1. Grundvoraussetzung für die Annahme einer Heilungsbewährung bei nicht gesondert geregelten bösartigen Geschwulstkrankheiten im Sinne von Teil B Nr 1 Buchst c der Anlage 2 zur Versorgungsmedizin-Verordnung (juris: VersMedV) ist, dass durch deren Entfernung die Hoffnung auf vollständige Heilung besteht.
2. Zur Vereinbarkeit des Krankheitsbilds bei Gastrointestinalen Stromatumoren (GIST) mit der Annahme einer solchen Heilungsbewährung im Einzelfall.
3. Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei gegen Herabsetzungsentscheidungen gerichteten allein statthaften Anfechtungsklagen ist der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung. Der Eintritt einer Heilungsbewährung im gerichtlichen Verfahren führt nicht zum Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses der gegen eine zu früh erfolgte Aufhebung gerichteten Anfechtungsklage.
1. Grundvoraussetzung für die Annahme einer Heilungsbewährung bei nicht gesondert geregelten bösartigen Geschwulstkrankheiten im Sinne von Teil B Nr 1 Buchst c der Anlage 2 zur Versorgungsmedizin-Verordnung (juris: VersMedV) ist, dass durch deren Entfernung die Hoffnung auf vollständige Heilung besteht.
2. Zur Vereinbarkeit des Krankheitsbilds bei Gastrointestinalen Stromatumoren (GIST) mit der Annahme einer solchen Heilungsbewährung im Einzelfall.
3. Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei gegen Herabsetzungsentscheidungen gerichteten allein statthaften Anfechtungsklagen ist der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung. Der Eintritt einer Heilungsbewährung im gerichtlichen Verfahren führt nicht zum Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses der gegen eine zu früh erfolgte Aufhebung gerichteten Anfechtungsklage.
Der Kläger wendet sich gegen die Herabsetzung des Grades der Behinderung von 80 auf 40.
Beim Kläger wurden im Jahr 2014 drei gastrointestinale Stromatumoren (GIST) im Bereich des diagnostiziert. Am 07.01.2014 erfolgte die operative Entfernung nebst Segmentenresektion eines in der Dünndarmwand (Jejunum) gelegenen Tumors im Stadium pT3 pNo0 cM0 (Größe 5cm, 3 Mitosen /50hpf) Bl. 7 der Verwaltungsakte unten). Am 25.07.2014 erfolgte die weitere operative Entfernung von zwei 2,0 bzw. 2,2 cm großen Tumoren aus dem Duodenum (Bl. 14/15 der Verwaltungsakte). Das Rückfall- bzw. Metastaserisiko (vgl. die onkopedia-Leitlinie zur GIST Stand April 2019 Ziff. 5.3) ist mit Blick auf Größe, Lokation und Mitoserate der Tumoren gering (bei Zugrundelegung der angegebenen Tumorgröße von exakt 5cm - entsprechend einem Stadium T2 – bei Lokalisation im Jejunum und Mitoserate von 3/50hpf) bis moderat (bei Annahme einer Tumorgröße von >5cm - entsprechend dem angegebenen Stadium T3 – bei Lokalisation im Jejunum und einer Mitoserate von 3/50hpf).
Gestützt auf eine versorgungsärztliche Stellungnahme (GIST des Dünndarms, Teil-GdB 80; Neurofibromatose, Teil-GdB 20, Nachprüfung 07.2019) stellte das Landratsamt Rastatt mit Bescheid vom 06.10.2015 einen Gesamt-GdB von 80 seit dem 01.01.2014 fest. Hinweise darauf, dass die Feststellung eine Erkrankung in Heilungsbewährung erfassen würde, enthielt der Bescheid nicht.
Nach erfolglosem Überprüfungsverfahren machte der Kläger gerichtlich (SG Karlsruhe, S 6 SB 3556/16) die Feststellung des GdB von 80 seit Oktober 2012 geltend. Im Rahmen dieses Verfahrens legte der Beklagte eine versorgungsärztliche Stellungnahme der Dr. B.-K. vor, welche darauf hinwies, dass der Teil-GdB von 80 für die GIST nicht mit der „leitliniengerechten Risikoklassifizierung“ in Einklang zu bringen sei. Das Progressions- und Rezidivrisiko sei im Fall des Klägers als gering zu bewerten. Entsprechend eines Beschlusses der Arbeitsgemeinschaft der versorgungsmedizinisch tätigen Leitenden Ärztinnen und Ärzte vom 06.10.2015 (identisches Datum wie der Ausgangsbescheid) sei die Erkrankung mit einem Teil-GdB von 50 und mit einer Heilungsbewährung von zwei Jahren zu bewerten. Es werde vorgeschlagen, den GdB rückwirkend ab 01.10.2012 mit 50 zu bewerten. Ab 01.01.2016 betrage der Gesamt-GdB 30, weil Heilungsbewährung eingetreten sei. Der weitere Versorgungsarzt Dr. Wo. wies darauf hin, dass der Bescheid vom 06.10.2015 nicht „mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ unrichtig gewesen sei, weil sich „zwischenzeitlich die gutachterlichen Kriterien“ geändert hätten. Eine Rücknahme für die Vergangenheit sei bei nicht bestehender Unrichtigkeit wohl nicht möglich, dies jedoch „vorbehaltlich einer rechtlichen Überprüfung“, weil sich die maßgeblichen Kriterien exakt am Tag des Ausgangsbescheids geändert hätten. Hierauf gestützt verglich man sich sodann darauf, dass auch für die Zeit vom 01.10.2012 bis 31.12.2013 ein GdB von 50 festgestellt werde und beendete so den Rechtsstreit. Den Vergleich setzte die Beklagte mit Ausführungsbescheid vom 15.05.2017 um und stellt für die Zeit vom 01.10.2012 bis 31.12.2013 einen Gesamt-GdB von 50 fest.
Mit Schreiben vom 15.05.2017 hörte das Landratsamt Rastatt den Kläger dazu an, das im Bescheid vom 06.10.2015 ein Tumorleiden im Stadium der Heilungsbewährung berücksichtigt worden sei. Der GdB betrage, nachdem die Heilungsbewährung eingetreten sei, nur noch 30. Der Erlass eines entsprechenden Neufeststellungsbescheids sei beabsichtigt.
Der Kläger brachte sodann auf die Anhörung vor, er leide unter zusätzlichen Wirbelsäulenleiden.
Der Beklagte zog daraufhin diverse ärztliche Unterlagen bei und holte diverse versorgungsärztliche Stellungnahmen ein. Nach der zeitlich letzten seien für die Funktionsbehinderung „GIST des Dünndarms, Verwachsungsbeschwerden nach Bauchoperation“ ein Teil-GdB von 30, „degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, Wirbelsäulenverformungen Funktionsbehinderung der Wirbelsäule“ ein weiterer Teil-GdB von 30 und „Neurofibromatose“ ein Teil-GdB von (nur noch) 10 angemessen. Hieraus resultiere ein Gesamt-GdB von 40.
Mit Bescheid vom 05.01.2018 hob das Landratsamt Rastatt hierauf gestützt den Bescheid vom 06.10.2015 gemäß § 48 SGB X insoweit auf, als es für die Zeit ab dem 08.01.2018 einen GdB von nur noch 40 feststellte.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch ließ der Kläger unter anderem damit begründen, dass neben den entfernten Tumoren weitere 50 bis 60 gastrointestinale Strumatumoren vorhanden seien, die einer Operation nicht zugänglich seien. Es liege leider eine palliative Situation vor, eine Heilungsbewährung sei deshalb ausgeschlossen. Auslöser der GIST sei eine Neurofibromatose, der dortige Teil-GdB von 10 solle überdacht werden. Das Universitätsklinikum Tübingen habe ausdrücklich die Aufrechterhaltung des Gesamt-GdB von 80 empfohlen. Zusätzlich sei eine ADS-Störung verifiziert worden, es bestehe eine leichte kognitive Störung.
Das Landratsamt holte eine weitere versorgungsärztliche Stellungnahme ein. Dort wurde darauf hingewiesen, dass für die 50 bis 60 kleinen Tumoren mit einem niedrigen Risiko für eine Progression auszugehen sei. Die Heilungsbewährung bei GIST richte sich nach der Risikoklassifizierung. Nach dem Beschluss vom 06.10.2015 sei eine GIST mit niedrigem und sehr niedrigem Risiko nicht analog zu einer malignen Erkrankung zu bewerten. Eine GIST mit moderatem Risiko sei analog zu einem Magenfrühkarzinom bzw. einem malignen Darmtumor im Stadium T1 bis T2 N0 M 0 mit einem GdB von 50 bei einer Heilungsbewährung von zwei Jahren zu bewerten. Aus der ADS sei keine Behinderung abzuleiten. An der bisherigen Stellungnahme sei festzuhalten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.06.2018 (Abgabevermerk zur Post am 20.06.2018) wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 23.07.2018 Klage zum SG Karlsruhe erhoben.
Der Kläger hat zur Begründung seiner Klage vorbringen lassen, es sei bereits keine Heilungsbewährung anzunehmen. Im Übrigen sei der Zeitpunkt der Rücknahme zu beanstanden. Der Beschluss vom 06.10.2015 müsse bei den Stellungnahmen vom 31.01.2016 und 06.08.2016 bekannt gewesen sein, es sei dort von einer Heilungsbewährung von fünf Jahren ausgegangen worden. Im Übrigen sei der Gesamt-GdB mit 40 zu niedrig bewertet worden. Es bestünden die typischen Stigmata der Neurofibromatose, beispielsweise multiple Café-au-lait-Flecken und kutane Neurofibrome. Darüber hinaus bestünden Augenprobleme.
Das Gericht hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Dr. Bü. hat als behandelnder Hausarzt mitgeteilt, es hätten sich keine Hinweise auf ein Rezidiv oder Progress des GIST-Syndroms ergeben. Auch seien keine neuen Neurofibrome aufgetreten. Der Schwerpunkt der Leiden liege in den Bereichen Neurologie, Gastroenterologie und Orthopädie. Der Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. Pe. hat angegeben, der Kläger leide am ehesten noch unter einem Tinnitus aurium rechts, die Folgen eines Hörsturzes seien wieder verschwunden. Prof. M. zum B. – tätig beim V.-Klinikum-K., Klinik für Hämatologie, Onkologie, Immunologie und Palliativmedizin – hat ausgesagt, von Seiten der GIST und der Neurofibromatose bestünden zur Zeit keine klinischen Symptome und damit keine relevanten Behinderungen. Einen Tumorprogress habe man seit 2014 nicht festgestellt. Der Hautarzt Be. hat geantwortet, die Schwere der Behinderung könne hautärztlich nicht beurteilt werden. Der Orthopäde Dr. Wa. hat wissen lassen, beim Kläger bestehe eine Neurfibromatose, eine Skoliose und eine Zervikalneuralgie. Der Schweregrad sei mittelgradig. Der Augenarzt Dr. Mü. hat eingeschätzt, auf seinem Gebiet liege bei Visus von 1,0 rechts und 0,8 links keine Behinderung vor.
Auf Nachfrage des Gerichts hat der Beklagte den Beschluss der Arbeitsgemeinschaft der versorgungsmedizinisch tätigen leitenden Ärztinnen und Ärzte vom 06.10.2015 vorgelegt und eingeräumt, dass der Beschluss bisher nicht in die Versorgungsmedizin-Verordnung überführt worden sei. Entsprechend müsse angenommen werden, dass die Heilungsbewährung erst nach Ablauf von fünf Jahren ablaufe. Die Heilungsbewährung sei jedoch zwischenzeitlich eingetreten. In „entsprechender Anwendung“ des (nicht veröffentlichten) Urteils des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (Az. L 6 SB 63/19) vom 27.06.2019 sei der Bescheid gleichwohl nicht aufzuheben, da der Herabsetzungsbescheid „durch die anhängige Klage nicht bindend geworden sei und der Kläger die Vorteile aus der ursprünglichen Feststellung des Behinderungsgrades von 80 bis jetzt“ habe nutzen können. Ihm sei durch die zu frühe Aufhebung kein Rechtsnachteil entstanden.
Darüber hinaus hat der Beklagte unter Verweis auf die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. Re. die Auffassung geäußert, nach den Angaben der behandelnden Ärzte sei selbst der Gesamt-GdB von 40 fraglich. Eine klinische Symptomatik der GIST liege nicht vor. Der orthopädische Befund stütze einen Teil-GdB von 30 für die Wirbelsäule nicht. Ein höherer Gesamt-GdB als 40 scheide aus.
Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass aus seiner Sicht allein der Zeitpunkt des Erlass des Widerspruchsbescheids maßgeblich sei und dass zu diesem Zeitpunkt Rechtswidrigkeit vorgelegen habe. Der Ablauf der Heilungsbewährung im Klageverfahren sei eher nicht maßgeblich. Ob sich aus der Entscheidung des LSG anderes ergebe, könne nicht nachvollzogen werden, weil die Entscheidung nicht veröffentlicht sei und die Gründe auch nicht wiedergegeben worden seien. Vor diesem Hintergrund hat das Gericht eine Entscheidung mittels Gerichtsbescheid angekündigt.
Der Beklagte hat die Entscheidung des Landessozialgerichts vorgelegt und darauf verwiesen, dass das Rechtsschutzbedürfnis zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens vom Gericht zu prüfen sei. Nach der Entscheidung des LSG Baden-Württemberg vom 27.06.2019 fehle es im Fall des Klägers am Rechtsschutzbedürfnis.
Der Kläger hält den streitigen Bescheid weiterhin für rechtswidrig. Er ist der Auffassung es sei überhaupt kein Fall der Heilungsbewährung einschlägig, was eine Aufhebung nach § 48 SGB X ausschließe.
Der Kläger lässt beantragten,
den Bescheid vom 05.01.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.06.2018 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte stellt (in der mündlichen Verhandlung) klar, dass er der Auffassung ist, im vorliegenden Fall komme, weil die GIST in den VG nicht explizit geregelt sei, die allgemeine Regelung zur Heilungsbewährung nach Teil B Ziff. 1 c der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VMG) zur Anwendung. Die dortige Formulierung laute, „bis zum Ablauf der Heilungsbewährung – in der Regel bis zum Ablauf des fünften Jahres nach der Geschwulstbeseitigung“ und lasse Raum für eine Analogie dahingehend, dass in Fällen, in denen das Risiko mit einer in den VMG geregelten Erkrankung vergleichbar sei diese eine Heilungsbewährung von weniger als fünf Jahren vorsähen, eine kürzere Heilungsbewährung in Betracht käme. Exakt solch eine Analogie habe der Beschluss der Arbeitsgemeinschaft der versorgungsmedizinisch tätigen leitenden Ärztinnen und Ärzte vom 06.10.2015 angeregt. Lediglich für den Fall, dass man eine solche Analogie für nicht zulässig halte, werde nachrangig das Nichtvorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses gerügt. Im Übrigen sei man der Auffassung, dass es, vergleichbar zu Gesetzen, nicht auf das Datum des Beschlusses vom 06.10.2015 ankomme, sondern auf dessen Bekanntgabe. Insoweit lasse sich nicht argumentieren, der Bescheid selben Datums sei nach der Zugangsfiktion bei postalischer Versendung erst am 09.10.2015 zugestellt worden. Ferner vertrete man die Auffassung, dass selbst dann, wenn der GdB von 80 anfänglich zu hoch festgestellt worden sei, weil tatsächlich nur ein GdB von 50 ausreichend gewesen wäre, gleichwohl eine Aufhebung nicht nach § 45 SGB X habe erfolgen müssen. Durch den Ablauf der Heilungsbewährung, die unabhängig von der Zugrundelegung eines GdB von 80 bzw. eines GdB von 50 fünf Jahre betrage, trete eine wesentliche Änderung ein, die eine Bemessung des GdB unter Berücksichtigung der tatsächlichen Beeinträchtigungen ermögliche. Unschädlich sei, dass im angefochtenen Bescheid kein Hinweis auf die Annahme einer Heilungsbewährung erfolge, denn dies gehe zumindest aus der zugrundeliegenden versorgungsärztlichen Stellungnahme hervor und müsse im Bescheid nicht ausdrücklich erwähnt werden. Zuletzt sei man auch davon überzeugt, dass im Fall der GIST von einer Heilungsbewährung auszugehen sei, auch wenn die Grunderkrankung im Fall des Klägers nicht beseitigt werden könne. Die Heilungsbewährung trete immer dann ein, wenn durch die Entfernung einer Geschwulst ein nicht mehr therapiebedürftiger Zustand erreicht werde, was im Fall der GIST des Klägers gegeben sei. Darauf, dass die Grunderkrankung nicht beseitigt werden könne, komme es hingegen nicht an.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Prozessakten des vorliegenden Verfahrens und des Verfahrens S 6 SB 3556/16 sowie auf die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung, Beratung und Entscheidungsfindung gewesen sind.
A.)
Die form- und fristgerecht zum örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht erhobene Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist zunächst zulässig.
Der Klage fehlt es nicht, wie der Beklagte meint, bereits am Rechtsschutzbedürfnis. Der Beklagte stützt seine Auffassung auf die unveröffentlichte Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg im Verfahren L 6 SB 63/19. Im Tatbestand der Entscheidung ist vom Bescheid vom 10.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.08.2016 die Rede, mit dem der Bescheid vom 06.08.2010 für die Zeit ab dem 13.03.2016 insoweit aufgehoben wurde, als der GdB lediglich 40 betragen habe. Auf diesen Bescheid scheinen sich die dort zu beurteilende Klage und Berufung bezogen zu haben. Auf Seite 8 Abs. 2 stellt die Entscheidung klar, dass es auch aus Sicht des erkennenden Senats auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids ankommt. Auf Seite 9 Abs. 2 des Urteils wird ausgeführt, dass ein GdB von 40 ab Mitte März 2016 ausreichend bemessen war, womit die Klage in erster Instanz hätte abgewiesen werden müssen. Im Ergebnis ist also nachzuvollziehen, dass der dort streitige Bescheid vom 10.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.08.2016 rechtmäßig war und der Beklagte den GdB zu Recht ab dem 13.03.2016 herabgesetzt hat. Der Sinn der Ausführungen Seite 17 Abs. 3, auf welche der Beklagte sich zu berufen scheint, ist aus dem Tatbestand heraus dann nicht mehr ohne weiteres nachzuvollziehen. Dort wird ausgeführt, es könne dahinstehen, ob der Beklagte „den Bescheid vom 13.03.2009“ mit dem „angefochtenen vom 17.12.2013 zutreffend ab dem 21.12.2013 mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben habe“. Sodann wird ausgeführt, dass es nicht darauf ankommt, dass der Bescheid erst ab dem Folgetag des 21.12.2013 hätte aufgehoben werden dürfen und dass es der Berufung insoweit am Rechtsschutzbedürfnis fehle, was zur Unbegründetheit der Klage führe. Die besondere Regelung für Menschen mit Schwerbehinderung werde nach dem Wegfall der Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2 SGB X zwar nicht mehr angewendet. Wenn sich der GdB auf weniger als 50 verringere, gelte dies jedoch nach § 116 Abs. 1 SGB IX (§ 199 Abs. 1 SGB IX aktueller Fassung) erst am Ende des dritten Kalendermonats nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des die Verringerung feststellenden Bescheids. Insoweit bleibe der von der Herabsetzung Betroffene bis dahin im Genuss aller Rechte aus dem SGB IX und sonstiger Schutzbestimmungen, womit es der Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe nicht bedürfe.
Die Kammer legt Wert auf die Feststellung, dass sich aus den Ausführungen des Landessozialgerichts für die Kammer nur ergibt, dass der erkennende Senat die Berufung auch nicht deshalb für begründet erachtet hat, weil der Beklagte die Schwerbehinderteneigenschaft ggfs. „erst für den Folgetag“ hätte aufheben dürfen. Ein verallgemeinerbarer Rechtssatz dergestalt, dass eine zu früh erfolgte Aufhebung (z.B. bei Annahme zu kurzen Heilungsbewährungsfrist) stets das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage entfallen lässt, wenn die Heilungsbewährung später im sozialgerichtlichen Verfahren eintritt, wollte das der erkennende Senat mit der Entscheidung nach Einschätzung der Kammer nicht aufstellen, denn dann wäre die Entscheidung wohl veröffentlicht worden. Konsequenz dieser Lesart wäre nämlich, dass das erkennende Gerichte bei der vorliegenden Anfechtungsklage bereits im Rahmen der Zulässigkeit (Rechtsschutzbedürfnis) die Höhe des GdB vollständig prüfen müssten, weil natürlich nur dann ein Rechtsschutzbedürfnis verneint werden könnte, wenn die Herabsetzung des GdB der Höhe nach zutreffend war. Eine solche Vorverlagerung erscheint der erkennenden Kammer nicht sachgerecht und wurde zur Überzeugung der Kammer vom Landessozialgericht Baden-Württemberg in der genannten Entscheidung nicht intendiert. Auch ist nicht zu erkennen, dass diese Auffassung bisher von einem anderen Gericht in Erwägung gezogen worden ist. B.)
Die Klage ist auch begründet, denn der Bescheid vom 05.01.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.06.2018 ist – was letztlich zwischen den Beteiligten nicht streitig ist – rechtswidrig. I.)
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei der vorliegend allein statthaften Anfechtungsklage ist im Bereich des Schwerbehindertenrechts derjenige der letzten Verwaltungsentscheidung (vergl. Bayerisches Landessozialgericht [LSG], Urteil vom 13. Juli 2015 – L 15 SB 16/14 –, juris; Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom B 9 SB 2/15 R, juris Rn. 13) II.)
Rechtsgrundlage für die vom Beklagten verfügte Teilaufhebung ist § 48 Sozialgesetzbuch (SGB) Zehntes Buch (X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen. III.)
Handelt es sich bei den dem GdB zugrunde liegenden Gesundheitseinschränkungen um solche, bei denen - wie dies bei Krebserkrankungen der Fall ist - der GdB wegen der Art der Erkrankung zunächst höher festgestellt worden ist, als es die tatsächlichen Funktionseinschränkungen erfordern, liegt eine Änderung der Verhältnisse im Sinn des § 48 SGB X auch dann vor, wenn die Zeit der sogenannten Heilungsbewährung ohne das Auftreten eines Rezidivs abgelaufen ist (vergl. Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung, Teil A Ziff. 7. b) VMG). IV.)
Gleichwohl verbietet es sich, allein wegen des Ablaufs der Heilungsbewährung von einer wesentlichen Änderung im Sinne einer Besserung auszugehen. Ist einerseits die Heilungsbewährung eingetreten und sind andererseits seit der bestandskräftig gewordenen Feststellung des GdB neue Gesundheitsstörungen aufgetreten, so ist nur dann eine Herabsetzung des GdB gerechtfertigt, wenn die vorhandenen Gesundheitsbeeinträchtigungen einen niedrigeren GdB begründen, als er zuvor bestandskräftig festgestellt worden ist. Insoweit besteht kein Unterschied zu den Fällen, in denen die Herabsetzung des GdB nicht auf den Gesichtspunkt der Heilungsbewährung gestützt wird, sondern auf die Besserung einer Gesundheitsstörung. V.)
Entsprechend ist in jedem Fall ein Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem zuletzt bindend festgestellten früheren Behinderungszustand durchzuführen. Eine wesentliche Veränderung liegt im Ergebnis nur dann vor, wenn aus einer Veränderung des Gesundheitszustandes eine Erhöhung oder Herabsetzung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 folgt (BSG, Urteil vom 11.11.2004 - B 9 SB 1/03 R). Hingegen sind einzelne Behinderungen, ebenso wie die zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze, lediglich Bewertungsfaktoren (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96). Die Teil-GdB-Sätze gehören folglich nicht zum Verfügungssatz des Bescheids und erwachsen daher nicht in Bindungswirkung, § 77 SGG. Dies bedeutet, dass nicht jede Verschlechterung oder Verbesserung einzelner Gesundheitsstörungen und hierdurch bedingter Funktionsbehinderungen zu einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 48 SGB X führt. VI.)
Es ist also entscheidend, wie der GdB zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung zu bemessen war. Dies bemisst sich nach § 152 Abs. 1 S 1 SGB IX in der seit dem 01.01.2018 anzuwendenden Fassung des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung vom 23.12.2016 (Bundesteilhabegesetz - BTHG; BGBl. 2016, S. 3234ff), mit welchem die Vorschriften des SGB IX eine weitreichende redaktionelle Änderung erfahren haben. Nach dieser Vorschrift stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag eines behinderten Menschen in einem besonderen Verfahren das Vorliegen einer Behinderung und den Gesamt-GdB fest. Als Gesamt-GdB werden dabei nach § 152 Abs. 1 S 5 SGB IX die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt, wenn nicht ein niedrigerer Gesamt-GdB als 20 gegeben ist, § 152 Abs. 1 S. 6 SGB IX. Dabei ist das seit jeher im Schwerbehindertenrecht geltende Finalitätsprinzip zu beachten, das sowohl im Behinderungsbegriff des § 2 Abs. 1 SGB IX als auch in den Prinzipien zur Feststellung des Gesamt-GdB nach § 152 Abs. 1 und Abs. 3 SGB IX festgeschrieben worden ist.
Durch den bis zum 14.01.2015 in der Vorgängervorschrift des § 69 Abs. 1 S 5 SGB IX enthaltenen Verweis auf die im Rahmen des § 30 BVG festgelegten Maßstäbe wurde auf das versorgungsrechtliche Bewertungssystem abgestellt, dessen Ausgangspunkt die „Mindestvomhundertsätze“ für eine größere Zahl erheblicher äußerer Körperschäden sind. Von diesen Mindestvomhundertsätzen leiten sich die aus den Erfahrungen der Versorgungsverwaltung und den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft gewonnenen Tabellenwerte der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung) vom 10.12.2008 (VersMedV) ab, wobei die nähere Ausgestaltung in der Anlage zu § 2 der VersMedV, den sogenannten Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VMG), erfolgt ist. Als Rechtsverordnung binden sie grundsätzlich sowohl Verwaltung als auch Gerichte. Die VMG sind jedoch, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere des früheren § 69 SGB IX, dessen Regelugen ab dem 01.01.2018 in § 152 SGB IX überführt wurden - zu überprüfen. Daher sind VersMedV und VMG im Lichte dieser rechtlichen Vorgaben auszulegen und bei Verstößen dagegen nicht anzuwenden (Urteil des Bundessozialgerichts vom 30.09.2009 - B 9 SB 4/08 R).
Mit der zum 15.01.2015 eingeführten Verordnungsermächtigung des § 70 Abs. 2 SGB IX, die seit dem 01.01.2018 in § 153 Abs. 2 SGB IX geregelt ist, hat der Gesetzgeber das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates diejenigen Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung des GdB und die medizinischen Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, welche nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Für eine Übergangszeit bis zum Erlass einer neuen Rechtsverordnung sind weiterhin die VMG anzuwenden, wie sich aus der ebenfalls zum 15.01.2015 in Kraft getretenen Übergangsvorschrift des §159 Abs. 7 SGB IX, welche zum 01.01.2018 inhaltsgleich in § 241 Abs. 5 SGB IX überführt wurde, ergibt. Die VersMedV und die dort enthaltenen VMG dienen folglich auch weiterhin als verbindliche Rechtsquelle sowohl für die Bestimmung des GdB als auch für die Feststellung der Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen.
Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der Gesamt-GdB gem. § 152 Abs. 3 S. 1 SGB IX ferner nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Folglich werden in einem ersten Schritt die einzelnen nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinne von regelwidrigen (von der Norm abweichenden) Zuständen (§ 2 Abs. 1 SGB IX) und die sich daraus ableitenden Teilhabebeeinträchtigungen bestimmt. In einem zweiten Schritt sind diese mit einem Einzel-GdB zu bewerten und den jeweils unter Teil A Ziff. 2 Buchstabe e) der VMG genannten Funktionssystemen zuzuordnen. Innerhalb der Funktionssysteme sind die jeweiligen Einzel-GdB sodann zu einem Teil-GdB zusammen zu fassen. In einem dritten Schritt ist gemäß Teil A Ziff. 3 der VMG dann - in der Regel ausgehend von der Beeinträchtigung mit dem höchsten Teil-GdB - in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Beeinträchtigungen der Gesamt-GdB zu bilden. Dabei können die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen (sich decken), sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinander stehen. Außerdem sind bei der Gesamtwürdigung die Auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen, für die in der GdB-Tabelle feste Grade angegeben sind.
Bei der Bildung des Gesamt-GdB ist ferner zu beachten, dass zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen in Funktionssystemen, die nur einen Teil-GdB von 10 bedingen, von Ausnahmefällen abgesehen nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnten. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen (Teil A Ziff. 3 Buchstabe d) ee) VMG). Bei Gesundheitsstörungen, welche in Funktionssystemen einen Teil-GdB von 20 bedingen, ist es vielfach ebenfalls nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Maßgeblich ist hier, inwieweit die Auswirkungen der einzelnen Behinderungen voneinander unabhängig sind und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen, ob sich eine Behinderung auf eine andere besonders nachhaltig auswirkt oder inwieweit sie sich überschneiden (Teil A Ziff. 3 Buchstaben a) - d) VMG). VII.)
Dies zu Grunde gelegt lag zum allein maßgeblichen Zeitpunkt (jedenfalls noch) keine wesentliche Änderung gegenüber denjenigen Verhältnissen vor, die dem Bescheid vom 06.10.2015 zu Grunde gelegen haben.
1.) Die Kammer stimmt der Einschätzung des Beklagten zu, dass die GIST-Tumoren trotz Lokalisation im Darm keinem der ausdrücklich geregelten Fälle von Geschwulsterkrankungen zugeordnet werden können, insbesondere handelt es sich nicht um einen Darmtumor im Sinne von Teil B Ziff. 10.2.2 VMG. Hier werden nach Einschätzung der Kammer lediglich Karzinome, also Tumoren der Epithelzellen, und nicht auch die von der GIST verursachten malignen Weichgewebstumoren (Sarkome) erfasst. Dies zeigt die früher verwendete Bezugnahme auf die Klassifizierung DUKES A, welche lediglich deshalb gestrichen wurde, um die Ungleichheit in der Beurteilung von Karzinomen des Dünn- und Dickdarms zu verdeutlichen (Wendler/Schillings, Versorgungsmedizinische Grundsätze, Kommentar, 8, Auflage Seite 250). Auch für Sarkome besteht keine besondere Vorgabe in den VMG.
2.) Insoweit richtet sich die Beurteilung der GIST nach den allgemeinen Vorgaben der VMG, die in Teil B Ziff. 1c VMG geregelt sind. Eine Heilungsbewährung ist danach abzuwarten nach Transplantationen innerer Organe und nach der Behandlung von Krankheiten, bei denen dies in der Tabelle vorgegeben ist (Satz 1). Dazu gehören vor allem bösartige Geschwulstkrankheiten. (Satz 2.) Für die häufigsten und wichtigsten solcher Krankheiten sind im Folgenden Anhaltswerte für den GdB angegeben (Satz 3). Sie sind auf den Zustand nach operativer oder anderweitiger Beseitigung der Geschwulst bezogen (Satz 4). Der Zeitraum des Abwartens einer Heilungsbewährung beträgt in der Regel fünf Jahre; kürzere Zeiträume werden in der Tabelle vermerkt (Satz 5). Maßgeblicher Bezugspunkt für den Beginn der Heilungsbewährung ist der Zeitpunkt, an dem die Geschwulst durch Operation oder andere Primärtherapie als beseitigt angesehen werden kann; eine zusätzliche adjuvante Therapie hat keinen Einfluss auf den Beginn der Heilungsbewährung (Satz 6). Der aufgeführte GdB bezieht den regelhaft verbleibenden Organ- oder Gliedmaßenschaden ein (Satz 7). Außergewöhnliche Folgen oder Begleiterscheinungen der Behandlung - z.B. lang dauernde schwere Auswirkungen einer wiederholten Chemotherapie - sind zu berücksichtigen (Satz 8). Bei den im Folgenden nicht genannten malignen Geschwulstkrankheiten ist von folgenden Grundsätzen auszugehen: Bis zum Ablauf der Heilungsbewährung - in der Regel bis zum Ablauf des fünften Jahres nach der Geschwulstbeseitigung - ist in den Fällen, in denen der verbliebene Organ- oder Gliedmaßenschaden für sich allein keinen GdB von wenigstens 50 bedingt, im allgemeinen nach Geschwulstbeseitigung im Frühstadium ein GdB von 50 und nach Geschwulstbeseitigung in höheren Stadien ein GdB von 80 angemessen (Satz 9).
3.) Schon mit Blick auf den Wortlaut der Vorgabe ist die vom Beklagten angedachte Analogie im Rahmen von Satz 9 („in der Regel bis zum Ablauf des fünften Jahres“) nicht möglich. Bereits im fünften Satz wird nach der Rechtsauffassung der erkennenden Kammer ausdrücklich klargestellt, dass der Zeitraum der Heilungsbewährung in der Regel fünf Jahre beträgt (erster Halbsatz) und dass kürzere Zeiträume in der Tabelle vermerkt werden (zweiter Halbsatz). Teil B Ziff. 1 c Satz 9 Halbsatz 2 VMG stellt insoweit ausdrücklich klar, dass die Heilungsbewährung nur dann kürzer als zwei Jahre sein kann, wenn dies in der Tabelle konkret vermerkt ist und lässt insoweit keinen Raum für eine Analogie, weil die gesetzliche Regelung eindeutig ist und gerade keine planwidrige Lücke vorliegt. Bei diesem Verständnis stellt die Formulierung in Satz 9 „in der Regel“, auf welche der Beklagte Bezug nimmt, lediglich klar, dass es Fälle gibt, in denen die Heilungsbewährung anders ausfällt, nämlich in allen in der Tabelle ausdrücklich bestimmten Fällen.
4.) Unterstellt man also (wie der Beklagte), dass im vorliegenden Fall eine Heilungsbewährung zur Anwendung kommt, wäre der streitige Bescheid vom 05.01.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.06.2018 zum maßgeblichen Zeitpunkt der Bekanntgabe rechtwidrig, weil die Heilungsbewährung jedenfalls nicht vor dem Jahr 2019 eintreten konnte.
5.) Sofern man annimmt, dass im Fall der GIST überhaupt keine Heilungsbewährung eintreten kann, läge ebenfalls keine wesentliche Änderung in den Verhältnissen vor, weil sich seit der Erstfeststellung an diesem Zustand nichts geändert hätte, womit die streitige Entscheidung allein deshalb aufzuheben wäre, weil die Grundvoraussetzung von § 48 SGB X nicht gegeben ist. Insoweit erübrigen sich an und für sich weitere Ausführungen. Gleichwohl sieht sich die Kammer zu dem Hinweis veranlasst, dass eine Heilungsbewährung im Fall der GIST nicht in Betracht kommen wird. Ausgangspunkt für eine Heilungsbewährung nach Teil B Ziff. 1 c VMG ist die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende Annahme, dass Rezidive von Tumoren in 90 % der Fälle innerhalb der ersten fünf Jahre nach der Tumorentfernung auftreten, wobei der Hauptteil der Rückfälle innerhalb der ersten zwei Jahre erfolgt. Rechtlich gilt die bösartige Krankheit deshalb nach Ablauf des in den VMG genannten Zeitraums als geheilt, auch wenn ein Restrisiko besteht (Wendler/Schillings, Versorgungsmedizinische Grundsätze, Kommentar, 8, Auflage Seite 119). Mit der Heilungsbewährung ist insoweit typisiert der Gedanke verknüpft, dass nach ihrem Ablauf (bis zum Auftritt eines Rezidivs) von einer vollständigen Heilung auszugehen ist. Für unheilbare Erkrankungen ist der Begriff der Heilungsbewährung (in dem das Wort „Heilung“ enthalten ist) hingegen offenkundig fehl am Platze (vgl. Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 25. Mai 2005 – L 6 SB 55/04 –, Rn. 33, juris). Die GIST als Grunderkrankung ist im Fall des Klägers jedoch offenkundig nicht als geheilt anzusehen. Dies belegen die vorhandenen 50 bis 60 Mikrotumore und auch die Schilderung des Klägers in der mündlichen Verhandlung, wonach die jährliche radiologische Beobachtung ergeben hat, dass gegenüber dem Jahr 2016 einer der GIST-Tumore von 10mm auf 18mm angewachsen ist. Dass die Rezidivgefahr bereits anfänglich je nach Stadium, Mitoserate und Lokalisation ggfs. vergleichbar niedrig ausfällt, rechtfertigt keine Analogie, weil bei offenkundigem Fortbestehen der Grunderkrankung gerade keine Heilungshoffnung besteht, die sich nach Ablauf einer bestimmten Zeit bewähren könnte. Es bleibt es dem Verordnungsgeber unbenommen, durch eine ausdrückliche Regelung in den VMG unter Berücksichtigung des Standes der wissenschaftlichen Erkenntnis abweichendes zu regeln. C.)
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.