Die Stärke des empfundenen Leidensdrucks äußert sich nicht maßgeblich in der Behandlung, die der Betroffene in Anspruch nimmt, um das Leiden zu heilen oder seine Auswirkungen zu lindern, weshalb bei fehlender ärztliche Behandlung in der Regel nicht davon ausgegangen werden kann, dass ein diagnostiziertes seelisches Leiden nicht über eine leichtere psychische Störung hinausgeht und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdB-Bewertungsgrundsätze darstellt (a. A. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Februar 2018 – L 6 SB 4718/16 –, Rn. 42, juris). Für den vom Obergericht zur Schematisierung der in Angelegenheiten des Schwerbehindertenrechts oft müßigen sozialrechtlichen Rechtsanwendung kurzerhand allgemeingültig postulierten Erfahrungssatz findet sich in der praktischen Lebenswirklichkeit psychischer Gesundheitsstörungen schlechterdings kein real existierendes Korrelat.
Die Stärke des empfundenen Leidensdrucks äußert sich nicht maßgeblich in der Behandlung, die der Betroffene in Anspruch nimmt, um das Leiden zu heilen oder seine Auswirkungen zu lindern, weshalb bei fehlender ärztlicher Behandlung in der Regel nicht davon ausgegangen werden kann, dass ein diagnostiziertes seelisches Leiden nicht über eine leichtere psychische Störung hinausgeht und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdB-Bewertungsgrundsätze darstellt (aA LSG Stuttgart vom 22.2.2018 - L 6 SB 4718/16 = juris RdNr 42).
Die Beteiligten streiten über die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) im Sinne des Neunten Buches Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX).
Bei der am … geborenen Klägerin hatte der Beklagte den Gesamt-GdB mit Bescheid vom 25.09.2017 zuletzt mit 20 unter Berücksichtigung folgender Funktionsstörungen festgestellt:
„GdB“
Funktionsstörung(en)
20
- Chronisches Schmerzsyndrom
- Fibromyalgiesyndrom
< 10
Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks
< 10
Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke
< 10
Funktionsbehinderung der Wirbelsäule
< 10
Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule
Nicht nachgewiesen
Impingement Schultergelenke
Die Klägerin beantragte am 28.08.2018 die Neufestsetzung des GdB. Sie teilte dem Beklagten zur Überprüfung ihrer gesundheitlichen Verhältnisse und die sie behandelnden Ärzte mit, befreite diese von ihrer Schweigepflicht. Sie gab an, seit mehr als sechs Monaten unter Funktionsbeeinträchtigungen zu leiden, die aus Fibromyalgie und Arthrose resultieren.
Nach medizinischer Ermittlung des Sachverhalts im Wege der Beiziehung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsunterlagen beim behandelnden Facharzt für Allgemeinmedizin sowie eines Entlassungsberichts über eine stationäre Maßnahme vom 07.11.2018 bis 28.11.2018 und der sozialmedizinischen Auswertung der Aktenlage meinte der Ärztlich Dienst des Beklagten ohne jegliche Bezugnahme auf die VersMedV oder die VMG oder irgendwelche Ausführungen zur Bildung des Gesamt-GdB lapidar, es lasse sich keine wesentliche und anhaltende Verschlimmerung der somatoformen Schmerzstörung begründen, weshalb seit 28.08.2018 ein Gesamt-GdB von 20 aufgrund folgender Funktionsbeeinträchtigungen nachgewiesen sei:
„GdB“
Funktionsstörung(en)
20
- Chronisches Schmerzsyndrom
- Fibromyalgiesyndrom
< 10
Arthrose
Dementsprechend lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 11.02.2019 den Antrag der Klägerin ab. Hiergegen legte die Klägerin am 05.03.2019 im Wesentlichen mit der Begründung Widerspruch ein, Fibromyalgie, Schmerzstörung und Arthrose hätten sich verschlimmert. Der Beklagte zog daraufhin eine Auskunft des die Klägerin behandelnden Facharztes für Chirurgie und Orthopädie, der unter anderem ein Raynaud-Syndrom diagnostizierte, sowie einen Ärztlichen Befundbericht des Facharztes für Psychiatrie und Neurologie bei, in dem Migräne, Hüftarthrose und Gonarthrose als Diagnosen genannt wurden, bei. und ließ diesen aktuelle Behandlungsberichte Dritter vorlegen. Ohne die Klägerin selbst ambulant sozialmedizinisch zu untersuchen, meinte der Ärztliche Dienst des Beklagten in einer gutachterlichen Stellungnahme nach Aktenlage anschließend, es gebe keine wesentliche Änderung. Zu einer komplexen Schmerzstörung mit somatischen, psychischen und sozialen Störungen würden keine Angaben zu einer Therapie gemacht (Psychotherapie? Medikation?), somit lägen nur Beschreibungen zum Lebenslauf und Belastungen durch (angebliche) Vergewaltigung, … Ehen, … Kinder und Ehemann wegen Mordes im Gefängnis vor, aber keine medizinisch relevanten Befunde. Ein (kleiner oberflächlicher) Knorpelschaden am Kniegelenk und eine Raynaud-Syndrom würden mit einem GdB von 10 neu tenoriert, Schmerzen bei Fibromyalgie seien bereits gewürdigt. Eine Migräne sei nicht ausreichend belegt, ebenso die Hüftarthrose. Im Anschluss an einen zehnzeiligen Freitext ohne Bezugnahme auf die VersMedV oder die VMG oder Ausführungen zur Bildung des Gesamt-GdB, meinte der Ärztliche Dienst, ein Gesamt-GdB von 20 sei aufgrund folgender Funktionsstörungen nachgewiesen:
„GdB“
Funktionsstörung(en)
20
- Chronisches Schmerzsyndrom
- Fibromyalgiesyndrom
10
Knorpelschaden am rechten Kniegelenk
10
Raynaud-Syndrom
Daraufhin hat der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15.08.2019 zurückgewiesen. Deswegen hat die Klägerin am 16.09.2019 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, eine Schweigepflichtentbindungserklärung abgegeben, ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren zu Art und Ausmaß ihrer krankheitsbedingten Teilhabebeeinträchtigungen wiederholt und vertieft aktuelle medizinische Unterlagen vorgelegt.
Die fachkundig vertretene Klägerin beantragt wörtlich:
Das beklagte Land wird unter Aufhebung des Bescheides des Landratsamtes Karlsruhe, Amt für Versorgung und Rehabilitation, vom 11.02.2019, Az.: …, in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Stuttgart, Landesversorgungsamt, vom 15.08.2019, … verurteilt, einen Grad der Behinderung der Klägerin (GdB) von mindestens 50 ab dem 28.08.2018 festzustellen.
Die Kammer hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass sie nach intensiver Auseinandersetzung mit dem Klagebegehren, den rechtlichen Beurteilungsgrundlagen und den aktenkundigen sozialmedizinischen Erkenntnissen noch erheblichen Ermittlungsbedarf auf dem nervenärztlichen sowie auf dem orthopädischem Fachgebiet sehe. Über den geltend gemachten höheren Grad der Behinderung könne das Gericht nicht ohne Weiteres entscheiden. Es verfüge nicht über hinreichend eigene sozialmedizinische Sachkunde. Auch könne es sich nicht auf die aktenkundigen gutachterlichen Stellungnahmen des Ärztlichen Dienstes des Beklagten stützen. Diese ließen keine über vernünftige Zweifel erhabene Überzeugungsbildung zu. Sie seien viel zu kurz bzw. inhaltlich nicht nachvollziehbar. Überdies seien sie ohne eine – in diesem Einzelfall nach Meinung der Kammer unerlässliche – ambulante nervenärztliche und orthopädische – Untersuchung zu sozialmedizinischen Zwecken ergangen. Der Ärztliche Dienst des Beklagten werde die erforderliche Begutachtung mitsamt ambulanter Untersuchung mithilfe der von ihm vorzuhaltenden persönlichen und sächlichen Ausstattung schnell und kosteneffizient bewerkstelligen und binnen maximal sechs Monaten erneut über die Sache entscheiden müssen. Das angerufene Gericht verfüge hingegen über keinen eigenen Ärztlichen Dienst und wäre auf teure, externe und langsame Gutachter angewiesen. Die Kammer erachte daher die Zurückweisung der Sache an den Beklagten unter Aufhebung seiner angefochtenen Entscheidung für sachdienlich, damit es möglichst schnell und nicht erst in vielen Monaten oder Jahren eine in der Sache zutreffende Entscheidung geben könne. Das Gericht beabsichtige, ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, da die Sache nach vorläufiger Prüfung der Sach- und Rechtslage keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweise und der Sachverhalt geklärt sei.
Der seitens des Gerichts mitgeteilten Absicht, die Sache zur erneuten behördlichen Ermittlung und Entscheidung ohne vorherige mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Gerichtsbescheid zurückzuweisen, ist die Klägerin nicht entgegengetreten.
Der Beklagte beantragt (teilweise sinngemäß),
die Anordnung des Ruhens des Verfahrens.
Er hat der Kammer am 09.10.2019 seine Verwaltungsakte vorgelegt und keinen Sachantrag gestellt. Bezüglich der von Seiten des Beklagten bereits in vergleichbaren Fällen der 12. Kammer zur Begründung seines Ruhens-Antrags sowie gegen eine Zurückverweisung durch Gerichtsbescheid mehrfach reflexartig mittels Textbaustein vorgebrachten Argumenten gegen wird exemplarisch auf die erschöpfende Darstellung der Kammer im Tatbestand des Gerichtsbescheides zum Vorverfahren 12 SB 981/19 vom 10.10.2019 (veröffentlicht in „juris“) Bezug genommen. Im Übrigen hat der Beklagte der Klagebegründung keine seiner Meinung nach relevanten neuen Gesichtspunkte entnehmen können. Die geltend gemachten Gesundheitsstörungen seien in den angefochtenen Bescheiden berücksichtigt und bewertet worden. Trotz des Hinzutretens der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen Knorpelschäden am Kniegelenk und Raynaud-Syndrom sei eine wesentliche Zunahme der Gesamtbeeinträchtigung bei der Klägerin nicht festzustellen gewesen. Eine solche lasse sich auch nicht allein aus dem Umstand ableiten, dass der behandelnde Rheumatologe in seinem Arztbrief vom 5. Dezember 2018 eine stationäre Behandlung für sinnvoll erachte und der Hausarzt der Klägerin mit Beratungsvordruck vom 17. Oktober 2019 ein Rehabilitationsverfahren eingeleitet habe. Denn diese ärztlichen Äußerungen belegten nur, dass medizinisch noch die Möglichkeit gesehen werde, die Symptomatik durch eine Herausnahme der Klägerin aus ihrem häuslich-familiären Umfeld und eine intensivierte multimodale Therapie positiv zu beeinflussen. Der Beklagte vermöge im vorliegenden Fall auch keinen weiteren (erheblichen) Ermittlungsbedarf auf nervenärztlich-psychiatrischen oder orthopädischem Fachgebiet zu erkennen. Die Klägerin habe mit ihrem Änderungsantrag vom 28. August 2018 eine Verschlimmerung der Fibromyalgie und Arthrose geltend gemacht und in ihrem Widerspruch auf das Raynaud-Syndrom und eine psychische Erkrankung hingewiesen. Deshalb seien im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren diverse fachärztliche Berichte, der Abschlussbericht der stationären Vorsorgemaßnahme in der AKH Alpenblick Klinik sowie ein Krankenblattauszug des Orthopäden Dr. … beigezogen und aktuelle Befunde beim behandelnden Orthopäden Dr. …, beim Neurologen und Psychiater Dr. … und beim Hausarzt Dr. … eingeholt worden. Alle von der Klägerin benannten Ärzte seien damit befragt worden und hätten relevante Befunde mitgeteilt, die durch den versorgungsärztlichen Dienst ausgewertet worden seien. Dabei hätten sich keine Anhaltspunkte für anhaltende funktionelle Bewegungseinschränkungen im Bereich der Gliedmaßen oder des Rumpfes ergeben. Hiermit übereinstimmend seien ausweislich der Auskunft des Orthopäden Dr. … bei den radiologischen Untersuchungen auch nur diskrete Knorpelschäden im Bereich der Kniegelenke festgestellt worden. Die Klägerin sei laut Auskunft des Arztes aktuell rheumatologisch ebenfalls unauffällig. Ganz im Vordergrund stehe der Ganzkörperschmerz, der aus einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen, psychischen und sozialen Faktoren und einem Fibromyalgiesyndrom resultiere. Bei einer solchen Ganzkörperschmerzsymptomatik sei der GdB nach der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (vgl. Urteil vom 21.Februar 2019 - L 6 SB 270/18; Urteil vom 23. November 2018 - L 8 SB 3584/16) unabhängig von der zugrundeliegenden Diagnose entsprechend Teil B Nr. 3.7 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zu bemessen. Danach sei für leichtere psychovegetative oder psychische Störungen ein Bewertungsrahmen von 0 — 20 eröffnet. Ein höherer GdB von 30 und mehr sei erst bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive Störungen, somatoforme Schmerzstörung) vorgesehen. Da das Merkmal „wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit" Beeinträchtigungen der inneren Gefühlswelt betreffe, die einem direkten Beweis nicht zugänglich seien, sei für die Beurteilung auf Indizien abzustellen. Ein wesentliches Indiz sei nach ständiger Rechtsprechung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (Urteil vom 22. Februar 2018- L 6 SB 4718/16; Urteil vom 08. April 2019 - L 8 SB 1065/18) der Leidensdruck, dem sich der behinderte Mensch ausgesetzt sehe. Die Stärke des empfundenen Leidensdrucks äußere sich dabei maßgeblich in der Behandlung, die der Betroffene in Anspruch nimmt, um das Leiden zu heilen oder seine Auswirkungen zu lindern. Die Klägerin führe nach Aktenlage trotz ärztlicher Empfehlung keine multimodale Schmerztherapie durch. Obgleich ihr die behandelnde Rheumatologin Dr. … bereits im Juli 2017 (vgl. Arztbrief vom 10.07.17) eine psychotherapeutische Anbindung empfohlen und nach dem Klagevorbringen auch der Hausarzt zu einer psychologischen Behandlung geraten habe, nehme sie darüber hinaus auch keine Psychotherapie in Anspruch. Allein durch die psychiatrische Mitbehandlung bei Dr. … seien die Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft. Nach der zitierten Rechtsprechung könne deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass die diagnostizierte Schmerzerkrankung über eine leichtere psychische Störung hinausgeht und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdB-Bewertungsgrundsätze darstellt. Ein höherer GdB als 20 sei somit nicht gerechtfertigt. Hinweise auf eine weitere psychische Erkrankung bestünden bei der Klägerin nicht. Eine solche sei von den behandelnden Ärzten weder diagnostiziert worden, noch liegen entsprechende Befunde vor. Vielmehr sei im Rahmen der stationären Vorsorgemaßnahme der AKH Alpenblick Klinik kein psychopathologischer Befund erhoben worden – abgesehen davon, dass die Klägerin bei stationärer Aufnahme erschöpft wirkte. Die belastenden Faktoren, auf welche in der Klagebegründung verwiesen werde, sei keine psychiatrische Diagnose, sondern bezeichne ungünstige Umwelteinflüsse, die das Entstehen oder Fortbestehen einer psychischen Erkrankung begünstigen. Solche Umwelteinflüsse stellten keine Behinderung dar, die durch den GdB abzubilden wäre. Die Bewertung des versorgungsärztlichen Dienstes sei nach Auffassung des Beklagten deshalb insgesamt gut nachvollziehbar und aufgrund dessen der angefochtenen Verwaltungsentscheidung auch zugrunde gelegt worden. Nachdem die Kammer in dem richterlichen Hinweis vom 18. Dezember 2019 nicht mitteile, welchen konkreten Ermittlungsbedarf sie im Streitfall auf nervenärztlichen und orthopädischem Fachgebiet noch sieht, könne sich der Beklagte zu dem entscheidungsrelevanten Sachverhalt nicht weitergehend äußern. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zurückverweisung an die Verwaltung lägen aber aus Sicht des Beklagten im Streitfall keinesfalls vor, zumal die Kammer fälschlich davon ausgehe, dass der ärztliche Dienst des Beklagten „die erforderlichen Begutachtungen mitsamt ambulanter Untersuchung ... schnell und kosteneffizient bewerkstelligen" könne, obgleich der ärztliche Dienst des zuständigen Landratsamts Karlsruhe über keinen Facharzt für Psychiatrie oder Orthopädie verfüge, weshalb die beabsichtigte Zurückverweisung an den Beklagten unter diesen Umständen nicht sachdienlich wäre. Denn der Versorgungsverwaltung stehe im vorliegenden Fall zur Ermittlung des medizinischen Sachverhalts keine bessere Ausstattung als dem Gericht zur Verfügung. Vielmehr müsste auch der Beklagte ein externes Gutachten einholen. Allein die zeitlichen Vorgaben des § 88 SGG, welche die Kammer in dem richterlichen Hinweis in Bezug nimmt, vermochten nach Auffassung des Beklagten eine Sachdienlichkeit der Zurückverweisung an die Verwaltung nicht zu begründen. Mittlerweile seien neun Berufungsverfahren gegen Zurückverweisungsentscheidungen der 12. Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe in vergleichbaren Fällen anhängig. Über einige der Berufungen werde der 6. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg voraussichtlich in seiner mündlichen Verhandlung am 23. Januar 2020 entscheiden. Insgesamt erscheine es dem Beklagten auch mit Blick auf die Interessen der Klägerin nicht sachdienlich, wenn das Gericht vor Abschluss dieser Berufungsverfahren nun eine weitere Zurückverweisungsentscheidung treffe, die wegen der grundsätzlichen Problematik wiederum mit der Berufung angefochten werden müsste, wodurch letztlich nur Zeitverzögerungen und zusätzliche Kosten für die Beteiligten entstünden.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte des Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.
1. Die Klage ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und gemäß § 131 Abs. 1 und 5 SGG begründet im Sinne der Aufhebung der angefochtenen Bescheide unter Zurückverweisung der angegriffenen Entscheidung an den Beklagten zur neuerlichen Prüfung.
Nach § 131 Abs. 5 Satz 1 und 5 SGG kann das Gericht, hält es eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten seit Eingang der Behördenakten aufheben, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Das gilt nach § 131 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 SGG auch bei Klagen auf Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsakts der hier vorliegenden Art.
Die Frist für die Zurückverweisung ist zum Zeitpunkt dieser Entscheidung am 13.01.2019 noch nicht abgelaufen, weil seit dem erstmaligen Eingang der Verwaltungsakte am 09.10.2019 bei Gericht noch keine sechs Monate verstrichen sind.
Die Kammer sieht noch erheblichen Ermittlungsbedarf, bevor über das Klägerbegehren entschieden werden kann. Das materiell-rechtliche Begehren der Klägerin ist auf die Feststellung eines höheren GdB „von mindestens 50 ab 28.08.2019“ gerichtet, was bei der nach § 123, § 106 Abs. 1 SGG gebotenen sachdienlichen Auslegung die hilfsweise bzw. höchsthilfsweise Verpflichtung des Beklagten zur Feststellung eines GdB von 40 bzw. 30 umfasst, da bislang lediglich ein GdB von 20 festgestellt ist. Das Ausmaß der durch sie zu ertragenden Teilhabebeeinträchtigungen ist für die Kammer noch nicht mit dem erforderlichen Beweismaß – dem Vollbeweis – feststellbar, ohne das die vorhandenen Beweismittel ausgeschöpft wären.
Rechtsgrundlage für die Feststellung eines GdB ist § 152 Abs. 1 S 1 SGB IX. Nach dieser Vorschrift stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag eines behinderten Menschen in einem besonderen Verfahren das Vorliegen einer Behinderung und den Gesamt-GdB fest. Als Gesamt-GdB werden dabei nach § 152 Abs. 1 S 5 SGB IX die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt, wenn nicht ein niedrigerer Gesamt-GdB als 20 gegeben ist, § 152 Abs. 1 S. 6 SGB IX.
Durch den bis zum 14.01.2015 in der Vorgängervorschrift des § 69 Abs. 1 S 5 SGB IX enthaltenen Verweis auf die im Rahmen des § 30 BVG festgelegten Maßstäbe wurde auf das versorgungsrechtliche Bewertungssystem abgestellt, dessen Ausgangspunkt die „Mindestvomhundertsätze“ für eine größere Zahl erheblicher äußerer Körperschäden sind. Von diesen Mindestvomhundertsätzen leiten sich die aus den Erfahrungen der Versorgungsverwaltung und den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft gewonnenen Tabellenwerte der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung) vom 10.12.2008 (VersMedV) ab, wobei die nähere Ausgestaltung in der Anlage zu § 2 der VersMedV, den sogenannten Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VMG), erfolgt ist. Als Rechtsverordnung binden sie grundsätzlich sowohl Verwaltung als auch Gerichte.
Unter Berücksichtigung der sozialgerichtsverfahrensrechtlichen Vorgaben können in Angelegenheiten des Schwerbehindertenrechts zur sozialmedizinischem Aufklärung von Amts wegen je nach Einzelfall sachverständige ambulante Untersuchungen und Begutachtungen dann zu veranlassen sein, wenn der Kläger mithilfe fachärztlicher Atteste einerseits das Vorliegen einer Behinderung hinreichend substantiiert hat, andererseits die aktenkundigen Berichte der den Antragsteller behandelnden Mediziner für eine abschließende Beurteilung noch nicht zur Bejahung der für den Vollbeweis erforderlichen Wahrscheinlichkeit ausreichen, etwa wenn tatsächliche Zweifel fortbestehen, weil in den (Untersuchungs-, Behandlungs- bzw. Entlassungs-) Berichten die für die sozialmedizinische Beurteilung maßgeblichen Befunde entweder gar nicht dokumentiert, nicht hinreichend validiert, unschlüssig, nicht nachvollziehbar, veraltet oder anderweitig unzureichend sind und auch nicht durch die Beiziehung von medizinischen Unterlagen oder Auskünften behandelnder Ärzte beschafft werden können (SG Karlsruhe, 29.07.2019, S 12 SB 877/19).
Gemessen an diesen Beurteilungsmaßstäben ist die durch die Klägerin erhobene kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage noch nicht spruchreif. Spruchreif wird sie erst sein, wenn nach Ausschöpfung der Aufklärungsmöglichkeiten entweder festgestellt oder nicht feststellbar sein wird, dass der geltend gemachte Anspruch auf Feststellung eines GdB von mindestens 30 ab 28.08.2019 besteht. Bevor hier über das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigungen der Klägerin abschließend entschieden werden kann, besteht noch erheblicher Ermittlungsbedarf, weil zuvor die sie behandelnden Ärzte (ggfs. schriftlich) als sachverständige Zeugen anzuhören und anschließend (d. h. unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der behandelnden Ärzte) sachverständige ambulante Untersuchungen auf nervenärztlichem und orthopädischem Fachgebiet zu veranlassen sind durch solche ärztlichen Gutachter, für welche die Klägerin nicht Patientin, sondern sozialmedizinische Probandin ist. Auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG wäre überdies noch die Anhörung eines von ihm benannten Arztes und/oder auf Inanspruchnahme des Fragerechts nach § 116 SGG die Einholung ergänzender Stellungnahmen der gehörten Ärzte durch das angerufene Sozialgericht zu veranlassen.
Im vorliegenden Einzelfall ist der Vollbeweis bezüglich des geltend gemachten Gesamt-Ausmaßes aller Teilhabe-Einschränkungen allein durch die aktenkundigen medizinischen Unterlagen und Auswertungen noch nicht erbracht. Es bestehen jedoch hinreichend Anhaltspunkte für das Vorliegen eines GdB von mindestens 30 aufgrund der substantiierten Vorbringens der Klägerin im Verwaltungs- und Widerspruchs- und Klageverfahren sowie aufgrund der Vorlage bzw. Beiziehung aussagekräftiger Entlassungs- und Befundberichte. Die tatrichterliche Überzeugungsbildung erforderte hier die Einholung von zwei Sachverständigengutachten, weil die beiden aktenkundigen gutachterlichen Stellungnahmen des Ärztlichen Dienstes des Beklagten sowie die ihnen zugrundeliegenden Berichte über die Gesundheitsstörungen der Klägerin keine abschließende sozialmedizinische Bewertung erlauben. Sie beruhen – erstens – nicht auf einer hinreichend aktuellen, vollständigen, fachlich fundierten, von den Zwängen eines Patientenverhältnisses unabhängigen Anamnese, Befunderhebung, Diagnostizierung und unvoreingenommener Würdigung des bisherigen Therapieverlaufs auf denjenigen medizinischen Fachgebieten, auf denen für den Gesamt-GdB erhebliche Funktionsstörungen vorliegen könnten. Die beiden gutachterlichen Stellungnahmen des Ärztlichen Dienstes lassen – zweitens – keine hinreichend nachvollziehbare sozialmedizinische Würdigung erkennen, welche seitens des Gerichts auf ihre Schlüssigkeit hin überprüfbar wäre.
Zwar ist die Bewertung des GdB nicht die vordringliche Aufgabe des medizinischen Sachverständigen. Wenn es indessen darum geht, alle Behinderungsmomente in einer Gesamtschau unter Beachtung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander einzuschätzen sind ärztliche Meinungsäußerungen jedoch unerlässlich. Ihnen kommt zwar bei der GdB-Schätzung keine bindende Wirkung zu; sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage (Fortführung von BSG, 27.01.1987, 9a RVs 53/85), so auch hier.
Im Fall der Klägerin kann sich die Kammer insbesondere nicht auf die im Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren eingeholten gutachterlichen Stellungnahmen stützen. Sie enthalten zwar die Nennung eines „Gesamt-GdB“ sowie eine Auflistung verschiedener (Einzel- oder Teil-?) „GdB“. Es fehlen jedoch jeweils erschöpfende Ausführungen über die Bildung des Gesamt-GdB unter Anwendung der maßgeblichen Vorgaben. Die gutachterlichen Stellungnahmen sagen letztlich viel zu wenig darüber aus, wie sich alle festgestellten Behinderungen im Zusammenwirken zueinander funktional auswirken. Hierzu hätte es in Anbetracht von Anzahl, Art und Ausmaß der erheblichen Gesundheitsstörungen bzw. Teilhabebeeinträchtigungen überzeugender sozialmedizinischer Ausführungen bedurft.
Überdies steht im vorliegenden Einzelfall einer abschließenden Bewertung des Gesamt-GdB auch entgegen, dass die Kammer schon die vom Ärztlichen Dienst des Beklagten denknotwendig vor dem Gesamt-GdB gebildeten und später zusammengefassten „GdB“ teilweise nicht nachvollziehen kann. Für die Kammer ist in den gutachterlichen Stellungnahmen hinsichtlich sämtlicher Einzel-Funktionsstörungen bereits nicht erkennbar, anhand welcher konkreten Beurteilungsmaßstäbe die einzelnen, durch den Ärztlichen Dienst als nachgewiesen angesehenen Funktionsstörungen bewertet wurden. Es fehlt insofern zunächst jeweils eine Bezugnahme auf VersMedV bzw. VMG. In Unkenntnis der konkret heranzuziehenden Beurteilungsmaßstäbe vermag die Kammer erst recht nicht mit einer hinreichend hohen Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass dahingehend keine vernünftigen Zweifel mehr geboten wären, inwieweit diesbezügliche Beurteilungsspielräume bestehen bzw. auszuschöpfen sind.
Die Klage wäre außerdem selbst dann nicht spruchreif, wenn sich die Kammer die sozialmedizinische Kompetenz anmaßte, allein mithilfe der rudimentären Tabellen und Bemerkungen des Ärztlichen Dienstes des Beklagten sowie unter Heranziehung des für den medizinischen Laien nicht selbstverständlichen Wortlauts der VMG selbst (Einzel-, Teil- bzw. Gesamt-) GdB zu bestimmen, weil in tatsächlicher Hinsicht zu starke Zweifel über Art und Ausmaß der Behinderungen der Klägerin verblieben.
Zur Überzeugung der Kammer reichen in diesem Einzelfall die durch die Klägerin vorgelegten und die durch den Beklagten beigezogenen medizinischen Unterlagen für eine abschließende Beurteilung noch nicht zur Bejahung der für den Vollbeweis erforderlichen Wahrscheinlichkeit aus, da Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die für die sozialmedizinische Beurteilung maßgeblichen Befunde darin nach unzureichender Validierung und zudem unvollständig dokumentiert worden sind und überdies nicht (mehr) den hier maßgeblichen Zeitraum abdecken. Ebenso wenig wird unter Berücksichtigung der vorliegenden Umstände allein durch die Beiziehung medizinischer Unterlagen bzw. Auskünfte seitens der behandelnden Ärzte eine hinreichende Beweismittellage erreicht werden können.
Im Einzelfall kann absehbar sein, dass allein die Einholung von Auskünften der Behandler unzureichend wäre, um umfassende, aktuelle und hinreichend objektivierte medizinische Befunde, anamnestische Angaben, fachärztliche Diagnosen und Therapieverläufe als sozialmedizinisch maßgebliche Anknüpfungstatsachen zu erheben bzw. eine schlüssige und nachvollziehbare Bewertung der strittigen Gesamt-Teilhabebeeinträchtigung zu ermöglichen, denn unter Umständen unterscheiden sich die Untersuchungsziele, -methoden und -ergebnisse in Abhängigkeit davon, ob eine Person entweder zu diagnostischen und therapeutischen Zwecken oder zum Zwecke der sozialmedizinischen Beurteilung ärztlich untersucht wird, so auch hier (vgl. SG Karlsruhe, 29.07.2019, S 12 SB 877/19).
Bei lebensnaher Betrachtung sind im Zuge der Auswertung der Angaben behandelnder Ärzte Zweifel geboten, ob und ggfs. inwiefern die Belastbarkeit ihrer Befundberichte, Diagnosen und sozialmedizinischen Einschätzungen unter legitimen Eigeninteressen sowie Ansprüchen ihrer Patienten leidet. Eine über vernünftige Zweifel regelmäßig erhabene Richtigkeit jeglicher Angaben seitens behandelnder Ärzte kann nicht für jeden Einzelfall unterstellt werden. Vielmehr ist bei deren Auswertung dem Umstand Rechnung zu tragen, dass medizinische Behandler bei der Dokumentation ihrer Untersuchungen und Therapien sowie bei der Auskunft-Erteilung gegenüber Behörden und Gerichten einen wahren Drahtseilakt meistern müssen (SG Karlsruhe, 29.07.2019, S 12 SB 877/19). Den nach alldem noch einzuholenden Sachverständigengutachten selbst muss zur Ausschöpfung der Erkenntnismöglichkeiten bzw. Abrundung der Aktenlage hier eine Beiziehung medizinischer Auskünfte seitens der von der Klägerin zur Untersuchung und Behandlung seiner Gesundheitsstörungen in Anspruch genommenen Mediziner vorausgehen (vgl. SG Karlsruhe, 29.07.2019, S 12 SB 877/19).
Unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin im Verwaltungs-, Widerspruchs- und Klageverfahren sowie des Inhalts des von Amts wegen beigezogenen medizinischen Unterlagen ist in diesem Einzelfall die ernsthafte Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, dass der Gesamt-GdB höher zu bewerten sein könnte, als der Beklagte außergerichtlich festgestellt hat. Bereits eine Gegenüberstellung der im Fall der Klägerin vom Beklagten als nachgewiesen angesehenen Funktionsstörungen mit den diesbezüglich aktenkundigen medizinischen Unterlagen zeigt, dass eine der Amtsermittlungspflicht und dem (Voll-) Beweismaß genügende Sachaufklärung erfordert, zur sozialmedizinischen Bewertung der Einzel- bzw. Teil-GdB auf nervenärztlichem und orthopädischem Fachgebiet jeweils sozialmedizinisch motivierte Untersuchungen und Begutachtungen durchführen zu lassen, weil andernfalls die für die sozialmedizinische Beurteilung maßgeblichen Befunde ohne Ausschöpfung der vorhandenen Erkenntnismittel für die tatrichterliche Überzeugungsbildung unzureichend blieben.
Fachorthopädisch ist insbesondere aufzuklären, ob, seit wann und in welchem Ausmaß in den Funktionssystemen des Rumpfes sowie der unteren Gliedmaßen solche Funktionsstörungen zu beklagten sind, welche einen Teil-GdB von zumindest 20 rechtfertigen. Anhaltspunkte hierfür bestehen, weil ausweislich des aktenkundigen fachorthopädischen Berichts bereits länger bekannt und zudem röntgendiagnostisch gesichert ist, dass die Klägerin unter chronischen Gesundheitsstörungen degenerativer Art an Wirbelsäule, Hüfte, linkem Knie sowie an der Schulter leidet, welche nach Teil B Ziffer 18 VMG jeweils einen Einzel- bzw. Teil-GdB von mindestens 20 bedingen könnte. Dies wäre insbesondere der Fall, wenn häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome vorlägen oder entsprechende Bewegungseinschränkungen gegeben wären, was gutachterlich ambulant zu untersuchen und unter Berücksichtigung der aktenkundigen Beschwerdeschilderung nach einer gebotenen Konsistenzprüfung zu bewerten ist. Seitens eines orthopädisch behandelnden Facharztes bedarf es zur Diagnose und Auswahl therapeutischer Mittel naturgemäß nicht der Erhebung oder Dokumentation der Befunde, welche zur sozialmedizinischen Beurteilung unabdingbar sind. Die genaue Feststellung der Bewegungsmaße der betroffenen Gliedmaßen in den jeweils einschlägigen Bewegungsformen ist von behandelnden Orthopäden nicht zu erwarten. Noch weniger kann von ihnen eine Objektivierung der vorgetragenen Beschwerden verlangt werden, welche hingegen Kernbestandteil jeder zwecks sozialmedizinischer Bewertung durchgeführten ambulanten fachorthopädischen Untersuchung seitens eines mit dem Probanden nicht durch ein Patientenverhältnis verbandelten Gutachters ist (SG Karlsruhe, 29.07.2019, S 12 SB 877/19). Die leider erst im Klageverfahren erfolgten und auf den ersten Blick durchaus fundierte Auseinandersetzung der Sachbearbeitung des Beklagten mit einigen aktenkundigen Berichten bzw. Diagnosen und Befunden vermag eine medizinisch sowie sozialmedizinisch fundierte Befunderhebung, -objektivierung und -würdigung seitens eines hierzu ausgebildeten und hiermit geschulten Ärztlichen Dienstes oder sachverständigen Gutachters nicht zu ersetzen.
Aufgrund der aktenkundigen Unterlagen lässt sich das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigungen durch das Chronische Schmerzsyndrom nebst Fibromyalgiesyndom im Funktionsbereich Gehirn einschließlich Psyche nicht abschließend beurteilen. Nach Teil B Ziff. 3.7 VMG sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem Einzel-GdB von 0 bis 20 zu versehen. Stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswerten, somatoforme Störungen) sind mit einem Einzel-GdB von 30 bis 40 zu bewerten. Für schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten ist ein Einzel-GdB von 50 bis 70 vorgesehen. Bei schweren Störungen mit schweren sozialen Anpassungsstörungen beträgt der Einzel-GdB 80 bis 100.
Im vorliegenden Einzelfall lässt sich ohne eine zu sozialmedizinischen Zwecken nervenärztlich durchgeführte anamnestische Erhebung des Tagesablaufs, der sozialen Einbindung und des psychischen Befundes anhand einer mehrstündigen Untersuchung unter ggfs. ergänzender testpsychologischer und/oder laborchemischer Objektivierung der hierbei gewonnenen Erkenntnisse und deren Abgleich mit den bereits aktenkundigen Anknüpfungstatsachen nicht mit einer über vernünftige Zweifel erhabenen Wahrscheinlichkeit feststellen, ob die Störungen der Klägerin im Vergleich zum alterstypischen Gesundheitszustand nur „leichterer“ Natur sind, ob sie die Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit bereits „stärker behindern“, sogar „mittelgradige“ Anpassungsschwierigkeiten bedingen oder „schwere“ soziale Anpassungsstörungen bereiten. Die Kammer vermag derartige Erhebungen und Bewertungen mangels eigener nervenärztlicher Sachkunde und der hierfür erforderlichen sächlichen Ausstattung nicht im Rahmen einer dem ärztlichen Gutachter vorbehaltenen ambulanten Untersuchung selbst zu bewerkstelligen und ist daher auf die Einholung externen Sachverstands angewiesen. Allein deswegen bedarf es weiterer Ermittlungen.
Der Verweis des Beklagten auf die ständige Rechtsprechung des 6. Senats des Landessozialgericht Baden-Württemberg (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Februar 2018 – L 6 SB 4718/16 –, Rn. 42, juris) geht hier fehl. Zwar hält der 6. Senat des hiesigen Landesobergerichts weitere Ermittlungen zum Ausmaß psychisch bedingter Teilhabebeeinträchtigungen ständig mit der Begründung für entbehrlich, dass die Stärke des empfundenen Leidensdrucks sich bereits maßgeblich in der Behandlung äußere, die der Betroffene in Anspruch nimmt, um das Leiden zu heilen oder seine Auswirkungen zu lindern. In Anbetracht der hier seit 23.08.2016 laufenden nervenfachärztlichen Behandlung durch Dr. … (vgl. seine sachverständige Zeugenauskunft im Widerspruchsverfahren vom 16.05.2019) lässt sich die Annahme eines fehlenden Leidensdrucks hier wegen der jahrelangen fachärztlichen Behandlung aber gerade nicht mit deren Fehlen begründen.
Ungeachtet dessen folgt die 12. Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe der vom Beklagten zitierten Rechtsprechung des 6. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg ohnehin nicht. Die Stärke des empfundenen Leidensdrucks äußert sich nicht maßgeblich in der Behandlung, die der Betroffene in Anspruch nimmt, um das Leiden zu heilen oder seine Auswirkungen zu lindern, weshalb bei fehlender ärztliche Behandlung in der Regel nicht davon ausgegangen werden kann, dass ein diagnostiziertes seelisches Leiden nicht über eine leichtere psychische Störung hinausgeht und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdB-Bewertungsgrundsätze darstellt (a. A. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Februar 2018 – L 6 SB 4718/16 –, Rn. 42, juris). Für den vom Obergericht zur Schematisierung der in Angelegenheiten des Schwerbehindertenrechts oft müßigen sozialrechtlichen Rechtsanwendung kurzerhand allgemeingültig postulierten Erfahrungssatz findet sich in der praktischen Lebenswirklichkeit psychischer Gesundheitsstörungen schlechterdings kein real existierendes Korrelat. Im Gegenteil: Eine dermaßen oberflächliche Beweiswürdigung blendet sowohl die offenkundige Verschiedenartigkeit psychischer Leiden als auch die Individualität des Umgangs mit ihnen aus. Die schematische Betrachtungsweise stößt offensichtlich an ihre Grenzen, wenn krankheitsbedingt eine engmaschige verhaltenstherapeutische und/oder fachpsychiatrische Therapie mangels Krankheitseinsicht fehlt, etwa, weil intrapsychische Abwehrmechanismen (beispielsweise bei Psychosen oder Persönlichkeitsstörungen) oder kognitive Mängel (beispielsweise bei Demenz) verhindern, dass ein Mensch trotz massiver psychischer Behinderungen einen Leidensdruck empfindet, fachkundige Einschätzungen seines Gesundheitszustandes erfährt, versteht bzw. befolgt. Die stumpf schematisierende Betrachtungsweise des 6. Senats des LSG Baden-Württemberg passt auch in jedem weiteren Fall nicht, in dem die Behandlungsintensität gerade nicht zufällig direkt proportional zum Ausmaß der durch sie bedingten Teilhabebeeinträchtigung ist. Es bedarf keinerlei medizinischen Sachverstandes, um festzustellen, dass die behauptete Korrelation nicht die Regel, sondern die Ausnahme ist, weil Art und Ausmaß der von psychisch kranken Menschen (nicht) in Anspruch genommenen (fachärztlichen) Untersuchungen und Behandlungen evidenter Maßen von einer Vielzahl weiterer Faktoren als ihrem Leidensdruck geprägt sind, deren systematische Vernachlässigung unweigerlich zu Fehlurteilen führt. Zu den weiteren Faktoren gehören neben dem Ausmaß der Krankheitseinsicht jedenfalls der Antrieb, die sozialisationsbedingte Offenheit für psychische Erklärungsmodelle und Behandlungsformen (einschließlich etwaiger Vorbehalte oder auch Vorlieben aufgrund religiöser, kultureller, generationstypischer, medienkonsumbedingter, etc. Prägungen), die Art und (entweder zur Behandlung ermutigenden oder hiervon abhaltenden) Funktionsweise der individuellen sozialen Einbettung des jeweils Betroffenen, das Vorhandensein entsprechender intellektueller, sprachlicher, emotionaler, zeitlicher und physischer Ressourcen bzw. deren Fehlen aufgrund anderweitiger Verpflichtungen beruflicher, elterlicher, familiärer, gesundheitlicher oder sozialer Natur sowie etwaige ökonomische (Hinderungs-) Gründe (beispielsweise die bei schwer psychisch kranken Menschen nicht selten fehlende gesetzliche oder private Absicherung für den Krankheitsfall) oder die banale Frage nach einer wohnortnah (ggfs. nicht barrierefrei) erreichbaren medizinischen Versorgung.
Inwieweit die Behandlung mit dem Leidensdruck korreliert, lässt sich bei psychisch bedingten Teilhabebeeinträchtigungen regelmäßig gerade nicht nach Aktenlage beurteilen. Scheinwidersprüchlicherweise kann eine vergleichsweise blande Aktenlage gerade Ausdruck einer besonders massiven Teilhabestörung sein. So kann eine schwere narzisstische Persönlichkeitsstörung bei einem konservativen Mann jüngeren Alters mit Migrationshintergrund, rudimentärer Schulbildung und patriarchaler Männerbild mit nicht unerheblicher Wahrscheinlichkeit als solche gar nicht erkannt, untersucht, behandelt und bei der Bemessung des Teil-GdB im Funktionssystem der Psyche infolgedessen außer Acht gelassen werden, obgleich sie möglicherweise mitursächlich ist für soziale Vereinsamung, strafbares Verhalten und die Verhängung erheblicher Freiheitsstrafen, während dieselbe Erkrankung im Falle einer badischen Jungfer mittleren Altes nach zahlreichen Konflikten an wechselnden Arbeitsplätzen und der regelmäßigen Lektüre laienmedizinischer Beiträge in Internet bzw. sozialen Medien eine jahrelange symptomatische, ausufernde, sowohl verhaltenstherapeutisch als auch pharmakologisch frustrierende Behandlung sowie den Wunsch nach einer vorzeitigen Berentung bedingen und – nebenbei – zur Anerkennung eines sehr hohen GdB führen mag.
Im vorliegenden Fall sind gleich mehrere Umstände aktenkundig, welche die Annahme rechtfertigen, dass die Klägerin durchaus intensivere psychotherapeutische oder fachpsychiatrische Behandlungen zur Behandlung möglicherweise massiver psychischer Gesundheitsstörungen in Anspruch nähme, wenn ihr lebensbiographischer Hintergrund ein anderer wäre. Nervenärztlich ist im Widerspruchsverfahren mitgeteilt worden, dass die Klägerin wegen einer sehr komplexen chronischen Schmerzstörung mit somatischen, psychischen und sozialen Faktoren (F 45.41) mit einem Fibromyalgiesyndrom (M 79,7) seit Mitte 2016 in Behandlung sei. Die …-jährige Frau sei schweren Traumatisierungen und Belastungen ausgesetzt gewesen, in ihrer Heimat in … vergewaltigt worden und seit … in insgesamt … Ehen fünffache Mutter geworden. Ihr letzter, aus … stammender, sechs Jahre jüngerer Ehemann sei wegen eines an ihr versuchten Mordes im Gefängnis gewesen, weshalb sie sei vor und nach der Rückkehr sehr angespannt und verängstigt gewesen sei. Durch diese schwergradigen Störungen seien eine verminderte Ausdauer bei Stressintoleranz nebst Schlafstörungen und Kälteintoleranz eingetreten bis hin zur Verringerung der körperlichen Leistungsfähigkeit beim Heben und Tragen. Zusätzlich sei sie von Migräne (G 43.0) betroffen, von einer Gonarthrose (M 17.9) und Coxarthrose (M 16.9). Zur Überzeugung der Kammer kann im Falle einer alleinerziehenden Mutter fünf minderjähriger Kinder nicht vorab ausgeschlossen werden, dass die Wahrnehmung der mütterlichen Sorge die praktische Möglichkeit, eine engmaschige Verhaltenstherapie wahrzunehmen, dermaßen mindert, dass dieser Umstand der Schlussfolgerung entgegensteht, dass maßgeblich die Behandlungsintensität zuverlässig Ausdruck der Teilhabebeeinträchtigung gibt. Zur Überzeugung der Kammer macht die Sachbearbeitung des Beklagten Dergleichen wider besseren Wissens nachträglich nur deshalb geltend, weil er rechtfertigen möchte, dass sie – wie immer – außergerichtlich keine ambulante Begutachtung veranlasst hat, obgleich sein Ärztlicher Dienst bereits vor Erlass des angefochtenen Widerspruchsbescheides in Kenntnis der Auskunft des behandelnden Nervenarztes ausdrücklich Ermittlungsbedarf artikuliert hat, indem er im Zusammenhang mit der Bewertung der psychischen Leiden monierte: „medizinisch relevante Befunde fehlen.“
Eine eklatant fehlerträchtige Verkürzung der gesetzlichen Aufklärungspflicht auf die schematisierende Frage der Behandlungsintensität ist zur Überzeugung der 12. Kammer des Sozialgerichts allein dem massiven Erledigungsdruck in der (Versorgungsverwaltung und in der) Sozialgerichtsbarkeit geschuldet, denn der Verweis auf diese pauschale Rechtsprechung des 6. Senats des LSG Baden-Württemberg erspart den vom Beklagten persönlich wie sächlich chronisch unzureichend ausgestatteten Entscheidungsträgern in der Versorgungsverwaltung und an den Sozialgerichten eine ermittlungs- und arbeitsintensive einzelfallbezogene Prüfung. Verfassungslegitim zu rechtfertigen ist ein solcher Ermittlungsausfall zu Lasten der Menschen mit Behinderung nicht, da die genannten Stellen bei der Feststellung des Grades der Behinderung bzw. während ihrer Ermittlungsverfahren nach dem SGB X bzw. dem SGG zur Feststellung der im SGB IX geregelten (Schwer-)Behinderteneigenschaft jeweils an diese Bundesgesetze gebunden sind. Allein durch die haushaltspolitischen Irrwege eines in Angelegenheiten des Schwerbehindertenrechts das Rechtsstaats- und Gleichheitsgebot systematisch missachtenden Landeshaushaltsgesetzgebers werden diese aber nicht außer Kraft gesetzt (vgl. SG Karlsruhe, 29.07.2019, S 12 SB 877/19; SG Karlsruhe, 11.12.2019, S 12 SB 1642/19; SG Karlsruhe, 05.01.2020, S 12 SB 2153/19).
Weiterer Ermittlungsbedarf besteht unter Berücksichtigung all dessen im Hinblick auf die sozialmedizinische Bildung des Gesamt-GdB, welche – nach alldem – unter Berücksichtigung anderer Einzel- und Teil-GdB zu erfolgen haben wird, als bislang erfolgt.
Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der Gesamt-GdB gemäß § 152 Abs. 3 S. 1 SGB IX nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Folglich werden in einem ersten Schritt die einzelnen nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinne von regelwidrigen (von der Norm abweichenden) Zuständen (§ 2 Abs. 1 SGB IX) und die sich daraus ableitenden Teilhabebeeinträchtigungen bestimmt. In einem zweiten Schritt sind diese mit einem Einzel-GdB zu bewerten und den jeweils unter Teil A Ziff. 2 Buchstabe e) der VMG genannten Funktionssystemen zuzuordnen. Innerhalb der Funktionssysteme sind die jeweiligen Einzel-GdB sodann zu einem Teil-GdB zusammen zu fassen. In einem dritten Schritt ist gemäß Teil A Ziff. 3 der VMG dann – in der Regel ausgehend von der Beeinträchtigung mit dem höchsten Teil-GdB – in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Beeinträchtigungen der Gesamt-GdB zu bilden. Dabei können die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen (sich decken), sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinanderstehen. Außerdem sind bei der Gesamtwürdigung die Auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen, für die in der GdB-Tabelle feste Grade angegeben sind.
Gemessen hieran kann die Kammer noch keine abschließende Bewertung des Gesamt-GdB vornehmen. Sie verfügt selbst nicht über hinreichend eigene sozialmedizinische Expertise, um die wechselseitigen Auswirkungen der durch den Beklagten wegen der einzelnen Funktionssysteme als Behinderungen anerkannten Teilhabebeeinträchtigungen der Klägerin zu bewerten. Die Kammer kann sich insofern auch nicht auf eine nachvollziehbare und schlüssige sozialmedizinische Auswertung eines hierzu qualifizierten Arztes stützen, siehe oben.
Bereits die Einholung eines einzigen Sachverständigengutachtens ist nach Art und Umfang „erheblich“ im Sinne des § 131 Abs. 5 SGG (SG Karlsruhe, 10.10.2019, S 12 SB 981/19; Landessozialgericht Baden-Württemberg, 20.10.2015, L 11 R 2841/15).
Die Kammer hält es auch für sachdienlich, die Sache an den Beklagte zurückzuweisen. Die Entscheidung zur Zurückweisung nach § 131 Abs. 5 SGG steht im Ermessen des Gerichts. Es muss deshalb prüfen, ob es sich im Einzelfall zu einer Zurückweisung an die Behörde entschließt oder stattdessen die unterlassene Sachverhaltsaufklärung selbst nachholt und die Sache spruchreif macht. Nach Meinung der 12. Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe ist das diesbezügliche Entschließungsermessen des Gerichts wegen des fortbestehenden systematischen weiterhin auf Null reduziert. Jedenfalls im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Sozialgerichts Karlsruhe sind in allen Streitigkeiten des Schwerbehindertenrechts, in denen im Einzelfall nach Art und Umfang noch als erheblich anzusehende sozialmedizinische Ermittlungen über Art und Ausmaß behinderungsbedingter Teilhabeeinschränkungen nötig sind, bevor in der Sache entschieden werden kann, bis zur Beseitigung des langjährigen, diskriminierenden und rechtsstaatswidrigen Ermittlungsdefizits der Landesversorgungsverwaltung die Eignung, die Erforderlichkeit und die Sachdienlichkeit der Zurückverweisung an den Beklagten im Sinne des § 131 Abs. 5 SGG zu bejahen, weil die Zurückverweisung dem öffentlichen Interesse an einer verfassungsmäßigen Verwaltung, dem Interesse beider Beteiligten an der Beschleunigung des Verfahrens und dem pekuniären Interesse des Beklagten an einem möglichst niedrigen Kostenaufwand dienen (SG Karlsruhe, 29.07.2019, S 12 SB 877/19). Irgendwelche Gründe, aus denen eine Zurückweisung im vorliegenden Einzelfall nicht sachdienlich bzw. nicht ermessensgerecht sein sollte, sind weder zur Überzeugung der Kammer vorgetragen noch von Amts wegen ersichtlich. Bezüglich der von Seiten des Beklagten auch in diesem Verfahren mittels Textbaustein pauschal vorgebrachten Zweifeln an der Sachdienlichkeit von Zurückweisungen wird exemplarisch auf die erschöpfenden Ausführungen der Kammer im Gerichtsbescheid zum Vorverfahren 12 SB 1588/19 vom 10.10.2019 (veröffentlicht in „juris“) Bezug genommen.
2. Der vom Beklagten ebenfalls wiederholt per Textbaustein begründete Antrag auf Anordnung des Ruhens des Verfahrens wird als unzulässig verworfen, weil er zur vollen tatrichterlichen Überzeugung der Kammer in rechtsmissbräuchlicher Weise zum Zwecke der Verschleppung des Verfahrens über die Sechs-Monats-Frist für Zurückverweisungen aus § 131 Abs. 5 SGG gestellt worden ist. Zur Begründung wird ebenfalls auf die Ausführungen im Gerichtsbescheid zum Vorverfahren 12 SB 1588/19 vom 10.10.2019 (veröffentlicht in „juris“) verwiesen, wobei weder die Anzahl der bereits in Parallelverfahren anhängigen Berufungssachen noch die vom Beklagten vermutete zeitliche Nähe einer Berufungsentscheidung eine andere Entscheidung rechtfertigen.
3. Das Gericht entscheidet über all dies nach vorangegangener Anhörung der Beteiligten gemäß §§ 105, 3 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter und ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Bezüglich der insofern wiederholt mittels Textbaustein vorgebrachten Einwendungen gegen das Vorliegen der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen dieser Entscheidungsform in Fällen der vorliegenden Art sowie wegen der Ausübung des gerichtlichen Entschließungs-ermessens wird ebenfalls exemplarisch auf die in jeder Hinsicht übertragbaren und bereits erschöpfenden Ausführungen der Kammer im Gerichtsbescheid zum Vorverfahren 12 SB 1588/19 vom 10.10.2019 (veröffentlicht in „juris“) Bezug genommen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.