Die Beteiligten streiten um die Entziehung des Nachteilsausgleichs bzw. Merkzeichens H (Hilflosigkeit).
Der 1997 geborene Kläger leidet an einem Adrenogenitalen Syndrom (AGS) mit Salzverlust, einer angeborenen Erkrankung, bei der ein Enzymmangel die ausreichende Produktion körpereigenen Kortisons in der Nebennierenrinde verhindert, so dass eine tägliche Substitutionstherapie mit Hydrocortison in Tablettenform erforderlich ist.
1. Mit Bescheid vom 22.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.03.2005 stellte der Beklagte bei dem Kläger ab dessen Geburt einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 bei folgenden Behinderungen fest:
Stoffwechselstörung (Adrenogenitales Syndrom) (Einzel-GdB von 50)
Entwicklungsstörung (Einzel-GdB von 20).
Zudem wurden – ebenfalls ab Geburt – die gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens H festgestellt.
2. Mit Vollendung des 14. Lebensjahres des Klägers im Mai 2011 führte der Beklagte von Amts wegen ein Überprüfungsverfahren durch. Seinerzeit besuchte der Kläger die 8. Klasse der Realschule (Notendurchschnitt Halbjahreszeugnis 2010/11: 2,0).
Mit Bescheid vom 08.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.04.2012 stellte der Beklagte den GdB des Klägers unter Aufhebung der bisherigen Entscheidung für die Zukunft mit 30 neu fest und entzog das Merkzeichen H. Im anschließenden vor dem Sozialgericht Trier (SG) unter dem Aktenzeichen S 6 SB 128/12 geführten Klageverfahren gab der Beklagte am 21.05.2013 ein Anerkenntnis ab, gemäß dem es bei der Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft und des Merkzeichens H verblieb. Der Beklagte erließ am 02.08.2013 hierzu einen Ausführungsbescheid, in dem der GdB unverändert mit 50 und die Erfüllung der Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens H festgestellt wurden.
Im August 2013 begann der Kläger eine Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik.
3. Mit Vollendung des 16. Lebensjahres des Klägers im April 2014 leitete der Beklagte ein weiteres Überprüfungsverfahren von Amts wegen ein und zog einen Befundbericht bei den niedergelassenen Fachärzten für Kinder- und Jugendmedizin Dres. St /H vom 28.08.2014 bei, nebst Behandlungsberichten des Prof. Dr. Sc, Klinikum M der B in T, vom 17.08.2013 und 07.07.2014.
Nach Auswertung der medizinischen Unterlagen schlug Dr. D in einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 04.12.2014 vor, den GdB des Klägers bei 50 zu belassen, ihm jedoch das festgestellte Merkzeichen H wegen Vollendung des 16. Lebensjahres zu entziehen.
Hierzu wurden die Eltern des Klägers mit Schreiben vom 15.12.2014 angehört.
Mit Bescheid vom 20.02.2015 stellte der Beklagte sodann „in Abänderung des Bescheides vom 02.08.2013“ fest, dass die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen H mit Wirkung ab 24.02.2015 nicht mehr vorlägen. Dies wurde damit begründet, dass nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VMG) das Merkzeichen H bei der Gesundheitsstörung Stoffwechselstörung/ Entwicklungsbeeinträchtigung regelmäßig mit Vollendung des 16. Lebensjahres entfalle, da ständige Hilfeleistungen bei den alltäglichen Verrichtungen wie An- und Auskleiden, Nahrungsaufnahme, Körperpflege, Verrichten der Notdurft dann nicht mehr erforderlich seien und sich die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen nicht mehr so gravierend auswirkten, dass sie die Feststellung des Merkzeichens H weiter rechtfertigten.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren berichtete der Kläger von einer einmaligen Stoffwechselentgleisung am 01.03.2014 und trug dazu vor, er habe in Begleitung seiner Freundin bei einem Karnevalsumzug verschiedene alkoholische Getränke zu sich genommen, woraufhin er erkrankungsbedingt komplett entgleist sei. Es sei eine Apathie eingetreten und sein körperlicher Zustand habe sich binnen kurzer Zeit massiv verschlechtert. Die von der Freundin herbeigerufenen Eltern des Klägers hätten feststellen müssen, dass die Helfer im Rettungswagen und auch der zuständige Notarzt das Erkrankungsbild nicht zutreffend beurteilt und es zunächst abgelehnt hätten, ihn, zwecks weiterer spezieller Behandlung, ins Mutterhaus nach T zu fahren, da ihnen die Stoffwechselerkrankung sowie die Auswirkungen nicht bekannt gewesen seien. In der M-klinik in B, in die der Kläger dann gefahren worden sei, habe man festgestellt, dass die eingeleitete Medikation nicht anschlage und eine weitere körperliche Entgleisung eingetreten sei. Erst daraufhin sei er mit dem Notarztwagen nach T ins Mutterhaus verbracht worden, wo sich der körperliche Zustand wieder normalisiert und er am Folgetag habe entlassen werden können. Auf sich allein gestellt, wäre er absehbar in dieser Situation erst gar nicht zum Mutterhaus nach T gefahren worden. Es würden regelmäßig lebensbedrohliche Situationen auftreten, so dass eine sachliche und medizinische Grundlage für den Entzug des Merkzeichens H fehle.
Der Beklagte zog hierzu den Behandlungsbericht des Klinikums Mutterhaus vom 05.03.2014 bei, in dem eine Alkoholintoxikation (Blutalkoholgehalt: 2 Promille, Konsum mehrerer Schnäpse) mit rezidivierendem Erbrechen bei bekanntem AGS diagnostiziert wurde. Dr. D gelangte sodann in einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 31.07.2015 zu dem Ergebnis, dass das Ereignis am 01.03.2014 (Alkoholintoxikation) nicht geeignet sei, das Merkzeichen H weiter zu begründen, auch wenn die aufgetretenen Symptome durch das Grundleiden verschlimmert worden seien; ein erheblicher Umfang der notwendigen Hilfe bei den häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung der persönlichen Existenz sei nicht festzustellen; der Kläger sei in Ausbildung.
Dem folgend wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.08.2015 den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.
Dagegen hat der Kläger am 07.08.2015 beim SG Klage erhoben, die er dahingehend begründet hat, dass er das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet habe, weshalb ihm nach der Rechtsprechung auch weiterhin das Merkzeichen H zustehe. Insoweit werde beispielhaft auf das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachen-Bremen vom 03.05.2016, L 9 SB 45/03, verwiesen. Der Beklagte unterliege in Anbetracht des geschilderten Vorfalls vom 01.03.2014 einer gravierenden Verkennung des tatsächlichen Gefährdungspotentials und des deshalb bestehenden Hilfebedarfs.
Mit Urteil vom 28.10.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Beklagte habe zu Recht entschieden, dem Kläger das Merkzeichen H mit Wirkung ab dem 24.02.2015 zu entziehen. Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid, gegen den formelle Bedenken im Übrigen nicht bestünden, sei insoweit § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Grundlage für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen H seien § 69 Abs. 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) i.V.m. § 33b Abs. 3 Satz 3, Abs. 6 Einkommensteuergesetz (EStG) und § 3 Abs. 1 Nr. 2 Schwerbehindertenausweisverordnung (SchwBAwV). Nach § 33b Abs. 6 Satz 3 EStG sei eine Person hilflos, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedürfe. Diese Voraussetzungen seien auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder einer Anleitung zu den in Satz 3 genannten Verrichtungen erforderlich sei oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden müsse, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich sei (vgl. § 33b Abs. 6 Satz 4 EStG). Nach den VMG entfalle das Merkzeichen H bei der Gesundheitsstörung „Stoffwechselstörung, Entwicklungsbeeinträchtigung“ regelmäßig mit Vollendung des 16. Lebensjahres, da ständige Hilfeleistungen dann nicht mehr regelhaft erforderlich seien. Es sei daher im vorliegenden Fall eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse dahingehend eingetreten, dass zum Zeitpunkt des Neufeststellungsbescheids, nämlich dem 20.02.2015, der Kläger das 16. Lebensjahr bereits erreicht und sogar kurz vor dem 18. Lebensjahr (Anmerkung des Senats: Gemeint ist der 18. Geburtstag) gestanden habe. Die bei dem Kläger vorliegende Gesundheitsstörung wirke sich, nachdem er inzwischen das 16. Lebensjahr vollendet und dadurch eine Selbständigkeitsentwicklung eingetreten sei, welche sich auch dadurch zeige, dass er eine Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik begonnen habe, nicht mehr so gravierend aus, dass die Feststellung des Merkzeichens H weiter gerechtfertigt sei. Hierbei sei nicht nur der zeitliche Betreuungsaufwand maßgeblich. Vielmehr seien nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG Urteil vom 14.12.1994, 3 RK 14/94) auch die weiteren Umstände der Hilfeleistung, insbesondere der wirtschaftliche Wert der Leistung oder die körperliche und psychische Belastung der Pflegeperson, zu berücksichtigen. Dies gelte auch für den Begriff der Hilflosigkeit bei Kindern und Jugendlichen. Allerdings seien hierbei nicht nur die bei der Hilflosigkeit genannten „Verrichtungen“ zu beachten. Auch die Anleitung zu diesen „Verrichtungen“, die Förderung der körperlichen und geistigen Entwicklung sowie die notwendige Überwachung gehörten zu den Hilfeleistungen, die für die Frage der Hilflosigkeit von Bedeutung seien. Bei der Beurteilung der Hilflosigkeit sei stets nur der Teil der Hilflosigkeit zu berücksichtigen, der wegen der Behinderung den Umfang der Hilflosigkeit eines gesunden gleichaltrigen Kindes überschreite. Der Umfang der wegen der Behinderungen zusätzlich notwendigen Hilfeleistungen müsse hierbei erheblich sein. Gemessen an diesen Kriterien sei der Kläger zum streitgegenständlichen Zeitpunkt nicht (mehr) hilflos. Im Bericht des Klinikums Mutterhaus der B vom 17.08.2013 habe der Kläger bei der Kontrolluntersuchung über Wohlbefinden und eine Größenzunahme um 3 cm berichtet. Angegeben worden seien Phasen schlechter Belastbarkeit, welche nach Erhöhung der morgendlichen Hydrocortison-Dosierung allerdings seltener aufgetreten seien. Im Untersuchungsbefund habe sich der Kläger klinisch euthyreot mit normalem Blutdruck bei rhythmischem Puls gezeigt. Es hätten sich keine peripheren Ödeme finden lassen und die Handlinien seien normal pigmentiert gewesen. Es sei empfohlen worden, die bisherige Medikation unverändert fortzuführen. Im Bericht des Klinikums Mutterhaus der B vom 07.07.2014 habe der Kläger abermals Wohlbefinden angegeben. Die ehemalige Müdigkeit habe abgenommen. Eine Schwellung der Beine oder der Augenlider sei nicht aufgetreten. Es habe sich ein guter Appetit ohne vermehrten Salzhunger finden lassen. Die körperliche Belastbarkeit sei als gut beschrieben worden, bei regelmäßigem Fahrradfahren und einer normalen Tagestrinkmenge von 2 bis 2,5 Litern. Die Pregnantriol-Ausscheidung im Sammelurin sei als zweitrangig gegenüber den Messwerten von Blutdruck und Befinden des Klägers angesehen worden. Nur einmal sei es im Rahmen einer Alkoholintoxikation Anfang März 2014 zu einer bedrohlichen Stoffwechselentgleisung gekommen. Weitere Vorfälle seien durch den in der mündlichen Verhandlung befragten Vater des Klägers verneint worden. Hierbei gelte es zu beachten, dass die Notwendigkeit einer dauernden Bereitschaft zur Hilfeleistung einer aktiven Hilfe nur gleichstehe, wenn die Hilfe häufig und plötzlich wegen akuter Lebensgefahr notwendig sei (vgl. Landesozialgericht Nordrhein-Westfalen Urteil vom 25.01.2001, L 7 SB 47/99, juris Rn. 35). Nach der Rechtsprechung des BSG zu § 35 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG), dessen Voraussetzungen nach denselben Kriterien festgestellt würden wie die Voraussetzungen für das Merkzeichen H (vgl. BSG Urteil vom 12.02.2003, B 9 SB 1/02 R), sei Hilflosigkeit auch dann gegeben, wenn der Beschädigte wegen der besonderen Art seines Leidens in ständiger Lebensgefahr schwebe, die nur dadurch gebannt werden könne, dass fremde Hilfe jederzeit bereit stehe, um ggf. eingreifen zu können (vgl. BSG Urteil vom 24.04.1963, 11 RV 800/62). Ein derartiges Schweben in ständiger Lebensgefahr liege bei dem Kläger jedoch nachweislich nicht vor. Die ständige Bereitschaft einer Hilfsperson sei bei ihm nicht erforderlich.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 06.12.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 06.01.2017 Berufung beim Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (LSG) eingelegt. Diese ist dahingehend begründet worden, dass die VMG für das bei ihm vorliegende (seltene) Erkrankungsbild keine Regelungen vorsähen und insoweit eine Regelungslücke bestehe. Wesentliches Merkmal der vom AGS mit Salzverlustsyndrom ausgehenden körperlichen Funktionsstörungen sei die jederzeitige Gefahr einer rasch fortschreitenden Entgleisung des Kohlenhydratstoffwechsels und des Salz-Wasser-Haushalts mit der Möglichkeit irreversibler cerebraler Schädigungen oder einer unmittelbar tödlichen Stoffwechselkrise. Für die Beurteilung der Hilflosigkeit bei Kindern und Jugendlichen gelte beim Diabetes mellitus, sowohl nach den der Entscheidung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 03.05.2006, L 9 SB 45/03) zugrundeliegenden Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit (AHP) als auch nach den nunmehr geltenden VMG, dass Hilflosigkeit bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres, bei fortbestehender instabiler Stoffwechsellage bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, anzunehmen sei. Zutreffend habe das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen festgestellt, dass hieraus ein Anspruch auf eine dem Gleichheitssatz genügende Berücksichtigung dieser Grundsätze beim vorliegenden Erkrankungsbild mit den entsprechenden Behinderungen bestehe. Deshalb erfordere auch die bei im Allgemeinen guter Einstellung jederzeit gegebene Gefahr lebensbedrohlicher Stoffwechselentgleisungen beim AGS mit Salzverlustsyndrom und der für Stoffwechselentgleisungen bei dieser Erkrankung kennzeichnende dramatische Verlauf, Kindern und Jugendlichen mit AGS und Salzverlustsyndrom bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ebenfalls das Merkzeichen H zuzuerkennen. Medizinische Unterscheidungsmerkmale, die insoweit eine unterschiedliche Behandlung gegenüber Kindern und Jugendlichen mit einem Diabetes mellitus Typ I rechtfertigen könnten, bestünden nicht. Maßgeblich und allein entscheidungserheblich müsse der Umstand sein, dass bei seiner Erkrankung, wie der Vorfall vom 01.03.2014 eindrücklich belege, jederzeit eine Situation eintreten könne, in der für ihn die Gefahr des tödlichen Ausgangs oder schwerer irreversibler cerebraler Schädigungen bestehe. Deshalb seien bei ihm auch nach der Vollendung des 18. Lebensjahres durchaus noch die Kriterien für das Merkzeichen H erfüllt. Entgegen der Bewertung des SG schwebe er jederzeit insoweit in Lebensgefahr, als eine Entgleisung des Kohlenhydratstoffwechsels und des Salz-Wasser-Haushalts eintreten könne. Hierzu reichten bereits emotionale Aufregungssituationen, Stress und die Überschreitung von Belastungsgrenzen aus. Hierbei könne es sich auch um Einwirkungssituationen von außen handeln, auf die er keinen Einfluss habe. Das Urteil des BSG aus dem Jahr 1963 (11 RV 800/62) sei demgegenüber deutlich veraltet und betreffe zudem nicht das hier streitgegenständliche Erkrankungsbild.
Auf richterlichen Hinweis (Schreiben vom 03.01.2018), dass bisher nicht die Problematik erörtert worden sei, dass der Beklagte im angefochtenen Bescheid vom 20.02.2015 den Ausführungsbescheid vom 02.08.2013 und nicht den maßgeblichen Feststellungsbescheid vom 22.10.2004 aufgehoben habe, dem Ausführungsbescheid aber lediglich die Bedeutung einer wiederholenden Verfügung ohne Verwaltungsaktcharakter zukommen könnte, so dass zu erörtern wäre, ob eine Umdeutung gemäß § 43 Abs. 1 SGB X in Betracht zu ziehen sein könnte und ob vor einer solchen Umdeutung durch das Gericht auch eine Anhörung erforderlich wäre, hat der Kläger mitgeteilt, dass aus seiner Sicht eine Umdeutung nicht in Betracht komme. Der Beklagte hat daraufhin mit Neufeststellungsbescheid vom 25.04.2018 – nach mit Schreiben vom 16.02.2018 durchgeführter Anhörung – in Abänderung des Bescheids vom 22.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.03.2005, ab dem 24.02.2015 den GdB mit 50 neu festgestellt und festgestellt, dass gesundheitliche Merkmale für die Inanspruchnahme von Merkzeichen nicht mehr vorlägen. Dieser Bescheid ergehe, so die Begründung, nach § 48 SGB X und § 43 Abs. 1 SGB X. In der Rechtsbehelfsbelehrung ist ausgeführt, dass der Bescheid nach § 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 28.10.2016 sowie den Bescheid des Beklagten vom 20.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.08.2015 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, das vom Kläger herangezogene Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen sei überholt, zum einen durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung (2. VersMedVÄndV) vom 22.07.2010, zum anderen durch das aktuelle Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 09.11.2016, L 6 SB 94/16. Gemäß der 2. VersMedVÄndV seien die Wörter „bei fortbestehender instabiler Stoffwechsellage bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres“ in Teil A Ziffer 5 d) jj) der VMG gestrichen worden. Von einer Hilflosigkeit des Klägers könne im Übrigen auch nicht mehr ausgegangen werden. Dieser sei bei den wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens nicht ständig in erheblichem Umfang auf fremde Hilfe angewiesen. Auch könne die Notwendigkeit einer ständigen Bereitschaft wegen möglicher Entgleisungssituationen mit Todesgefahr nicht gesehen werden. Das BSG habe hierzu im Urteil vom 24.04.1963, 11 RV 800/62, ausgeführt, dass wegen der besonderen Art des Leidens ein ständiges Schweben in Lebensgefahr vorliegen müsse. Davon könne nicht ausgegangen werden. Bisher sei es lediglich einmal aufgrund erhöhten Alkoholkonsums anlässlich des Karnevals am 01.03.2014 zu einer ernsten Entgleisung gekommen. Dieses Ereignis könne der besonderen Situation an Karneval zugeschrieben werden. Da sich eine derartige Situation nicht wiederholt habe, sei davon auszugehen, dass der Kläger, auch infolge des Reifungsprozesses, ausreichend gelernt habe, sich nicht durch solches Handeln in Gefahr zu bringen. Es fehle also das Merkmal „ständig“. Unter Berücksichtigung des Urteils des BSG vom 12.02.2003, B 9 SB 1/02 R, sei bei der Anrechnung von Bereitschaftszeiten zu beachten, dass diese zeitlich und örtlich denselben Einsatz erfordern müssten wie körperliche Hilfe, d.h. es müssten insoweit mindestens 2 Stunden täglich anfallen, was hier nicht der Fall sei.
Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Beklagtenakte und der vom SG beigezogenen rekonstruierten Gerichtsakte S 6 SB 128/12 Bezug genommen.
Die zulässige (vgl. §§ 143, 144, 151 SGG), insbesondere form- und fristgerecht eingelegte, Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 20.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.08.2015 in der Gestalt des Bescheids vom 25.04.2018.
Der Bescheid vom 25.04.2018 ist gemäß § 96 Abs. 1, § 153 Abs. 1 SGG Gegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens geworden, weil er nach Erlass des Widerspruchsbescheids ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt ersetzt. Dabei ist es unschädlich, dass die Aufhebung des zuvor ergangenen Bescheids vom 20.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.08.2015 nicht ausdrücklich verfügt worden ist, weil für den Kläger als Empfänger ohne Weiteres der Willen des Beklagten erkennbar war, an die Stelle des Bescheids vom 20.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.08.2015 einen neuen Bescheid treten zu lassen (vgl. dazu auch BSG Beschluss vom 30.11.2016, B 6 KA 35/16 B, juris Rn. 15; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/ders., SGG, 12. Aufl. 2017, § 96 Rn. 4). Denn auf den gerichtlichen Hinweis mit Schreiben vom 03.01.2018, dass im Bescheid vom 20.02.2015 der Ausführungsbescheid vom 02.08.2013 und nicht der maßgebliche Feststellungsbescheid vom 22.10.2004 aufgehoben worden und insoweit eine Umdeutung nach § 43 Abs. 1 SGB X in Betracht zu ziehen sei, hat der Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 16.02.2018 gerade dahingehend angehört, dass deswegen eine Umdeutung des Bescheids vom 20.02.2015 gemäß § 43 SGB X beabsichtigt sei. Auch im Neufeststellungsbescheid vom 25.04.2018 hat sich der Beklagte dann (am Ende des Bescheids) auf das Anhörungsschreiben und § 43 Abs. 1 SGB X bezogen und dazu ausgeführt, dass der Bescheid daher wie angekündigt erteilt werde. Angesichts der von der Beklagten insoweit nach § 43 SGB X rechtmäßig vollzogenen Umdeutung bedarf es auch keiner Umdeutung durch das Gericht (dazu, dass nach herrschender Meinung auch Gerichte zu einer Umdeutung nach § 43 SGB X befugt sind, vgl. Leopold in jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 43 Rn. 63 m.w.N.; s.a. BSG Urteil vom 13.05.2015, B 6 KA 14/14 R, juris Rn. 49 und BSG Urteil vom 18.08.2005, B 7a/7 AL 66/04 R, juris Rn. 41).
Die zulässig als reine Anfechtungsklage (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) erhobene Klage ist zum maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens, d.h. dem Erlass des Widerspruchsbescheids (vgl. BSG Urteil vom 10.12.2003, B 9 SB 4/02 R, juris Rn. 13; BSG Urteil vom 12.11.1996, 9 RVs 5/95, juris Rn. 14; Keller in Meyer-Ladewig/ders./Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 54 Rn. 33), nicht begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 20.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.08.2015 in der Gestalt des Bescheids vom 25.04.2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zu Recht hat die Beklagte festgestellt, dass dem Kläger ab dem 24.02.2015 das Merkzeichen H nicht mehr zusteht. Insoweit ist in den Verhältnissen, wie sie dem Bescheid vom 22.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.03.2005, mit dem das Merkzeichen H zuerkannt worden ist, zugrunde lagen, eine wesentliche Änderung eingetreten, so dass das Merkzeichen H von dem Beklagten zu Recht nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft entzogen worden ist.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben.
Die Feststellung der Voraussetzungen eines Merkzeichens nach dem Schwerbehindertenrecht ist (ebenso wie die Feststellung eines bestimmten GdB) ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung in diesem Sinne (BSG Urteil vom 12.11.1996, 9 RVs 5/95, juris Rn. 12). Eine wesentliche Änderung liegt in einem solchen Fall vor, wenn die früher vorliegenden und anerkannten medizinischen Voraussetzungen für das Vorliegen eines Merkzeichens – hier die Voraussetzungen der Hilflosigkeit – weggefallen sind (vgl. BSG Urteil vom 12.11.1996, 9 RVs 5/95, juris Rn. 12 ff.). Dem früheren Zustand der Hilflosigkeit sind die für die angegriffene Entscheidung maßgeblichen Verhältnisse gegenüberzustellen. Dabei bestimmt sich die Rechtmäßigkeit eines Bescheids, der wie hier ein zuerkanntes Merkzeichen nicht mehr feststellt und der selbst kein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist, sondern in seiner Wirkung auf die Veränderung der Rechtslage zu einem bestimmten Zeitpunkt beschränkt ist, nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, d.h. dem Erlass des Widerspruchsbescheids hier am 03.08.2015 (etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der mit Bescheid vom 25.04.2018 erfolgten Umdeutung nach § 43 SGB X, denn diese schafft insoweit keinen neuen Zeitpunkt, sondern wirkt ex tunc, d.h. auf den Zeitpunkt des Erlasses des ursprünglichen Verwaltungsakts – hier des Widerspruchsbescheids vom 03.08.2015 – zurück, vgl. dazu § 43 Abs .1 SGB X „hätte erlassen werden können“, s.a. Leopold, a.a.O., Rn. 59 m.w.N.).
Maßgeblich für den früheren Behinderungszustand ist die dem zuletzt verbindlich festgestellten Bescheid vom 22.10.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.03.2005 objektiv zu Grunde liegende Sachlage. Zu der Zeit waren die medizinischen Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens H angesichts der AGS-Erkrankung des Klägers mit Salzverlust und der damit einhergehenden Entwicklungsverzögerung erfüllt. Der Kläger war seinerzeit – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – hilflos im Sinne der Voraussetzungen des Merkzeichens H, denn er bedurfte in besonderem und erheblichem Maße der Hilfe und Anleitung zur Förderung seiner körperlichen und geistigen Entwicklung und vor allem der Überwachung, hatte andererseits aber noch nicht die notwendige Einsicht, auftretende Beschwerden selbst richtig zu erfassen und sich bei einer lebensbedrohlichen Stoffwechselentgleisung sofort an einen Erwachsenen zur Hilfe bei der Selbstmedikation oder bei der Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe zu wenden oder diese gar eigenständig in Anspruch zu nehmen.
In diesen dem Bescheid vom 22.10.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.03.2005 zugrunde liegenden tatsächlichen Verhältnissen ist eine Änderung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X dergestalt eingetreten, als dass das Merkzeichen H nun nicht mehr zusteht und die Beklagte daher dieses zu Recht mit Bescheid vom 20.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.08.2015 mit Wirkung zum 24.02.2015 entzogen hat.
Im Schwerbehindertenausweis ist der Merkzeichen H einzutragen, wenn der schwerbehinderte Mensch hilflos im Sinne des § 33b EStG oder entsprechender Vorschriften ist (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 der seinerzeit – bei Erlass des Widerspruchsbescheids vom 03.08.2015 – geltenden Fassung auf Grund von § 70 SGB IX (jetzt § 153 SGB IX) ergangenen Schwerbehindertenausweisverordnung).
Nach § 33b Abs. 6 Sätze 3 und 4 EStG ist eine Person hilflos, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedarf; diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder einer Anleitung zu den in Satz 3 genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist.
Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 5, Abs. 4 SGB IX in der in der bis zum 14.01.2015 geltenden Fassungen (aF) gelten bei der Feststellung von Merkzeichen die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 17 (jetzt Abs. 16) BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Damit wird auf die auf Grund des § 30 Abs. 17 (jetzt Abs. 16) BVG mit Wirkung ab 01.01.2009 erlassene Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10.12.2008 (VersMedV) Bezug genommen; da der Gesetzgeber von der Ermächtigung in § 70 Abs. 2 SGB IX in der hier zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids geltenden Fassung vom 07.01.2015 keinen Gebrauch gemacht hat (wie auch bis heute von der nunmehrigen Ermächtigung in § 153 Abs. 2 SGB IX in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung noch kein Gebrauch gemacht worden ist), verbleibt es bei der bisherigen Rechtslage, d.h. bei der Anwendbarkeit der Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 17 (jetzt Abs. 16) BVG erlassenen Rechtsverordnung (vgl. § 159 Abs. 7 SGB IX; siehe dazu auch BSG Urteil vom 11.08.2015, B 9 SB 1/14 R, juris Rn. 16).
Nach § 1 VersMedV in der hier zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids am 03.08.2015 maßgeblichen Fassung vom 10.12.2008 (BGBl. I S. 2412) in Gestalt der Änderungen durch Artikel 1 der Verordnung vom 11.10.2012 (BGBl. I S. 2122) regelt diese Verordnung die Grundsätze für die medizinische Bewertung von „Schädigungsfolgen“ und die Feststellung des „Grades der Schädigungsfolgen“ im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG (Anmerkung des Senats: übertragen auf das SGB IX die medizinische Bewertung der Behinderungen und die Feststellung des GdB), für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 BVG, die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 BVG und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung. Die in § 1 VersMedV genannten Grundsätze und Kriterien sind in der Anlage (Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ - AnlVersMedV) zu dieser Verordnung als deren Bestandteil festgelegt; die Anlage wird auf der Grundlage des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellt und fortentwickelt (vgl. § 2 VersMedV).
Nach der Rechtsprechung des BSG ist die seit dem 01.01.2009 in Kraft befindliche VersMedV eine verbindliche Rechtsquelle; Zweifel am Inhalt der AnlVersMedV, der durch besondere, vor allem medizinische Sachkunde bestimmt ist, sind vorzugsweise durch Nachfrage bei dem verantwortlichen Urheber, hier also beim Ärztlichen Sachverständigenbeirat Versorgungsmedizin bzw. bei dem für diesen geschäftsführend tätigen Bundesministerium für Arbeit und Soziales (§ 3 VersMedV) zu klären (vgl. BSG Urteil vom 02.12.2010, B 9 SB 4/10 R, juris Rn. 20). Im Übrigen ist die VersMedV auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen – insbesondere § 69 SGB IX in der hier zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids geltenden Fassung – zu überprüfen, in dessen Lichte sie auszulegen sind; bei nach entsprechender Auslegung verbleibenden Verstößen gegen § 69 SGB IX ist die VersMedV nicht anzuwenden (so BSG, a.a.O, m.w.N.).
Nach Teil A Nr. 4 lit. b AnlVersMedV der hier zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids am 03.08.2015 maßgeblichen Fassung vom 10.12.2008 (BGBl. I S. 2412) in Gestalt der Änderungen durch Artikel 1 der Verordnung vom 11.10.2012 (BGBl. I S. 2122) sind hilflos diejenigen, die infolge von Gesundheitsstörungen - nach dem SGB IX und dem EStG „nicht nur vorübergehend" - für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedürfen. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder einer Anleitung zu den genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist.
Damit wird in der AnlVersMedV die Definition der Hilflosigkeit in § 33b Abs. 6 Sätze 3 und 4 EStG bzw. § 35 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BVG aufgegriffen.
Gemäß Teil A Nr. 4 lit. c AnlVersMedV (in der o.g. hier maßgeblichen Fassung) sind häufig und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen zur Sicherung der persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages insbesondere An- und Auskleiden, Nahrungsaufnahme, Körperpflege, Verrichten der Notdurft, außerdem sind notwendige körperliche Bewegung, geistige Anregung und Möglichkeiten zur Kommunikation zu berücksichtigen; Hilflosigkeit liegt im oben genannten Sinne auch dann vor, wenn ein psychisch oder geistig behinderter Mensch zwar bei zahlreichen Verrichtungen des täglichen Lebens der Hilfe nicht unmittelbar bedarf, er diese Verrichtungen aber infolge einer Antriebsschwäche ohne ständige Überwachung nicht vornähme; die ständige Bereitschaft ist z.B. anzunehmen, wenn Hilfe häufig und plötzlich wegen akuter Lebensgefahr notwendig ist.
Der Umfang der notwendigen Hilfe bei den häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen muss erheblich sein; dies ist der Fall, wenn die Hilfe dauernd für zahlreiche Verrichtungen, die häufig und regelmäßig wiederkehren, benötigt wird; Einzelne Verrichtungen, selbst wenn sie lebensnotwendig sind und im täglichen Lebensablauf wiederholt vorgenommen werden, genügen nicht (z.B. Hilfe beim Anziehen einzelner Bekleidungsstücke, notwendige Begleitung bei Reisen und Spaziergängen, Hilfe im Straßenverkehr, einfache Wund- oder Heilbehandlung, Hilfe bei Heimdialyse ohne Notwendigkeit weiterer Hilfeleistung); Verrichtungen, die mit der Pflege der Person nicht unmittelbar zusammenhängen (z.B. im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung) müssen außer Betracht bleiben (Teil A Nr. 4 lit. d AnlVersMedV in der o.g. hier maßgeblichen Fassung).
Nach Teil A Nr. 4 lit. e AnlVersMedV (in der o.g. hier maßgeblichen Fassung) kann bei einer Reihe schwerer Behinderungen, die aufgrund ihrer Art und besonderen Auswirkungen regelhaft Hilfeleistungen in erheblichem Umfang erfordern, im Allgemeinen ohne nähere Prüfung angenommen werden, dass die Voraussetzungen für das Vorliegen von Hilflosigkeit erfüllt sind.
Dies gilt stets
aa) bei Blindheit und hochgradiger Sehbehinderung,
bb) Querschnittslähmung und anderen Behinderungen, die auf Dauer und ständig - auch innerhalb des Wohnraums - die Benutzung eines Rollstuhls erfordern,
Nach Teil A Nr. 4 lit. f AnlVersMedV (in der o.g. hier maßgeblichen Fassung) in der Regel auch Randnummer49 aa) bei Hirnschäden, Anfallsleiden, geistiger Behinderung und Psychosen, wenn diese Behinderungen allein einen GdS (Anmerkung des Senats: „bzw. GdB“) von 100 bedingen,
bb) Verlust von zwei oder mehr Gliedmaßen, ausgenommen Unterschenkel- oder Fußamputation beiderseits (als Verlust einer Gliedmaße gilt der Verlust mindestens der ganzen Hand oder des ganzen Fußes).
Führt eine Behinderung zu dauerndem Krankenlager, so sind stets auch die Voraussetzungen für die Annahme von Hilflosigkeit erfüllt; dauerndes Krankenlager setzt nicht voraus, dass der behinderte Mensch das Bett überhaupt nicht verlassen kann (Teil A Nr. 4 lit. g AnlVersMedV in der o.g. hier maßgeblichen Fassung).
Stirbt ein behinderter Mensch innerhalb von sechs Monaten nach Eintritt einer Gesundheitsstörung, so ist die Frage der Hilflosigkeit analog Nummer 2 Buchstabe g zu beurteilen (Teil A Nr. 4 lit. h AnlVersMedV in der o.g. hier maßgeblichen Fassung).
Bei Kindern und Jugendlichen gelten für die Beurteilung der Hilflosigkeit einige Besonderheiten (Teil A Nr. 5 AnlVersMedV in der o.g. hier maßgeblichen Fassung).
Bei der Beurteilung der Hilflosigkeit bei Kindern und Jugendlichen sind nicht nur die bei der Hilflosigkeit genannten „Verrichtungen" zu beachten; auch die Anleitung zu diesen „Verrichtungen", die Förderung der körperlichen und geistigen Entwicklung (z.B. durch Anleitung im Gebrauch der Gliedmaßen oder durch Hilfen zum Erfassen der Umwelt und zum Erlernen der Sprache) sowie die notwendige Überwachung gehören zu den Hilfeleistungen, die für die Frage der Hilflosigkeit von Bedeutung sind (Teil A Nr. 5 lit. a AnlVersMedV in der o.g. hier maßgeblichen Fassung).
Stets ist nur der Teil der Hilfsbedürftigkeit zu berücksichtigen, der wegen der Behinderung den Umfang der Hilfsbedürftigkeit eines gesunden gleichaltrigen Kindes überschreitet; der Umfang der wegen der Behinderungen notwendigen zusätzlichen Hilfeleistungen muss erheblich sein; bereits im ersten Lebensjahr können infolge der Behinderung Hilfeleistungen in solchem Umfang erforderlich sein, dass dadurch die Voraussetzungen für die Annahme von Hilflosigkeit erfüllt sind (Teil A Nr. 5 lit. b AnlVersMedV in der o.g. hier maßgeblichen Fassung).
Die Besonderheiten des Kindesalters führen dazu, dass zwischen dem Ausmaß der Behinderung und dem Umfang der wegen der Behinderung erforderlichen Hilfeleistungen nicht immer eine Korrelation besteht, so dass - anders als bei Erwachsenen - auch schon bei niedrigerem GdS (Anmerkung des Senats: „bzw. GdB“) Hilflosigkeit vorliegen kann (Teil A Nr. 5 lit. c AnlVersMedV in der o.g. hier maßgeblichen Fassung).
Nach Teil A Nr. 5 lit. d AnlVersMedV (in der o.g. hier maßgeblichen Fassung) ist bei angeborenen oder im Kindesalter aufgetretenen Behinderungen im Einzelnen folgendes zu beachten:
aa) Bei geistiger Behinderung kommt häufig auch bei einem GdS (Anmerkung des Senats: „bzw. GdB“) unter 100 - und dann in der Regel bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres - Hilflosigkeit in Betracht, insbesondere wenn das Kind wegen gestörten Verhaltens ständiger Überwachung bedarf. Hilflosigkeit kann auch schon im Säuglingsalter angenommen werden, z. B. durch Nachweis eines schweren Hirnschadens.
bb) Bei tief greifenden Entwicklungsstörungen, die für sich allein einen GdS (Anmerkung des Senats: „bzw. GdB“) von mindestens 50 bedingen, und bei anderen gleich schweren, im Kindesalter beginnenden Verhaltens- und emotionalen Störungen mit lang andauernden erheblichen Einordnungsschwierigkeiten ist regelhaft Hilflosigkeit bis zum 18. Lebensjahr anzunehmen.
cc) Bei hirnorganischen Anfallsleiden ist häufiger als bei Erwachsenen auch bei einem GdS (Anmerkung des Senats: „bzw. GdB“) unter 100 unter Berücksichtigung der Anfallsart, Anfallsfrequenz und eventueller Verhaltensauffälligkeiten die Annahme von Hilflosigkeit gerechtfertigt.
dd) Bei sehbehinderten Kindern und Jugendlichen mit Einschränkungen des Sehvermögens, die für sich allein einen GdS (Anmerkung des Senats: „bzw. GdB“) von wenigstens 80 bedingen, ist bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Hilflosigkeit anzunehmen.
ee) Bei Taubheit und an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit ist Hilflosigkeit ab Beginn der Frühförderung und dann - insbesondere wegen des in dieser Zeit erhöhten Kommunikationsbedarfs - in der Regel bis zur Beendigung der Ausbildung anzunehmen. Zur Ausbildung zählen in diesem Zusammenhang: der Schul-, Fachschul- und Hochschulbesuch, eine berufliche Erstausbildung und Weiterbildung sowie vergleichbare Maßnahmen der beruflichen Bildung.
ff) Bei Lippen-Kiefer-Gaumenspalte und kompletter Gaumensegelspalte ist bis zum Abschluss der Erstbehandlung (in der Regel ein Jahr nach der Operation) Hilflosigkeit anzunehmen. Die Kinder benötigen während dieser Zeit in hohem Maße Hilfeleistungen, die weit über diejenigen eines gesunden gleichaltrigen Kindes hinausgehen, vor allem bei der Nahrungsaufnahme (gestörte Atmung, Gefahr des Verschluckens), bei der Reinigung der Mundhöhle und des Nasen-Rachenraumes, beim Spracherwerb sowie bei der Überwachung beim Spielen.
gg) Beim Bronchialasthma schweren Grades ist Hilflosigkeit in der Regel bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres anzunehmen.
hh) Bei angeborenen oder in der Kindheit erworbenen Herzschäden ist bei einer schweren Leistungsbeeinträchtigung entsprechend den in Teil B Nr. 9.1.1 angegebenen Gruppen 3 und 4 Hilflosigkeit anzunehmen, und zwar bis zu einer Besserung der Leistungsfähigkeit (z.B. durch Operation), längstens bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres.
ii) Bei Behandlung mit künstlicher Niere ist Hilflosigkeit bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres anzunehmen. Bei einer Niereninsuffizienz, die für sich allein einen GdS (Anmerkung des Senats: „bzw. GdB“) von 100 bedingt, sind Hilfeleistungen in ähnlichem Umfang erforderlich, sodass auch hier bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres die Annahme von Hilflosigkeit begründet ist.
jj) Beim Diabetes mellitus ist Hilflosigkeit bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres anzunehmen (Anmerkung des Senats: Insoweit sind die Versorgungsmedizinischen Grundsätze durch die 2. VersMedVÄndV vom 14.07.2010 (BGBl I S. 928) mit Wirkung zum 22.07.2010 geändert worden; der bis dahin bestehende Zusatz „bei fortbestehender instabiler Stoffwechsellage bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres“ ist ersatzlos entfallen).
kk) Bei Phenylketonurie ist Hilflosigkeit ab Diagnosestellung - in der Regel bis zum 14. Lebensjahr - anzunehmen. Über das 14. Lebensjahr hinaus kommt Hilflosigkeit in der Regel nur noch dann in Betracht, wenn gleichzeitig eine relevante Beeinträchtigung der geistigen Entwicklung vorliegt.
ll) Bei der Mukoviszidose ist bei der Notwendigkeit umfangreicher Betreuungsmaßnahmen - im Allgemeinen bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres - Hilflosigkeit anzunehmen. Das ist immer der Fall bei Mukoviszidose, die für sich allein einen GdS (Anmerkung des Senats: „bzw. GdB“) von wenigstens 50 bedingt (siehe Teil B Nr. 15.5). Nach Vollendung des 16. Lebensjahres kommt Hilflosigkeit bei schweren und schwersten Einschränkungen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres in Betracht.
mm) Bei malignen Erkrankungen (z.B. akute Leukämie) ist Hilflosigkeit für die Dauer der zytostatischen Intensiv-Therapie anzunehmen.
nn) Bei angeborenen, erworbenen oder therapieinduzierten schweren Immundefekten ist Hilflosigkeit für die Dauer des Immunmangels, der eine ständige Überwachung wegen der Infektionsgefahr erforderlich macht, anzunehmen.
oo) Bei der Hämophilie ist bei Notwendigkeit der Substitutionsbehandlung - und damit schon bei einer Restaktivität von antihämophilem Globulin von 5 % und darunter - stets bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres, darüber hinaus häufig je nach Blutungsneigung (zwei oder mehr ausgeprägte Gelenkblutungen pro Jahr) und Reifegrad auch noch weitere Jahre, Hilflosigkeit anzunehmen.
pp) Bei der juvenilen chronischen Polyarthritis ist Hilflosigkeit anzunehmen, solange die Gelenksituation eine ständige Überwachung oder andauernd Hilfestellungen beim Gebrauch der betroffenen Gliedmaßen sowie Anleitungen zu Bewegungsübungen erfordert, in der Regel bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres. Bei der systemischen Verlaufsform (Still-Syndrom) und anderen systemischen Bindegewebskrankheiten (z.B. Lupus erythematodes, Sharp-Syndrom, Dermatomyositis) ist für die Dauer des aktiven Stadiums Hilflosigkeit anzunehmen.
qq) Bei der Osteogenesis imperfecta ist die Hilflosigkeit nicht nur von den Funktionseinschränkungen der Gliedmaßen sondern auch von der Häufigkeit der Knochenbrüche abhängig. In der Regel bedingen zwei oder mehr Knochenbrüche pro Jahr Hilflosigkeit. Hilflosigkeit aufgrund einer solchen Bruchneigung ist solange anzunehmen, bis ein Zeitraum von zwei Jahren ohne Auftreten von Knochenbrüchen abgelaufen ist, längstens jedoch bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres.
rr) Bei klinisch gesicherter Typ-I-Allergie gegen schwer vermeidbare Allergene (z.B. bestimmte Nahrungsmittel), bei der aus dem bisherigen Verlauf auf die Gefahr lebensbedrohlicher anaphylaktischer Schocks zu schließen ist, ist Hilflosigkeit - in der Regel bis zum Ende des 12. Lebensjahres - anzunehmen.
ss) Bei der Zöliakie kommt Hilflosigkeit nur ausnahmsweise in Betracht. Der Umfang der notwendigen Hilfeleistungen bei der Zöliakie ist regelmäßig wesentlich geringer als etwa bei Kindern mit Phenylketonurie oder mit Diabetes mellitus.
Wenn bei Kindern und Jugendlichen Hilflosigkeit festgestellt worden ist, muss bei der Beurteilung der Frage einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse Folgendes beachtet werden: Die Voraussetzungen für die Annahme von Hilflosigkeit können nicht nur infolge einer Besserung der Gesundheitsstörungen entfallen, sondern auch dadurch, dass behinderte Jugendliche infolge des Reifungsprozesses – etwa nach Abschluss der Pubertät - ausreichend gelernt haben, die wegen der Behinderung erforderlichen Maßnahmen selbstständig und eigenverantwortlich durchzuführen, die vorher von Hilfspersonen geleistet oder überwacht werden mussten (Teil A Nr. 5 lit. e AnlVersMedV in der o.g. hier maßgeblichen Fassung).
Bei den zur Beurteilung von Hilflosigkeit im o.g. Sinne zu berücksichtigenden Verrichtungen handelt es sich mithin um solche, die im Ablauf eines jeden Tages unmittelbar zur Wartung, Pflege und Befriedigung wesentlicher Bedürfnisse des Betroffenen gehören sowie häufig und regelmäßig wiederkehren (vgl. BSG Urteil vom 24.11.2005, B 9a SB 1/05 R, juris Rn. 14).
Berücksichtigungsfähig sind Verrichtungen zunächst in den auch von der Pflegeversicherung (vgl. § 14 Abs. 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) in der hier zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids vom 03.08.2015 geltenden Fassung) erfassten Bereichen der Körperpflege (Waschen, Duschen, Baden, Zahnpflege, Kämmen, Rasieren, Darm- und Blasenentleerung), Ernährung (mundgerechtes Zubereiten und Aufnahme der Nahrung) und Mobilität (Aufstehen, Zubettgehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen, Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung); die Verrichtungen in diesen Bereichen werden unter dem Begriff der sog. Grundpflege zusammengefasst (BSG, a.a.O., Rn. 15). Hinzu kommen nach der Rechtsprechung des BSG jene Verrichtungen, die in den Bereichen der psychischen Erholung, geistigen Anregungen und der Kommunikation (hier insbesondere Sehen, Hören, Sprechen und Fähigkeit zu Interaktionen) anfallen, während Verrichtungen im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung nicht eingeschlossen sind (BSG a.a.O.).
Hinsichtlich des Ausmaßes des Hilfebedarfs in Bezug auf die genannten Verrichtungen kann die tatbestandlich vorausgesetzte „Reihe von Verrichtungen“ regelmäßig erst dann angenommen werden kann, wenn es sich um mindestens drei Verrichtungen handelt, die einen Hilfebedarf in erheblichem Umfang erforderlich machen (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 16 m.w.N.). Die Beurteilung der Erheblichkeit orientiert sich an dem Verhältnis der dem Beschädigten nur noch mit fremder Hilfe möglichen Verrichtungen zu denen, die er auch ohne fremde Hilfe bewältigen kann (BSG a.a.O.) In der Regel wird dabei auf die Zahl der Verrichtungen, den wirtschaftlichen Wert der Hilfe und den zeitlichen Aufwand abzustellen sein (BSG a.a.O.). Mit Blick auf die gesetzlichen Vorgaben in der sozialen Pflegeversicherung (vgl. § 15 SGB XI in der hier zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids vom 03.08.2015 geltenden Fassung) ist die Erheblichkeit des Hilfebedarfs in erster Linie nach dem täglichen Zeitaufwand für erforderliche Betreuungsleistungen zu beurteilen (vgl. BSG a.a.O.).
Gemessen an diesem Maßstab ist nicht hilflos, wer nur in relativ geringem Umfange, täglich etwa eine Stunde, auf fremde Hilfe angewiesen ist (BSG, a.a.O., Rn. 16). Daraus ergibt sich jedoch nicht schon, dass bei einem Überschreiten dieser Mindestgrenze in jedem Fall Hilflosigkeit zu bejahen ist; ein täglicher Zeitaufwand – für sich genommen – ist erst dann hinreichend erheblich an, wenn dieser mindestens zwei Stunden erreicht (vgl. BSG a.a.O.; s.a. BSG Urteil vom 12.02.2003, B 9 SB 1/02 R, juris Rn. 16f). Um den individuellen Verhältnissen Rechnung tragen zu können, ist aber nicht allein auf den zeitlichen Betreuungsaufwand abzustellen; vielmehr kommt auch weiteren Umständen der Hilfeleistung, insbesondere deren wirtschaftlichem Wert, Bedeutung zu; dieser Wert wird wesentlich durch die Zahl und die zeitliche Verteilung der Verrichtungen bestimmt; er ist gerade im Blick auf die Zahl der Verrichtungen bzw. auf eine ungünstige zeitliche Verteilung der Hilfeleistungen von Bedeutung (vgl. BSG Urteil vom 24.11.2005, B 9a SB 1/05 R, juris Rn. 16; BSG Urteil vom 12.02.2003, B 9 SB 1/02 R, juris Rn. 18). So kann Hilflosigkeit auch bereits bei einem täglichen Zeitaufwand für fremde Hilfe zwischen einer und zwei Stunden anzunehmen sein, wenn der wirtschaftliche Wert der erforderlichen Pflege (wegen der Zahl der Verrichtungen bzw. ungünstiger zeitlicher Verteilung der Hilfeleistungen) besonders hoch ist (so BSG Urteil vom 12.02.2003, B 9 SB 1/02 R, juris Rn. 18).
Bereitschaftszeiten können dabei grundsätzlich nur dann berücksichtigt werden, wenn sie zeitlich und örtlich denselben Einsatz erfordern wie körperliche Hilfe (s.a. BSG Urteil vom 12.02.2003, B 9 SB 1/02 R, juris Rn. 20), was voraussetzt, dass eine entsprechende einsatzbereite Anwesenheit und Aufmerksamkeit aus gesundheitlichen Gründen notwendig ist (vgl. BSG a.a.O.).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist das SG überzeugend zu der Auffassung gelangt, dass dem Kläger hier jedenfalls ab dem 24.02.2015 (Zeitpunkt des Entzugs durch den angefochtenen Bescheid) das Merkzeichen H nicht mehr zusteht. Der Senat macht insoweit von der Vorschrift des § 153 Abs. 2 SGG Gebrauch und schließt sich den überzeugenden Ausführungen des SG im Urteil vom 28.10.2016 an.
Ergänzend sei lediglich das Folgende ausgeführt:
Der Kläger hat zur Überzeugung des Senats hier bereits mit der Vollendung des 16. Lebensjahres, d.h. mit Ablauf des 30.05.2014, aber auf jedem Fall ab dem 24.02.2015, d.h. gut 3 Monate vor seinem 18. Geburtstag, ein Alter erreicht, in dem er die Einsicht hatte, auftretende Beschwerden richtig zu erfassen und die notwendigen Medikamente einzunehmen und ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen oder sich zumindest an einen Erwachsenen zur Hilfeleistung hierbei zu wenden. Er hat infolge des Reifungsprozesses ausreichend gelernt, die wegen der AGS mit Salzverlust erforderlichen Maßnahmen selbständig und eigenverantwortlich durchzuführen, die vorher von Hilfspersonen geleistet oder überwacht werden mussten (vgl. dazu auch Teil A Nr. 5 lit e AnlVersMedV). Dass eine Entwicklungsstörung des Klägers dem weiterhin entgegenstünde, ist nicht vorgetragen und nicht erkennbar. Ausweislich des Behandlungsberichts des Klinikums Mutterhaus der B vom 17.08.2013 ist seine kindliche Entwicklungsverzögerung vielmehr als überwunden zu bewerten; die Ärzte haben dort nur noch einen Zustand nach vorübergehender schulischer Teilleistungsschwäche erwähnt.
Der Kläger kann sein Begehren auch nicht analog auf Teil A Nr. 5 d) jj) AnlVersMedV stützen, der vorsieht, dass beim Diabetes mellitus Hilflosigkeit bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres anzunehmen ist. Der noch zuvor bestehende Zusatz „bei fortbestehender instabiler Stoffwechsellage bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres“ ist durch die 2. VersMedVÄndV vom 14.07.2010 (BGBl. I S. 928) mit Wirkung zum 22.07.2010 ersatzlos entfallen. Der Klage ist daher unabhängig davon, ob hier aus Gründen der Gleichbehandlung – mangels Vorgaben in der AnlVersMedV zum Krankheitsbild AGS mit Salzverlust – ein Rückgriff auf die Bestimmungen zur Feststellung der medizinischen Voraussetzungen des Merkzeichens H bei Diabetes mellitus im Kindes- und Jugendalter gerechtfertigt ist (so Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25.05.2016, L 13 SB 87/15, juris Rn. 41 und Urteil vom 03.05.2006, L 9 SB 45/03, juris Rn. 24; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 23.10.2002, L 18 SB 147/97, juris Rn. 22f.) oder ob man mit dem erkennenden Senat (Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.11.2016, L 6 SB 94/16, juris Rn. 34) einen Rückgriff hierauf bei einem AGS mit Salzverlust, wegen der erkrankungsspezifisch unterschiedlichen Behandlung der in Teil A Nr. 5 lit. d AnlVersMedV ausdrücklich genannten Stoffwechselstörungen (Phenylketonurie, Diabetes mellitus und Mukoviszidose) verneint und allein auf den individuellen tatsächlichen Hilfebedarf des Klägers abstellt, nicht begründet.
Das sonstige Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt eine andere Beurteilung ebenfalls nicht. Es sind keine konkreten Umstände dargetan, die dafür sprechen, dass der Kläger, wie behauptet, jederzeit wegen einer drohenden Entgleisung des Kohlenhydratstoffwechsels und des Salz-Wasser-Haushalts in Lebensgefahr schweben würde. Es ist angesichts des wiederholt im Klinikum Mutterhaus der B dokumentierten überaus stabilen Gesundheitszustands des Klägers nichts dafür ersichtlich, dass bereits emotionale Aufregungssituationen, Stress oder die Überschreitung von Belastungsgrenzen, auf die der Kläger keinen Einfluss hat, für das Auslösen einer Stoffwechselentgleisung ausreichen könnten. Beim Kläger besteht nicht die Gefahr regelmäßig auftretender lebensbedrohlicher Situationen.
Das Geschehen am 01.03.2014 begründet die Notwendigkeit einer ständigen Bereitschaft wegen möglicher Entgleisungssituationen mit Todesgefahr nicht. Eine ständige Bereitschaft ist z.B. anzunehmen, wenn Hilfe häufig und plötzlich wegen akuter Lebensgefahr notwendig ist (Teil A Nr. 4 lit. c Satz 4 AnlVersMedV). Ähnlich hat das BSG formuliert, dass Hilflosigkeit auch dann gegeben ist, wenn der Beschädigte wegen der besonderen Art seines Leidens in ständiger Lebensgefahr schwebt, die nur dadurch gebannt werden kann, dass fremde Hilfe jederzeit bereit steht, um gegebenenfalls eingreifen zu können (BSG, Urteil vom 24.04.1963, 11 RV 800/62, juris Rn. 18). Davon kann hier keineswegs ausgegangen werden. Beim Kläger ist es lediglich einmalig, an Karneval 2014, aufgrund eines erheblich erhöhten Alkoholkonsums (2 Promille) zu einer ernsten Stoffwechselentgleisung gekommen. Die Entgleisung hatte ihre Ursache nicht in, vom Kläger nicht zu beeinflussenden, inneren Krankheitsumständen, sondern war ausweislich des Behandlungsberichts des Klinikums Mutterhaus der B vom 05.03.2014 dem Konsum mehrerer Schnäpse geschuldet. Es kann davon ausgegangen werden, dass sich eine solche Situation nicht wiederholt, sondern der Kläger infolge des weiteren Reifungsprozesses und der gemachten Erfahrungen ausreichend gelernt hat, sich nicht mehr durch dergleichen selbstverschuldetes Verhalten in Gefahr zu bringen. Jedenfalls schwebt er nicht „ständig“ im Sinne der Rechtsprechung des BSG in Lebensgefahr und befindet sich auch nicht „häufig und plötzlich“ (vgl. Teil A Nr. 4 lit. c Satz 4 AnlVersMedV) in akuter Lebensgefahr.
Der Kläger hat schließlich keine tatsächlichen oder rechtlichen Umstände vorgetragen oder sonst substantiiert begründet, warum die Entscheidung des BSG vom 24.04.1963, 11 RV 800/62, überholt sein oder hier aus anderen Gründen keine Gültigkeit haben sollte. Wenngleich sie nicht speziell für seltene Stoffwechselstörungen wie das AGS ergangen ist, enthält sie eine leidensunabhängige allgemeingültige Bestimmung des Begriffs der Hilflosigkeit, die zur Überzeugung des Senats unverändert Geltung beansprucht.
Die Berufung des Klägers ist daher zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.