Keine Aufnahme von Beeinträchtigungen, welche der Antragsteller ausdrücklich von der Aufnahme ausgeschlossen haben möchte.
Der Antragsteller kann einzelne vorliegende Befunde von der Feststellung ausnehmen. Die Behörde ist dann daran gebunden. Es erfolgt dann allerdings auch keine Berücksichtigung beim Grad der Behinderung.
Die Versorgungsbehörde darf eine bestimmte Behinderung nicht feststellen, wenn der Behinderte erklärt, er beantrage die Feststellung nicht. Diese Behinderung bleibt dann aber bei der Festsetzung der MdE außer Betracht.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Versorgungsbehörde entgegen der Antragstellung der Klägerin berechtigt war, eine endogene Psychose als Behinderung im Sinne des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) anzuerkennen; außerdem ist die Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) streitig.
Die Versorgungsbehörde stellte auf Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 5. April 1978 mehrfache Behinderungen, so ua eine endogene Psychose fest und bewertete die MdE mit 70 vH. Mit dem dagegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, die endogene Psychose sei zu Unrecht festgestellt worden. Das Landesversorgungsamt wies diesen Widerspruch als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 1979).
Im Klageverfahren verzichtete die Klägerin auf die getroffene Feststellung der Behinderung "endogene Psychose", war aber zur Abgabe einer entsprechenden ausdrücklichen Verzichtserklärung nicht bereit. Das Sozialgericht (SG) hat den Beklagten unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, als weitere Behinderung eine Herzkranzaderdurchblutungsstörung anzuerkennen und die MdE auf 80 vH festzusetzen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Im Berufungsverfahren hat die Klägerin beantragt, das Urteil des SG sowie die Bescheide des Beklagten abzuändern und festzustellen, daß die Behinderung "endogene Psychose" nicht bestünde und die MdE entsprechend neu festzusetzen. Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des SG abgeändert und festgestellt, daß eine Behinderung "endogene Psychose" bei der Klägerin nicht vorliege und die MdE für die übrigen Behinderungen mit 50 vH zu bewerten seien. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei zwar in einer psychiatrischen Klinik behandelt und dort eine paranoide Psychose diagnostiziert worden. Nach dem entsprechenden Bericht habe die Erkrankung sich relativ rasch gebessert. Weitere Behandlungen hätten ein halbes Jahr später und drei Wochen lang im Jahre 1966 stattgefunden. Nach einem ärztlichen Befundbericht sei die Psychose unter Behandlung fünf Jahre lang symptomlos verlaufen. Deshalb erscheine die Feststellung einer "endogenen Psychose" derzeit nicht gerechtfertigt. Das Schreiben des Amtsgerichts Hanau vom 8. September 1980 bestätige dies. Danach sei aufgrund eines ärztlichen Gutachtens eine schwere psychische Erkrankung nicht festgestellt worden. Die verbleibenden Behinderungen bedingten nurmehr eine Gesamt-MdE von 50 vH.
Mit der - vom Senat zugelassenen - Revision rügt die Klägerin die Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Herabsetzung der MdE von 80 auf 50 vH widerstreite dem Grundsatz der "reformatio in peius"; sie habe lediglich die Aberkennung der Behinderung "endogene Psychose" bewirken wollen. Das Urteil des LSG verstoße auch gegen § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 308 Zivilprozeßordnung (ZPO) und den darin enthaltenen Grundsatz "ne ultra petita". Auch gebe das LSG keine Begründung, warum es die MdE von 80 auf 50 vH herabsetze. Darin liege ein Verstoß gegen § 202 SGG iVm § 551 Ziff 7 ZPO wegen mangelnder Begründung. Mit der Herabsetzung der MdE habe das LSG den ihm durch § 128 SGG eingeräumten Ermessensspielraum überschritten.
Die Klägerin beantragt, den Tenor des Berufungsurteils abzuändern und festzustellen, daß eine Behinderung "endogene Psychose" bei der Klägerin nicht vorliegt und die MdE weiterhin mit 80 vH anzusetzen ist.
Der Beklagte beantragt, das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zu verwerfen, hilfsweise, die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Der Beklagte macht mit der Revision geltend, die Berufung der Klägerin sei nach § 3 Abs 6 SchwbG nicht zulässig gewesen, weil es sich um einen sog Gradstreit handele. Auch soweit die Klägerin begehre, die Behinderung "endogene Psychose" abzuerkennen, sei die Berufung nicht zulässig gewesen, weil eine Beschwer durch einen begünstigenden Verwaltungsakt nicht begründet werde. Das Berufungsgericht habe in eigener - nicht belegter - Sachkunde festgestellt, daß keine Psychose, außerdem eine nunmehrige Gesamt-MdE um 50 vH vorliege. Die Behörde sei nach dem Amtsermittlungsgrundsatz verpflichtet, alle Behinderungen, die bei den Ermittlungen festgestellt worden seien, im Bescheid aufzunehmen. Die bewußte Aussonderung einzelner Behinderungen entsprechend der Antragstellung sei der Verwaltung nicht gestattet. Dem verständlichen Interesse des Behinderten, Dritten die Art seiner Behinderung nicht zugänglich zu machen, werde dadurch Rechnung getragen, daß im Ausweis, der allein als Beweismittel im Rechtsverkehr diene, Behinderungen nicht aufgeführt seien. Im übrigen sei ein Verzicht nach § 46 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB 1) auf die ganze Leistung bezogen. Die Klägerin dürfe somit auf die Ausstellung des Ausweises in Gänze verzichten, nicht aber die Ausstellung eines Ausweises mit einer MdE nur um 50 vH anstelle 80 vH beanspruchen.
Die Revision des Beklagten ist nicht begründet. Das LSG hat im Ergebnis zu Recht die angefochtenen Bescheide sowie das Urteil des LSG aufgehoben, als darin eine "endogene Psychose" als Behinderung im Sinne des SchwbG anerkannt bzw bestätigt war; es war dem Berufungsgericht indessen nicht gestattet, festzustellen, daß die fragliche Behinderung tatsächlich nicht besteht. Der Urteilstenor des Berufungsurteils war entsprechend abzuändern. Hingegen ist die Revision der Klägerin insoweit begründet, als das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben und an dieses Gericht zur Feststellung der Gesamt-MdE, die durch den Wegfall der Behinderung "endogene Psychose" erforderlich geworden ist, zurückzuverweisen ist.
Die Zulässigkeit der Berufung der Klägerin, die vom Revisionsgericht von Amts wegen zu überprüfen ist (BSGE 39, 119 = SozR 4100 § 45 Nr 4; BSGE 42, 212, 213 = SozR 1500 § 146 Nr 2), ist entgegen der Rüge des Beklagten nicht etwa deswegen zu verneinen, weil im Berufungsverfahren lediglich die Höhe der MdE und nicht auch die Schwerbehinderteneigenschaft oder die Gleichstellung mit Schwerbehinderten im Streit standen (§ 3 Abs 6 Satz 3 des Gesetzes zur Sicherung der Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft
Dem Begehren der Klägerin, die "endogene Psychose" von der Feststellung der Behinderung auszunehmen, war ohne sachliche Prüfung stattzugeben. Die Klägerin hatte schon im Verwaltungsverfahren den Antrag, bei ihr verschiedene Behinderungen im Sinne des SchwbG anzuerkennen, entsprechend eingeschränkt und diesen Antrag auch im gerichtlichen Verfahren aufrechterhalten. Allein ein solcher Antrag eines Behinderten gibt nach § 3 Abs 1 SchwbG den für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden (Versorgungsbehörden des Beklagten: § 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung -KOVVfG- vom 2. Mai 1955 - BGBl I 202 -/6. Mai 1976 - BGBl I 1169 -, § 85 Abs 1 Nr 1 SGG iVm § 3 des Gesetzes über die Errichtung der Verwaltungsbehörden der KOV vom 12. März 1951 - BGBl I 169 -/24. Juli 1972 - BGBl I 1284 -) die Befugnis, vor dem 1. Januar 1981 in einem Verfahren nach dem KOVVfG (dazu neuerdings Art 2 §§ 16 und 40 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - SGB 10 - vom 18. August 1980 - BGBl I 1469 -) über bestehende Behinderungen und den Grad der darauf beruhenden MdE zu entscheiden. Die Behinderungen sind in einem Bescheid festzustellen, der seiner Rechtsnatur nach ein Verwaltungsakt ist (§ 22 KOVVfG aF; nunmehr § 31 SGB 10). Er bildet, sofern unanfechtbar und aufgrund dessen verbindlich geworden, die Grundlage für den Schwerbehindertenausweis, der auf Antrag des Behinderten auszustellen ist (§ 3 Abs 5 Satz 1 SchwbG). Der Ausweis dient dem Nachweis für die Inanspruchnahme von Rechten und Vergünstigungen, die Schwerbehinderten nach diesem Gesetz oder nach anderen Vorschriften zustehen (§ 3 Abs 5 Satz 2 SchwbG iVm den Richtlinien über Ausweise für Schwerbeschädigte und Schwerbehinderte, Stand Januar 1977; neuerdings gemäß § 1 Abs 1 der Vierten Verordnung zur Durchführung des Schwerbehindertengesetzes - Ausweisverordnung SchwbG - SchwbAwV - vom 15. Mai 1981 - BGBl I 431 - idF der Bekanntmachung vom 3. April 1984 - BGBl I 509 -).
Das LSG war durch die zur Niederschrift abgegebene Erklärung des Beklagten im Berufungsverfahren "... erklärt sich bereit, die 'endogene Psychose' in dem Bescheid vom 5. April 1978 zu streichen..." nicht daran gehindert, über das Ansinnen der Klägerin, die "endogene Psychose" von der Anerkennung als Behinderung auszunehmen, zu entscheiden. Der Beklagte hat nicht zu erkennen gegeben, daß er das Berufungsbegehren der Klägerin rückhaltlos anerkennt (BSGE 24, 4, 5 = SozR Nr 7 zu § 101 SGG), soweit es sich hier um den abtrennbaren Teil der Anerkennung selbst handelt. Eine solche Äußerung, die als "Bescheid" zu werten wäre (Urteil des Senats SozR 1200 § 44 Nr 1), und deshalb in diesem Teilbereich zur Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache hätte führen müssen, liegt nicht vor. Nach der Wortfassung hat der Beklagte lediglich seine Bereitschaft bekunden wollen, in einem sich anschließenden Verwaltungsverfahren einen entsprechenden Bescheid zu erteilen.
Die Klägerin ist grundsätzlich befugt, über den Streitgegenstand iS des § 141 Abs 1 SGG zu verfügen, der sich mit dem Begriff des "erhobenen Anspruchs" iS des § 322 ZPO und des § 123 SGG deckt (BSGE 9, 17, 20). Dem steht nicht entgegen, daß das Gericht nach § 123 SGG nicht "an die Fassung der Anträge gebunden" ist. Diese Vorschrift besagt nicht, daß das Gericht dem Kläger etwas zusprechen darf, was er tatsächlich nicht haben will. Es ist ihm nicht erlaubt, über den klar begrenzten Antrag hinauszugehen (Meyer-Ladewig, SGG, 2. Aufl, § 123 RdNr 3 und 4 mwN). Nichts anderes gilt im Verwaltungsverfahren, das auf Antrag einzuleiten ist. Dem Antrag kommt, wie im gerichtlichen Verfahren der Klage, die entscheidende Funktion zu. Er bewirkt nicht nur, daß das Verwaltungsverfahren in Gang gesetzt wird, sondern bestimmt auch Gegenstand und Ziel des Verfahrens (Kopp, VwVfG, 3. Aufl, § 22 RdNr 10). Nur innerhalb dieses Rahmens, den der Antrag absteckt, ist die Verwaltung zur Aufklärung des Sachverhalts berechtigt und verpflichtet (§ 12 Abs 1 KOVVfG). Entsprechend soll auch der Antrag die begehrte Leistung bezeichnen (§ 7 KOVVfG). Die Nachfolgevorschrift des § 18 SGB 10 will nichts anderes besagen. Danach ist die Durchführung des Verwaltungsverfahrens von einem Antrag abhängig, sofern die Behörde aufgrund von Rechtsvorschriften - hier § 3 Abs 1 SchwbG - tätig werden muß. Der unterschiedlichen Gestaltung des Antrages, der allgemein gehalten sein kann oder sich auf eine konkrete Leistung bezieht, ist Rechnung zu tragen. Allein der dadurch gekennzeichnete Gegenstand des Verwaltungsverfahrens bestimmt den Umfang der Amtsermittlungen (§ 20 SGB 10). Es sind nur solche Tatsachen zu ermitteln, die für die Verwaltungsentscheidung erheblich sind (Schroeder-Printzen/Engelmann/Wiesner/von Wulffen SGB 10, § 20 Anm 3 mwN). Das von der Offizialmaxime geprägte Verwaltungsverfahren eröffnet nicht, wie der Beklagte meint, eine allumfassende Prüfung und Entscheidung. Der Grundsatz "Alles oder Nichts", den der Beklagte zur Rechtfertigung anführen möchte, besteht jedenfalls im Schwerbehindertenrecht nicht. Im übrigen verkennt der Beklagte, daß Einleitung und Ablauf des Verwaltungsverfahrens nicht Selbstzweck ist, sondern durch die unterschiedlichen Verwaltungszwecke bestimmt wird, denen das Verfahren dient (Wolff/Bachof, VerwR III, 4. Aufl, § 156 Rdz 1). Folglich ist das Verwaltungsverfahren nicht isoliert zu sehen, sondern wird von der im Gesetz enthaltenen Zielvorstellung geprägt. Das SchwbG stellt es gerade in das Belieben des Behinderten, ob und in welchem Umfang er von Rechten und Vergünstigungen, die sich aus dem SchwbG oder sonstigen Vorschriften ergeben, Gebrauch machen will. Nicht von ungefähr darf die Versorgungsbehörde nur auf Antrag tätig werden.
Damit im Einklang steht der allgemeine Verwaltungsgrundsatz, daß es in der Regel gestattet ist, auf öffentlich-rechtliche Rechtspositionen zu verzichten. Für das Sozialrecht gilt § 46 SGB 1. Danach kann auf Ansprüche auf Sozialleistungen durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Leistungsträger verzichtet werden, soweit nicht durch diesen Verzicht andere Personen oder Leistungsträger belastet oder Rechtsvorschriften umgangen werden. Die Beschränkung eines Antrages, die dem Verzicht letztendlich in den Folgewirkungen gleichkommt, ist zwar nicht unmittelbar nach dieser Vorschrift zu beurteilen. Sie findet nach dem Wortlaut nur auf Sozialleistungen Anwendung. Die Behörden der Versorgungsverwaltung haben im Schwerbehindertenrecht nicht darüber zu befinden, wie bei ihren sonstigen Aufgaben innerhalb des sozialen Entschädigungsrechts iS der §§ 5 und 24 SGB 1 (zum Begriff der Sozialleistung iS des § 11 SGB 1 vgl BSG SozR 1200 § 44 Nr 9). Die Feststellungen über die Behinderung iS des § 1 Abs 1 SchwbG und die dadurch bedingte MdE nach § 3 Abs 1 SchwbG betreffen den Status des Antragstellers (Urteil des Senats BSGE 52, 168 = SozR 3870 § 3 Nr 13). Gleichwohl können die Grundsätze des § 46 SGB 1 entsprechende Anwendung finden, weil sie mit den Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechtes übereinstimmen.
Danach ist der Verzicht bzw hier die Begrenzung des Antrags nur wirksam, wenn dem Antragsteller die Verfügungsbefugnis zusteht (BVerwG NJW 1982, 840; ua Forsthoff, Lehrbuch des VerwR Bd 1 Allgemeiner Teil, 10. Aufl, S 288) und keine vorzugswürdigen öffentlichen Interessen entgegenstehen (ua Forsthoff aaO S 287; Wolff/Bachof, VerwR I § 43 IV und § 54 I c 2; Wallerath, Allg VerwR, 2. Aufl, § 6 V 5 c). Einseitige Rechte und Vergünstigungen stehen grundsätzlich zur Disposition des Berechtigten. Dies gilt uneingeschränkt für die Feststellung der Behinderung sowie der dadurch bedingten MdE. Es handelt sich hier nicht um einen unteilbaren Status, abgesehen von der Schwerbehinderteneigenschaft als solcher, die bei einer MdE um mindestens 50 vH zuerkannt ist (§ 1 Abs 1 SchwbG).
Es stehen auch überwiegende öffentliche Interessen nicht entgegen. Das SchwbG bezweckt, wie bereits die Gesetzesüberschrift deutlich hervorhebt, die Eingliederung in Arbeit, Beruf und Gesellschaft. Dieser auf Rehabilitation gerichteten Zielvorstellung wird das Gesetz in der Weise gerecht, daß es die globale Feststellung aller gesundheitlichen Erfordernisse ermöglicht, die geeignet sind, rechtliche Erleichterungen zu bewirken (vgl Amtl Begründung BT-Drucks 7/656 S 1 ff). Das Sonderrecht für Schwerbehinderte hat die Aufgabe, die sozialen Benachteiligungen auszugleichen, denen Personen infolge ihres Körperschadens ausgesetzt sind. Dementsprechend hat auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die den Arbeitgebern nach § 4 SchwbG auferlegte Beschäftigungspflicht als mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar erklärt (BVerfGE 57, 139 ff). Das SchwbG ist sonach allein zum Schutz des Behinderten konzipiert. Demzufolge kann weder die Inanspruchnahme von Vergünstigungen noch das gänzliche oder teilweise Absehen davon die Solidargemeinschaft belasten.
Die Rechtsprechung hat schon bisher nur dort, wo der Schutz des Sozialleistungssystems nicht zur Disposition des einzelnen gestellt werden soll (Wannagat, SGB Allgem Teil, Stand Februar 1983, § 46 RdNr 1), einen Verzicht auf Sozialleistungen für rechtswidrig erklärt. Das Bundessozialgericht (BSG) hat demgemäß den Verzicht auf Ersatzzeiten und sonstige Berechnungsfaktoren nicht zugelassen (BSGE 32, 136, 139 = SozR Nr 9 zu Art 2 § 15 ArVNG), ebensowenig den Verzicht auf die Versicherungsbefreiung (BSGE 34, 277, 278 f = SozR Nr 1 zu Art 2 § 1 des 2. RVÄndG vom 23. Dezember 1966) und auf die Vertriebeneneigenschaft (BSGE 43, 41, 42 = SozR 2200 § 1251 Nr 27). Letztere Entscheidung war offenbar von dem Bestreben geleitet, eine mißbräuchliche Handhabung zu Lasten der Versichertengemeinschaft (nunmehr entsprechend § 46 Abs 2 SGB 1) zu unterbinden. Jedoch hat das BSG einen Kriegsbeschädigten, der Schädigungsfolgen nach dem BVG geltend machte, für befugt gehalten, bestimmte Leiden aus seinem Feststellungsbegehren auszuschließen, gleichgültig aus welchen Gründen (BSGE 11, 26, 28). Gleichermaßen bleibt es einem Berechtigten unbenommen, eine niedrigere als tatsächlich bestimmte MdE zu beantragen oder Leistungen aus der Sozialversicherung erst ab einem späteren Zeitpunkt als gesetzlich zugestanden zu beantragen oder gar eine niedrigere Rente - Berufsunfähigkeitsrente anstatt Erwerbsunfähigkeitsrente - in Anspruch zu nehmen (Hennig/Danckwerts/König, SGG, Stand Juli 1986 § 123 Anm 3). Im Schwerbehindertenrecht kann die Rechtslage nicht anders sein. Die Beschränkung des Antrages wäre nur bei einer mißbräuchlichen Handhabung analog § 46 Abs 2 SGB 1 unbeachtlich. Davon kann keine Rede sein.
Ebensowenig läßt sich aus der Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Art 20 Abs 3 GG; vgl ua BVerwG NJW 1961 S 1130) ableiten, die Behörde habe auch bei entgegenstehendem Antrag alle festgestellten Vergünstigungen anzuerkennen. Die unanfechtbare Feststellung der Versorgungsbehörde, die die Behinderungen, die daraus resultierende MdE sowie die weiteren gesundheitlichen Merkmale erfaßt, bildet die Grundlage für den Schwerbehindertenausweis (§ 3 Abs 5 Satz 1 SchwbG). Er ist, wie auf der Rückseite des Schwerbehindertenausweises ua abgedruckt (vgl § 1 Abs 1 SchwbAwV und das in der Anlage zu dieser Verordnung abgedruckte Muster 1), "amtlicher Nachweis für die Eigenschaft als Schwerbehinderter, den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit, die auf ihm eingetragenen weiteren gesundheitlichen Merkmale und die Zugehörigkeit zu Sondergruppen". Damit ist nur kenntlich gemacht, daß die Versorgungsbehörde diese Feststellungen getroffen hat. Der Beweis der Vollständigkeit soll dadurch nicht erbracht werden. Folgerichtig hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) die Beweiskraft des Schwerbehindertenausweises als einer hierüber ausgestellten Urkunde dem § 417 ZPO zugeordnet (BVerwG DÖV 1983 S 509 ff). Nach dieser Vorschrift begründet die öffentliche Urkunde den vollen Beweis ihres Inhalts und nicht auch den vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen, wie in § 418 Abs 1 ZPO normiert.
Die einschränkende Inanspruchnahme von Rechten und Pflichten mag sich auf die arbeitsvertraglichen Beziehungen zwischen Schwerbehinderten und Arbeitgeber auswirken, berührt aber deren Wirksamkeit nicht. Zwar kann der Arbeitnehmer nicht von vornherein auf seine Schwerbehindertenrechte (Kündigungsschutz § 12 SchwbG, vierwöchige Kündigungsfrist § 13 SchwbG, Zusatzurlaub § 44 SchwbG) verzichten. Es handelt sich hierbei um unabdingbare Ansprüche des Schwerbehinderten (Wilrodt/Neumann, Schwerbehindertengesetz 6. Aufl, § 4 Rdz 12). Hingegen ist ein nachträglicher Verzicht auf den Kündigungsschutz bei Eintritt des Kündigungsfalles zulässig (Gröninger aaO § 12 Anm 4a). Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) entfällt der Kündigungsschutz, falls der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber nicht spätestens binnen eines Monats nach Zugang der Kündigung mitteilt, daß er als Schwerbehinderter anerkannt oder er einen entsprechenden Antrag bei der Versorgungsbehörde gestellt hat, es sei denn, die Schwerbehinderteneigenschaft ist offenkundig oder dem Arbeitgeber auf andere Weise zur Kenntnis gelangt (BAG AP Nr 26 zu § 123 BGB; Wilderoth/Neumann aaO § 3 Rdz 42 mwN; Gröninger aaO, § 3 Anm 9d bb mwN). Eine allgemeine Pflicht des Arbeitnehmers, die Schwerbehinderteneigenschaft dem Arbeitgeber gegenüber zu offenbaren, besteht nach der Rechtsprechung des BAG ersichtlich nicht. Das BAG hat die Zulässigkeit der Frage nach der Schwerbehinderteneigenschaft und die Verpflichtung zur wahrheitsgemäßen Antwort bejaht (BAG AP Nr 19 zu § 123 BGB). Die unrichtige Beantwortung der Frage nach einzelnen Behinderungen kann zur Anfechtung des Arbeitsvertrags wegen arglistiger Täuschung führen, sofern es bei dem zu besetzenden Arbeitsplatz auf ein bestimmtes Leistungsvermögen, das der Arbeitnehmer nicht besitzt, ankommt (BAG, Behindertenrecht 1985, 88 = BB 1985, 2106). Davon abgesehen, dürfte ein Verschweigen keine nachteiligen arbeitsvertragsrechtlichen Konsequenzen nach sich ziehen. Eine Offenbarungspflicht erwächst dem Schwerbehinderten auch nicht daraus, daß der Arbeitgeber seiner öffentlich-rechtlichen Pflicht zur Beschäftigung von Schwerbehinderten zu genügen hat (§§ 4 und 7 SchwbG), um damit eine Ausgleichsabgabe zu vermeiden (§ 8 SchwbG). Falls der Schwerbehinderte nicht als solcher oder mit einem geringeren Grad der MdE als tatsächlich bestehend anerkannt ist, belastet dies den Arbeitgeber nicht unzumutbar. Dies gilt auch für das gesetzliche Erfordernis des Mindestanteils an Arbeitnehmern mit einer MdE um 80 vH (§ 5 Nr 1 und 3 SchwbG) sowie für Mehrfachanrechnungen von Schwerbehinderten (§ 4 Abs 2, § 7 Abs 6 SchwbG).
Der Wegfall der Behinderung "endogene Psychose" aus der bisherigen verwaltungsmäßigen Feststellung hat zur Folge, daß auch die entsprechende Festsetzung der MdE außer Betracht bleibt. Dies macht es notwendig, die Gesamt-MdE in bezug auf die noch verbleibenden Behinderungen neu festzulegen. Dies hat das LSG getan, allerdings in verfahrensrechtlich nicht zulässiger Weise. Es hat die MdE von 80 auf 50 vH herabgesetzt, ohne auch nur im Ansatz eine Begründung dafür zu geben. Diesen absoluten Revisionsgrund (§ 202 SGG iVm § 551 Ziff 7 ZPO) hat die Klägerin zutreffend gerügt. Das Berufungsgericht hat nicht bedacht, daß die MdE im Bereich des Schwerbehindertenrechts "entsprechend § 30 Abs 1 BVG" nach dem Ausmaß aller körperlichen, seelischen und geistigen Behinderungen unabhängig von ihrer Ursache zu bemessen ist. Der Funktionsausfall der einzelnen Behinderungen und deren Zusammenwirken sowie die sich daraus ergebende funktionale Gesamtschau sind ein maßgebliches Kriterium der Bewertung (Urteil des Senats SozR 3870 § 3 Nr 4).
Dem Rügerecht der Klägerin steht nicht entgegen, daß sie im Berufungsverfahren nicht nur den Wegfall der anerkannten Behinderung "endogene Psychose" beantragt hat, sondern auch eine "entsprechende" Festsetzung der MdE. Damit hat die Klägerin selbst zum Ausdruck gebracht, daß sie mit einer Herabsetzung der MdE rechnet. Die Herabsetzung der MdE bedeutet keine Verletzung des Verbots der "reformatio in peius". Die Antragstellung der Klägerin schließt aber nicht aus, daß sie eine verfahrensfehlerhafte Handhabung bei der richterlichen Entscheidungsfindung rügen kann.
Im übrigen ergeben sich aus dem Berufungsurteil keinerlei Anhaltspunkte, daß das Berufungsgericht zur Würdigung medizinischer Sachverhalte befugt gewesen ist. So sind keine Hinweise enthalten, daß dem LSG Richter angehört hätten, die über die medizinische Sachkunde verfügen oder welche anderen Gründe es gerechtfertigt hätten, die ungeklärten medizinischen Fachfragen selbst sachverständig zu beantworten (BSG SozR Nr 33 zu § 103 SGG; Nr 64 zu § 128 SGG). Das wird bei den noch anzustellenden Ermittlungen zu beachten sein.
Nach alledem wird das Berufungsgericht die fehlenden Feststellungen nachzuholen haben (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
Das Berufungsgericht hat auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden.