Aus einem Einzelgrad der Behinderung von 20 für einen Wirbelsäulenschaden, einem weiteren Einzelgrad der Behinderung von 20 für Fußdeformitäten sowie einem dritten Einzelgrad der Behinderung von 20 für eine seelische Störung kann ein Gesamt-Grad der Behinderung von 40 gebildet werden.
Streitig ist, ob der Klägerin ab März 2000 die Schwerbehinderteneigenschaft zuzuerkennen ist.
Die 1946 geborene und als Sozialversicherungsfachangestellte tätig gewesene Klägerin war von 1992 bis 2002 für eine Tätigkeit als Betriebsratsvorsitzende und zugleich Mitglied des Hauptbetriebsrats ihres Arbeitgebers, der Bundesknappschaft, freigestellt. Sie bezieht seit dem 01. April 2004 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung von der Bundesknappschaft.
Die Klägerin stellte am 22. März 2000 bei dem Beklagten einen Antrag nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) zur Durchführung des Feststellungsverfahrens und auf Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises. Sie gab an, an einem eingeschränkten Lungenvolumen, einer Alkoholkrankheit und seither bestehenden psychischen Störungen wie Kopfschmerzen bzw. Migräne, Problemen der Fußgelenke und der Lendenwirbelsäule, einer Fehlstellung im Nackenbereich, Problemen im Zehenbereich und einem gebrochenem Steiß zu leiden.
Der Beklagte zog ärztliche Auskünfte des Facharztes für Allgemeinmedizin Dipl. Med. S. vom 03. April 2000 und 12. Mai 2000 bei, der eine Alkoholkrankheit, ein Zervikal- und Lumbalsyndrom bei degenerativen Veränderungen, eine Skoliose und chronische Bronchitis sowie einen Zustand nach Bandscheibenoperation rechts und Hammerzehen 2. bis 4. Zeh links sowie 2. und 3. Zeh rechts bestätigte, jedoch ausführte, Lungenfunktionsprüfungen lägen nicht vor, da die Luftnot nur bei akuter Erkrankung an Bronchitis bestehe. Der Beklagte stellte mit Bescheid vom 26. Juni 2000 einen Grad der Behinderung (GdB) von 30 wegen einer Funktionsminderung der Wirbelsäule (Einzel-GdB 20) und Fußdeformitäten (Einzel-GdB 20) fest. Die Lungenfunktionsstörung und die psychische Abhängigkeit verursachten keinen GdB von wenigstens 10. Den dagegen eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin damit, der Beklagte habe ihre Leiden nicht vollständig erfasst. Die Auswirkungen der verschiedenen gesundheitlichen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen stellten eine weit größere Beeinträchtigung ihrer möglichen Arbeitsleistung sowie ihrer gesamten Lebensqualität gesunden Menschen gegenüber dar als bisher berücksichtigt worden sei.
Der Beklagte zog daraufhin weitere ärztliche Auskünfte bei, die am 15. Dezember 2000 von dem Facharzt für Orthopädie Dipl. Med. K und am 08. Januar 2001 von Dipl. Med. S erteilt wurden. Die Berichte wurden von der Internistin Dr. B und dem Chirurgen und Sozialmediziner Dr. J für den Beklagten ausgewertet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2001 wies der Beklagte dann, der Empfehlung der beratenden Ärzte folgend, den Widerspruch als unbegründet zurück.
Mit der dagegen bei dem Sozialgericht Cottbus erhobenen Klage hat die Klägerin die Anerkennung eines GdB von mindestens 50 begehrt. Gemeinsam mit ihren behandelnden Ärzten gehe sie davon aus, dass ihre gesundheitlichen Einschränkungen einen höheren GdB als 30 bedingten.
Zur Ermittlung des Sachverhalts hat das Sozialgericht zunächst Befundberichte von dem Facharzt für Psychotherapeutische Medizin - Psychoanalyse - Dr. K vom 22. Oktober 2001, der die Klägerin seit 23. Juli 2001 behandelte und eine deutliche Besserung der von ihm erhobenen Befunde feststellte, dem Orthopäden Dr. B vom 30. Oktober 2001 und von Dipl. Med. S vom 16. November 2001 sowie den Heilverfahrensentlassungsbericht vom 27. Oktober 2001 beigezogen.
Dann hat das Sozialgericht Dr. D, Chefarzt der Neurologischen Klinik der L. Klinik, mit der Untersuchung und Begutachtung der Klägerin beauftragt. In seinem Gutachten vom 16. April 2002 hat der Sachverständige festgestellt, die Klägerin leide an:
- Funktionsstörungen der Hals- und Lendenwirbelsäule bei Fehlstellung und leichten degenerativen Veränderungen als lumbosakrales- und zervikales-Schmerzsyndrom – Einzel-GdB 20 – - Fußdeformitäten beiderseits mit schmerzhafter Funktionsstörung - Einzel-GdB 20 - - multifaktoriellem Kopfschmerzsyndrom, Mischbild aus Spannungskopfschmerz und zervikokranialem Syndrom - Einzel-GdB 10 - - chronischer Alkoholismus mit psychischen Folgephänomenen, seit ca. 10 Jahren völlig abstinent - Einzel-GdB 0 - - psychischen Störungen in Form eines reaktiv depressiven Syndroms, die im einmaligen Gespräch nicht sicher verifizierbar seien, da allenfalls zum jetzigen Zeitpunkt blande ausgeprägt - Einzel-GdB 20 –
Insgesamt erscheine eine Bewertung des GdB mit 40 als angemessen. Der beschriebene Zustand bestehe seit März 2000.
Durch Urteil vom 23. Januar 2003 hat das Sozialgericht den Beklagten unter Abänderung der streitgegenständlichen Bescheide verurteilt, bei der Klägerin ab März 2000 einen GdB von 40 festzustellen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen seien die Gesundheitsstörungen der Klägerin mit einem GdB von 40 zu bewerten. Die klinisch-neurologische Untersuchung durch den gerichtlichen Sachverständigen Dr. D habe einen insgesamt völlig regelgerechten Befund ergeben. Die bei der Klägerin bestehenden Funktionsstörungen der Hals- und Lendenwirbelsäule bei Fehlstellung und leichten degenerativen Veränderungen und daraus resultierenden Schmerzen seien aber entgegen der Einschätzung durch Dr. D mit einem GdB von 30 zu bewerten, weil nach den Anhaltspunkten (AHP) Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten mit einem GdB von 30 bis 40 zu bewerten seien. Hier sei ein GdB von 30 ausreichend, weil die funktionellen Auswirkungen nur als mittelgradig zu bezeichnen seien. Die Fußdeformitäten beidseits mit schmerzhafter Funktionseinschränkung bedingten nach den AHP einen GdB von 20, denn sie seien als Fußdeformitäten stärkeren Grades zu bewerten. Die seit mehr als 10 Jahren überwundene Alkoholkrankheit mit psychischen Folgephänomenen bedinge nach den AHP keinen GdB. Für das multifaktorielle Kopfschmerzsyndrom ergebe sich nach den AHP ein GdB von 10, denn nach den AHP verursache eine echte Migräne in leichter Verlaufsform (Anfälle durchschnittlich einmal im Monat) einen GdB von 0 bis 10. Hier ergebe sich bereits aus dem Kopfschmerzkalender, dass bei der Klägerin insgesamt sechs Migräneanfälle zu verzeichnen gewesen seien, so dass die oben genannte Bewertung zutreffend sei. Auch die psychischen Störungen der Klägerin seien entsprechend den AHP allenfalls als geringgradig und deshalb mit einem GdB von 0-20 einzuschätzen. Nach den Feststellungen von Dr. D komme es zu einer leichten Überschneidung des lumboischialgieformen Schmerzsyndroms mit den Fußdeformitäten, so dass hieraus ein Gesamt GdB von 40 resultiere.
Gegen das am 28. Februar 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 28. März 2003 eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie geltend macht, das Gutachten von Dr. D sei auf der Grundlage einer unzureichenden Untersuchung entstanden und daher teilweise unzutreffend und nicht ihren Beeinträchtigungen gerecht werdend. Dies führt die Klägerin im Einzelnen aus.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 23. Januar 2003 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 26. Juni 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Juni 2001 zu verurteilen, bei ihr einen Grad der Behinderung von 50 ab März 2000 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat zunächst Befundberichte von dem Orthopäden Dr. B vom 04. Februar 2003 über eine Behandlung von Januar bis September 2001, von Dr. K vom 10. Februar 2004 über die Behandlung von Juli 2001 bis Juli 2002 mit der Diagnose eines leichten depressiven Syndroms und einer Alkoholkrankheit, von Dipl. Med. S vom 06. Februar 2004 und von Dipl. Med. K vom 13. Februar 2004 eingeholt. In einer Stellungnahme vom 27. Mai 2004 hat sich Dr. D zu den von der Klägerin erhobenen Einwänden geäußert. Abschließend ist er bei seiner bisherigen Bewertung geblieben. Der Senat hat außerdem die medizinischen Unterlagen aus dem Verfahren auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung beigezogen, unter anderem das Gutachten von Dr. A-S vom Sozialmedizinischen Dienst der Bundesknappschaft vom 04. Juni 2004. Dieser hat wegen einer überstandenen Alkoholkrankheit, eines depressiven Syndroms mit zwanghaft narzisstischer Persönlichkeit, erheblicher Funktionsbeeinträchtigung der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule bei Fehlhaltung und degenerativen Veränderungen sowie ausgeprägten Senk-, Spreiz- und Knickfüßen beiderseits mit Zustand nach Korrekturoperation und fortbestehenden statischen Beschwerden die Klägerin nur noch für fähig gehalten, eine berufliche Tätigkeit von unter drei Stunden auszuüben.
Dann hat der Senat Dr. S, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des C-T-Klinikums, mit der Untersuchung und Begutachtung der Klägerin und der Einholung eines Zusatzgutachtens durch den Orthopäden Dr. L, Chefarzt der Orthopädischen Klinik des C-T-Klinikums, beauftragt.
In seinem Zusatzgutachten vom 15. August 2005 ist Dr. L aufgrund seiner Untersuchung am 11. August 2005 zu dem Ergebnis gekommen, bei der Klägerin bestehe ein rezidivierendes zervikales Schmerzsyndrom mit leichter Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule, ein thorakolumbales rezidivierendes Schmerzsyndrom mit leichter Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule, eine beginnende Gonarthrose und Retropartellararthrose mit leichter Funktionseinschränkung des linken Kniegelenks und leichter Gangstörung, Einzel-GdB jeweils 10, sowie ein Hallux valgus rechts mehr als links mit einer Funktionseinschränkung des Großzehengrundgelenks rechts mehr als links, der mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten sei. Die Funktionsminderung der Wirbelsäule und die Fußdeformitäten seien mit einem GdB von jeweils 20 einzuschätzen. Der Gesamt-GdB werde aufgrund der zusätzlich vorhandenen Kniegelenkserkrankungen links auf insgesamt 40 erhöht.
Dr. S/Dr. H ist in dem Gutachten vom 09. Juli 2005 (Untersuchung am 02. Juni 2005) zu der abschließenden Beurteilung gelangt, die Klägerin leide an
- einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit depressiver und narzisstischer Betonung und anankastischen Zügen und Somatisierungstendenzen - Einzel-GdB 50 - - Alkoholabhängigkeit, seit 1987 abstinent, ohne spezifische Organfolgeschäden und ohne eindeutige suchtspezifische Persönlichkeitsveränderungen - Einzel GdB 5 -.
Der Gesamt GdB betrage unter Berücksichtigung der orthopädischen Behinderungen mit einem GdB von 40 und der dadurch bedingten wechselseitigen Verstärkungen, insbesondere der Schmerzsymptomatik, 60.
Die nervenärztliche Gesamtheit der Behinderungen werde aus heutiger Sicht mit einem GdB von 50 eingeschätzt, denn der weitere biografische Verlauf, einschließlich der wiederholten Psychotherapieabbrüche, würden im Fall der Klägerin auf die Schwere der Persönlichkeitsstörung hinweisen. Die angegebenen Kopfschmerzen erfüllten nicht die Kriterien einer Migräne.
Der Auffassung des gerichtlichen Sachverständigen hat sich der Beklagte nicht anzuschließen vermocht. Er hat sich auf eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W vom 03. November 2005 berufen, die ausgeführt hat, anhand der erhobenen Befundfakten könne der vorgeschlagene GdB von 50 entsprechend den AHP nicht nachvollzogen werden. Mit den verschiedenen Einschränkungen (anamnestisch: Schlafstörung, Magenprobleme, Kopfschmerzen; im psychischen Befund: Stimmung ausgeglichen bei ausgeprägter somatischer Fixierung auf verschiedene Organsysteme; im klinischen Gespräch: ausreichend aufmerksam und konzentriert, kein Anhalt für Wahrnehmungs- oder Ich-Störungen, Gedankengang geordnet) lägen aus versorgungsärztlicher Sicht stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vor, die auch weiterhin mit einem GdB von 30 zu bewerten seien. Die Bewertung der seit 1987 abstinenten Alkoholabhängigkeit mit einem Einzel-GdB von 5, wie durch den Sachverständigen geschehen, orientiere sich nicht an den maßgebenden AHP, denn ohne spezifische Organfolgeschäden oder ohne eindeutige spezifische Persönlichkeitsveränderungen sei die Erkrankung nicht GdB-wirksam. Die Kopfschmerzsymptomatik werde von den Sachverständigen nicht mit einem GdB bewertet. Versorgungsärztlich werde jedoch vorgeschlagen, in Würdigung der wiederholt auftretenden Kopfschmerzen den GdB bei 10 zu belassen. Zusammenfassend könnten die bestehenden Behinderungen keinen GdB von 50 begründen.
Zu dem Einwand der Versorgungsärztin, es sei nicht nachvollziehbar, den orthopädischen GdB aufgrund des Hinzukommens der Kniegelenkserkrankung auf 40 zu erhöhen, hat Dr. L in seiner Stellungnahme vom 13. Januar 2006 ausgeführt, aus seiner Sicht lasse sich die Kniegelenkserkrankung mit einem Einzel-GdB von 10 addieren, so dass sich der GdB insgesamt auf 40 erhöhe. In der Stellungnahme vom 08. März 2006 hat Dr. S/Dr. H ausgeführt, wegen der geschilderten Kopfschmerzsymptomatik sei kein Einzel-GdB vorgeschlagen worden, da es sich nicht um eine isolierte Erkrankung handele. Sie sei im Zusammenhang mit der psychischen Symptomatik Ausdruck einer Somatisierungsstörung. Eine typische und den Alltag stärker beeinträchtigende Migränesymptomatik werde eindeutig als nicht vorherrschend geschildert. Die Kopfschmerzsymptomatik sei daher unter die neurotische Störung mit Somatisierungstendenzen zu subsumieren. Einer Bewertung dieser Erkrankung mit einem GdB von 30 sei jedoch zu widersprechen, da aufgrund der Somatisierungstendenzen die Gefühlswahrnehmungen der Klägerin sicher verzerrt seien und Stimmungen über somatische Symptome ausgedrückt würden. Man könne auch von einer so genannten lavierten Depression sprechen. Die Versorgungsärztin Dr. W berücksichtige in ihrer Gesamteinschätzung nicht ausreichend die langwierige Leidengeschichte mit wiederholt fehlgeschlagenen Therapieversuchen und Dekompensationen unter bestimmten Belastungssituationen. Dies führe zu einer wesentlich stärkeren Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit.
Der Beklagte hat auch diese Stellungnahme kritisiert und sich dazu auf eine weitere Stellungnahme von Dr. W vom 12. April 2006 bezogen.
Bereits am 17. Oktober 2005 ist bei der Klägerin eine Arthroskopie des linken Kniegelenks durchgeführt worden. Der Eingriff ergab eine Meniskusläsion links medial und eine Chondropathie medialer und lateraler Femur III. Grades (OP-Bericht vom 17. Oktober 2005). Vom 09. bis 26. März 2006 befand sich die Klägerin in stationärer Behandlung des C-T-Klinikums wegen einer massiven Lumbalgie bei Zustand nach Sturz auf den Rücken am 01. März 2006. Als eine Nebendiagnose ist eine manifeste Osteoporose bezeichnet worden. Durch MRT vom 09. März 2006 ist eine Höhenminderung des ersten Lendenwirbelkörpers durch eine frische deckplattennahe Stauchungsfraktur mit bandförmigem Knochenmarködem und paravertebralem Weichteilödem festgestellt worden (Entlassungsbericht vom 23. März 2006).
Zur Abklärung der psychiatrischen Erkrankungen hat der Senat ein weiteres Gutachten veranlasst, das am 19. September 2006 von dem Arzt für Psychiatrie, Psychotherapie Dr. B erstattet worden und in dem er zu dem Ergebnis gelangt ist, die Klägerin leide an:
- degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule in ihren verschiedenen Abschnitten Einzel-GdB 20 - einer beidseitigen Fußdeformität nach jeweils zweimaliger Operation eines Hallux valgus Einzel-GdB 20 - einer beginnenden Gonarthrose mit Meniskusläsion und Chondropathie Einzel-GdB 10 - einer manifesten Osteoporose - einer Anpassungsstörung mit gemischter Störung von Gefühlen und Sozialverhalten und einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung Einzel-GdB 20 - einer Alkoholabhängigkeit und schädlichem Gebrauch von Opioiden Einzel-GdB 10
Für den Stütz- und Bewegungsapparat sei ein GdB von 40 zu bilden, wobei die Osteoporose in der Gesamtbeurteilung im Sinne einer Härtung des GdB von 20 für die Wirbelsäule zu bedenken sei. Der Gesamt-GdB betrage deshalb ab 01. März 2006 50.
Wie sich aus dem Entlassungsbericht vom 23. März 2006 ergebe, habe die Klägerin bei manifester Osteoporose nach Sturz eine Deckplattenstauchungsfraktur des ersten Lendenwirbelkörpers erlitten. Zwar resultiere hieraus nur eine mäßige Höhenminderung des Wirbelkörpers, es bestehe jedoch eine Mitbeteiligung der Wirbelkörperhinterkante, die den Wirbelkanal - wenn auch ohne bedeutsame Raumforderung und folglich Einengung des Spinalkanals - knöchern begrenze. Als entscheidend werde jedoch die Einschränkung von Kompensationsmöglichen angesichts der - durch Wirbelkörperfraktur ohne adäquates Trauma - manifest gewordene Osteoporose gesehen. Unter Berücksichtigung eines weiteren Einzel-GdB von 20 wegen Behinderungen durch die Fußdeformitäten und eines Einzel-GdB von 10 wegen einer beginnenden Gonarthrose könne in Anlehnung an das Gutachten des Orthopäden Dr. L dafür zusammengefasst ein Gesamt-GdB von 40 zugrunde gelegt werden.
Die geklagte chronische Bronchitis stelle keine Behinderung dar, da sie ohne klinischen Befund sei. Die Vitalkapazität könne durch das verdrängende Übergewicht eingeschränkt sein.
Außerdem bestehe bei der Klägerin eine seelische Störung, die zu unterscheiden sei in eine Anpassungsstörung und in eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung und die mit einem GdB von 20 einzuschätzen sei. Die Klägerin sei in ihrer Persönlichkeit zwar akzentuiert, dadurch aber nicht wesentlich behindert, sondern eher überdurchschnittlich durchsetzungsfähig. Ein erheblicher psychischer Leidensdruck müsse mit einer Persönlichkeitsstörung nicht verbunden sein. Aufgrund früher Wurzeln der benannten Störung sei einzuräumen, dass die Annahme einer Persönlichkeitsstörung auch vertretbar erscheine, sicher allerdings nicht in der von Dr. S angenommenen Ausprägung, wie sie in der Zumessung eines GdB von 50 zum Ausdruck gebracht sei. Aus seinem eigenen psychopathologischen Befund sei eine derart behindernde Störung auch nicht annähernd abzuleiten.
Letztlich seien die Alkoholabhängigkeit und der schädliche Gebrauch von Opioiden als Substanzabhängigkeit mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten. Der Gesamt-GdB sei bis Ende Februar 2006 mit 40 richtig bemessen. Ab 01. März 2006 sei der GdB mit 50 neu zu bestimmen. Die degenerativen Veränderungen des Stütz- und Bewegungsapparates entwickelten sich langsam progredient. Er selbst könne insoweit keinen genau datierbaren und tendenzwendenden Befund erkennen. Psychopathologisch sei seit März 2000 keine Veränderung des Behinderungsgrades anzunehmen.
Der Beklagte hat sich den gutachterlichen Ausführungen von Dr. B nicht in vollem Umfang anzuschließen vermocht. In ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 23. November 2006 hat Dr. W ausgeführt, der für den Bereich der Psyche erstellten Beurteilung, die sehr ausführlich und differenziert sei, sei aus versorgungsrechtlicher Sicht zu folgen. Übereinstimmung bestehe auch mit der Einschätzung des Sachverständigen, dass ein eigenständiger GdB für die beklagte Kopfschmerzsymptomatik nicht begründet sei. Der von Dr. B zur Behinderungsanerkennung vorgeschlagene schädliche Gebrauch von Opiaten mit einem Einzel-GdB vom 10 liege im gutachterlichen Ermessensspielraum. Nach den maßgebenden AHP bedinge der Zustand nach Alkoholkrankheit aber keinen GdB von wenigstens 10.
Hinsichtlich des orthopädischen Beschwerdekomplexes rechtfertige die bestätigte manifeste Osteoporose nicht die Anhebung des Gesamt-GdB für die orthopädischen Leiden. Angesichts der vorliegenden Befunde könne die Funktionsbehinderung in einem Wirbelsäulenabschnitt (Lendenwirbelsäule) auch und insbesondere bei Würdigung der Schmerzsymptomatik nicht höher als mit einem GdB von 20 bewertet werden. Der Gesamt-GdB werde deshalb weiterhin mit 40 eingeschätzt.
Auch die Klägerin hat dem Gutachten von Dr. B nicht zu folgen vermocht, insbesondere bemängelt sie, dass bei ihr nicht jede Behinderung einzeln bewertet worden sei. Sie verweist außerdem darauf, dass nach den Ausführungen des Sozialgerichts die Wirbelsäulensyndrome mit einem GdB von 30 zu bewerten seien, da mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten mindestens in dieser Höhe zu bewerten seien. Zusammen mit den Funktionsstörungen durch die Fußfehlform mit einem GdB von 20 und der Berücksichtigung der Steißbeinproblematik ergebe sich bereits daraus ein Gesamt-GdB von 50. Außerdem sei schon in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 11. November 2004 für die Kopfschmerzproblematik ein GdB von 10 und für die psychischen Störungen ein GdB von 30 angesetzt worden. Insgesamt sei sie der Meinung, dass der GdB seit Antragstellung mindestens 50 betrage.
Wegen der von der Klägerin erhobenen Einwände hat der Senat eine Stellungnahme von Dr. B vom 20. Februar 2007 veranlasst, auf die wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird. Die Klägerin hat auch dazu weitere Einwendungen erhoben und auch der Beklagte hat eine weitere versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W vom 26. März 2007 vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig aber unbegründet. Ihr steht, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, ein GdB von 50 und damit die Schwerbehinderteneigenschaft (§ 1 SchwbG bzw. § 2 Abs. 2 des ab 01. Juli 2001 geltenden Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - SGB IX -) nicht zu. Randnummer42 Der Senat ist nach Auswertung aller medizinischen Unterlagen, insbesondere der gerichtlichen Gutachten des Neurologen Dr. D 16. April 2002, des Orthopäden Dr. L 15. August 2005 nebst ergänzender Stellungnahme vom 13. Januar 2006, des Psychiaters Dr. S vom 09. Juli 2005 nebst ergänzender Stellungnahme vom 08. März 2006 und des Psychiaters Dr. B vom 19. September 2006 nebst ergänzender Stellungnahme vom 20. Februar 2007, zu der Überzeugung gelangt, dass bei der Klägerin zwar Behinderungen vorliegen, die durch sie bedingten Funktionsstörungen jedoch nicht so schwerwiegend sind, dass sie die Feststellung eines GdB von 50 rechtfertigen, denn ein Gesamt-GdB von 50 kann beispielsweise nur angenommen werden, wenn die Gesamtauswirkung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen so erheblich ist wie etwa beim Verlust einer Hand oder eines Beins im Unterschenkel, bei einer vollständigen Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule, bei Herz-Kreislauf-Schäden oder Einschränkungen der Lungenfunktion mit nachgewiesener Leistungsbeeinträchtigung bei bereits leichter Belastung (vgl. Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz 1996 - AHP 1996 - bzw. Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil II SGB IX) 2004 und 2005 - AHP 2004/2005 - Nr. 19 Abs. 2). Randnummer43 Nach allen gutachterlichen Feststellungen, die im Wesentlichen mit den durch die behandelnden Ärzte und in dem Heilverfahrensentlassungsbericht mitgeteilten medizinischen Befunden übereinstimmen, leidet die Klägerin an Beschwerden der Hals- und Lendenwirbelsäule sowie an Fußdeformitäten rechts mehr als links wegen Spreizfüßen und bereits mehrfach operiertem Hallux valgus. Randnummer44 Dr. L hat in seinem Gutachten ein rezidivierendes cervikales Schmerzsyndrom mit leichter Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule, Steilstellung der Halswirbelsäule mit mittelgradiger Spondylosis deformans und Bandscheibendegeneration der unteren Halswirbelsäule festgestellt. Für den Bereich der Lendenwirbelsäule hat er den Befund eines thorakolumbalen rezidivierenden Schmerzsyndroms bei Rundrücken, leichter S-förmiger thorakolumbaler Skoliose, asymmetrischem lumbosacralem Übergangswirbel und beginnender Bandscheibendegeneration und Spondylosis deformans der Lendenwirbelsäule bei leichter Funktionseinschränkung ohne Radikulärsyndrom (Wurzelreizsyndrom) erhoben. Auch die Sachverständigen Dr. D und Dr. B haben in ihren Gutachten einen völlig regelrechten neurologischen Befund erhoben. Randnummer45 Die Funktionseinschränkungen in diesem Bereich, auf die es bei der Einschätzung des GdB maßgebend ankommt, da die angegebenen GdB-Werte die üblicherweise mit den Erkrankungen einhergehenden Schmerzen mit einschließen und auch erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände berücksichtigen (so AHP Nr. 18 Abs. 8), sind nur als gering zu bezeichnen, denn die von Dr. L nach der Neutral-Null-Methode erhobenen Bewegungsausmaße weichen nur geringfügig von den Normalwerten ab, Verformungen oder eine Instabilität sind nicht festgestellt worden. Verglichen mit den erstmals im Heilverfahrensentlassungsbericht vom 27. Oktober 2001 angegebenen Werten sind keine nennenswerten Veränderungen feststellbar. Dr. L hat ebenso wie Dr. D und Dr. B für diesen Leidenskomplex einen GdB von 20 für ausreichend gehalten, was Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt entspricht. Dieser Bewertung schließt sich der Senat an. Der Auffassung des Sozialgerichts, der Zustand der Wirbelsäule sei mit einem GdB von 30 einzuschätzen, ist nicht zu folgen, denn leichte Funktionseinschränkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ohne neurologische Begleiterscheinungen sind den Behinderungen durch mittelgradige Funktionseinschränkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten, die nach den AHP Nr. 26.18 mit einem GdB von 30 zu bewerten sind, nicht vergleichbar. Randnummer46 Die Fußdeformitäten bestehen bei der Klägerin in Form von Spreizfüßen und eines mehrfach operierten Hallux valgus rechts mehr als links bei verbleibendem Zehenkonflikt der zweiten und dritten Zehe rechts. Die gerichtlichen Sachverständigen und die Versorgungsärztin Dr. W haben dieser Erkrankung eine statische Auswirkung stärkeren Grades beigemessen und übereinstimmend mit einem GdB von 20 bewertet. Dies entspricht den AHP Nr. 26.18 und ist nicht zu beanstanden. Hier ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin noch gegenüber Dr. D berichtet hat, zwei Stunden ohne Unterbrechung gehen zu können. Randnummer47 Weitere orthopädische Gesundheitsstörungen liegen in Form einer durch Dr. L aufgrund seiner Untersuchung am 15. August 2005 erstmals festgestellten beginnenden Gonarthrose und Retropatellararthrose links vor, die mit eine leichten Funktionseinschränkung und Gangstörung einhergehen. Die von ihm erhobenen Werte nach der Neutral-Null-Methode mit 10/0/140° rechts und 10/0/125° links bei der Streckung und Beugung weichen nur geringfügig von den Normalwerten mit 10/0/150° ab. Nach den AHP Nr. 26.18 rechtfertigt eine Bewegungseinschränkung im Kniegelenk geringen Ausmaßes (Streckung/Beugung bis 0/0/90°) einseitig einen GdB von 10 und beidseitig einen GdB von 20. Der gerichtliche Sachverständige hat daher nachvollziehbar die Einschränkung der Kniegelenksbeweglichkeit mit einem GdB von 10 bewertet. Dass sich diese Werte nach der Arthroskopie des linken Knies am 17. Oktober 2005 dauerhaft, also länger als sechs Monate (§ 2 Abs. 1 SGB IX) verschlechtert haben, wird von Dr. B ausgeschlossen. Er hat vielmehr ausgeführt, dass er keinen tendenzwendenden Befund der degenerativen Veränderungen des Stütz- und Bewegungsapparats habe erkennen können. Er verweist vielmehr auf eine nicht übersehbare - episodische - Aggravation. Randnummer48 Weitere orthopädisch-chirurgische Gesundheitsstörungen sind bis zu der Begutachtung durch Dr. B bei der Klägerin nicht nachgewiesen. Die Funktionsbegutachtung insbesondere der großen Gelenke wie Hüfte, Ellenbogen und Schulter haben keinen nennenswerten Beeinträchtigung ergeben und sind deshalb bei der GdB- Bewertung nicht zu berücksichtigen. Randnummer49 Gemäß § 4 Abs. 3 SchwbG bzw. § 69 Abs. 3 SGB IX wird der GdB, wenn mehrere Beeinträchtigungen vorliegen, nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Randnummer50 Bildete man allein für den orthopädischen Komplex einen Gesamt-GdB, wären maßgebend: Randnummer51 - die Wirbelsäulenschäden Einzel-GdB 20 - die Fußdeformitäten Einzel-GdB 20 - die Kniegelenksbeschwerden Einzel-GdB 10 Randnummer52 Nach den AHP Nr. 19 Abs. 4 führen zusätzliche leichte Funktionsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte, auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Bei der Gesamtbeurteilung ist im Fall der Klägerin deshalb der GdB von 10 für die Kniegelenksbeschwerden bei der Beurteilung der Gesamtbeeinträchtigung außer Acht zu lassen. Auch eine Addition ist entgegen der Auffassung von Dr. L in seiner Stellungnahme vom 13. Januar 2006 nicht zulässig. Der orthopädische GdB beträgt damit höchstens 30. Randnummer53 Ein höherer GdB kommt nicht deshalb in Betracht, weil bei der Klägerin im März 2006 eine manifeste Osteoporose festgestellt worden ist. Nach den AHP Nr. 26.18 ist bei ausgeprägten osteopenischen Krankheiten der GdB vor allem von der Funktionsbeeinträchtigung und den Schmerzen abhängig. Eine ausschließlich messtechnisch nachgewiesene Minderung des Knochenmineralgehalts rechtfertigt noch nicht die Annahme eines GdB-Grades. Randnummer54 Nach dem Entlassungsbericht vom 23. März 2006 mit dem Befund einer osteoporotischen LWK-1-Fraktur liegen keine weiteren Befunde vor. Dr. B hat die orthopädischen Behinderungen im Bereich der Wirbelsäule wie die Vorgutachter zunächst mit einem GdB von 20 bewertet. Ab 01. März 2006 hat er aber, gestützt auf das Gutachten von Dr. L, unter Berücksichtigung der Fußdeformität und der Gonarthrose den Gesamt-GdB mit 40 eingeschätzt, da die Osteoporose durch den tendenzwendenden Befund im März 2006 eine eigene behindernde Qualität erlangt habe. Diese führe, ohne dass ihr ein Einzel-GdB beizumessen sei, zur Härtung des Behinderungsgrades für den Stütz- und Bewegungsapparat auf 40, denn die Kompensationsmöglichkeiten erschienen durch die Osteoporose eingeengt. Die Wirbelkörperfraktur begründe für sich genommen zum Untersuchungszeitpunkt keine zusätzliche Beeinträchtigung, so sei etwa keine darauf zurückzuführende radikuläre Symptomatik zu fassen. Durch die Osteoporose könnten jedoch Übergewicht und Fußdeformität vom Achsenskelett weniger gut ausgeglichen werden. Diese Wechselwirkung sei zu berücksichtigen. Randnummer55 Der Senat vermag sich jedoch insoweit der Auffassung von Dr. B nicht anzuschließen. Die Versorgungsärztin W hat in ihren Stellungnahmen vom 23. November 2006 und 26. März 2007 zutreffend ausgeführt, ausschlaggebend sei nach wie vor, dass dauerhafte Funktionseinschränkungen durch die Osteoporose bisher nicht nachgewiesen seien. Sowohl der klinische als auch der neurologische Befund zeigten bis auf eine Klopfschmerzhaftigkeit der unteren Lendenwirbelsäule keine nennenswerten Einschränkungen. Auch Dr. B hat ausgeführt, zwar bestehe durch die LWK-1-Fraktur eine – nur – mäßige Höhenminderung des Wirbelkörpers und eine Mitbeteiligung der Wirbelkörperhinterkante, diese begrenze den Wirbelkanal auch knöchern, jedoch ohne bedeutsame Raumforderung und folglich ohne Einengung des Spinalkanals. Eine radikuläre Symptomatik bestehe nicht. Die akute Erkrankung, die medikamentös behandelt wird, kann deshalb nicht bei der GdB-Bewertung, für die nur dauerhafte Funktionsstörungen relevant sind, auch nicht im Sinne einer „Härtung“, berücksichtigt werden. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass sich Dr. B auf die GdB-Bewertung des Sachverständigen Dr. L, der den orthopädischen Leidenskomplex mit einem GdB von 40 bewertet hat, stützt. Wie aber bereits ausgeführt, rechtfertigen die erhobenen Befunde in diesem Bereich nur einen GdB von 30. Randnummer56 Auf psychiatrischem Gebiet leidet die Klägerin an einer seelischen Störung, die Dr. S als kombinierte Persönlichkeitsstörung mit depressiver und narzisstischer Betonung sowie anankastischen Zügen und Somatisierungstendenzen und Dr. B als Anpassungsstörung mit gemischter Störung von Gefühlen und Sozialverhalten und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung bezeichnet, wobei er auch die Diagnose einer kombinierten Persönlichkeitsstörung für diskussionswürdig hält. Der behandelnde Facharzt für Psychotherapeutische Medizin Dr. K hat in seinem Befundbericht vom 10. Februar 2004 über die Behandlung der Klägerin von Juli 2001 bis Juli 2002 ein leichtes depressives Syndrom diagnostiziert. Unabhängig von der Frage der Diagnose sind für die Einschätzung des GdB auch in diesem Bereich allein maßgebend die sich durch die seelische Störung ergebenden Funktionseinschränkungen. Nach den AHP Nr. 26.3 rechtfertigt eine schwere Störung, z. B. eine schwere Zwangskrankheit mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten einen GdB von 50 bis 70, während leichte psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20 und stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen mit einem GdB von 30 bis 40 zu bewerten sind. Randnummer57 Nach dem von den Sachverständigen übereinstimmend erhobenen Befund rechtfertigen die seelischen Störungen der Klägerin keinen höheren GdB als 20. Die Einschätzung von Dr. S, der GdB betrage für dieses Leiden 50, ist mit den AHP nicht in Einklang zu bringen. Darauf weisen Dr. B und die Versorgungsärztin Dr. W zutreffend hin. Dr. B hat die Klägerin als im Beruf und Privatleben durchsetzungsfähige und sicher auftretende Frau beschrieben und dies anhand ihrer Biographie und ihrer Angaben in der Exploration auch belegt. Er hat ausgeführt, eine Persönlichkeitsstörung sei eine strukturell verankerte und damit lang anhaltende, nicht selten lebenslang in wechselnder Ausprägung bestehende Fehlanpassung, worauf auch Dr. S verweise. Wenn aber die Klägerin ihre berufliche Bewährung und die Gewerkschaftskarriere bereits unter dem Eindruck der Störung gemacht habe, sei evident, dass eine schwere Zwangskrankheit nicht vorliegen könne. Eine solche komme in ihren Auswirkungen einer zumindest mittelschwer ausgeprägten schizophrenen Psychose gleich. Randnummer58 Dieses Argument hält der Senat für überzeugend. Obwohl Dr. S der Lebenslauf der Klägerin bekannt ist, stellt er für seine GdB-Einschätzung allein auf eine langwierige Leidensgeschichte mit wiederholt fehlgeschlagenen Therapieversuchen und Dekompensationen unter bestimmten Belastungssituationen ab, die zu einer wesentlich stärkeren Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit führten. Er lässt dabei aber außer Acht, dass die Klägerin sehr wohl einen beruflichen Aufstieg genommen und die Schwierigkeiten einer alleinerziehenden Mutter gemeistert hat und dass die Therapieversuche erst im Juni 2001 begonnen haben und zwar zunächst bei Dr. K, wo sie die Therapie ein Jahr später abgebrochen hat, sowie, wie ihren Angaben gegenüber Dr. S zu entnehmen ist, im Jahr 2004 bei Dr. W, die ihr Therapieunwilligkeit vorgeworfen hat, weil sie die Antidepressiva abgesetzt und bei der sie die Therapie nach Bewilligung der Rente wegen Erwerbsminderung ebenfalls abgebrochen hat. Der psychopathologische Befund, wie er insbesondere von Dr. S erhoben und von Dr. B im Wesentlichen bestätigt worden ist, spricht außerdem allenfalls für eine leichtere Störung. Danach ist sie wach und allseits orientiert zugewendet gewesen mit intermittierend demonstrativ leidender Gangbewegung (s. a. Dr. B), mit ausgeglichener Stimmung, ausreichend aufmerksam und konzentriert ohne Anhalt für Wahn, eine Wahrnehmungs- oder Ich-Störung oder akute Suizidalität, der Intellekt ist unauffällig und der Gedankengang geordnet gewesen. An Beschwerden hat die Klägerin über Schlafstörungen, Magenproblemen und Kopfschmerzen berichtet. Randnummer59 Dr. B, der seit der Antragstellung keine Änderung des psychopathologischen Befundes hat feststellen können, hat außerdem das Vorliegen einer hirnorganische Schwäche verneint, psychotische Erlebnisweisen seien weder anamnestisch zur Geltung noch in der Untersuchung selbst zur Beobachtung gekommen. Auch der Neurologe Dr. D hat bei seiner Untersuchung am 15. April 2002 eine eher blande, d. h. mild ausgeprägte psychische Störung festgestellt, die er mit einem GdB von 20 bewertet hat. Randnummer60 Eine echte Migräne liegt bei der Klägerin nicht vor. Diese ist weder von den Sachverständigen noch von den die Klägerin behandelnden Ärzten jemals diagnostiziert worden. Dr. S hat in seinem Gutachten vom 09. Juli 2005 vielmehr ausgeführt, die angegebenen Kopfschmerzsyndrome erfüllten nicht die Kriterien einer schweren Migräne, sondern seien unter episodischen Spannungskopfschmerzen sowie einer multiformen Somatisierung mit Schmerzen von den Zehen bis in den Kopf einzuordnen. Die Behinderung ist von Dr. Sund Dr. B dem orthopädischen Leidenskomplex in Form eines Spannungskopfschmerzes und dem Gehirn einschließlich Psyche als multiforme Somatisierung zugeordnet worden. Randnummer61 Die Alkoholkrankheit hat die Klägerin, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, folgenlos überstanden, sie ist seit mehr als zehn Jahren abstinent, ohne dass Organfolgeschäden oder suchtspezifische Persönlichkeitsveränderungen feststellbar sind. Nach den AHP Nr. 26.3 rechtfertigt dies keinen GdB mehr. Die Annahme des Sachverständigen Dr. S, diese Behinderung sei mit einem GdB von 5 zu bewerten, steht nicht in Übereinstimmung mit den AHP. Soweit Dr. B die von ihm diagnostizierte Opioidabhängigkeit mit einem GdB von 10 bewertet, kann im Hinblick auf die Regelung in den AHP Nr. 19 Abs. 4 dahin stehen, ob dieser Auffassung zu folgen ist, denn bei der Bildung des Gesamt-GdB hat diese Behinderung außer Betracht zu bleiben. Randnummer62 Damit bestehen seit Antragstellung im März 2000 folgende Behinderungen, die für die Bildung des Gesamt-GdB heranzuziehen sind: Randnummer63 - Wirbelsäulenschäden Einzel-GdB 20 - Fußdeformitäten Einzel-GdB 20 - Seelische Störung Einzel-GdB 20 Randnummer64 Der Gesamt-GdB kann, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat und von Dr. D und auch von Dr. B zumindest bis Februar 2006 bestätigt wird, nicht höher als mit 40 bewertet werden, denn die Wechselwirkung zwischen den einzelnen Funktionssystemen ist nicht so ausgeprägt, dass auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen ist. Dies ist nach den AHP Nr. 19 Abs. 4 bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 vielfach auch nicht gerechtfertigt. Randnummer65 Die Berufung war daher zurückzuweisen. Randnummer66 Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Randnummer67 Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.