapieaufwand und/oder abnehmendem Therapieerfolg (instabiler Stoffwechsellage) höher einzuschätzen sein wird (aaO). Obwohl die Begründung der Zweiten Verordnung zur Änderung der VersMedV insoweit inhaltlich keine konkrete Aussage trifft (BR-Drucks 285/10), wollte der Verordnungsgeber der Rechtsprechung des BSG erklärtermaßen folgen (s BR-Drucks 285/10 S 3). Es ist daher davon auszugehen, dass er bei der Neufassung des Teil B Nr 15.1 AnlVersMedV zum 22.7.2010 die Zahl von vier Insulininjektionen am Tag nicht als absoluten Grenzwert angesehen hat (BSG Urteil vom 25.10.2012, aaO RdNr 35).
Des Weiteren verlangt das Erfordernis einer "selbstständigen" Variation in der Insulindosis kein "ständiges" Anpassen der Dosis. Entscheidend ist die Abhängigkeit der jeweiligen Dosierung vom aktuellen Blutzucker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung. Sie kann demnach unter Umständen auch mehrfach gleich bleiben. In keinem Fall ist insoweit allein auf die Anzahl von zusätzlichen Korrekturinjektionen abzustellen (BSG Urteil vom 25.10.2012, aaO RdNr 36).
BSG 9. Senat   17.04.2013    B 9 SB 3/12 REine Diabetes Mellitus-Erkrankung bedingt erst dann einen Grad der Behinderung von 50, wenn die betroffene Person auch unter Berücksichtigung des Therapieaufwands insgesamt in ihrer Lebensführung erheblich beeinträchtigt ist.
BSG 9. Senat   16.03.2016     B 9 SB 1/15 R
BSG 8. Senat
30.09.1999
B 8 KN 9/98 KR R
BSG 9. Senat
15.07.2004
B 9 SB 46/03 B
Nach Teil A Nr. 3 d) ee) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ist es bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem Einzel-GdB von 20 vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Diese Regelung ist so auszulegen, dass Leiden, die mit einem GdB von "gerade eben" 20, also einem "schwachen" GdB von 20 bewertet werden, grundsätzlich nicht in die Gesamt-GdB-Bildung einfließen.
Leiden, die mit einem "mittleren" oder "hohen" GdB von 20 bewertet werden, sind dann geeignet, das Gesamtmaß der Beeinträchtigung zu erhöhen, wenn sie unabhängig nebeneinander und neben der Hauptbeeinträchtigung stehen oder sich untereinander oder mit dem Hauptleiden verstärken bzw. besonders nachteilig aufeinander auswirken. Sie sind hingegen dann nicht zu bewerten, wenn sich in den Auswirkungen im täglichen Leben Überschneidungen ergeben (vgl. Teil A Nr. 3 d VMG).
Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen 6. Senat
In Konstellationen zweier führender Einzel-GdB von 30, bei denen die diesen Werten jeweils zugrundeliegenden Funktionsbeeinträchtigungen in ihren Auswirkungen voneinander völlig unabhängig sind und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen, ist die Annahme der Schwerbehinderteneigenschaft nicht nur in begründeten besonderen Fällen, sondern im Regelfall möglich, eine Gesamtabwägung führt in derartigen Konstellationen im Einzelfall häufiger zur Annahme eines GdB von 50 und damit der Schwerbehinderteneigenschaft.
Gesamt-GdB 50 bei zwei Einzel-GdB 30 für chronisch-entzündliches Darmleiden und Lungenfunktionseinschränkung
SG Aurich 4. Kammer
04.05.2022
S 4 SB 154/21
Aus Einzel-GdB von 40 und 10 folgt in aller Regel ein Gesamt-GdB von 40, aus Einzel-GdB von 40 und 20 ein Gesamt-GdB von regelmäßig 40 und nur ausnahmsweise von 50 und aus Einzel-GdB von 40 und 30 in aller Regel ein Gesamt-GdB von 50.
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 11. Senat
06.01.2020
L 11 SB 177/17
Die nach A 2e Satz 2 VMG vorgeschriebene zusammengefasste Bewertung von Funktionsbeeinträchtigungen in einem Funktionssystem verbietet es, die hierunter fallenden Behinderungen jeweils mit einem Einzel-GdB im Sinne von A 3a Satz 1 Halbsatz 1 VMG zu bewerten. Vielmehr ist für das gesamte Funktionssystem – hier „Gehirn einschließlich Psyche“ – ein einziger Einzel-GdB zu bestimmen. Zur Bestimmung dieses Einzel-GdB ist in analoger Anwendung des A 3c VMG für das jeweilige Funktionssystem in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einsatz-GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung in diesem Funktionssystem zunimmt.
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 13. Senat
20.12.2018
L 13 SB 303/16
Landessozialgericht Hamburg 3. Senat
19.05.2022
L 3 SB 7/19
Im ersten Schritt sind die einzelnen nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinne von regelwidrigen (von der Norm abweichenden) Zuständen (s § 2 Abs 1 SGB IX) und die sich daraus ableitenden, für eine Teilhabebeeinträchtigung bedeutsamen Umstände festzustellen.
Im zweiten Schritt sind diese dann den in der Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung (Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze"
Im dritten Schritt ist dann - in der Regel ausgehend von der Beeinträchtigung mit dem höchsten Einzel-GdB (Teil A Nr 3 Buchst c VMG) - in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Beeinträchtigungen der Gesamt-GdB zu bilden. Dabei können die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen (sich decken), sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinander stehen. Außerdem sind bei der Gesamtwürdigung die Auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen, für die in der GdB-Tabelle der VMG feste Grade angegeben sind (Teil A Nr 3 Buchst b VMG).
BSG 9. Senat
  16.12.2021
  B 9 SB 6/19 R
Bemessung des Gesamt-Grades der Behinderung bei GdB 50 für psychische Erkrankung und Vorliegen von weiteren Beeinträchtigungen.
Landessozialgericht Hamburg 3. Senat
  19.05.2022
  L 3 SB 7/19
Ohne die Möglichkeit einer solchen Zuordnung ist die Gesundheitsstörung aber nicht per se von einer Feststellung ausgeschlossen.
Eine Vorgabe, dass Beeinträchtigungen aus rechtlichen Gründen deshalb nicht berücksichtigt werden dürfen, weil ein entsprechendes morphologisches Korrelat nicht festgestellt werden konnte, enthalten die VMG nicht.
Ohne eindeutigen Anknüpfungspunkt ist der GdB in Analogie zu vergleichbaren Gesundheitsstörungen zu beurteilen. Dieser Vergleich mit Gesundheitsstörungen, zu denen in der Tabelle feste GdS-Werte angegeben sind, findet sich in VMG als taugliches Instrument zur Bemessung des Gesamt GdB (vgl. Teil B Nr. 1 Buchstabe b VMG zu Gesundheitsstörungen, die in der Tabelle nicht aufgeführt sind; vgl. auch Teil A Nr. 4 Buchstabe a VMG oder Teil B Nr. 33 2. Absatz VMG).
Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen 1. Senat  07.10.2020    L 1 SB 381/17  Aus einem Einzelgrad der Behinderung von 20 für einen Wirbelsäulenschaden, einem weiteren Einzelgrad der Behinderung von 20 für Fußdeformitäten sowie einem dritten Einzelgrad der Behinderung von 20 für eine seelische Störung kann ein Gesamt-Grad der Behinderung von 40 gebildet werden.
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 11. Senat   25.10.2007    L 11 SB 7/03-26Ein Beispiel für einen solchen "schwachen" GdB von 20 ist etwe eine hochfrequenzbetonte Innenohrschwerhörigkeit, die ausweislich des in Ton- und Sprachaudiogrammen ermittelten Hörverlustes unter Berücksichtigung der in den VMG abgedruckten maßgeblichen Tabellen (VMG, Teil A, B. 5.2) lediglich mit einem Einzel-GdB von 15 (aufgerundet 20) zu bewerten ist.
Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen 6. Senat   26.04.2010    L 6 SB 187/09Maßgeblich für die Beurteilung des GdB im Schwerbehindertenrecht ist vorrangig nicht die Diagnose einer Erkrankung. Zwar ist auch diese ärztliche Beurteilung der Gesundheits- und Funktionsstörungen sowie deren Auswirkungen in Beruf, Arbeit und Gesellschaft wichtige Grundlage für die richterliche Bewertung. Die Bezeichnung regelwidriger Zustände mit medizinischen Diagnosen dient jedoch nur der Begründung des den GdB festlegenden Verwaltungsakts, enthält allerdings keine Aussage über die Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen. Der GdB ist deshalb im Kern ein "rechtlicher Begriff" (BSG Urteile vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R = BSGE 91, 205, m.w.N.; und vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 = BSGE 67, 204-211), die Bewertung des GdB damit vorrangig Aufgabe des Gerichtes (BSG Urteile vom 09.03.1988 - 9/9a RVs 14/86 = SozSich 1988, 381 und vom 05.05.1993 - 9/9a RVs 2/92 = SozR 3- 3870 § 4 SchwbG Nr. 5).
Soweit Sachverständige eigene GdB-Werte angeben, handelt es sich um für das Gericht unverbindliche Vorschläge (Urteil des LSG-Rheinland-Pfalz vom 22.05.1996 - L 4 Vs 129/95, Behindertenrecht 1996, 167 ff.; ebenso Urteil des LSG NRW vom 26.02.1998 - L 7 Vs 164/97, mwN).
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt 7. Senat
22.05.2014
L 7 SB 70/08
Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern 3. Senat
29.10.2020
L 3 SB 22/16
Dem Anspruch auf Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes steht nicht entgegen, dass ein Antragsteller einen geeigneten Arbeitsplatz innehat.
BSG 11. Senat
06.08.2014
B 11 AL 5/14 R
Keine Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen bei fehlender Gefährdung des Arbeitsplatzes.
Bayerisches Landessozialgericht 10. Senat
25.10.2017
L 10 AL 107/16
Gleichstelllungsantrag auch für Betriebsratsmitglieder
SG Berlin 57. Kammer
12.02.2018
S 57 AL 1161/16
Allgemein ist davon auszugehen, dass die Gleichstellung eines Beamten gem. § 2 Abs. 3 SGB IX nicht schon generell wegen seiner Unkündbarkeit ausscheidet, was schon der Wortlaut des § 2 Abs. 3 SGB IX in seiner Bezugnahme auf § 156 SGB IX (bis 31.12.2017: § 73 SGB IX), der den Begriff des Arbeitsplatzes in seinem Abs. 1 als Stelle definiert, auf der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, Beamte und Beamtinnen, Richter und Richterinnen sowie Auszubildende und andere zu ihrer beruflichen Bildung Eingestellte beschäftigt werden.
Landessozialgericht für das Saarland 6. Senat
22.02.2019
L 6 AL 4/17
Bei der Frage, ob ein Arbeitsplatz iS des § 156 SGB IX vorliegt, ist allein auf die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit abzustellen.
Sozialgericht für das Saarland 12. Kammer
12.05.2020
S 12 AL 1088/19
Ein Antrag auf Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen beschränkt sich nicht auf den zur Zeit der Antragstellung innegehabten Arbeitsplatz und ggf eine anschließende Arbeitslosigkeit.
Landessozialgericht Baden-Württemberg 3. Senat
09.11.2011
L 3 AL 1949/11
Für Personen, die einen „sicheren Arbeitsplatz“ wie bei Beamten, Richtern auf Lebenszeit und Arbeitnehmern mit besonderem Kündigungsschutz innehaben, bedarf es einer besonderen Prüfung, ob die Voraussetzungen von § 3 Abs. 2 SGB IX vorliegen. Bei diesen Personengruppen können die allgemeinen Voraussetzungen der Gleichstellung wegen Arbeitsplatzgefährdung zwar vorliegen, es bedarf aber einer besonderen Begründung, warum trotz Kündigungsschutz der Arbeitsplatz nachvollziehbar unsicherer ist als bei einem nicht behinderten Kollegen.
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 14. Senat
05.11.2013
L 14 AL 294/10
Vorgreiflich iS des § 114 Abs 2 SGG ist in einem Rechtsstreit um Gleichstellung gemäß § 2 Abs 3 SGB 9 das bereits anhängige Verfahren bei der Versorgungsverwaltung, in dem über den Antrag auf Feststellung eines GdB 30 zu entscheiden ist. Denn auch die spätere Feststellung eines GdB von 30 (rückwirkend) bezogen auf den Zeitpunkt der Stellung des Gleichstellungsantrages oder jedenfalls einem späteren, noch während des laufenden Gleichstellungsverfahrens liegenden Zeitpunkts erfüllt die entsprechende Gleichstellungsvoraussetzung.
Landessozialgericht Baden-Württemberg 8. Senat
05.11.2013
L 8 AL 3774/13 B
Für eine Klage auf Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn die Gleichstellung zwischenzeitlich anerkannt wurde, die Gleichstellung nur noch für vergangene Zeiträume begehrt wird und nichts dazu vorgetragen wird, aus welchen Gründen eine Gleichstellung mit Wirkung für die Vergangenheit gerichtlich geltend gemacht wird.
Wird ein GdB von mind 30 erst deutlich nach dem Antrag auf Gleichstellung rückwirkend festgestellt und hatte der Behinderte bis zu diesem Zeitpunkt einen ungekündigten Arbeitsplatz inne, scheidet eine rückwirkende Gleichstellung ab Antragstellung aus. Da ein vorhandener, ungekündigter Arbeitsplatz durch eine Gleichstellung mit Wirkung für die Vergangenheit nicht gesichert werden muss, fehlt es an der Notwendigkeit der Gleichstellung für die Vergangenheit.
Landessozialgericht Baden-Württemberg 13. Senat
19.11.2013
L 13 AL 2601/13
Die den Anspruch auf Gleichstellung mit einem Behinderten nach § 2 Abs 3 SGB 9 ausschließende Ungeeignet eines konkreten Arbeitsplatzes liegt vor, wenn behinderungsbedingt unverzichtbare Tätigkeiten am Arbeitsplatz nicht ausgeübt oder solche Tätigkeiten nur unter Inkaufnahme sofort oder sicher deswegen künftig auftretender gesundheitsschädlicher Folgen noch verrichtet werden können.
Von den Arbeitsplatzbedingungen verursachte Einwirkungen, die zu Erkrankung führen, machen den Arbeitsplatz noch nicht ungeeignet. Erst wenn die Arbeitsplatzverhältnisse eine substantielle Verschlechterung der Erkrankung bzw Ausweitung der Behinderung bedingen oder eine solche sicher erwarten lassen, ist der Arbeitsplatz ungeeignet und wird der Schutzzweck der Gleichstellung an dem konkret innehabenden Arbeitsplatz verfehlt.
Landessozialgericht Baden-Württemberg 8. Senat
28.02.2014
L 8 AL 501/13
Die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen erfordert, dass die Behinderung eine Ursache für die Notwendigkeit der Gleichstellung ist. In der Konstellation eines bestehenden Arbeitsverhältnisses ist hierfür maßgeblich, ob bei wertender Betrachtung in der Behinderung, also gerade in ihrer Art und Schwere, die Schwierigkeit des Erhalts des Arbeitsplatzes liegt. Ausreichend ist insofern, wenn plausibel gemacht werden kann, dass die Behinderung wegen befürchteter Minderleistungen eine wesentliche, andere Gründe der Arbeitsplatzgefährdung überwiegende, Mitursache für die Arbeitsmarktprobleme des die Gleichstellung Begehrenden ist.
Die Gleichstellung kann im Hinblick auf eine mögliche zukünftige Beendigung eines Arbeitsverhältnisses nicht vorbeugend im Hinblick auf etwaige Wettbewerbsnachteile bei dem Bestreben, eine andere Arbeitsstelle zu erlangen, zuerkannt werden.
Landessozialgericht Baden-Württemberg 3. Senat
12.03.2014
L 3 AL 4466/11
Nur in atypischen Fällen erfolgt eine Gleichstellung eines behinderten mit einem schwerbehinderten Menschen nach Ermessensgesichtspunkten. Der Bundesagentur für Arbeit ist vom Gesetzgeber insoweit lediglich ein "gebundenes Ermessen" eingeräumt, so dass regelmäßig die prognostische Einschätzung ausreicht, ob der Arbeitsplatz "infolge der Behinderung" ernsthaft gefährdet ist. Ein "strenger Kausalitätsnachweis" ist hierfür nicht erforderlich.
SG Leipzig 8. Kammer
17.06.2008
S 8 AL 281/07
Hat der Antragsteller im Rahmen des Verfahrens auf Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen eine Befragung des Arbeitgebers ausgeschlossen, sich jedoch mit der Befragung des Betriebsrates und der Schwerbehindertenvertretung einverstanden erklärt, darf die Bundesagentur für Arbeit den Antrag nicht ohne weitere Ermittlungen wegen einer fehlenden Mitwirkung ablehnen.
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz 1. Senat
24.09.2009
L 1 AL 59/08
Nach § 2 Abs. 3 SGB IX "sollen" Gleichstellungen mit den Schwerbehinderten erfolgen, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 2. März 2000 a.a.O.) ist unter dem Prädikat "sollen" ein gebundenes Ermessen zu verstehen, wonach im Regelfall eine Gleichstellung zu erfolgen hat, es sei denn, es läge ein atypischer Fall vor.
Landessozialgericht Hamburg 2. Senat
07.09.2011
L 2 AL 5/09
1. Die Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen (§ 2 Abs 3 SGB 9) zum Behalten eines Arbeitsplatzes erfordert eine Prognose, ob durch die Gleichstellung zumindest der Arbeitsplatz sicherer gemacht werden kann. Das ist bei tariflicher Unkündbarkeit nur aus besonderen Gründen der Fall (vgl BSG vom 1.3.2011 - B 7 AL 6/10 R = BSGE 108, 4 = SozR 4-3250 § 2 Nr 4).
2. Eine abstrakte Gefährdung des Arbeitsplatzes reicht für eine Gleichstellung nach § 2 Abs 3 SGB 9 nicht aus
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht 3. Senat
14.12.2012
L 3 AL 36/11
Gleichstellungsantrag zur Verbesserung der Chancen auf angestrebte Verbeamtung
Hessisches Landessozialgericht 7. Senat
20.09.2013
L 7 AL 7/13
Ein Gleichstellungsanspruch zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes kommt nicht nur dann in Betracht, wenn der behinderte Mensch bislang entweder keinen Arbeitsplatz innehat oder der innegehabte Arbeitsplatz ungeeignet oder gefährdet ist.
Landessozialgericht Hamburg 2. Senat
30.10.2013
L 2 AL 66/12
Die den Anspruch auf Gleichstellung mit einem Behinderten nach § 2 Abs 3 SGB 9 ausschließende Ungeeignet eines konkreten Arbeitsplatzes liegt vor, wenn behinderungsbedingt unverzichtbare Tätigkeiten am Arbeitsplatz nicht ausgeübt oder solche Tätigkeiten nur unter Inkaufnahme sofort oder sicher deswegen künftig auftretender gesundheitsschädlicher Folgen noch verrichtet werden können.
2. Von den Arbeitsplatzbedingungen verursachte Einwirkungen, die zu Erkrankung führen, machen den Arbeitsplatz noch nicht ungeeignet. Erst wenn die Arbeitsplatzverhältnisse eine substantielle Verschlechterung der Erkrankung bzw Ausweitung der Behinderung bedingen oder eine solche sicher erwarten lassen, ist der Arbeitsplatz ungeeignet und wird der Schutzzweck der Gleichstellung an dem konkret innehabenden Arbeitsplatz verfehlt.
Landessozialgericht Baden-Württemberg 8. Senat
28.02.2014
L 8 AL 501/13
2. Der Ablauf der Heilungsbewährung ist eine wesentliche Änderung der Sachlage iSv § 48 Abs 1 SGB X, wenn in der jeweiligen Heilungsbewährungsfrist keine Rezidive oder Metastasen aufgetreten sind. Die Erforderlichkeit engmaschiger Nachsorge bei einer genetischen Krebsbelastung schließt den Ablauf nicht aus.
3. Nach Ablauf der Heilungsbewährung bestimmt sich der Grad der Behinderung nur noch nach den tatsächlich vorhandenen Funktionseinbußen. Auch hierbei ist ein erhöhtes Risiko einer erneuten Erkrankung nicht zu berücksichtigen.
Landessozialgericht Baden-Württemberg 6. Senat
  21.02.2019 
  L 6 SB 2892/18
2. Bei Krebserkrankungen beträgt die Heilungsbewährung in der Regel fünf Jahre. Der Wortlaut in der Regel betrifft hierbei die Abkürzung des Zeitraums bei bestimmten Erkrankungsbildern, nicht aber die Eröffnung der Möglichkeit einer jeweiligen Einzelfallentscheidung in Bezug auf eine Bestimmung des individuell angemessenen Zeitraums der Heilungsbewährung.
Bayerisches Landessozialgericht 3. Senat   28.04.2016    L 3 SB 20/162. Kann die Feststellung eines zu hohen GdB nicht mehr zurückgenommen werden, kommt eine Abschmelzung des überhöhten GdB entsprechend § 48 Abs 3 SGB 10 in Betracht.
3. Die Anwendung des § 48 Abs 3 SGB 10 im Schwerbehindertenrecht setzt voraus, dass durch einen Verwaltungsakt festgestellt worden ist, inwiefern die bislang geltende Feststellung des GdB rechtswidrig ist.
BSG 9. Senat    17.04.2013    B 9 SB 6/12 R
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt 7. Senat
  19.02.2013
  L 7 SB 22/09
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 13. Senat
  10.06.2010
  L 13 SB 332/09
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 11. Senat
  15.03.2007
  L 11 SB 21/04-26
Ist bei einem Kniegelenksleiden keiner der nach Teil B Nr 18.14 der Anlage zu § 2 VersMedV genannten Bewertungsmaßstäbe eröffnet, weil weder eine Bewegungseinschränkung des Kniegelenks noch anhaltende Reizerscheinungen vorliegen, ist der GdB im Rahmen der gebotenen Gesamtschau (vgl Teil B Nr 18.1 S 2 und Nr 1 b der Anlage zu § 2 VersMedV) aller ausdrücklich geregelten Maßstäbe für Funktionseinschränkungen des Kniegelenkes in Anlehnung an die geschriebenen Bewertungsgrundlagen zu bestimmen.
Eine GdB-Bewertung einer Kniegelenkserkrankung ohne Bewegungseinschränkung ist auch dann geboten, wenn belastungsabhängig häufig wiederkehrende, aber nicht dauerhaft anhaltende Reizerscheinungen i.S.d. versorgungsmedizinischen Grundsätze vorliegen.
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 11. Senat
29.01.2020
L 11 SB 257/17
Bei Schmerzen und Reizerscheinungen im Bereich der Kniegelenke nach einer Gehstrecke von 2 km oder Fahrradfahren von länger als 30 Minuten kann daher ein Einzel-GdB von 20 in Betracht kommen.
Landessozialgericht Baden-Württemberg 6. Senat
14.10.2021
L 6 SB 2703/20
Eine Erhöhung des Behinderungsgrads wegen eines durch ein Primärleiden hervorgerufenen Leidens an einem anderen Organ oder Organsystem, ohne dass dieses nennenswerte Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft hat, findet nicht statt.
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt 7. Senat
  22.02.2011  
  L 7 SB 29/07
Psychische Beschwerden wirken sich in diesem Zusammenhang nicht GdB-erhöhend aus. Dabei ist zu beachten, dass nach Teil A Nr. 2 i) der Anlage zu § 2 VersMedV dieser Einzel-GdB bereits die üblichen seelischen Begleiterscheinungen berücksichtigt.
Nur wenn die seelischen Begleiterscheinungen erheblich höher sind als aufgrund der organischen Veränderungen zu erwarten wäre, ist ein höherer GdB gerechtfertigt. Vergleichsmaßstab ist nicht der behinderte Mensch, der überhaupt nicht oder kaum unter seinem Körperschaden leidet, sondern die allgemeine ärztliche Erfahrung hinsichtlich der regelhaften Auswirkungen. Außergewöhnliche seelische Begleiterscheinungen sind anzunehmen, wenn anhaltende psychoreaktive Störungen in einer solchen Ausprägung vorliegen, dass eine spezielle ärztliche Behandlung dieser Störungen - z. B. eine Psychotherapie - erforderlich ist.
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 11. Senat
  19.01.2017 
  L 11 SB 66/15
Die versorgungsmedizinischen Grundsätze (Nr. 14.1) sehen einen GdB von 40 lediglich bei dem beidseitigen Verlust der Brust (Mastektomie) oder bei einer beidseitigen Aufbauplastik zur Wiederherstellung der Brust mit Prothese mit schlechtem Ergebnis vor.
Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen 21. Senat   03.09.2018   L 21 SB 102/16  
SG Karlsruhe 14. Kammer
22.06.2017
S 14 KR 3991/16
1. Bei wertender Betrachtung kann eine Krankheit im Sinne von § 27 Abs 1 S 1 SGB V bereits dann vorliegen, wenn, basierend auf Fakten, künftig eine schwerwiegende Erkrankung mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (Erkrankungsrisiko), wobei die jeweiligen Chancen bei frühzeitiger Behandlung gut sind, der zu erwartende Schaden bei nicht frühzeitig, also nicht präventiv behandeltem Krankheitsverlauf dagegen dauerhaft und schwer ist.
2. Bei fehlendem Nachweis einer pathologischen Genmutation trotz molekular-genetischer Testung stellt allein eine familiäre Häufung von Mammakarzinomen und das damit verbundene (abstrakte) Erkrankungsrisiko grundsätzlich keine Indikation für eine prophylaktische Mastektomie und damit auch keine behandlungsbedürftige Krankheit im Sinne von § 27 Abs 1 S 1 SGB V dar.
Bayerisches Landessozialgericht 20. Senat
04.06.2020
L 20 KR 419/19
Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen 11. Senat
02.02.2022
L 11 KR 26/21
Eine Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes ist keine zwingende Voraussetzung für das Vorliegen eines Morbus Crohn mit schwerer Auswirkung.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat auf Anfrage des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen eine Stellungnahme zur Auslegung von Teil B, Ziffer 10.2.2 VMG abgegeben. Danach sind die in Teil B, Ziffer 10.2.2 VMG aufgeführten Symptome als Regelbeispiele zu verstehen und nicht abschließend (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Juni 2014 – L 13 SB 371/13)
Schon eine bestehende Therapiebedürftigkeit mit Adalimumab (Humira©) in Verbindung mit der immunsuppressiven Therapie mit Azathioprin führt dazu, dass von einem Morbus Crohn mit schwerer Auswirkung ausgeht. Denn aufgrund der nicht selten auftretenden schweren Nebenwirkungen einer TNF-alpha-Therapie besteht die Zulassung hierfür nur bei einem aktiven und schwergradigen Morbus Crohn, wie sich aus der Leitlinie „Diagnostik und Therapie des Morbus Crohn“ (Ergebnisse einer Evidenz-basierten Konsensuskonferenz der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten zusammen mit dem Kompetenznetz chronisch entzündliche Darmerkrankungen) aus dem Jahr 2008 ergibt SG Hannover 25. Kammer   24.07.2014     S 25 SB 556/122. Im Grundpflegeaufwand sind auch die verrichtungsbezogenen Pflegemaßnahmen der Sekretelimination im Bereich der Mobilität zu berücksichtigen. Der darüber hinausgehende Zeitaufwand für die erforderlichen Inhalationen einschließlich der Reinigung des Gerätes wird als Behandlungspflege bei der Feststellung des Merkzeichens H nicht erfasst. Auch der hauswirtschaftliche Mehraufwand durch die Zubereitung spezieller kalorienreicher Kost, den Einkauf dieser Lebensmittel sowie durch den vermehrten Anfall von Wäsche aufgrund des starken Schwitzens wird nicht berücksichtigt.
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt 7. Senat   26.03.2013    L 7 SB 58/08
2. Bei einem schwerbehinderten Kind, bei dem bereits die Voraussetzungen für das Merkzeichen "H" vorliegen und das an Mukoviszidose leidet, ist die Vergabe des Merkzeichens "B" deshalb gerechtfertigt, da das Kind an unkontrolliert auftretenden Hustenattacken, auch mit Blaufärbung, leidet und deshalb bei der Benutzung - vergleiche mit einer Anfallskranken - von öffentlichen Verkehrsmitteln auf fremde Hilfe angewiesen ist.
Landessozialgericht für das Saarland 5. Senat
  07.12.2004 
  L 5 SB 100/03
Kein Anspruch auf Begutachtung durch einen Sachverständigen, der sich auf das Krankheitsbild der MCS-Erkrankung spezialisiert hat.
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen 10. SenatDie MCS-Erkrankung systematisch den Bewertungsmaßstäben für Erkrankungen der Haltungs- und Bewegungsorgane sowie rheumatischen Krankheiten zugeordnet, womit der Verordnungsgeber der Einschätzung – und der Forderung der Mehrheit der MCS-Patienten – gefolgt ist, dass es sich bei der MCS als umweltmedizinische Erkrankung jedenfalls nicht um eine psychische Störung handelt.
Nach der systematischen Einordnung in der Anlage (Teil B 18.4) ist der GdB im Hinblick auf eine MCS-Erkrankung damit allein nach den funktionellen Auswirkungen an den Haltungs- und Bewegungsorganen zu beurteilen (Bewegungsbehinderung, Minderbelastbarkeit, Versteifungen, Gelenkschwellungen, Kontrakturen, Atrophien, oder ähnliches).
Vor dem Hintergrund des Schwerbehindertenrechts kommt es nicht darauf an, durch welche Ursachen die Erkrankung verursacht wird. Ob MCS eine durch Umwelteinflüsse veranlasste Erkrankung ist oder eine psychiatrische Erkrankung, ist für die Entscheidung schwerbehindertenrechtlicher Verfahren daher ohne Belang.  
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen 10. Senat
Für die Bewertung sind die Vorgaben aus Nr. 3.9 für Rückenmarkschäden analog heranzuziehen.
Hiernach ergibt sich bereits bei geringen motorischen und sensiblen Ausfällen eine GdB-Spanne von 30 bis 60.
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 13. Senat
  23.03.2015 
  L 13 SB 6/13
Die Zeitdauer der Heilungsbewährung von zwei Jahren bei MS beruht auf der medizinischen Erkenntnis, dass unmittelbar nach der gesicherten Diagnose dieser Erkrankung ihr Schweregrad und Verlauf (schubweises Auftreten von Anfällen oder kontinuierlich-progredienter Verlauf) nicht vorhergesehen werden kann. Zwei Jahre nach der erstmaligen Diagnose sind solche Feststellungen und damit auch die Bewertung der konkreten Behinderungen aber möglich. Dies rechtfertigt es, den Grad der Behinderung dann nur noch anhand der noch verbliebenen Funktionseinschränkungen zu bewerten (vgl. BSG, Urteil vom 9. August 1995, 9 RVs 14/94, zitiert nach juris). Der Ablauf der Heilungsbewährung im Jahre 2003 stellt folglich eine wesentliche tatsächliche Veränderung im Sinne von § 48 Abs. 1 SGB X dar.
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt 7. Senat   17.08.2010    L 7 SB 95/07
Allein die Vergabe eines Wertes von 25 in den VMG führt nicht zwangsläufig zu einer erhöhenden Wirkung.
Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen 13. Senat
  20.11.2020 
  L 13 SB 236/19
Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen 13. Senat
03.07.2020
L 13 SB 33/20
Beeinträchtigt das Restless-Legs-Syndrom am Tag die Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit, da die Erkrankung vorliegend infolge einer überwiegend episodisch auftretenden Schmerzbelastung im Bereich der Beine und unwillkürlicher Beinbewegungen zu einer erheblichen Störung des Nachtschlafs und konsekutiv einer Beeinträchtigung des Wohlbefindens am Folgetag führt, ist ein Einzel-GdB von 50 angemessen.
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 13. Senat
20.12.2018
L 13 SB 303/16
Das RLS ist in den versorgungsmedizinischen Grundsätzen nicht ausdrücklich mit einem eigenen Bewertungsrahmen versehen. Es hat eine analoge Bewertung zu erfahren, die sich anhand der konkreten Auswirkungen und Erscheinungsformen des RLS an der Bewertung von Hirnschäden mit isoliert vorkommenden Syndromen gemäß Teil B 3.1.2 VMG bzw. der Bewertung des Schlaf-Apnoe-Syndroms nach Teil B 8.7 VMG auszurichten hat (vgl. Urteil vom 15. Januar 2015, L 13 SB 52/11; Urteil vom 20. Dezember 2018, L 13 SB 303/16.
Der konkret zu wählende jeweilige Bewertungsrahmen hängt dabei individuell von der Natur und Schwere der Beeinträchtigungen ab.
Beschränkt sich die Symptomatik auf eine Störung des Schlaf-wach-Rhythmus mit entsprechender Entkräftung tagsüber, die jedoch medikamentös weitgehend therapiert werden kann, bietet sich eine Analogie zur Überdruckbeatmung im Sinne von Teil B 8.7 VMG an.
Ist eine entsprechende Therapie nicht dauerhaft möglich oder tritt zusätzlich zur Störung des Schlaf-wach-Rhythmus eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungskoordination auf, so liegt eine Bewertung anhand der Kriterien für Hirnschäden mit isoliert vorkommenden Syndromen auf der Grundlage von Teil B 3.1 VMG nahe.
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 13. Senat
09.04.2020
L 13 SB 91/18
Die GdB-Bewertung der durch die Erkrankung an einem "Restless-Legs-Syndrom" bedingten körperlichen Funktionsbeeinträchtigung ist in entsprechender Anwendung des Teils B 8.7 Anl-VersMedV (Schlaf-Apnoe-Syndrom) vorzunehmen (Anschluss an LSG Essen, 9. Februar 2005, L 10 SB 167/01, Rn. 37)
Bayerisches Landessozialgericht 18. Senat
26.09.2019
L 18 SB 119/16
Das Restless-Legs-Syndrom ist als Hirnschaden mit isoliert vorkommenden bzw. führenden Syndromen zu qualifizieren nach Teil B 3.1.2 der Anlage zur VersmedV.
Gdb 50 wegen RLS mit stark gestörten Bewegungsabläufen, die nur teilweise und dann nur unter Einsatz sehr starker Medikamente, wie sie etwa im Bereich der Behandlung von Parkinson-Syndromen zum Einsatz kommen, unterdrückt werden können
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 13. SenatFür ein Schlafapnoe-Syndrom ist ein Einzel-GdB von 50 wegen nicht durchführbarer nasaler Überdruckbeatmung anzunehmen, wenn bei einem Bauchlagen-Schläfer eine Maskenbeatmung ohne Leckagen objektiv nicht durchführbar ist.
Landessozialgericht Baden-Württemberg 8. SenatAuch die mangelnde Durchführbarkeit einer nasalen Überdruckbeatmung aus psychischen Gründen kann die Bewertung eines Schlaf-Apnoe-Syndroms mit einen GdB von 50 bedingen.
Ist eine Panikreaktion beim nächtlichen Tragen einer Gesichtsmaske, die auch in anderen, vergleichbaren Situationen auftritt, sicher ärztlich bestätigt, ist eine Be-wertung mit einem GdB von 50 vorzunehmen, wenn eine Überdruckbeatmung medizinisch indiziert ist und alternative Behandlungsmethoden, wie das Tragen einer Unterkieferprotrusionschiene, nicht durchführbar sind.
Die mögliche zukünftige Minderung der Auswirkungen einer Behinderung durch deutliche Gewichtsreduktion kann der aktuellen GdB-Bewertung nicht entgegen gehalten werden.
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht 2. Senat   05.11.2021   L 2 SB 78/20
Bei der Beurteilung der Therapieverträglichkeit kommt es allerdings nicht darauf an, ob der Betroffene aus seiner Sicht meint, die Maske nicht tragen zu können, oder gar glaubt, dass eine CPAP-Behandlung keinen Sinn mache).
Entscheidend ist vielmehr die objektive Therapierbarkeit. Psychische Abnormitäten wie Zwangs- oder Angstneurosen können gegebenenfalls eine Berücksichtigung finden. Hier ist aber zu fordern, dass sich der Betroffene wegen der behaupteten psychischen Probleme beim Tragen der Atemmaske in psychiatrische Behandlung begeben hat.Die Verpflichtung zur Amtsermittlung entsteht nicht erst dann, wenn das Sozialgericht nach den jeweiligen Maßstäben des oder der Kammervorsitzenden die Klagebegründung als ausreichend substantiiert ansieht, sondern in der Regel bereits dann, wenn im maßgeblichen Zeitraum Behandlungen vorgetragen werden.
Hierzu reichen die Angaben in der Erklärung über die Entbindung von der Schweigepflicht regelmäßig aus.
Landessozialgericht Baden-Württemberg 8. Senat
23.09.2022
L 8 R 1633/22
Bei der mit Wirkung zum 1.1.2021 erfolgten Umformulierung des Gesetzestextes zur Terminsgebühr (Nr 3106 RVG-VV) durch das Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 (juris: KostRÄG 2021) handelt es sich ausweislich der Gesetzesbegründung nicht um eine Änderung, sondern um die sprachliche Klarstellung einer bereits zuvor geltenden Rechtslage.
Der Senat hält daher an seiner Rechtsprechung, wonach unter einem "schriftlichen Vergleich" iS von Nr 3106 RVG-VV nur ein unter Mitwirkung oder auf Veranlassung des Gerichts geschlossener Vergleich nach § 101 Abs 1 S 2 SGG und § 202 SGG iVm § 278 Abs 6 ZPO zu verstehen sei (vgl LSG Essen vom 11.3.2015 - L 9 AL 277/14 B = NZS 2015, 560), nicht mehr fest.
Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen 9. Senat
20.07.2022
L 9 BK 6/22 B
Keine Schwerbehinderteneigenschaft per einstweiliger Anordnung für Altersrente für Schwerbehinerte.
Bayerisches Landessozialgericht 2. Senat
13.10.2022
L 2 SB 129/22 B ER
Landessozialgericht Baden-Württemberg 6. Senat
  22.09.2016
  L 6 SB 870/15
Landessozialgericht Baden-Württemberg 6. Senat
  24.10.2013
  L 6 SB 5267/11
Die spätere Aufhebung dieser zuerkennenden Entscheidungen durch weiteren Bescheid ändert hieran solange nichts, wie gegen den weiteren Bescheid ein Widerspruchs- oder ein Klageverfahren anhängig ist.
Weigert sich die Behörde während dieses Verfahrens, einen Schwerbehindertenausweis auszustellen oder zu verlängern, kann der entsprechende Anspruch gegebenenfalls auch im Rahmen eines Verfahrens auf einstweilige Anordnung geltend gemacht werden.
Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen   24.04.2020     L 13 SB 74/20 B ER
2. Spätere Änderungen können im Rahmen einer zulässigen Klageänderung auch ohne erneute Entscheidung der Verwaltung über den GdB berücksichtigt werden, wenn nach ihrem prozessualen Verhalten eine Streitbeilegung ohne gerichtliche Entscheidung nicht zu erwarten und der Rechtsstreit entscheidungsreif ist.
BSG 9. Senat
  15.08.1996 
  9 RVs 10/94
Etwaige zwischenzeitliche Änderungen in den gesundheitlichen Verhältnissen des/der (Schwer-)Behinderung im Laufe des gerichtlichen Verfahrens sind grundsätzlich nicht zu berücksichtigen (Bestätigung von BSG, 15. August 1996, 9 RVs 10/94).
Bayerisches Landessozialgericht 3. Senat
  08.08.2017  
  L 3 SB 94/16
2. Einem vor Spracherwerb Ertaubten, der die Gehörlosenschule abgeschlossen und das 16. Lebensjahr vollendet hat, steht im Regelfall kein Anspruch auf die Merkzeichen G und B zu; das gilt auch für die Dauer einer späteren Ausbildung.
3. Eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse (§ 48 SGB 10) kann auch dann vorliegen, wenn sich Tatsachen ändern, die erst aufgrund einer nach Erlaß des Dauerbescheides eingetretenen Rechtsänderung bedeutsam geworden sind.Erweiterte Ausführungen zur Bewertung von Wirbelsäulenschaden: nach der GdB-Tabelle:
Beeinträchtigungen der Wirbelsäule beim Antrag auf Schwerbehinderung auch tatsächlich geltend machen!
Die Regelung der versorgungsmedizinischen Grundsätze zum Grad der Behinderung für die Wirbelsäule (GdB-Tabelle)
Wann liegen leichte, wann mittelschwere und wann schwere Auswirkungenen an der Wirbelsäule oder Wirbelsäulenabschnitten vor ?
Mehrere Abschnitte der Wirbelsäule betroffen - was gilt ?
Nur ein einziger Abschnitt der Wirbelsäule betroffen: Welcher Grad der Behinderung (GdB) kann maximal erreicht werden ?
Zwei Abschnitte der Wirbelsäule betroffen: Welcher Grad der Behinderung (GdB) kann maximal erreicht weren ?
Zwei Abschnitte der Wirbelsäule von schweren funktionellen Auswirkungen betroffen: GdB ?
Zwei Abschnitte der Wirbelsäule von mittelgradigen funktionellen Auswirkungen betroffen: GdB ?
Zwei Abschnitte der Wirbelsäule von geringen funktionellen Auswirkungen betroffen: GdB ?
Drei Abschnitte der Wirbelsäule betroffen: Welcher Grad der Behinderung (GdB) kann maximal erreicht weren ?
Sonderfall "Beeinträchtigungen der Wirbelsäule mit besonders schweren Auswirkungen"
Wann liegen leichte, wann mittelschwere und wann schwere Auswirkungenen an der Wirbelsäule oder Wirbelsäulenabschnitten vor ?
GdB-Tabelle Wirbelsäule | WIRBELSÄULENSCHÄDEN Behinderungsgrade
SG Aachen 18. Kammer   09.01.2018     S 18 SB 1001/16
Bei ausgeprägten degenerativen Veränderungen mit einem Bandscheibenvorfall L5/S1, einem leichten Wirbelgleiten und einer Spinalkanalstenose liegen im Wesentlichen mittelgradige funktionelle Auswirkungen im Bereich der LWS vor, welche nach Teil B 18.9 der Anlage zu § 2 VersMedV nur einen GdB von 20 begründen, da ein GdB von 30 bis 40 mittelgradige bis schwere funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten voraussetzt.
Die in der GdB-Tabelle angegebenen Werte schließen die damit verbundenen üblichen seelischen Begleiterscheinungen (Teil A 2. i. der Anlage zu § 2 VersMedV) und üblicherweise vorhandenen Schmerzen und Beschwerden mit ein und berücksichtigen auch erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände .
Jedoch sind häufig rezidivierende lokale Schmerzsyndrome und im Verlauf wechselnde Beschwerden und Einschränkungen mit intermittierender Besserung nach Therapie und eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzsymptomatik aufgrund des radiologisch fortgeschrittenen Bandscheibenverschleißes im letzten Wirbelsäulensegment L 5/S1 und der chronischen, ärztliche Behandlung bedürftigen Schmerzstörung besonders zu berücksichtigen und rechtfertigen, den GdB auf 30 zu erhöhen
Sächsisches Landessozialgericht 9. Senat
10.10.2019
L 9 SB 143/16
Zustand nach Dekompressions-OP
weitgehend eingesteiftes Segment L 5/S 1 und operativ verstärktes Segment L 4/5
rechtsbetonte pseudoradikuläre Lumboischalgie
akute Lumboischialgie links ohne Korrelat in der MRT sowie eine bekannte Lumboischialgie rechts bei Bandscheibenvorfällen LWK 2/3 und LWK 4/5 mit Hyposensibilität des rechten Beines und Quadrizepsschwäche
hronische Lumboischialgie rechts bei NPP L3/4 mit sensomotorischer L4/S1-Wurzelreizung rechts und chronisches Zervikalsyndrom
Klopfschmerz und Druckschmerz der gesamten Wirbelsäule sowie paravertebral
Druckschmerz mit Hartspann links gluteal und paravertebral der LWS
Lasègue-Test links positiv bei 45°
HWS
Vorneigen/Rückneigen
50-0-30 Grad ( Normal 40/50-0-50/70 Grad)
Seitneigen rechts/links
30-0-30 Grad (30/40-0-30/40 Grad)
Drehen rechts/links
50-0-40 Grad (60/80-0-60/80 Grad)
BWS/LWS
Seitneigen rechts/links
30-0-30 Grad (0-30/40 Grad)
Drehen im Sitzen rechts/links
30-0-40 Grad (0-30/50 Grad)
Finger-Boden-Abstand
19 cm
Ott
30:32 cm (30:32 cm)
Schober
10:11,5 cm (10:15 cm)
Seitverbiegung
thorakal rechts konvex
Als zumindest mittelgradige funktionelle Auswirkungen in Sinne der versorgungsmedizinischen Grundsätze können eine deutliche und anhaltende erhebliche Dekonditionierung und eine hieraus resultierende deutliche Fehlstatik und muskuläre Dysbalance, eine verminderte und fehlerhafte Ansteuerbarkeit der Muskulatur sowie eine unzureichende Koordination der Bewegungsabläufe und darüber hinaus anhaltende Missempfindungen, die in Verbindung mit den haltungs- und belastungsabhängigen Wurzelreizsyndromen auftreten, interpretiert werden.
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 13. Senat   23.10.2013    L 13 SB 80/132. Die Bewertungsstufe des GdB 30 bis 40 wird erst erreicht, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei der drei Wirbelsäulenabschnitte (HWS, BWS, LWS) vorliegen.
3. Die Obergrenze des GdB 40 ist erreicht bei schweren Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten. Die Verteilung auf zwei Wirbelsäulenabschnitte mit jeweils nur mittelgradigen Auswirkungen bzw mit mittelgradiger und schwerer Betroffenheit je Wirbelsäulenabschnitt rechtfertigt dagegen beide Male nur den GdB 30, was ebenso für den vergleichbaren, aber nicht gesondert geregelten Fall der Betroffenheit von drei Wirbelsäulenabschnitten gelten muss, in denen jeweils nur mittelgradige Auswirkungen bestehen.
Auf den medizinischen Gesichtspunkt, dass BWS und LWS funktional als Rumpfwirbelsäule eine Einheit bilden, kommt es nichtan, denn die GdB-Bewertung bei Wirbelsäulen-Einschränkungen ist durch die rechtlichen Vorgaben der AHP und der VG an die Differenzierung in (drei) Wirbelsäulenabschnitte gebunden. Landessozialgericht Baden-Württemberg 8. Senat   24.01.2014    L 8 SB 2497/11In den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen ist eine Versteifung großer Teile der Wirbelsäule nur als Beispiel dafür genannt ist, wann ein Wirbelsäulenschaden mit besonders schweren Auswirkungen vorliegen kann. Der Gesetzgeber hat aber insofern nicht von der Formulierungstechnik anhand von Regelbeispielen Gebrauch gemacht, bei denen unwiderleglich vermutet von einem bestimmten GdB (oder dem Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen von Merkzeichen) auszugehen wäre. Der Verordnungsgeber hat vielmehr den GdB nach wie vor daran festgemacht, dass besonders schwere funktionelle Auswirkungen erforderlich sind. Einen Automatismus zwischen Versteifung großer Teile der Wirbelsäule und besonders schweren Auswirkungen hat er aber nicht gesehen. Vielmehr ist in jedem Einzelfall anhand der vorliegenden funktionellen Einschränkungen festzustellen, ob bereits besonders schwere Auswirkungen vorliegen oder nicht.
Es mag zwar durchaus so sein, dass mit Blick auf potentielle funktionelle Beeinträchtigungen der BWS regelmäßig weniger Bedeutung zukommt als der LWS. Aus diesem Grund können jedoch LWS und BWS nicht als ein Abschnitt zusammengefasst werden. Denn nach der eindeutigen Formulierung des Verordnungsgebers in den VG, Teil B Nr. 18.9 ("mit besonders schweren Auswirkungen (z.B. ..., die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst"), geht der Verordnungsgeber ersichtlich von drei Wirbelsäulenabschnitten aus, nicht von zwei.
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt 7. Senat
23.04.2014
L 7 SB 97/13
Landessozialgericht Baden-Württemberg 8. Senat
24.01.2014
L 8 SB 2723/13
Bei hirnorganischen Anfällen liegen die Voraussetzungen des Merkzeichens G erst ab einer mittleren Anfallshäufigkeit und dann vor, wenn die Anfälle überwiegend am Tage auftreten. Unter einer mittleren Anfallshäufigkeit ist dabei das Auftreten von generalisierten und komplex-fokalen Anfällen mit Pausen von Wochen oder von kleinen und einfach-fokalen Anfällen mit Pausen von Tagen zu verstehen. Hierbei ist zu beachten, dass die generalisierten und komplex-fokalen Anfälle mit Beeinträchtigungen des Bewusstseins verbunden sind, die einfach-fokalen jedoch nicht.
SG Osnabrück 30. Kammer
15.07.2020
S 30 SB 90/19
Die versorgungsmedizinischen Grundsätze beinhalten keine abschließende Aufzählung der Fälle, in welchen eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr anzunehmen ist.
BSG 9. Senat   13.08.1997    9 RVs 1/96
Landessozialgericht Hamburg 3. Senat
28.07.2020
L 3 SB 5/17
Bei ausschließlich im orthopädischen Fachgebiet angesiedelten Beeinträchtigungen kommt die Vergabe des Merkzeichens G dann nicht in Betracht, wenn nicht zumindest eine mit einem GdB von wenigstens 40 zu bewertende Behinderung der unteren Extremitäten vorliegt.
BSG 9. Senat   27.03.2020   B 9 SB 83/19 B
Bei der in den versorgungsmedizinischen Grundsätzen im Zusammenhang mit der Zuerkennung des Merkzeichens G genannten Wegstrecke von 2 km in etwa 1/2 Stunde handelt es sich um keine starre Regelung.
Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern 3. Senat   14.05.2020   L 3 SB 41/15
Die Frage, ob jemand noch in der Lage ist, in 30 Minuten 2 km zurückzulegen, ist für die Zuerkennung des Merkzeichens G nicht alleine streitentscheidend.
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen 13. Senat   06.11.2019   L 13 SB 114/18
Die Regelbeispiele der Versorgungsmedizinischen Grundsätze beschreiben Situationen, bei denen nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" als erfüllt anzusehen sind und können bei der Beurteilung einer dort nicht erwähnten Behinderung als Vergleichsmaßstab dienen.
Landessozialgericht Hamburg 3. Senat   16.10.2018   L 3 SB 21/16
Merkzeichen G bei einseitiger Beinverkürzung und Hüftgelenkserkrankung mit Einzel-GdB 30 sowie Arthrose im Ellenbogengelenk mit Streckhemmung sowie Lupus erythematodes.
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 13. Senat   27.09.2017   L 13 SB 208/16
Eine erhebliche Gehbehinderung kann in den Fällen außerhalb der Regelbeispiele nicht angenommen werden, wenn wenn der Schwerbehinderte noch in der Lage ist, entsprechende Gehstrecken unter Zuhilfenahme von mit Hilfsmitteln wie etwa einem Rollator zu Fuß zurückzulegen.
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 13. Senat   10.05.2017   L 13 SB 261/14
Die Aufzählung der Regelbeispiele in D Nr. 1d bis Nr. 1f VMG enthält indes keine abschließende Listung der in Betracht kommenden Behinderungen aus dem Formenkreis einzelner medizinischer Fachrichtungen: Anspruch auf den Nachteilsausgleich G hat – über die genannten Regelbeispiele hinausgehend – vielmehr auch der schwerbehinderte Mensch, der nach Prüfung des einzelnen Falles aufgrund anderer Erkrankungen mit gleich schweren Auswirkungen auf die Gehfunktion und die zumutbare Wegstrecke dem beispielhaft aufgeführten Personenkreis gleichzustellen ist (siehe BSG, Urteil vom 11. August 2015 – B 9 SB 1/14 R –, SozR 4-3250 § 69 Nr. 21). Denn der umfassende Behindertenbegriff im Sinne des § 2 Abs. 1 SGB IX gebietet im Lichte des verfassungsrechtlichen als auch des unmittelbar anwendbaren UN-konventions-rechtlichen Diskriminierungsverbots (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG; Art. 5 Abs. 2 UN-BRK) die Einbeziehung aller körperlichen, geistigen und seelischen Beeinträchtigungen. Den nicht erwähnten Behinderungen sind die Regelbeispiele als Vergleichsmaßstab zur Seite zu stellen.
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 13. Senat   08.03.2018   L 13 SB 28/17
Kein Merkzeichen G für Couch-Potatos
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 13. Senat   27.09.2018   L 13 SB 89/16
Psychisch erkrankte Personen, deren Leiden nicht mit „Anfällen“ gleichzusetzen sind und nicht zu Störungen der Orientierungsfähigkeit führen, sondern nur z.B. mit Verstimmungen, Antriebsminderung und Angstzuständen einhergehen, sind daher in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr nicht erheblich beeinträchtigt.
Landessozialgericht Baden-Württemberg 6. Senat   28.10.2014   L 6 SB 3619/13
Zwangs- und Somatisierungsstörungen, die den Betroffenen im Wesentlichen daran hindern, sein Haus zu verlassen und längere Gehstrecken zurückzulegen, sind nicht mit den in § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX genannten Anfällen oder Störungen der Orientierungsfähigkeit vergleichbar.
Mit diesen Anfällen und Störungen sind nur hirnorganische Anfälle, insbesondere epileptische Anfälle, aber auch hypoglykämische Schocks bei Zuckerkranken gemeint, also solche Anfälle, die mit Bewusstseinsverlust und Sturzgefahr verbunden sind.
Die Fälle der die Fortbewegungsfähigkeit beeinträchtigenden Gründe, welche bei der Zuerkennung des Merkzeichens G einbezogen werden dürfen, sind … abschließend geregelt. Hierzu gehören … lediglich Anfälle und Störungen der Orientierungsfähigkeit. Als nicht in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt gelten daher psychisch erkrankte Personen, deren Leiden nur mit sonstigen Beeinträchtigungen oder Störungen einhergehen, wie etwa Verstimmungen, Antriebsminderung und Angstzuständen.  
Landessozialgericht Baden-Württemberg 6. Senat   12.10.2011   L 6 SB 3032/11Psychische Gehstörungen können zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr führen, auch wenn sie Anfallsleiden oder Orientierungsstörungen nicht gleichzusetzen sind.
BSG 9. Senat   11.08.2015   B 9 SB 1/14 REine Demenz kann die Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr nach den versorgungsmedizinischen Grundsätzen begründen, sodass in diesem Falle das Merkzeichen G zuzuerkennen ist.
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 13. Senat   09.02.2017   L 13 SB 10/15Anspruch auf den Nachteilsausgleich "G" hat über die genannten Regelbeispiele hinausgehend auch der schwerbehinderte Mensch, der nach Prüfung des einzelnen Falles aufgrund anderer Erkrankungen mit gleich schweren Auswirkungen auf die Gehfunktion und die zumutbare Wegstrecke dem beispielhaft aufgeführten Personenkreis gleichzustellen ist. Teil D Nr. 1 VMG enthält keine abschließende Listung in Betracht kommender Behinderungen aus dem Formenkreis einzelner medizinischer Fachrichtungen, sondern erfasst etwa auch psychische Behinderungen (zu in Teil D Nr. 1 Buchst. d VMG nicht genannten psychischen Erkrankungen: BSG, 11.8.2015 - B 9 SB 1/14 R
Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen 21. Senat   11.01.2019   L 21 SB 224/16 
... die in Ziffer 30 (3) 1. Absatz AP enthaltenen Beweiserleichterungen beschränken den gesetzlichen Anspruch nicht ... dahingehend, dass eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr nur angenommen werden könne, wenn auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bestehen, die für sich einen GdB von mindestens 40 bedingen.  
Landessozialgericht NRW, 6. Senat   25.08.1998   L 6 SB 122/97
1. Bei der als Voraussetzung des Merkzeichens "G" in § 229 Abs 1 S 1 SGB IX genannten Wegstrecke, die üblicherweise zu Fuß zurückgelegt wird, kommt es nicht auf die empirisch festzustellende Gehgewohnheit des "normalen, nicht behinderten Durchschnittsbürgers" in der Nachbarschaft an, sondern auf die abstrakte Fähigkeit, noch solche Entfernungen zu Fuß zurückzulegen, für deren Überwindung normalerweise weder ein öffentliches noch ein privates Verkehrsmittel in Anspruch genommen wird, unabhängig davon, an welchem Ort diese Wegstrecke zurückgelegt wird.
2. Wer nur durch Wiederholung "auswendig" gelernte Wegstrecken zurückzulegen vermag, sich aber auf neuen Wegstrecken, also solchen, die er nicht täglich zurücklegt, nicht eigenständig orientieren kann, erfüllt regelmäßig die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G".
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 11. Senat
  14.12.2020 
  L 11 SB 87/19
Die Aufzählung der Regelbeispiele in D Nr. 1d bis Nr. 1f VMG enthält indes keine abschließende Listung der in Betracht kommenden Behinderungen aus dem Formenkreis einzelner medizinischer Fachrichtungen: Anspruch auf den Nachteilsausgleich G hat – über die genannten Regelbeispiele hinausgehend – vielmehr auch der schwerbehinderte Mensch, der nach Prüfung des einzelnen Falles aufgrund anderer Erkrankungen mit gleich schweren Auswirkungen auf die Gehfunktion und die zumutbare Wegstrecke dem beispielhaft aufgeführten Personenkreis gleichzustellen ist (siehe BSG, Urteil vom 11. August 2015 – B 9 SB 1/14 R –, SozR 4-3250 § 69 Nr. 21). Denn der umfassende Behindertenbegriff im Sinne des § 2 Abs. 1 SGB IX gebietet im Lichte des verfassungsrechtlichen als auch des unmittelbar anwendbaren UN-konventions-rechtlichen Diskriminierungsverbots (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG; Art. 5 Abs. 2 UN-BRK) die Einbeziehung aller körperlichen, geistigen und seelischen Beeinträchtigungen. Den nicht erwähnten Behinderungen sind die Regelbeispiele als Vergleichsmaßstab zur Seite zu stellen (vgl. BSG, Urteil vom 11. August 2015 a.a.O. unter Hinweis auf das Urteil vom 13.8.1997 – 9 RVs 1/96 –, SozR 3-3870 § 60 Nr. 2).
Liegt eine schwere psychische Störung in Form einer Schmerzstörung mit psychischen und somatischen Faktoren vor, die zu einer ausgeprägten Somatisierung führt und mit schweren belastungsabhängigen Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule erlebt wird, kann eine erhebliche Gehbehinderung im obigen Sinne bejaht werden.
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 13. Senat   21.11.2019    L 13 SB 63/18
Im Hinblick auf die Orientierungsfähigkeit ist zu berücksichtigen, dass im Internet frei zugängliche Stadtpläne und genaue Wegbeschreibungen ebenso wie entsprechende Apps auf Smartphones zu Orientierungszwecken genutzt werden können. Diesen kommt mittlerweile für die Möglichkeit der Orientierung gerade auf unbekannten Wegen im Alltag eine überragende Bedeutung zu.
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen 13. Senat   09.09.2020    L 13 SB 40/17
In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden, § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB IX.
Als ortsübliche Wegstrecke in diesem Sinne gilt eine Strecke von etwa zwei Kilometern, die in etwa einer halben Stunde zurückgelegt wird.
SG Aachen 12. Kammer   28.07.2020    S 12 SB 639/18
Die Voraussetzungen des gesundheitlichen Merkzeichens G können auch erfüllt sein, wenn zwar die auf die Gehfähigkeit sich auswirkenden Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen keinen Teil-GdB von mindestens 40 bedingen, aber aufgrund einer negativen Wechselwirkung von orthopädischen, internistischen und neurologischen Erkrankungen die Gehfähigkeit derart limitiert wird, dass eine Gehstrecke von 2 km nicht mehr innerhalb einer halben Stunde zurückgelegt werden kann.
Landessozialgericht für das Saarland 5. Senat   05.06.2019    L 5 SB 30/16
Bei der Beurteilung, ob eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr besteht, ist zu beachten, dass das Gehvermögen von verschiedenen Faktoren geprägt wird. Dabei sind von Relevanz die anatomischen Gegebenheiten des Körpers, also Körperbau und Behinderungen, und nicht die das Gehvermögen ebenfalls beeinflussenden Faktoren wie Trainingszustand, Tagesform, Witterungseinflüsse, die Art des Gehens sowie Persönlichkeitsmerkmale, vor allem die Motivation. Mit Hilfe der unter den VG, Teil D, Nr 1 Buchst d bis f aufgeführten Regelbeispiele ist der für die Feststellung des Merkzeichens G tatsächlich in Betracht kommende Personenkreis praxisgerecht von den Personen abzugrenzen, die lediglich behaupten, ortsübliche Wegstrecken nicht mehr zu Fuß zurücklegen zu können, oder die aus nicht behinderungsbedingten Gründe ortsübliche Wegstrecken nicht zurücklegen.
Landessozialgericht Baden-Württemberg 3. Senat   24.10.2018     L 3 SB 2660/16
Auch ein erhebliches Übergewicht gehört zu den Faktoren, die einen Bezug zu einer Behinderung aufweisen und daher bei der Beurteilung des Gehvermögens Berücksichtigung finden müssen (so BSG, Urteil vom 24. April 2008, B 9/9a SB 7/06 R, SozR 4-3250 § 146 Nr. 1). Die funktionellen Auswirkungen einer Adipositas permagna sind nicht nur bei Einschätzung eines aus anderen Gesundheitsstörungen folgenden GdB erhöhend zu berücksichtigen (vgl. Nr. 26.15 [S. 99]der AHP 200 bzw. Teil B Nr. 15.3 [Bl. 74] der Anlage zur VersMedV), sondern auch insoweit, als sie zu einer Einbuße der in § 145 Abs. 1 Satz 1 SGB IX genannten Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr führen (vgl. BSGE 62, 273, 274 = SozR 3850 § 60 Nr. 2 S 2.).
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 13. Senat   15.04.2010    L 13 SB 82/08
Psychotische Störungen der Orientierungsfähigkeit können die Zuerkennung des Merkzeichens G rechtfertigen, wenn der Behinderte an Orientierungsstörungen und Panikreaktionen leidet und es hierdurch zu unvorhersehbaren und gefährlichen Reaktionen im öffentlichen Verkehr kommen kann.
In diesem Fall kann auch die Zuerkennung des Merkzeichens B in Betracht kommen.
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 13. Senat   27.11.2015    L 13 SB 82/15
Die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" liegen auch dann vor, wenn die Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erst durch ein Zusammenwirken von Gesundheitsstörungen und großem Übergewicht erheblich beeinträchtigt wird.
BSG 9. Senat
  24.04.2008     B 9/9a SB 7/06 R
Äußere Umstände (Wohnsituation, Notwe
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt 7. Senat   15.06.2020    L 7 SB 27/20 B ER
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen 13. Senat   16.05.2012    L 13 SB 56/12 B ER
- schwerste Gefäßerkrankungen (insbesondere bei arterieller Verschlusskrankheit Stadium IV)
Bayerisches Landessozialgericht 18. Senat   14.11.2018    L 18 SB 111/17Landessozialgericht Hamburg 3. Senat
  14.05.2019    L 3 SB 22/17außergewöhnliche Gehbehinderung - Maßgeblichkeit des Gehvermögens in fremder Umgebung
Landessozialgericht Baden-Württemberg 6. Senat  18.03.2021   
L 6 SB 3843/19Landessozialgericht Baden-Württemberg 11. Senat   15.03.2001     L 11 SB 4527/00
SG Gießen 16. Kammer   30.01.2020    S 16 SB 110/17
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 13. Senat   18.01.2019    L 13 SB 312/16t 
Bayerisches Landessozialgericht 18. Senat   14.11.2018    L 18 SB 111/17
Bundessozialgericht 9. Senat   16.03.2016   B 9 SB 1/15 R  
SG Bremen 20. Kammer  29.11.2018   S 20 SB 297/16
SG Dortmund 54. Kammer   09.12.2021   S 54 SB 909/19
SG Düsseldorf 4. Kammer   23.05.2019   S 4 SB 1110/14
Sächsisches Landessozialgericht 9. Senat   30.01.2018   L 9 SB 6/15
Merkzeichen B bei Kindern mit Diabetes
Bayerisches Landessozialgericht 3. Senat   28.07.2014   L 3 SB 195/13
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 13. Senat   08.03.2018    L 13 SB 28/17
Landessozialgericht Baden-Württemberg 6. Senat   21.02.2013    L 6 SB 5788/11
Landessozialgericht für das Saarland 5. Senat   07.12.2004    L 5 SB 100/03
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen 13. Senat   09.09.2020    L 13 SB 40/17
2. Hilflos iS von § 33b Abs 6 EStG ist stets, wer bei den von dieser Vorschrift erfassten Verrichtungen für mindestens zwei Stunden am Tag fremder Hilfe dauernd bedarf.
3. Bei einem täglichen Zeitaufwand für fremde Hilfe zwischen einer und zwei Stunden ist Hilflosigkeit dann anzunehmen, wenn der wirtschaftliche Wert der erforderlichen Pflege besonders hoch ist.
4. Eine nach § 33b Abs 6 S 3 EStG berücksichtigungsfähige Bereitschaftszeit setzt zeitlich und örtlich denselben Einsatz voraus wie körperliche Hilfe (Fortentwicklung von BSG vom 8.3.1995 - 9 RVs 5/94 = SozR 3-3870 § 4 Nr 12).Bei einem Asperger - Syndrom können aufgrund erheblicher Kommunikations- und sozialer Defizite die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens H erfüllt sein.
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 11. Senat   23.06.2011   L 11 SB 374/09
Wer nur in relativ geringem Umfang von täglich etwa einer Stunde auf fremde Hilfe angewiesen ist, ist nicht hilflos und hat keinen Anspruch auf das Merkzeichen H.
Bei einem täglichen Zeitaufwand für fremde Hilfe zwischen einer und zwei Stunden ist Hilflosigkeit dann anzunehmen, wenn der wirtschaftliche Wert der erforderlichen Pflege (wegen der Zahl der Verrichtungen bzw. ungünstiger zeitlicher Verteilung der Hilfeleistungen) besonders hoch ist.
SG Potsdam 22. Kammer   08.07.2020   S 22 SB 2/17
Erst ab Pflegegrad 4 kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass generell eine das Merkzeichen H begründende Hilfebedürftigkeit besteht (vgl. BSG, Beschluss vom 27. Dezember 2018 – B 9 SB 5/18 BH –
Bei niedigereren Pflegegraden sind die von der Rehtsprechung entwickelten Grundsätze für die Beurteilung heranzuziehen.
Sächsisches Landessozialgericht 9. Senat
10.10.2019
L 9 SB 143/16
2. Im Grundpflegeaufwand sind auch die verrichtungsbezogenen Pflegemaßnahmen der Sekretelimination im Bereich der Mobilität zu berücksichtigen. Der darüber hinausgehende Zeitaufwand für die erforderlichen Inhalationen einschließlich der Reinigung des Gerätes wird als Behandlungspflege bei der Feststellung des Merkzeichens H nicht erfasst. Auch der hauswirtschaftliche Mehraufwand durch die Zubereitung spezieller kalorienreicher Kost, den Einkauf dieser Lebensmittel sowie durch den vermehrten Anfall von Wäsche aufgrund des starken Schwitzens wird nicht berücksichtigt.
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt 7. Senat   26.03.2013    L 7 SB 58/08Um den individuellen Verhältnissen Rechnung tragen zu können, ist aber nicht allein auf den zeitlichen Betreuungsaufwand abzustellen; vielmehr sind auch die weiteren Umstände der Hilfeleistung, insbesondere der wirtschaftliche Wert der Leistung oder die körperliche und psychische Belastung der Pflegeperson, zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteile vom 14. Dezember 1994 – 3 RK 14/94 –, vom 12. Februar 2003 – B 9 SB 1/02 R –, und vom 24. November 2005 – B 9 SB 1/05 R –; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 23. Februar 2010 – L 15 SB 124/07– alle bei juris).
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 11. Senat   23.07.2015    L 11 SB 157/11Der Nachteilsausgleich Blindheit ist beschränkt auf Störungen des Sehapparats und erfasst keine gnostischen - neuropsychologischen - Störungen des visuellen Erkennens.
BSG 9. Senat
24.10.2019
B 9 SB 1/18 R
Die Grundsätze für die Feststellung der gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs der Blindheit werden danach in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) der AnlVersMedV in Teil A Nr. 6 Buchst. a), b) und c) verbindlich festgelegt.
Nach Teil A Nr. 6 Buchst. a) ist blind ein behinderter Mensch, dem das Augenlicht vollständig fehlt. Als blind ist auch ein behinderter Mensch anzusehen, dessen Sehschärfe auf keinem Auge und auch nicht beidäugig mehr als 0,02 (1/50) beträgt oder wenn andere Störungen des Sehvermögens von einem solchen Schweregrad vorliegen, dass sie dieser Beeinträchtigung der Sehschärfe gleichzustellen sind. Eine gleichzusetzende Sehbehinderung liegt nach den Richtlinien der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) vor bei bestimmten Einengungen des Gesichtsfeldes, großen Skotomen sowie homonymen, bitemporalen und binasalen Hemianopsien (Teil A Nr 6 Buchst. b) aa) bis gg). Blind ist schließlich auch ein behinderter Mensch mit einem nachgewiesenen vollständigen Ausfall der Sehrinde (Rindenblindheit), nicht aber mit einer visuellen Agnosie oder anderen gnostischen Störungen (Teil A Nr. 6 Buchst. c).
Landessozialgericht Baden-Württemberg 8. Senat
18.06.2021
L 8 SB 2072/20
Blindheit im Sinne des Teil A Nr. 6 a) bis c) VMG ist beschränkt auf Störungen des Sehapparates. Gnostische - neuropsychologische - Störungen des visuellen Erkennens führen dagegen nicht zur Blindheit. Damit wird der Ordnung der Versorgungsmedizinischen Grundsätze nach Organ- und Funktionseinheiten unter medizinischen Gesichtspunkten gefolgt
Aufgrund einer anderen Aufgabenstellung und Zielsetzung braucht der Begriff der Blindheit im Schwerbehindertenrecht nicht zwangsläufig deckungsgleich zu sein mit dem der Blindheit in einigen Landesblindengeldgesetzen oder bei der Blindenhilfe nach § 72 Abs. 1 und 5 SGB XII.
Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern 3. Senat
08.09.2022
L 3 SB 44/16