STARTSEITE

URTEILE

GdB-TABELLE

SCHLAGWORTVERZEICHNIS

ANWÄLTE


Versorgungsmedizinische Grundsätze

GdB-Tabelle nach der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV)
Schwerbehinderung und Schwerbehindertenausweis


GdB Tabelle
Wirbelsäulenschäden



18.9 Wirbelsäulenschäden

Der GdS bei angeborenen und erworbenen Wirbelsäulenschäden (einschließlich Bandscheibenschäden, Scheuermann-Krankheit, Spondylolisthesis, Spinalkanalstenose und dem sogenannten Postdiskotomiesyndrom) ergibt sich primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte.

Der Begriff Instabilität beinhaltet die abnorme Beweglichkeit zweier Wirbel gegeneinander unter physiologischer Belastung und die daraus resultierenden Weichteilveränderungen und Schmerzen. Sogenannte Wirbelsäulensyndrome (wie Schulter-Arm-Syndrom, Lumbalsyndrom, Ischialgie, sowie andere Nerven- und Muskelreizerscheinungen) können bei Instabilität und bei Einengungen des Spinalkanals oder der Zwischenwirbellöcher auftreten.

Für die Bewertung von chronisch-rezidivierenden Bandscheibensyndromen sind aussagekräftige anamnestische Daten und klinische Untersuchungsbefunde über einen ausreichend langen Zeitraum von besonderer Bedeutung. Im beschwerdefreien Intervall können die objektiven Untersuchungsbefunde nur gering ausgeprägt sein.

Wirbelsäulenschäden

ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität

0

mit geringen funktionellen Auswirkungen
(Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome)

10

mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen
in einem Wirbelsäulenabschnitt
(Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome)

20

mit schweren funktionellen Auswirkungen
in einem Wirbelsäulenabschnitt
(Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome)

30

mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten

30-40

mit besonders schweren Auswirkungen
(z.B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst [z.B. Milwaukee-Korsett]; schwere Skoliose [ab ca. 70° nach Cobb])

50-70

bei schwerster Belastungsinsuffizienz
bis zur Geh- und Stehunfähigkeit

80-100

Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen – oder auch die intermittierenden Störungen bei der Spinalkanalstenose – sowie Auswirkungen auf die inneren Organe (z.B. Atemfunktionsstörungen) sind zusätzlich zu berücksichtigen.

Bei außergewöhnlichen Schmerzsyndromen kann auch ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen (z.B. Postdiskotomiesyndrom) ein GdS über 30 in Betracht kommen.

Das neurogene Hinken ist etwas günstiger als vergleichbare Einschränkungen des Gehvermögens bei arteriellen Verschlusskrankheiten zu bewerten.


Rechtsprechung GdB-Bewertung von Wirbelsäulenschäden

Nach Teil B Nr. 18.9 VG ergibt sich der GdB bei angeborenen und erworbenen Wirbelsäulenschäden (einschließlich Bandscheibenschäden, Scheuermann-Krankheit, Spondylolisthesis, Spinalkanalstenose und dem sogenannten Postdiskotomiesyndrom) primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte. Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) sind mit einem GdB von 10 zu bewerten. Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) rechtfertigen einen GdB von 20. Ein GdB von 30 setzt entweder schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt oder mindestens mittelgradige funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten voraus. Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen oder auch die intermittierenden Störungen bei der Spinalkanalstenose sowie Auswirkungen auf die inneren Organe (z. B. Atemfunktionsstörungen) sind zusätzlich zu berücksichtigen. Bei außergewöhnlichen Schmerzsyndromen kann auch ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen (z.B. Postdiskotomiesyndrom) ein GdB über 30 in Betracht kommen.

In Anwendung dieser Maßstäbe ist für das Wirbelsäulenleiden des Klägers ein GdB von 10 angemessen. Im Bereich der Halswirbelsäule hat der Sachverständige S7 keine Lotabweichung beschrieben. Zwar hat der Kläger eine starke Verhärtung der Nackenstreck- und Trapeziusrandmuskulatur angegeben, befundet hat S7 aber eine locker ausgebildete und nicht druckempfindliche Nackenstreck- und Trapeziusrandmuskulatur. Die Beweglichkeit der Halswirbelsäule hat er u.a. mit einer Seitneigung um 45° beidseits, einer Drehung um 70° beidseits und einer Kopfvor- und Rückneigung um 50-0-70° als frei beschrieben. Radiologisch haben sich lediglich monosegmentale initiale degenerative Aufbraucherscheinungen im Segment C6/C7 und eine geringe Streckfehlhaltung der HWS bei ansonsten gut erhaltenen Zwischenwirbelräumen gezeigt. Im Bereich der Rumpfwirbelsäule hat S7 einen regelrechten Aufbau von Brust- und Lendenwirbelsäule mit locker ausgebildeter und nicht druckempfindlicher Rückenstreckermuskulatur befundet. Die Beweglichkeit hat er mit einer Seitneigung beidseits um 30°, einer Rotation beidseits um 30°, einer Reklination um 10° und einer Inklination bis zu einem Finger-Boden-Abstand von 8 cm als frei und gut erhalten beschrieben. Dabei hat sich mit einem Ott’schen Zeichen von 30:37 cm und einem Schober’schen Zeichen von 10:15 cm eine gute Entfaltbarkeit gezeigt, die Bewegungen zur Inklination inklusive dem Wiederaufrichten sind flüssig gewesen. Radiologisch haben sich lediglich eine mittelgradige aktivierte Spondylose und Osteochondrose im Segment L3/L4 und eine beginnende Spondylarthrose L5/S1 mit zusätzlich im MRT gesichertem kleinem Bandscheibenvorfall L5/S1 gezeigt. Im Bereich der oberen und unteren Extremitäten hat S7 einen unauffälligen Reflexstatus erhoben und kein sensomotorisches Defizit festgestellt. In der Epikrise hat er daraus schlüssig und überzeugend keine wesentlichen funktionellen Einschränkungen abgeleitet. Hierzu passt auch die Befundung eines zügigen, sicheren und aufrechten Gangbildes, einer problemlosen Demonstration der differenzierten Stand- und Gangarten sowie einer komplett möglichen tiefen Hocke mit flüssigem Wiederaufrichten ohne Schmerzäußerung oder Abstützung mit den Händen.

Der von S7 selbst als wohlwollend vorgeschlagene GdB von 20 ist für das Wirbelsäulenleiden angesichts der allenfalls geringen funktionellen Einschränkungen als überhöht einzustufen. Lediglich eine gewisse durch die radiologischen degenerativen Veränderungen erklärbare Schmerzsymptomatik bei in der Vergangenheit gelegentlich dokumentierten Wirbelsäulensyndromen rechtfertigt überhaupt die Feststellung eines GdB von 10. Mit für die Feststellung eines GdB von 20 erforderlichen mittelgradigen Funktionseinschränkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt ist das Gesamtausmaß der von S7 objektivierten Funktionseinschränkungen hingegen nicht vergleichbar.

Landessozialgericht Baden-Württemberg 8. Senat
14.06.2024
L 8 SB 1175/22


Nach Teil B Nr.18.9 VmG sind Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkungen oder Instabilität mit einem GdB von 0 zu bewerten. Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene oder kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) sind mit einem GdB von 10 zu bewerten. Für mittelgradige funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) sind mit einem GdB von 20 zu bewerten. Bei schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltenden Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) sind mit einem GdB von 30 zu bewerten. Liegen mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vor, so kommt ein GdB von 30 bis 40 in Betracht. Besonders schwere Auswirkungen und Wirbelsäulenschäden (z.B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst oder schwere Skoliosen mit einem Grad von ca. 70 nach Cobb) sind mit einem GdB von 50 bis 70 zu bewerten und bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit kommt ein GdB von 80 bis 100 in Betracht.

Bei dem Kläger sind Funktionsstörungen der Wirbelsäule vor allen Dingen im Bereich der Lendenwirbelsäule aktenkundig. Anlässlich der Untersuchung durch den Sachverständigen O sind in der Lendenwirbelsäule zwar nur leichte Bewegungseinschränkungen feststellbar gewesen, nachvollziehbar hat der Sachverständige aber begründet, dass ein Einzel GdB von 20 wegen der deutlichen Fehlstellung der Brustwirbelsäule und einer Bedrängung der austretenden Nervenwurzeln bei Belastung angemessen erscheint. Der Befundbericht des Orthopäden T aus dem Berufungsverfahren bestätigt dieses Bild und deutet eine leichte Verschlechterung an. Neurologische Ausfallerscheinungen werden verneint, eine radiküläre Reizung im entsprechenden Segment jedoch bejaht. Der behandelnde Orthopäde beschreibt auch Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule um jeweils 2/3, ohne jedoch die Funktionsausmaße genau anzugeben. Die Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule hat er als mittelgradig bis teilweise schwer eingeschätzt. Diese Befunde lassen es gerechtfertigt erscheinen, den Einzel-GdB des Wirbelsäulenleidens mit 20- 30 entsprechend mittelgradig bis schwerer funktionaler Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt einzuschätzen. Die Bewertung mit einem Einzel-GdB von 20 ist zur Überzeugung des Senats zwar weiterhin sachgerecht, dieser hat allerdings eine starke Tendenz zu 30.

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht 2. Senat 22.08.2025 L 2 SB 8/24 L 3 SB 139/23


Versorgungsmedizinische-Grundsätze.de
Das Portal für Schwerbehinderung und Schwerbehindertenausweis