Die Klägerin begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 50.
Die 1970 geborene Klägerin ist seit 2005 als Angestellte eines Jobcenters in B in der Arbeitsvermittlung beschäftigt. Sie beantragte am 19. Juni 2009 beim Beklagten die Feststellung eines GdB. Als Beschwerden gab sie Bewegungseinschränkungen, geschwollene Gelenke und Finger sowie Schlafstörungen an. Nach Auswertung ärztlicher Befunde stellte der Beklagte mit Bescheid vom 28. Januar 2010 einen GdB der Klägerin von 30 fest. Als Funktionsbeeinträchtigung benannte er eine entzündlich-rheumatische Gelenkerkrankung (interner Einzel-GdB 20) und psychische Störungen (Neurosen), Schlafstörungen (interner Einzel-GdB 20). Eine darüber hinaus von der Klägerin geltend gemachte Psoriasis (Schuppenflechte) sah der Beklagte nicht als GdB-relevante Gesundheitsstörung an. Gegen die Entscheidung erhob die Klägerin Widerspruch und führte unter anderem aus, dass sie seit fünf Jahren an zermürbenden Schlafstörungen infolge von Schmerzen in sämtlichen Körperteilen leide. Nach körperlicher Untersuchung der Klägerin gelangte die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie F in ihrem vom Beklagten veranlassten Gutachten vom 22. Mai 2010 zu der Auffassung, dass die psychische Störung mit einem höheren Einzel-GdB von 30 und die entzündlich-rheumatische Gelenkserkrankung weiterhin mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten sei. Zur Begründung führte sie aus, dass die Persönlichkeitsstörung umfangreicher und nicht nur vegetativer Art sei. Die Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit sei wesentlich eingeschränkt, eine Änderung des Gesamt-GdB sei jedoch nicht eingetreten. Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Oktober 2010 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Anhebung des Einzel-GdB für die psychischen Störungen nicht zu einem höheren Gesamt-GdB führe. Eine Addition der Einzelbehinderungsgrade sei unzulässig, auch andere rechnerische Methoden dürften nicht angewendet werden.
Mit der am 30. November 2010 vor dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, sie habe Anspruch auf Feststellung eines GdB von mindestens 50. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass der Gesamt-GdB fehlerhaft gebildet worden sei und sie zusätzlich an einer Fibromyalgie leide, die nicht berücksichtigt worden sei.
Das Sozialgericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie C hat neben einer rheumatoiden Arthritis eine depressive Anpassungsstörung sowie den Verdacht auf Fibromyalgie mitgeteilt, die Ärztin für Innere Medizin Dr. A hat über mittelgradige bis schwere Funktionseinbußen der betroffenen Gelenke aufgrund der Schmerzsymptomatik berichtet. Die Internistin und Rheumatologin Dr. M hat eine rheumatische Erkrankung ausgeschlossen und die Beschwerden dem Fibromyalgie-Syndrom zugeordnet. Wegen der Einzelheiten der Angaben wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Sodann hat das Sozialgericht Beweis durch Einholung eines Gutachtens auf orthopädisch-rheumatologischem Fachgebiet durch den Arzt für Orthopädie und Rheumatologie Dr. S erhoben. Der Sachverständige hat sein Gutachten nach körperlicher Untersuchung der Klägerin am 14. Oktober 2011 erstellt. Der Sachverständige ist zu der Einschätzung gelangt, dass bei der Klägerin eine Psoriasisarthropathie ohne Entzündungsaktivität (Einzel-GdB 10) und ein Fibromyalgie-Syndrom bei depressivem Syndrom (Einzel-GdB 30) vorlägen. Die geschilderten Beschwerden an Armen, Händen und Füßen seien bei gleichzeitig bestehender depressiver Verstimmung der Klägerin und der genannten Abgeschlagenheit als Fibromyalgie-Syndrom zu werten. Das Fibromyalgie-Syndrom sei für die Klägerin wegen der Schmerzwahrnehmung in den großen und kleinen Gelenken subjektiv belastend, führe jedoch zu keinen funktionellen Einschränkungen an den betroffenen Gelenken. Insgesamt sei die Klägerin den Anforderungen des täglichen Lebens gewachsen, eine Schwerbehinderung begründe sich nicht. Der Gesamt-GdB sei mit 30 zu bemessen.
Die Klägerin hat einen Bericht über eine stationäre Behandlung aufgrund von Ganzkörperschmerzen im I-Krankenhaus B vom 31. August bis 15. September 2011 zu den Akten gereicht. Darüber hinaus hat sie den ärztlichen Entlassungsbericht nach einer Rehabilitationsmaßnahme der Deutschen Rentenversicherung vom 30. November bis 21. Dezember 2011 vorgelegt. Darin werden als Beschwerden der Klägerin Schmerzen im Schulter- und Nackenbereich, in den Händen und Fingergelenken, eine Kraftminderung in den Oberarmen und in beiden Händen, eine Einschränkung der Feinmotorik, muskuläre Schmerzen in beiden Oberschenkeln sowie Schmerzen beider Vorfüße und im Fersenbereich angegeben. Ferner wird über Schwierigkeiten bei der Koordination der Finger, über Konzentrations-, Aufmerksamkeits- und Reaktionsstörungen, eine erhöhte Druckempfindlichkeit, Ein- und Durchschlafstörungen und wechselnde Stuhlgänge berichtet.
Sodann hat das Sozialgericht Beweis erhoben durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. Die Sachverständige hat das Gutachten nach Untersuchung der Klägerin am 19. Juni 2012 erstellt. Sie hat berichtet, dass bei der Untersuchung eine deutlich niedergedrückte Stimmung feststellbar gewesen sei, die Klägerin in ihrer Vitalität reduziert gewirkt habe, der gezielte Antrieb erhalten gewesen sei, die subjektiv beklagten Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen sich nicht hätten objektivieren lassen und eine Einschränkung der Tagesaktivitäten sich nicht dargestellt habe, wenngleich sich die Klägerin durch ihre Arbeit als Arbeitsvermittlerin sehr gestresst fühle; die Probleme der Kunden belasteten die Klägerin verstärkt, der hohe Arbeitsanfall erschöpfe sie. Der neurologische Befund sei regelrecht. Die Sachverständige ist zu der Einschätzung gelangt, dass bei der Klägerin stärker behindernde psychische Störungen mit Depression und Angst vorlägen, die in Verlauf und Schwere einer rezidivierenden, jetzt mittelgradigen depressiven Episode zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten seien. Ferner bestehe ein Fibromyalgie-Syndrom, welches mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten sei, sowie eine Psoriasis-Arthropathie ohne Entzündungsaktivität, die mit einem Einzel-GdB von 10 bewertet werde. Eine rheumatische Erkrankung sei aktuell nicht gesichert. Der Gesamt-GdB sei mit 30 zu bemessen, wobei sie berücksichtigt habe, dass die genannten Behinderungen sich überlagerten und die Funktionsbeeinträchtigung durch das Schmerzerleben des Fibromyalgie-Syndroms eher als gering zu bewerten sei. Die psychische Störung werde nicht im Rahmen der Fibromyalgie gesehen, sondern als komorbide Erkrankung, worauf der langjährige Verlauf und insbesondere auch die Ausprägung der Symptomatik hinweisen würden.
Mit Urteil vom 18. Dezember 2012 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 28. Januar 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 2010 geändert und den Beklagten verurteilt, die bei der Klägerin bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen mit einem Gesamt-GdB von 40 seit Antragstellung anzuerkennen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und den Beklagten verpflichtet, der Klägerin deren notwendige außergerichtliche Kosten zu erstatten. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass die Bildung eines Gesamt-GdB von nur 30 dem Leiden der Klägerin nicht gerecht werde. Die Funktionsbeeinträchtigung durch das Schmerzerleben des Fibromyalgie-Syndroms könne, auch wenn es als gering einzuschätzen sei, bei der Bildung des Gesamt-GdB nicht außer Acht gelassen werden. Die depressive Störung sei als komorbide Störung anzusehen, zu der sich begleitend eine seit Jahren bestehende Schmerzstörung hinzugesellt habe. Die von der Klägerin vorgetragene Überforderung und Ermüdung sowie ihre chronischen Schmerzen seien erhebliche Umstände, die bei der Bildung des Gesamt-GdB zu berücksichtigen seien.
Mit Ausführungsbescheid vom 30. Januar 2013 hat der Beklagte bei der Klägerin mit Wirkung vom 19. Juni 2009 einen GdB von 40 festgestellt.
Gegen das der Klägerin am 17. Januar 2013 zugestellte Urteil hat diese am 15. Februar 2013 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, dass das Hauptleiden bereits im Verwaltungsverfahren zu gering bewertet worden sei. Das Ausmaß der psychischen Störungen habe sich insgesamt kontinuierlich verschlechtert. Auch sei der Zusammenhang der depressiven Erkrankung mit dem Fibromyalgie-Syndrom nur unzureichend gewürdigt worden.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines sozialmedizinischen Gutachtens des Facharztes für Innere Medizin Dr. H. Nach Untersuchung der Klägerin hat der Sachverständige sein Gutachten am 19. August 2013 erstellt. Der Sachverständige hat von Bekundungen der Klägerin berichtet, wonach sie „ohne Ende“ Schmerzen, insbesondere in Fingern und Grundgelenken habe, sich bei Stress vermehrt Beschwerden bemerkbar machten, sie unter Konzentrations- und Schlafstörungen leide, sie ihre Ernährung umgestellt habe, wodurch die tägliche Übelkeit sich verbessert habe, es jedoch bei Wechselstühlen geblieben sei. Der Sachverständige hat festgestellt, dass die mit Superlativen geschilderten Beschwerden von gänzlich unauffälligen flüssigen Bewegungsmustern begleitet gewesen seien, und ist zu der Einschätzung gelangt, dass bei der Klägerin eine undifferenzierte somatoforme Schmerzstörung mit Polyarthralgien (ohne relevante Defizite der großen Gelenke, der Beweglichkeit, der Muskulatur) vorliege, die mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten sei. Ferner bestehe ein leichtgradiges unteres Wirbelsäulensyndrom ohne neuromotorische oder radikuläre Auffälligkeiten, welches mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten sei. Da der Klägerin im März 2013 die Gebärmutter nach einem gutartigen Tumor entfernt worden sei, jedoch ein Kinderwunsch potentiell noch möglich sei, ergebe sich ein weiterer Einzel-GdB von 20. Ferner hat er Nahrungsmittelunverträglichkeiten mit Hinweisen vergleichbar einer exokrinen Pankreasinsuffizienz ermittelt, welche er mit einem Einzel-GdB von 10 bewertet hat. Mangels nennenswerter Funktionsbeeinträchtigungen seien für eine leichtgradige Fußdeformität, einen Bluthochdruck sowie eine leichtgradige Rot-Grün-Schwäche jeweils keine Einzel-GdB zu berücksichtigen. Der Gesamt-GdB sei mit 40 zu bemessen. Er hat mitgeteilt, dass die aktuell bei der Klägerin zu berücksichtigenden und funktionswirksamen Behinderungen bei der Antragstellung im Juni 2009 in der vorliegenden Form noch nicht bestanden hätten. Die Gebärmutter sei der Klägerin im März 2013 entfernt worden, so dass ein Gesamt-GdB von 40 ab diesem Zeitpunkt feststellen sei. Der Sachverständige hat der Einschätzung der Sachverständigen Dr. K zur Bildung von Einzel-GdB für die Depression und die Fibromyalgie widersprochen, da – so Dr. H – beide Erkrankungen als ein und dieselbe Behinderung nicht mit zwei verschiedenen GdB-Bemessungen belegt werden könnten. Vielmehr sei das Fibromyalgie-Syndrom, das eigentlich als eine somatoforme Schmerzstörung zu interpretieren sei, bereits unter der neurotisch gefärbten psychischen Störung zu subsumieren. Nicht zu beanstanden sei, dass der Beklagte den Einzel-GdB von 30 für die psychische Störung nicht wegen der rheumatischen Erkrankung erhöht habe, da die von der Klägerin beklagten Beschwerden im Hinblick auf die Gelenkerkrankung bereits durch die psychische Störung voll abgedeckt seien. Diesem Umstand werde auch im orthopädischen Gutachten des Sachverständigen Dr. S. korrekt Rechnung getragen.
Auf Antrag der Klägerin hat der Senat nach § 109 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ein internistisch-rheumatologisches Gutachten des Facharztes für Innere Medizin/Rheumatologie Prof. Dr. K eingeholt. Der Sachverständige hat das Gutachten nach zweimaliger ambulanter Untersuchung der Klägerin am 16. Juli 2014 erstellt. Er ist zu der Einschätzung gelangt, dass bei der Klägerin ein Fibromyalgie-Syndrom mit ausgeprägten Schmerzen, Schlafstörungen und Einschränkungen der physischen und psychischen Belastbarkeit, ein Reizdarmsyndrom, eine rezidivierende Depression – aktuell leicht- bis mittelgradige Episode mit rezidivierenden Angstattacken –, eine Großzehengrundgelenksarthrose, eine geringe Tenosynovitis, ein Vitamin D-Mangel sowie ein leichter Leberschaden vorlägen und der Klägerin die Gebärmutter entfernt worden sei. Die chronische Schmerzerkrankung im Sinne eines Fibromyalgie-Syndroms mit einer starken psychischen Komponente und einem begleitenden Reizdarmsyndrom liege bei der Klägerin seit spätestens 2003 vor. Die kontinuierlich vorhandenen Weichteilschmerzen, die Schlafstörungen und die rezidivierenden Diarrhoe-Episoden hätten zu einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität geführt und schränkten die Belastbarkeit und Arbeitsfähigkeit der Klägerin deutlich ein. Die Depression sei als relevante Komorbidität zu betrachten. Das Fibromyalgie-Syndrom mit ausgeprägten Schmerzen und Schlafstörungen sei mit einem Einzel-GdB von 40, das Reizdarmsyndrom mit einem Einzel-GdB von 20, die rezidivierende Depression mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten. Der GdB sei insgesamt mit 50 zu bemessen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass bei der Klägerin ein Krankheitskomplex vorliege, bei dem sich das Fibromyalgie-Syndrom mit Ganzkörperschmerzen, die Schlafstörungen, die Depression und das Reizdarmsyndrom gegenseitig verstärkten. Die Tagesmüdigkeit infolge der Schlafstörungen verstärkten die Schmerzen des Fibromyalgie-Syndroms und die Depression führe wiederum zu einer ausgeprägten körperlichen Erschöpfung, sodass eine wechselseitige Verstärkung von Fibromyalgie-Syndrom und Depression vorliege, was die Klägerin daran hindere, an einer adäquaten Therapie des Fibromyalgie-Syndroms durch Sport und Psychotherapie teilnehmen zu können. Die aufgeführten Erkrankungen hätten bereits am 19. Juni 2009 vorgelegen, jedoch habe sich der Allgemeinzustand der Klägerin kontinuierlich verschlechtert. Während bei Antragstellung ein GdB von 20 bis 30 nachvollziehbar sei, seien die psychischen Erkrankungen (Depression, Angst) neben den körperlichen Beschwerden durch Schlafstörungen und Schmerzen mehr und mehr in den Vordergrund getreten, was das Sozialgericht im Dezember 2012 zu einer Bemessung des GdB von 40 veranlasst habe. Aufgrund der zunehmenden Einschränkungen im täglichen Leben bestehe seit spätestens Dezember 2013 ein GdB von 50. Das häufig mit dem Fibromyalgie-Syndrom assoziierte klassische Reizdarmsyndrom sei mit rezidivierenden krampfartigen Unterbauchschmerzen und unkontrollierbaren Diarrhoe-Episoden verbunden und bislang nicht berücksichtigt worden.
Nachfolgend hat der Beklagte mehrere versorgungsärztliche Stellungnahmen zu den Akten gereicht. Nach der Stellungnahme der Versorgungsärztin Dr. M.-S. sei der Verlust der Gebärmutter bei potentiell noch möglichem Kinderwunsch mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten. Die Fachärztin für Innere Medizin Dr. G ist zu der Einschätzung gelangt, dass bei der leicht übergewichtigen Klägerin das Reizdarmsyndrom mit einem Einzel-GdB von 10 zu bemessen sei, was bereits Dr. H. festgestellt habe. Der Einschätzung von Prof. Dr. K., der einen Einzel-GdB von 20 festgestellt habe, sei nicht zu folgen. Nach der Einschätzung der Fachärztin für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. T lasse sich eine wesentliche entzündlich-rheumatische Gelenkserkrankung als Ursache der Schmerzen nicht nachweisen, nach Auswertung der Gutachten von Dr. H und Prof. Dr. K seien keine zu berücksichtigenden Leiden am Halte- und Bewegungsapparat objektivierbar. Nach Auffassung des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S habe Prof. Dr. K unkritisch mehrere Selbstbeurteilungsskalen in die Bewertung maßgeblich mit einbezogen, was in einem Berufungsverfahren und in einem Gutachten nach § 109 SGG regelhaft nur einen sehr geringen Aussagewert habe. Es sei davon auszugehen, dass bei der Klägerin ein mittelgradiges ängstlich-depressives Syndrom sowie eine somatoforme Schmerzstörung vorlägen, welche unter Ausschöpfung des Bewertungsspielraums maximal dem oberen Bereich einer stärker behindernden psychischen Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB von 40 zu bewerten seien. Der Verlust der Gebärmutter wirke sich nicht erhöhend aus.
Die Klägerin hält die Einschätzungen des Prof. Dr. K für zutreffend.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Dezember 2012 sowie den Bescheid des Beklagten vom 28. Januar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 2010 in der Fassung des Ausführungsbescheides vom 30. Januar 2013 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, bei der Klägerin für die Zeit ab dem 19. Juni 2009 einen Grad der Behinderung von mindestens 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Ausführungsbescheid vom 30. Januar 2013 abzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und beruft sich im Übrigen auf die zu den Akten gereichten versorgungsärztlichen Stellungnahmen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist zutreffend. Die ihm zugrunde liegende Klage ist ebenso wie die Klage gegen den nach Erlass des Urteils erteilten und gemäß § 96 Abs. 1 SGG zum Gegenstand des Verfahrens gewordenen Ausführungsbescheid vom 30. Januar 2013 zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 28. Januar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 2010 in der Fassung des Ausführungsbescheides vom 30. Januar 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat für den Zeitraum ab dem 19. Juni 2009 (Antragstellung beim Beklagten) keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40; auch eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen seit der Entscheidung des Sozialgerichts, welche die Zuerkennung eines GdB von mindestens 50 ab einem späteren Zeitpunkt rechtfertigen könnte, liegt nicht vor.
1. Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Bei der Prüfung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist gemäß § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX (in der bis zum 14. Januar 2015 geltenden Fassung) für die Zeit ab dem 1. Januar 2009 auf die Anlage zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG - Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) - vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I Seite 2412) abzustellen, welche durch die Verordnungen vom 1. März 2010 (BGBl. I Seite 249), 14. Juli 2010 (BGBl. I Seite 928), vom 17. Dezember 2010 (BGBl. I Seite 2124), vom 28. Oktober 2011 (BGBl. I Seite 2153) sowie vom 11. Oktober 2012 (BGBl. I Seite 2122) Änderungen erfahren hat.
Einzel-GdB sind entsprechend den genannten Maßstäben als Grad der Behinderung in Zehnergraden entsprechend den Maßstäben des § 30 Abs. 1 BVG zu bestimmen. Für die Bildung des Gesamt-GdB bei Vorliegen mehrerer Funktionsbeeinträchtigungen sind nach § 69 Abs. 3 SGB IX die Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander zu ermitteln, wobei sich nach Teil A Nr. 3 a) der Anlage zu § 2 VersMedV die Anwendung jeglicher Rechenmethode verbietet. Vielmehr ist zu prüfen, ob und inwieweit die Auswirkungen der einzelnen Behinderungen voneinander unabhängig sind und ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen oder ob und inwieweit sich die Auswirkungen der Behinderungen überschneiden oder gegenseitig verstärken. Dabei ist in der Regel von einer Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Grad 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden, wobei die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden dürfen. Leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, führen grundsätzlich nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung; auch bei leichten Funktionsstörungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (Teil A Nr. 3 d) aa) – ee) der Anlage zu § 2 VersMedV).
4 Hiervon ausgehend hat die Klägerin keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB von mindestens 50 für den Zeitraum ab 19. Juni 2009. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus einer Gesamtschau der vorhandenen medizinischen Unterlagen. Insbesondere sind die vom Sozialgericht in Auftrag gegebenen Gutachten des Arztes für Orthopädie und Rheumatologie Dr. S. vom 14. Oktober 2011 sowie der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. K vom 19. Juni 2012 und das vom Senat in Auftrag gegebene Gutachten des Facharztes für Innere Medizin Dr. H. vom 19. August 2013 sowie ergänzend das Gutachten des Facharztes für Innere Medizin/Rheumatologie Prof. Dr. K vom 16. Juli 2014 von Bedeutung. Diese Gutachten beruhen jeweils auf einer eingehenden Untersuchung der Klägerin und enthalten aussagekräftige Untersuchungsbefunde, die für die hier nach dem Schwerbehindertenrecht vorzunehmende Beurteilung der bei der Klägerin vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen verwertbar sind.
a. Das Hauptleiden der Klägerin ist nach Überzeugung des Senats eine depressive Störung in Verbindung mit einem Fibromyalgie-Syndrom und somatoformer Schmerzstörung. Dieser Leidenskomplex ist zusammengefasst mit einem GdB von 40 zu bewerten.
Die Beurteilung der depressiven Störung richtet sich nach Teil B Nr. 3.7 der Anlage zu § 2 VersMedV. Danach sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20 zu bewerten; stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) sind mit einem GdB von 30 bis 40 zu bewerten; schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit) sind mit mittelgradigen sozialen Anpassungsstörungen mit einem GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 80 bis 100 zu bewerten.
Ein GdB von mindestens 50 setzt somit eine schwere Störung voraus. Zur Auslegung der Begriffe "mittelgradige" und "schwere" soziale Anpassungsschwierigkeiten können die vom Ärztlichen Sachverständigenbeirat beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales am Beispiel des "schizophrenen Residualzustandes" entwickelten Abgrenzungskriterien herangezogen werden (so Bundessozialgericht, Urteil vom 23. April 2009 - B 9 VG 1/08 R – (juris) unter Bezugnahme auf die Beschlüsse des Ärztlichen Sachverständigenbeirats vom 18./19. März 1998 und vom 8./9. November 2000). Danach werden
- leichte soziale Anpassungsschwierigkeiten angenommen, wenn z.B. Berufstätigkeit trotz Kontaktschwäche und/oder Vitalitätseinbuße auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch ohne wesentliche Beeinträchtigung möglich ist (wesentliche Beeinträchtigung nur in besonderen Berufen, z. B. Lehrer, Manager) und keine wesentliche Beeinträchtigung der familiären Situation oder bei Freundschaften, d. h. keine krankheitsbedingten wesentlichen Eheprobleme bestehen,
- mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten angenommen bei einer in den meisten Berufen sich auswirkenden psychischen Veränderung, die zwar eine weitere Tätigkeit grundsätzlich noch erlaubt, jedoch eine verminderte Einsatzfähigkeit bedingt, die auch eine berufliche Gefährdung einschließt; als weiteres Kriterium werden erhebliche familiäre Probleme durch Kontaktverlust und affektive Nivellierung genannt, aber noch keine Isolierung, noch kein sozialer Rückzug in einem Umfang, der z. B. eine vorher intakte Ehe stark gefährden könnte,
- schwere soziale Anpassungsschwierigkeiten angenommen, wenn die weitere berufliche Tätigkeit sehr stark gefährdet oder ausgeschlossen ist; als weiteres Kriterium werden schwerwiegende Probleme in der Familie oder im Freundes- oder Bekanntenkreis bis zur Trennung von der Familie, vom Partner oder Bekanntenkreis benannt.
Die Beurteilung des Fibromyalgie-Syndroms richtet sich nach Teil B Nr. 18.4 der Anlage zu § 2 VersMedV. Danach ist die Fibromyalgie – ebenso wie das Chronische Fatigue Syndrom (CFS), die Multiple Chemical Sensitivity (MCS) und ähnliche Syndrome (nach der bis 9. März 2010 geltenden Fassung: Somatisierungs-Syndrome) – jeweils im Einzelfall entsprechend den funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen. Die vier gerichtlich befragten Sachverständigen und der vom Beklagten befragte Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S haben übereinstimmend angegeben bzw. bestätigt, dass die Klägerin unter einem psychogenen Fibromyalgie-Syndrom leidet, welches auf einer gestörten Schmerzverarbeitung beruht und mit vegetativen und psychischen Störungen einhergeht. Ein solches Schmerz-Syndrom ist im Unterschied zum primären Fibromyalgie-Syndrom nicht dem rheumatischen Formenkreis zuzuordnen (vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 266. Aufl. 2014, Seite 681f., Fibromyalgiesyndrom). Da das Beschwerdebild der Klägerin, wie insbesondere auch Dr. H und Dr. K ausgeführt haben, maßgeblich durch eine chronifizierte Störung der Schmerzverarbeitung mit vegetativen Symptomen, Leistungseinbußen und Körperfunktionsstörungen ohne (primär) organisches Korrelat geprägt wird, bedeutet dies, dass als Vergleichsmaßstab hier am ehesten die in Teil B Nr. 3.7 der Anlage zu § 2 VersMedV unter der Überschrift „Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Folgen psychischer Traumen“ aufgeführten psychovegetativen oder psychischen Störungen mit Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit und eventuellen sozialen Anpassungsschwierigkeiten in Betracht kommen. Damit sind zur Beurteilung der funktionellen Auswirkungen des Fibromyalgie-Syndroms im Fall der Klägerin die Grundsätze für die Beurteilung von psychovegetativen und psychischen Störungen analog heranzuziehen (ebenso Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 14. Oktober 2014 – L 7 SB 23/12 –, juris).
Anhand dieser Maßstäbe beurteilt der Senat bei der rechtlichen Bewertung der Funktionsbeeinträchtigungen die Behinderung durch die Depression und durch das Fibromyalgie-Syndrom einschließlich der somatoformen Schmerzstörung einheitlich. Denn nach den nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen Dr. H resultieren die Funktionsbeeinträchtigungen insoweit aus einem einheitlichen psychiatrischen Formenkomplex und sind die jeweils verursachten – für die Bestimmung des GdB allein maßgeblichen – Teilhabebeeinträchtigungen identisch. Hiervon ausgehend sind die depressive Störung, die somatoforme Schmerzstörung und das sekundäre Fibromyalgie-Syndrom zusammengefasst als stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit zu bewerten. Dabei ergibt sich das Vorliegen einer stärker behindernden Störung jedoch erst aus dem Zusammenwirken der jeweils für sich genommen noch nicht stärker behindernden Störungen. Im Einzelnen:
Nachvollziehbar und schlüssig gelangt Dr. S. zu der Einschätzung, dass bei der Klägerin eine depressive Verstimmung und Abgeschlagenheit bestehe, dass das Schmerzerleben subjektiv belastend sei, jedoch nicht zu funktionellen Einschränkungen führe. Dr. K stellt nachvollziehbar eine leichte Beeinträchtigung der Konzentrationsfähigkeit sowie eine deutlich niedergedrückte Stimmung fest und berichtet über eine hoffnungslos wirkende Klägerin ohne psychomotorische Auffälligkeiten, die über Antriebsstörungen, Erschöpfungsgefühl, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen und Insuffizienzgefühle sowie Schmerzen in Gelenken und Muskeln klagte. Es stelle sich ein sozialer Rückzug dar. Die leicht bis mittelschwer zu bewertenden Funktionsbeeinträchtigungen durch die Fibromyalgie seien – wie üblich – nicht messbar. Dr. H berichtet, dass keine Hinweise auf Erinnerungs- und Konzentrationsstörungen oder höhergradige Neurosen oder Psychosen festzustellen gewesen seien. Er schildert demonstrative Verhaltensweisen bei der Darstellung der Beschwerden und des Schmerzerlebens sowie den Widerspruch zur (Nicht-)Einnahme verordneter Medikamente. Die Lebensgestaltungsfähigkeit der Klägerin sei nach seiner Einschätzung nicht schwergradig eingeschränkt.
Danach sind – im Rahmen der einheitlichen Betrachtung der Funktionsbeeinträchtigungen durch Depression und Fibromyalgie einschließlich Schmerzstörung – nach Überzeugung des Senats stärker behindernde Störungen belegt, liegen jedoch keine Anhaltspunkte für Funktionsbeeinträchtigungen im Ausmaß einer schweren Störung vor. Auch Prof. Dr. K gelangt bei der Bewertung des Fibromyalgie-Syndroms nicht zum Vorliegen einer schweren Störung, da er das Fibromyalgie-Syndrom mit einem GdB von 40 und die Depression mit einem GdB von 30 bewertet. Dabei übernimmt er unkritisch die Leidensbekundungen der Klägerin, obwohl wegen der deutlichen Kritik des Vorgutachtes Dr. H besonderer Anlass zur vertieften Auseinandersetzung mit diesen Leidensbekundungen bestanden hätte. Auch wenn die Funktionsbeeinträchtigungen im Gutachten des Prof. Dr. K als einschneidender dargestellt werden als in den früheren Gutachten, lassen sich aus den erneut bestätigten Schlaf- und Konzentrationsstörungen sowie dem geschilderten Schmerzerleben keine Funktionsbeeinträchtigungen ableiten, die auf eine schwere psychovegetative bzw. psychische Störung schließen lassen. Soweit der Sachverständige die Angabe der Klägerin zum verringerten Pensum an Kundengesprächen während der Arbeitszeit wiedergibt, belegt dies keine verminderte Einsatzfähigkeit der Klägerin, da sie in ihrem ausgeübten Beruf weiterhin vollschichtig tätig ist. Ihr ist – entsprechend den Kriterien einer leichten Anpassungsstörung – eine Berufstätigkeit trotz Kontaktschwäche und/oder Vitalitätseinbuße auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch ohne wesentliche Beeinträchtigung möglich. Der Senat negiert dabei nicht das Vorliegen von Beeinträchtigungen bei der Klägerin, eine wesentliche Beeinträchtigung in der Berufsausübung wird jedoch – auch von Prof. Dr. K – nicht beschrieben. Soweit der Sachverständige von einem „fast kompletten sozialen“ Rückzug berichtet, bleibt dies ohne Tatsachenangaben und lässt sich daraus (noch) nicht auf eine mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeit schließen. Familiäre Probleme durch Kontaktverlust werden nicht berichtet. Die Angabe, dass sich der Allgemeinzustand verschlechtert habe, wird nicht anamnestisch belegt.
Unter Berücksichtigung der von den Sachverständigen festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen ist die Behinderung – insoweit folgt der Senat auch der Einschätzung des Psychiaters Dr. S – mit dem oberen Wert der Spanne von 30 bis 40 zu bemessen, da den psychischen Belastungen des Schmerzerlebens Rechnung zu tragen ist, auch wenn eine unmittelbare Funktionsbeeinträchtigung durch die Schmerzen nicht objektivierbar ist.
Nichts anderes ergäbe sich, wenn man – der Sachverständigen Dr. K und dem Sachverständigen Prof. Dr. K folgend – die Funktionsbeeinträchtigungen durch das Fibromyalgie-Syndrom und die Depression getrennt mit einzelnen GdB bewerten würde – wobei die Einzelbewertung hier dahinstehen kann. Denn bei Bildung eines Gesamt-GdB würden sich die Beeinträchtigungen der einen – separat beurteilten – Behinderung vollständig mit denen der anderen Behinderung decken. Anschaulich stellte dies Prof. Dr. K bei der Beschreibung der Wechselwirkungen dar. Die Tagesmüdigkeit infolge der Schlafstörungen verstärke die Schmerzen des Fibromyalgie-Syndroms und die Depression führe wiederum zu einer ausgeprägten körperlichen Erschöpfung. Aus der nachvollziehbaren Darstellung ist ersichtlich, dass beide Behinderungen in ständiger Wechselbeziehung zueinander stehen. Betrachtet man jedoch die sich insgesamt ergebenden – nahezu übereinstimmend angegebenen – Funktionsbeeinträchtigungen, ergibt sich aus dem Zusammenspiel beider – zuvor separat bewerteten – Behinderungen im Ergebnis eine einheitliche Bewertung des psychischen Leidens, die (nur) einer stärker behindernden Störung mit dem oberen Wert der Beurteilungsskala (hier von 40) entspricht und noch keine schwere Störung darstellt.
b. Das Reizdarmsyndrom der Klägerin ist mit einem GdB von 10 zu bewerten. Insoweit folgt der Senat den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H, welcher die Funktionsbeeinträchtigung unter der Annahme einer Nahrungsmittelunverträglichkeit nachvollziehbar und schlüssig mit einem GdB von 10 bewertet, sowie der Einschätzung der Internistin Dr. G. Eine solche Einzelbehinderung wirkt sich nach Teil A Nr. 3 d) ee) der Anlage zu § 2 VersMedV nicht auf die Gesamtbeeinträchtigung aus. Der Senat folgt hingegen nicht der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. K, welcher die Funktionsbeeinträchtigung mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet. Nach Teil B Nr. 10.2.2 der Anlage zu § 2 VersMedV sind chronische Darmstörungen ohne wesentliche Beschwerden und Auswirkungen mit einem Einzel-GdB von 0 bis 10, bei stärkeren und häufig rezidivierenden oder anhaltenden Symptomen mit einem Einzel-GdB von 20 bis 30 zu bewerten. Die beschriebenen Wechselstühle bei der Klägerin stellen nach Überzeugung des Senats noch keine stärkeren und häufig rezidivierenden oder anhaltenden Symptome dar. Darüber hinaus steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die damit verbundene Funktionsbeeinträchtigung bereits in der Anerkennung der Fibromyalgiefolgen aufgeht. Denn übereinstimmend haben Dr. H und Prof. Dr. K eine organische Ursache der Fibromyalgie ausgeschlossen, es liegt – insoweit folgt der Senat Prof Dr. K – eine mit der Fibromyalgie assoziierte psychische Störung vor, so dass eine erhebliche Überschneidung der Funktionsbeeinträchtigungen besteht. Somit würde sich diese auch bei einer Einzelbewertung mit 20 nicht erhöhend auf den GdB des Hauptleidens auswirken.
c. Der Verlust der Gebärmutter und/oder eine Sterilität sind nach Teil B Nr. 14.2 der Anlage zu § 2 VersMedV bei potentiell noch bestehendem Kinderwunsch mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten. Diese Funktionsbeeinträchtigung wirkt sich jedoch nicht erhöhend auf die Behinderung durch das Hauptleiden aus, da zwei selbständig nebeneinanderstehende Behinderungen bestehen. Nach Teil A Nr. 3d) ee) der Anlage zu § 2 VersMedV ist es bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Dies gilt auch für den vorliegenden Fall. Der Verlust der Gebärmutter führt bei der Klägerin nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung.
d. Das bei der Klägerin bestehende Wirbelsäulenleiden ist – insoweit folgt der Senat den Ausführungen des Dr. H – mit einem GdB von höchstens 10 angemessen bewertet. Nach Teil B Nr. 18.9 der Anlage zu § 2 VersMedV ergibt sich der GdB bei angeborenen und erworbenen Wirbelsäulenschäden primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte. Zu bewerten sind Wirbelsäulenschäden u.a. wie folgt:
- ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität 0,
- mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurzdauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) 10,
- mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) 20.
Die beschriebene diskrete Torsionsskoliose mit leichtgradig hohl-rundem Rücken hat sehr geringe funktionelle Auswirkungen durch die Verformung. Eine Bewegungseinschränkung oder eine Instabilität wurden nicht festgestellt.
e. Weitere Funktionsbeeinträchtigungen, die mit höheren Einzel-GdB als 10 zu bewerten wären, liegen bei der Klägerin nicht vor.
Unter Gesamtwürdigung der vorstehenden Leiden hat das Sozialgericht den GdB der Klägerin mit 40 zutreffend bewertet. Ferner sind keine wesentlichen Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen seit der Entscheidung des Sozialgerichts eingetreten. Der Gesamt-GdB von 40 berücksichtigt ausreichend, dass der mit einem Einzel-GdB von 40 zu beurteilende Hauptleidenskomplex der Klägerin aus depressiver Störung, somatoformer Schmerzstörung und Fibromyalgie-Syndrom nicht durch das geringe Reizdarmsyndrom, das geringe Wirbelsäulenleiden sowie die Beeinträchtigung durch Entfernung der Gebärmutter verstärkt wird. Insgesamt ist das Beschwerdebild der Klägerin noch nicht so schwerwiegend, dass die Anerkennung einer Schwerbehinderung und ein GdB von 50 gerechtfertigt wären.
2. Die Kostenentscheidung, die sich auf das gesamte Verfahren bezieht, beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt zum einen den Ausgang des Berufungsverfahrens sowie zum anderen den Teilerfolg des erstinstanzlichen Verfahrens. Die Klägerin war vor dem Sozialgericht nur teilweise erfolgreich, da ihrem Begehren auf Zuerkennung eines Grades der Behinderung von mindestens 50 nicht entsprochen wurde. Der Beklagte hat das gerichtliche Verfahren auch nicht veranlasst, so dass die Kosten des Klageverfahrens von ihm nur zur Hälfte zu erstatten sind.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Grund hierfür gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.