Ein chronisches Schmerzsyndrom mit somatischen und psychischen Faktoren ist im Funktionssystem „Gehirn einschließlich Psyche“ zu berücksichtigen.
Die Klägerin begehrt die Feststellungen des Grades der Behinderung (GdB) mit 80 sowie der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Nachteilsausgleiche "erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr" und "Berechtigung für eine ständige Begleitung", also für die Zuerkennung der Merkzeichen "G" und "B".
Die 1961 geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige und siedelte 1978 in die Bundesrepublik Deutschland über, wo sie sich mittlerweile aufgrund einer unbefristeten Niederlassungserlaubnis aufhält. Sie ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. In der Eigentumswohnung, welche sich im zweiten Stock eines Mehrfamilienhauses ohne Aufzug befindet, lebt sie mit ihrem 2006 am Guillain-Barré-Syndrom erkrankten und pflegebedürftigen Ehemann (Pflegestufe II). In ihrem Heimatland wurde sie als Schneiderin angelernt. Diese Tätigkeit übte sie fünf Jahre aus. Im Bundesgebiet war sie zunächst drei Jahre als Reinigungskraft tätig, obwohl sie nach eigenen Angaben nicht habe arbeiten dürfen. Anschließend war sie zwölf Jahre lang als Löterin beschäftigt. In der Folgezeit war sie ein Jahr arbeitslos, ein weiteres als Teilzeitkraft zu 50 % für die D. W. G. GmbH tätig, welche Betriebskantinen bewirtschaftete, und schließlich in einem Arbeitsverhältnis mit der W. Communications GmbH & Co. KG, einem Unternehmen der Empfangs- und Verteiltechnik, zuletzt als Vorarbeiterin im Produktionsprozess bei der Herstellung von Verteilern für Satellitenanlagen mit einer täglichen Arbeitszeit zwischen neun und zehn Stunden in der Normalschicht.
Bei der Klägerin war zuletzt mit bestandskräftigem Bescheid vom 3. August 2005 der GdB mit 40 seit 19. April 2005 festgestellt worden, was sich auf die Einschätzung der Versorgungsärztin Dr. Sch. von Juli 2005 stützte, wonach die Behinderung "degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Fibromyalgiesyndrom, Spinalkanalstenose, Depression, Bandscheibenschaden, Polyarthralgie" einen Teil-GdB von 40 zur Folge habe. Die beidseitige Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen und die Allergie bedingten jeweils lediglich einen Teil-GdB von 10, weshalb ein Gesamt-GdB von 40 angemessen, aber auch ausreichend sei.
Am 10. Juli 2012 beantragte die Klägerin die Neufeststellung des GdB und die Erstfeststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "B", woraufhin der Beklagte medizinische Befundunterlagen beizog.
Die Fachärztin für Allgemeinmedizin M. teilte im Juli 2012 mit, eine rheumatische Erkrankung habe nicht nachgewiesen werden können. Die Klägerin leide eher an diffusen Rücken- und Schulterschmerzen. Im Bereich der Wirbelsäule liege ein Zustand nach einer Bandscheibenprotrusion vor. Funktionseinschränkungen der unteren Gliedmaße bestünden nicht. Neurologisch habe nichts Wesentliches festgestellt werden können. Des Weiteren habe eine harmlose Leberzyste vorgelegen. Ein Tinnitus sei ihr nicht bekannt.
Nach dem stationären Aufenthalt der Klägerin am 23. März 2012 und am Folgetag in der Medizinischen Klinik des Krankenhauses M. diagnostizierte der Chefarzt Dr. F. einen unspezifischen Schwindel. Die stationäre Aufnahme sei zur Schwindelabklärung erfolgt. Laborchemisch sei nichts Auffälliges gefunden worden. Am zweiten Tag sei die Klägerin nach Besserung der Symptomatik entlassen worden.
Der Ärztliche Leiter V. der Abteilung Orthopädie der Reha-Klinik S. in D. berichtete über den stationären Aufenthalt der Klägerin vom 25. Oktober bis 22. November 2012, es seien ein chronisches Schmerzsyndrom im Stadium III nach Gerbershagen mit somatischen und psychischen Faktoren (ICD-10 F 45.41), eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige depressive Episode (ICD-10 F33.1), ein rezidivierender benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel (ICD-10 H81.1), Zervikobrachialgien links bei mäßigen degenerativen Hals- und Lendenwirbelsäulenveränderungen und einem Bandscheibenvorfall im Bereich C5/6 (ICD-10 M53.1) sowie Gonalgien beidseits mit Retropatellararthrose rechts und Epicondylitis humeri radialis rechts (ICD-10 M25.50) diagnostiziert worden. Bei der klinischen Abschlussuntersuchung hätten sich internistisch stabile Herz-Kreislauf-Verhältnisse mit unauffälligen Befunden an Herz, Lunge und im Bauchraum gezeigt. In orthopädischer Hinsicht seien der Finger-Boden-Abstand mit 25 cm und das Zeichen nach Schober mit 10/13 cm gemessen worden. Die Beweglichkeitsmaße der Halswirbelsäule hätten nach der Neutral-0-Methode für die Rotation rechts/links 50-0-30° und die Seitneigung rechts/links 20-0-10° betragen. Die Armreflexe seien rechts kräftig und links abgeschwächt gewesen. Der Patellar- und Achillessehnenreflex seien beidseits kräftig auslösbar gewesen. Das Lasègue-Zeichen sei beidseits negativ gewesen. Verglichen mit dem Beginn des Heilverfahrens habe sich zuletzt eine jeweils leicht verbesserte Beweglichkeit im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule gezeigt. Bei der Entlassung habe die Medikation aus Novaminsulfon, 500 mg (1-1-1-1), Mydocalm, 100 mg (1-1-1) und Mirthazapin, 15 mg (0-0-1) bestanden. Aufgrund eines Missverständnisses habe die Klägerin Mirthazapin während der Rehabilitationsmaßnahme nicht mehr eingenommen, nachdem ärztlicherseits Tilidin und Novaminsulfon, nicht aber Mirthazapin, als Eigenmedikation abgesetzt worden seien.
Nach der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. K. vom 20. Januar 2013 hätten die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen weiterhin einen Gesamt-GdB von 40 zur Folge und in öffentlichen Verkehrsmitteln sei die Klägerin nicht regelmäßig auf Hilfe angewiesen, woraufhin das Landratsamt Enzkreis mit Bescheid vom 25. Januar 2013 die Anträge auf Neufeststellung des GdB und Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "B" ablehnte.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und verfolgte mit der Begründung hierfür zudem erstmals das weitere Begehren, die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" festzustellen. Dr. D.-L. schloss sich in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme von September 2013 der bisherigen behördlichen Bewertung an und sah darüber hinaus die Klägerin in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr nicht erheblich beeinträchtigt. Daraufhin wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2013 zurück. Die Klägerin habe neben der Festsetzung des GdB mit 80 die Zuerkennung der Merkzeichen "G" und "B" beantragt. Die angefochtene Verwaltungsentscheidung sei unter Würdigung des Vorbringens der Klägerin sowie einer erneuten versorgungsärztlichen Stellungnahme überprüft worden, indes sei sie nicht zu beanstanden. Insbesondere erfülle die Klägerin die Grundvoraussetzung für die Feststellung des Merkzeichens "G" nicht, da der GdB weniger als 50 betrage und sie daher nicht schwerbehindert sei.
Gegen den am Tag seiner Abfassung abgesandten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 11. November 2013 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben, welches schriftliche sachverständige Zeuginnen- und Zeugenaussagen bei der Ärztin für Allgemeinmedizin M., dem Orthopäden Dr. L., dem Facharzt für Rheumatologie Dr. G., dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Priv.-Doz. Dr. W., dem Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. St., dem Arzt für Hals-, Nasen- und Ohren (HNO)-Heilkunde Dr. B. sowie dem Frauenarzt Dr. St. eingeholt hat, die im Januar und März 2014 vorgelegt worden sind.
Die Fachärztin für Allgemeinmedizin M. hat mitgeteilt, die Klägerin leide an Ganzkörperschmerzen, Erschöpfung und einer Depression. Es lägen indes keine objektiv nachvollziehbaren krankhaften Veränderungen vor. Sie gehe arbeiten und einkaufen, laufe ohne Gehhilfe, jammere viel, habe einen kranken Mann, stehe also mitten im Leben. Sie sei keinesfalls in der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich eingeschränkt. Sie arbeite täglich als Vorarbeiterin in einer Fabrik, müsse dort tragen, gehen und organisieren. Ihr seien mehrere Kilometer ohne Gehhilfen zumutbar. 2 km in einer halben Stunde könne sie ohne Weiteres zurücklegen. Alle Gelenke seien frei beweglich. Sie habe keinen Gelenkersatz und leide nicht an einer Arthrose. Sie sei auch nicht infolge ihrer Behinderungen regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen. Demgegenüber begleite sie ihren kranken Ehemann. Sie pendle vielmehr von Arzt zu Arzt, um "Prozente zu erreichen".
Dr. L. hat geäußert, die Klägerin leide an einer Linksblockierung im Bereich C0/1, einem chronischen Schmerzsyndrom im Stadium III nach Gerbershagen, einem Fibromyalgiesyndrom und einer mittelgradigen depressiven Episode. Zuletzt habe er sie Ende Juni 2013 untersucht. Sie habe weiterhin über eine Problematik an der oberen Halswirbelsäule geklagt. Die bei ihr bestehende Kopfgelenkstörung sei zwar schwergradig. Gleichwohl sei die versorgungsärztliche Einschätzung der orthopädischen Erkrankungen nachvollziehbar. Die Depression solle indes ausgegliedert und isoliert mit einem GdB von 20 bewertet werden. Der Gesamt-GdB sei demzufolge mit 50 einzuschätzen.
Dr. G. hat kundgetan, er habe die Klägerin im Juni 2012 und im Folgemonat behandelt. Es bestünden seit Jahren zunehmende Schmerzen in allen Gelenken. Den Schweregrad der rheumatologischen Behinderungen stufe er als leicht bis mittelgradig ein. Ein GdB von 40 sei angemessen. Der Klägerin sei es sicherlich möglich, eine Wegstrecke von 2 km in einer halben Stunde zurückzulegen. Den Gesamt-GdB schätze er ebenfalls mit 40 ein.
Priv.-Doz. Dr. W. hat verlautbart, er habe die Klägerin erstmals Ende September 2012 und zuletzt Mitte Mai 2013 behandelt. Sie leide bei sozialer Belastungssituation, speziell wegen der Pflegebedürftigkeit ihres Ehemannes, an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung (ICD-10 F45.40), an dem Zustand nach einer Uterusexstirpation und einem Tinnitus links (ICD-10 H93.1). Seit sechzehn Jahren arbeite sie als Schichtführerin und Abteilungsleiterin vierzig Wochenstunden in Tagesschicht. Sie habe Angst, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Bei seiner letzten Untersuchung sei die Gehfähigkeit erhalten und sie nicht auf fremde Hilfe in öffentlichen Verkehrsmitteln angewiesen gewesen.
Dr. St., der in der Gemeinschaftspraxis Dr. H., Dr. H.-P. und Kollegen tätig gewesen ist, hat über die Anfang Oktober 2012 begonnene Verhaltenstherapie der Klägerin mit einer durchschnittlichen Frequenz von einer Sitzung alle zwei Wochen bis zum Abschluss der Therapie im Februar 2013 berichtet. Er habe bei ihr eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode (ICD-10 F33.1) und eine Dysthymie (ICD-10 F34.1) diagnostiziert. Sie habe über Kraft- und Konzentrationsverlust, Grübeln, schlechte Stimmung bis zur Hoffnungslosigkeit und latent suizidale Gedanken, ausgeprägte Schmerzen in vielen Gelenken, Knochen und Muskeln sowie Schlafstörungen berichtet. Im psychiatrischen Befund hätten alle geklagten Beschwerden nachvollziehbar wiedergefunden werden können. Aus psychiatrischer und psychodynamischer Sicht sei die Depression das Hauptleiden, welche einen GdB von 50 rechtfertige. Es hätten weder Simulation noch Aggravation vorgelegen. Aus psychodynamischer Sicht sei es der Klägerin fast unmöglich erschienen, die anstehenden, verschiedenen Konflikte und Umstrukturierungen in ihrem Leben vorzunehmen. Im Rahmen der Depression sei auch eine ausreichende Abhandlung der sonst in eigenständigen Diagnosen verortbaren Entitäten Somatisierungsstörung (ICD-10 F45.0), somatoforme Schmerzstörung (ICD-10 F45.4) oder anderer Diagnosen dieses Sektors wie das Fibromyalgiesyndrom möglich. Die Erkrankungen auf seinem Fachgebiet wirkten sich nicht auf die Gehfähigkeit aus. Eine Gehstrecke von 2 km sei der Klägerin möglich. Ebenso bestünde deswegen kein Zusammenhang mit möglichen Einschränkungen, welche eine Begleitung in öffentlichen Verkehrsmitteln erfordere.
Dr. B. hat sich dahingehend eingelassen, dass er die Klägerin bis Anfang August 2012 behandelt habe. Er habe den Verdacht auf einen Morbus Ménière links mit Tinnitus und Innenschwerhörigkeit links sowie einen benignen paroxysmalen Lagerungsschwindel diagnostiziert. Sie habe über Drehschwindel mit Übelkeit und Erbrechen bei Bewegung geklagt. In Ruhe habe kein Schwindel bestanden. Ferner habe sie einen dumpfen Druck und eine Hörminderung mit Tinnitus im linken Ohr verspürt. Das Ohrgeräusch sei insbesondere nachts sehr störend gewesen. Sie habe berichtet, Medikamente zum Einschlafen zu benötigen. Im Verlauf habe sich der Schwindel gebessert, sei aber weiterhin vorhanden gewesen, insbesondere in rechtsseitiger Lage. Der Hörverlust habe unter 20 % betragen. Der Schwindel habe nach Stoll et al. die Intensitätsstufe 1 erreicht. Der GdB von 10 für die beginnende Schwerhörigkeit mit Tinnitus und Lagerungsschwindel erscheine angemessen. Ein Schwindel könne sich zwar auf die Gehfähigkeit auswirken. Da dieser bei der Klägerin im August 2012 aber nur noch bei rechtsseitiger Lage bestanden habe, sei die Gehfähigkeit hierdurch zu diesem Zeitpunkt nicht beeinträchtigt gewesen. Aus HNO-ärztlicher Sicht habe somit weder eine Einschränkung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr noch bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel vorgelegen.
Nach Dr. St. sei, bezogen auf seinen Fachbereich der Frauenheilkunde, keine einen GdB begründende Funktionsstörung festzustellen gewesen. Die Gehfähigkeit habe zu keinem Zeitpunkt eine Rolle gespielt.
Ende September 2014 hat die Klägerin gegen die sachverständige Zeugin M. bei der Staatsanwaltschaft Karlsruhe eine Strafanzeige wegen Beleidigung und Verleumdung gestellt und beim SG beantragt, deren schriftliche sachverständige Zeugenauskunft aus der Gerichtsakte zu entfernen. Das erstinstanzliche Gericht hat ihr daraufhin mitgeteilt, eine Entfernung aus der Akte dürfte nicht möglich sein, vielmehr sei am Ende des Verfahrens zu beurteilen, ob die Zeugenaussage Gegenstand der Urteilsfindung sein könne.
Das Gericht hat den Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin M. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Nach der ambulanten Untersuchung der Klägerin am 13. November 2014 hat dieser ausgeführt, sie leide an einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, reaktiv depressiven Verstimmungen im Sinne einer Dysthymia, dem Zustand nach einem benignen paroxysmalen Lagerungsschwindel sowie einem leichten Karpaltunnelsyndrom beidseits. Zudem habe sie angeführt, an einem Tinnitus aurium beidseits zu leiden. Hinsichtlich der angegebenen Wirbelsäulenbeschwerden bei radiologisch nachgewiesenen degenerativen Veränderungen hätten sich keine Hinweise auf eine Nervenwurzelkompression oder -irritation ergeben. Zum Zeitpunkt seiner gutachterlichen Untersuchung habe sich im Bereich der Wirbelsäule keine schwerwiegende Bewegungseinschränkung feststellen lassen. In Übereinstimmung mit der Bewertung durch Dr. St. sei festzuhalten, dass die Schmerzsymptomatik eher psychosomatisch im Rahmen einer chronischen Schmerzstörung zu erklären sei und weniger durch die dokumentierten degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule. Eine rheumatologische Erkrankung sei ausgeschlossen worden. Weiter liege bei der Klägerin eine leichte chronisch depressive Störung im Sinne einer Dysthymia vor. Die Diagnose einer depressiven Episode habe indes nicht gestellt werden können. Insoweit bestehe weder Übereinstimmung mit Dr. St. noch dezidiert mit der diagnostischen Bewertung durch die behandelnden Ärzte der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie im Krankenhaus L. des Klinikums Nordschwarzwald, wo sich die Klägerin vom 26. August bis 21. Oktober 2014 stationär aufgehalten habe und wonach ein chronisches Schmerzsyndrom mit somatischen und psychischen Faktoren, eine rezidivierend depressive Störung, gegenwärtig schwergradige Episode, ein Bandscheibenvorfall im Segment C5/6, eine Lumboischialgie, eine Retropatellararthrose rechts, eine Epicondylitis humeri radialis rechts, ein rezidivierender benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel, eine Hysterektomie bei vorhandenen Myomen, ein Magengeschwür sowie eine Magenblutung in der Eigenanamnese festgestellt worden seien. Im psychischen Befund sei dort wiedergegeben, dass die Klägerin herabgestimmt, bedrückt, hilfesuchend und verzweifelt gewirkt habe. Es hätten eine nivellierte affektive Schwingungsfähigkeit und ein verminderter Antrieb vorgelegen. Sie sei im formalen Denken um ihr Insuffizienzerleben gekreist. Bis zur Entlassung sei eine Linderung der depressiven Symptomatik gelungen, unter Symptomzunahme bei anstehender Entlassung in das konfliktbelastete häusliche und berufliche Umfeld. Wesentliche Unterschiede in der diesbezüglichen Bewertung resultierten daraus, so der Sachverständige M., dass es im Gegensatz zu der Stellungnahme von Dr. St. bei der Klägerin durchaus eindeutig und explizit massive Hinweise auf eine Aggravation und zumindest in erheblichen Teilen auch eine Simulation gegeben habe. Eine leichtere anhaltende depressive Störung sei allerdings nachvollziehbar. Wesentliche psychische Folgeerscheinungen des angegebenen Tinnitus bestünden nicht. Als Nebenbefund habe sich bei der elektrophysiologischen Untersuchung als Erklärung für die angegebenen Missempfindungen an den Händen ein leichtes Karpaltunnelsyndrom beidseits gefunden. Dieses sei allerdings nur leicht ausgeprägt und könne nicht entfernt das Ausmaß der angegebenen Beschwerden erklären. Die Darstellung der Schwindelsymptomatik lasse sich ebenfalls weder organisch erklären noch in der Form wie geschildert im Rahmen eines psychopathologischen Syndroms einordnen. Es handele sich um den Zustand nach einem gutartigen anfallsweisen Lagerungsschwindel. Möglicherweise sei weit zurückliegend, bereits im Jahre 2000, eine vestibulare Schädigung erfolgt, welche dann wohl nach Auskunft des behandelnden HNO-Arztes Dr. B. im Verlauf rückläufig gewesen sei. Nach der kalorischen Prüfung habe sich das Vestibularorgan erholt.
Die depressive Störung der Klägerin sei unter Mitberücksichtigung einer doch ganz erheblichen Aggravationstendenz als maximal leicht bis mittelschwer einzuordnen, die Schmerzstörung insgesamt ebenfalls als leicht bis mittelschwer. Bei der Klägerin habe zu keinem Zeitpunkt die Symptomatik einer Spinalkanalstenose vorgelegen. Radiologisch sei zwar in einer Etage eine relative Enge beschrieben worden, indes sei keine entsprechende Claudicatiosymptomatik bekannt und auch im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung nicht zu eruieren gewesen. Zudem bestehe keine Schädigung der Cauda oder des zervikalen Rückenmarks. Die bei der Klägerin vorhandene Schmerzsymptomatik sei nicht überwiegend mit den degenerativen Wirbelsäulenveränderungen zu erklären, sondern entspreche eher einer psychosomatischen Störung, welche ihre Grundlage in biographischen Belastungsfaktoren habe und die organische Komponente der Schmerzstörung eher den geringeren Anteil einnehme. Eine eindeutige auf die Bandscheibendegeneration zurückzuführende Symptomatik habe sich nicht feststellen lassen. Ein Fibromyalgiesyndrom könne angenommen werden, entspreche jedoch der chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren. Auch die Polyarthralgie habe keine weitergehende nachvollziehbare organische Grundlage. Es hätten sich weder Arthrosen gefunden, welche die multiplen Gelenkschmerzen erklärten, noch gebe es einen Hinweis auf eine rheumatologische Erkrankung. Eine Änderung des Gesundheitszustandes seit Mitte Juli 2012 sei nicht festzustellen gewesen.
Es erscheine sinnvoll, die von ihm angeführten Diagnosen in einem einzigen Teil-GdB zusammenzufassen und nicht die orthopädischen Beschwerden von den psychosomatischen zu trennen. Andernfalls ergäben sich jeweils geringe Werte für die einzelnen Teil-GdB, wobei diesen ob der erheblichen Überschneidung hinsichtlich der Symptomatik bei der Gesamtbewertung eine abgeschwächte Bedeutung zukomme. Davon abgesehen sei zu überlegen, ob nicht der vom Beklagen angenommene Teil-GdB von 40 zu hoch sei. Selbst unter Mitberücksichtigung der Teil-GdB von 10 für die leichte Schwerhörigkeit beidseits mit Ohrgeräuschen und einem zeitweise vorhandenen somatischen Anteil eines Schwindels sowie für die Allergien ergebe sich weiterhin ein Gesamt-GdB von maximal 40.
Bei der Klägerin bestünde weder eine neurologische Erkrankung noch eine psychische Störung, welche die Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr einschränkten. Es liege keine Beeinträchtigung des Gehvermögens vor. Die Klägerin habe in der Untersuchungssituation, bei Aufforderung im Zimmer auf- und abzugehen, ein extrem langsames Gangbild demonstriert. Spontan sei dieses jedoch völlig unauffällig gewesen. Nach der gesamten Aktenlage bestehe kein organisch erklärender Befund für eine Einschränkung des Gehvermögens. Bei der Klägerin sei weder ein Anfallsleiden noch eine Störung der Orientierungsfähigkeit zu erkennen gewesen. Die Gehfähigkeit und die Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr seien altersgemäß. Bei ihr bestünden keine Behinderungen, welche sich auf die Gehfähigkeit auswirkten. Das Zurücklegen einer Wegstrecke von 2 km bei einer Gehdauer von sogar weniger als einer halben Stunde sei ihr möglich. Weder körperliche Erkrankungen noch psychische Störungen führten in Bezug darauf zu Schwierigkeiten. Bei der Klägerin schränke keine Behinderung die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ein, wofür sie auch nicht auf fremde Hilfe angewiesen sei. Es seien keine Gesundheitsstörungen objektiviert worden, welche die Notwendigkeit einer Begleitperson bedingten.
Auf Nachfrage habe die Klägerin, welche sehr gut Deutsch spreche, angegeben, im Vordergrund stünden seit mehr als zehn Jahren, verstärkt seit acht Jahren, Schmerzen am ganzen Körper. Ihre Hände schliefen jede Nacht ein. Tagsüber rufe bereits das Halten einer Gabel oder eines Messers ein Kribbeln an den Händen hervor. Danach müsse sie diese schütteln. Auch bei der Arbeit schliefen sie nach einer Minute sofort ein. Sie habe ein ständiges Engegefühl in der Brust und brauche fortwährend frische Luft. Sie grüble Tag und Nacht. Konzentrieren könne sie sich nicht, sie vergesse alles. Ihr Ehemann sei vier Jahre auf den Rollstuhl angewiesen gewesen. Sie habe ihn die ganze Zeit gepflegt. Jetzt könne er mit dem Rollator gehen, gleichwohl müsse sie ihn weiter versorgen. Sie müsse ihn duschen, waschen sowie an- und ausziehen. Ihr Sohn, welcher sie anfangs bei der Pflege ihres Ehemannes unterstützt habe, befinde sich derzeit in einer Ausbildung bei der Polizei, weshalb er nur noch am Wochenende nach Hause komme. In der ersten Hälfte des Jahres 2014 habe es Konflikte am Arbeitsplatz gegeben. Seither sei sie krankgeschrieben. Ohne ihre Unterstützung könne ihr Ehemann die Wohnung über die Treppe nicht verlassen. Ihre Ehe sei ab dem siebten Jahr schwierig geworden. Damals habe ihr Mann sie fast zwei Jahre lang mit ihrer besten Freundin betrogen. Zunächst habe er sich für diese entschieden, weshalb sie 1986 einen Suizidversuch unternommen habe. Sie habe diverse Tabletten geschluckt. Ihr Magen sei ausgepumpt worden. Eine psychiatrische Behandlung habe damals nicht stattgefunden. Anschließend habe sich der Ehemann ihr wieder zugewendet. Zu ihren beiden Kindern habe sie Kontakt, auch wenn ihr Sohn eher verschlossen sei. Die Tochter komme mit ihrem Ehemann alle zwei bis drei Wochen sonntags zum Essen vorbei. Sie habe den Führerschein und ein Auto, fahre aber keine weiten Strecken. Sie habe über die Arbeit einen eigenen Freundeskreis und zusätzlich mit ihrem Ehemann einen gemeinsamen. Aus den Beziehungen habe sie sich indes in den letzten Jahren immer mehr zurückgezogen, da sie neben der Arbeit noch ihren Ehemann zu versorgen habe. In diesem Jahr seien sie drei Wochen bei ihrer Schwester in Antalya im Urlaub gewesen. Sie sei im Moment krankgeschrieben. In der Regel stehe sie derzeit morgens um acht Uhr auf, wasche ihren Ehemann und ziehe ihn an. Dann bereite sie das Frühstück zu. Anschließend erledige sie den Haushalt, also alles was anfalle. Sie gehe regelmäßig spazieren, entweder allein oder mit ihrem Ehemann. Einmal in der Woche gehe sie ins Thermalbad. Zur Ablenkung sehe sie oft fern, abwechselnd in deutscher und türkischer Sprache, vor allem Nachrichten, Shows und Serien. Sie lese nicht, da sie sich nicht konzentrieren könne. Als sie noch jung gewesen sei, habe sie demgegenüber gerne gelesen. Andere Hobbys habe sie nicht, auch keine Haustiere. Ihre sexuelle Lust habe nachgelassen. Sie leide immer wieder unter Kopfschmerzen, welche einen Tag andauerten.
Die Klägerin habe bedrückt gewirkt. Die affektive Schwingungsfähigkeit habe in der Untersuchungssituation vermindert imponiert, es seien allerdings positive Emotionen auslösbar gewesen. Objektiv hätten sich keine Hinweise auf kognitive Defizite gezeigt. Der psychopathologische Befund sei sonst normwertig gewesen. Bei der körperlichen Untersuchung habe sich objektiv ein unauffälliger Befund gezeigt. Die Klägerin habe einen Finger-Boden-Abstand von 30 cm demonstriert, welcher sich bei Prüfung des Finger-Zehen-Abstandes im Langsitz, was die gleiche Dehnung beinhalte, auf Null verkürzt habe. Auch sonst habe sich weder bei den passiven Bewegungen noch beim An- und Ausziehen eine Bewegungseinschränkung objektivieren lassen. Das Lasègue-Zeichen sei beidseits bis 90° negativ gewesen. In der Untersuchungssituation habe die Klägerin kein Schmerzverhalten gezeigt. Es habe kein häufiger Lagewechsel stattgefunden. Die Bewegungen seien zügig und ohne erkennbare Schonhaltung durchgeführt worden. Bei der Prüfung der Druckschmerzhaftigkeit sei auffällig gewesen, dass sie ihn schon darauf hingewiesen habe, wo er drücken müsse und diese auftrete, noch bevor er überhaupt mit dem Test begonnen habe. Sie habe eher einen Schwank- oder Benommenheitsschwindel angegeben. Im Romberg-Versuch habe sie ein Schwanken demonstriert, sei dabei aber mit geschlossenen Augen auf die Fersen gegangen sowie hin und her geschwankt, ohne eine Fallneigung zu zeigen. Der Versuch sei dann nochmals durchgeführt und dabei ein Zahlenerkennen an der Stirn vorgenommen worden. Die Zahlen seien von der Klägerin zwar nicht erkannt worden, das Schwanken habe allerdings sofort geendet, weshalb sicherlich nach dem Gesamtzusammenhang eine in jedem Fall mit vorhandene aktive Steuerung gegeben gewesen sei. Ein Schwindel, welcher bei Augenbewegungen zum Erbrechen führe, sei neurologisch nicht erklärbar und am ehesten im Rahmen einer sehr aggravierenden Darstellung zu sehen. Bei der gutachterlichen Untersuchung habe sich kein Nystagmus gezeigt, weder beim Lagerungswechsel noch spontan oder bei der Prüfung der Augenfolgebewegungen. Es habe sich weiter kein Hinweis auf eine Gleichgewichtsstörung oder Ataxie gefunden. Insgesamt habe sich die Schwindelsymptomatik neurologisch nicht erklären lassen. Nach dem HNO-ärztlichen Befund von Dr. B. sei davon auszugehen, dass zuletzt im Jahre 2012 ein benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel vorgelegen habe. Es handele sich dabei um ein gutartiges Syndrom, welches in der Regel rasch durch entsprechendes Lagerungstraining behebbar sei. Bei seiner gutachterlichen Untersuchung habe sich ein solcher Lagerungsschwindel nicht mehr nachweisen lassen. Insoweit bestehe Übereinstimmung mit der Stellungnahme des behandelnden HNO-Arztes. Eine sechs Monate überdauernde Einschränkung resultiere aus einer solchen Gesundheitsstörung in der Regel nicht.
Es sei nachvollziehbar, dass wegen der Eheprobleme sowie der Doppelbelastung durch die Arbeit und die Versorgung des Ehemannes reaktiv depressive Verstimmungen entstanden seien. Weiter sei plausibel, dass diese biographischen Belastungen insgesamt die Neigung zur Somatisierung begünstigt hätten. Zudem erkläre sich, dass hierdurch eine gewisse Ausrichtung am Krankheitsgewinn entstanden sei. Die Klägerin habe recht offen ausgeführt, sie strebe letztlich ein Rentenverfahren an. Nach dem Untersuchungsbefund sei eine Bedrücktheit nachvollziehbar. Allerdings sei die Beurteilbarkeit des psychischen Befundes durch die massive Simulation so nicht vorhandener Defizite erheblich eingeschränkt gewesen. Bei allen drei durchgeführten Tests zur Validierung der Beschwerden habe sich eine massive Simulation gezeigt. Elektrophysiologisch habe sich zwar als Ursache der nächtlichen Missempfindungen in den Händen ein leichtes Karpaltunnelsyndrom beidseits objektivieren lassen. Gleichwohl seien die dargestellten Beschwerden durch den Befund in keiner Weise zu erklären gewesen. Es sei absolut unplausibel, dass die Hände bereits bei der Benutzung von Gabel und Messer beim Essen einschliefen. Bleibende sensible Defizite sowie eine Muskelverschmächtigung oder Parese bestünden in diesem Zusammenhang nicht. Es handele sich um ein gutartiges häufiges Nervenkompressions-Syndrom. Eine eindeutige Beurteilbarkeit der tatsächlich vorhandenen subjektiven Beschwerden sei bei massiv aggravierender, diesbezüglicher Darstellung nicht gegeben. In der Summe habe sich unter Mitberücksichtigung der doch ganz erheblichen negativen Antwortverzerrung der Klägerin weder eine mittelschwere depressive Symptomatik, wie in der Stellungnahme von Dr. St., noch gar eine schwergradige depressive Episode nachweisen lassen. Selbst die Hausärztin der Klägerin habe in ihrer Stellungnahme sehr direkt betont, dass diese bei fehlenden objektiven Krankheiten ein "Ärztehopping" zur Erlangung von Bescheinigungen betreibe. Er selbst gehe davon aus, dass ein nicht geringer Teil der medizinischen Behandlungen im Hinblick auf die Vorbereitung eines Rentenantrages nach Erhalt der Schwerbeschädigung geschehen und nicht durch ein tatsächliches subjektives Leiden bedingt gewesen seien. Sicherlich gebe es ein solches sowie Überschneidungen zwischen diesem und dem angestrebten Krankheitsgewinn. Letzterer stehe dabei indes offensichtlich im Vordergrund.
Gegen das Gutachten des Sachverständigen M. hat die Klägerin Ende Januar 2015 eingewendet, es stehe im Widerspruch zu den eingeholten sachverständigen Zeugenauskünften und sei bei der Gegenüberstellung mit diesen schlicht nicht nachvollziehbar. Die sachverständige Zeugin M. habe gegenüber dem SG bewusst falsche Angaben gemacht. Auch der Sachverständige M. lasse eine ihr gegenüber offensichtlich vorhandene erhebliche Belastungstendenz erkennen. Demgegenüber habe der sachverständige Zeuge Dr. St. eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode und eine Dysthymie diagnostiziert. Diese Krankheiten habe er ausdrücklich auf die von ihm erhobenen psychiatrischen Befunde zurückgeführt, welche mit den geklagten Beschwerden in Einklang stünden. Aus psychiatrischer und psychodynamischer Sicht stelle die Depression das Hauptleiden dar. Ein GdB von 50 sei nach dessen Auffassung gerechtfertigt. Auch habe dieser ausdrücklich festgehalten, dass bei ihr gerade kein Anhalt für eine Simulation oder Aggravation vorliege. Der Auffassung des Sachverständigen M., wonach sie simuliere, widerspreche, dass sie nunmehr durchgehend fünf Monate arbeitsunfähig erkrankt sei.
Der bereits mit Schriftsatz vom 5. Januar 2015 angekündigte Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG), ist mit Schriftsatz vom 23. Januar 2015 dahingehend konkretisiert worden, dass Gutachten auf psychiatrischem, schmerztherapeutischem und orthopädischem Fachgebiet eingeholt werden sollen. Mit Schriftsatz vom 10. Februar 2015 ist Prof. Dr. E., "Ärztlicher Direktor der Psychosomatischen Fachklinik G.", als Gutachter benannt worden. Nachdem dieser im Rahmen von § 109 SGG Ende März 2015 vom SG zum Sachverständigen bestellt worden ist, hat er Anfang April 2015 mitgeteilt, wegen zahlreicher anderer Gutachtensaufträge die Expertise frühestens Anfang August 2015 erstellen zu können. Daraufhin hat ihn das SG von seinen Pflichten als Sachverständiger entbunden. Bereits mit Schriftsatz vom 11. Februar 2015 sind von der Klägerin als Ärzte für die aus ihrer Sicht nach § 109 SGG zu erstattenden Gutachten der Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. B. und der Orthopäde Dr. H. benannt worden. Mit Schriftsatz vom 30. April 2015 hat die Klägerin bekräftigt, dass Prof. Dr. B. im Rahmen von § 109 SGG ein Gutachten erstatten soll. Mit Beweisbeschluss des SG vom 4. Mai 2015 ist dieser unter Abänderung des Gutachtensauftrages vom 23. März 2015 im Rahmen von § 109 SGG zum Sachverständigen bestellt worden. Er ist aufgefordert worden, dass Gutachten möglichst bis 10. August 2015 zu erstatten. Mit Schriftsatz vom 22. Mai 2015 hat die Klägerin beanstandet, dass eine Erstellung des Gutachtens durch Prof. Dr. E., welcher es für Anfang August 2015 in Aussicht gestellt habe, seitens des SG abgelehnt worden sei, dieses Prof. Dr. B. nun aber eine Frist bis 10. August 2015 eingeräumt habe. Damit wäre es zu keiner Verfahrensverzögerung gekommen, wenn Prof. Dr. E. beauftragt worden wäre. Durch dessen Pflichtenentbindung als Sachverständiger habe das SG gegen geltendes Recht verstoßen.
Prof. Dr. B. hat schließlich nach der ambulanten Untersuchung der Klägerin am 14. Juli 2015, bei der er auch ein Tonaudiogramm hat erstellen lassen, mitgeteilt, er habe eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung (ICD-10 F45.40), eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige depressive Episode (ICD-10 F33.1), degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Polyarthralgien, eine Gonalgie, eine beidseitige Innenohrschwerhörigkeit, einen beidseitigen Tinnitus und eine allergische Diathese diagnostiziert. Die Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet seien mittelschwer und die Funktionsstörungen im Bereich der Wirbelsäule leicht bis mittelschwer. Zu bemängeln sei, dass der Beklagte einen Teil-GdB für körperliche Behinderungen und seelische Störungen gebildet habe. Beides sei zu trennen. Die anhaltende somatoforme Schmerzstörung und die rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige depressive Episode hätten jeweils einen Teil-GdB von 30 zur Folge. Die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule bedingten einen Teil-GdB von 20. Die übrigen Gesundheitsstörungen erreichten jeweils nur einen Teil-GdB von 10. Hieraus sei ein Gesamt-GdB von 60 zu bilden. Die Klägerin sei in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr allerdings nicht erheblich beeinträchtigt, weshalb die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" nicht vorlägen. Bei ihr bestünden keine solchen Behinderungen, die sich wesentlich auf die Gehfähigkeit besonders auswirkten. Die Klägerin sei beobachtet worden, nachdem sie die Praxis verlassen habe, ohne dass sie dies habe wissen können. Auf der Straße sei sie, als sie sich unbeobachtet gewähnt habe, rasch, den Rollator vor sich hinschiebend, vorangeschritten. Das Zurücklegen einer Wegstrecke von 2 km zu Fuß innerhalb von etwa einer halben Stunde sei ihr zweifelsfrei möglich. Bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sei sie wegen der bei ihr bestehenden Behinderungen nicht regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen. Das Gutachten des Sachverständigen M. lasse gleichwohl kein tiefergehendes Verständnis für ihre Behinderungen erkennen.
Die Klägerin, welche über relativ gute Deutschkenntnisse verfüge, weshalb auf die Anwesenheit einer dolmetschenden Person bei der Begutachtung habe verzichtet werden können, habe angegeben, weiterhin als Schichtführerin mit einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden beschäftigt zu sein. Sie stehe morgens normalerweise um 7 Uhr auf. Neben der Arbeit erledige sie alle anfallenden Haushaltsarbeiten. Ihr Ehemann könne wegen seiner Erkrankung nicht mithelfen. Freundinnen und Freunde habe sie immer noch, wenngleich weniger als früher. Inzwischen lebe sie selbst sehr zurückgezogen. Sie wolle niemanden mehr sehen. Sie sei religiös. Für politische Entwicklungen zeige sie kein Interesse. Spezielle Hobbys habe sie nicht, für solche habe sie ohnehin keine Zeit. Letztmals habe sie einen dreiwöchigen Urlaub mit ihrer Familie in der Türkei verbracht. Sie besitze zwar die Fahrerlaubnis der Klasse B, fahre seit geraumer Zeit aber selbst nicht mehr, zumal sie schon zweimal einen so genannten "Sekundenschlaf" gehabt habe. Seit 2012 habe sie 10 kg zugenommen. Die Gewichtszunahme habe sie auf ihre Depressionen zurückgeführt. Aktuell habe sie Venlafaxin, 150 mg, zweimal täglich eine Tablette, Zolpidem, 10 mg (0-0-0-1) und Seroquel Prolong, 50 mg (0-0-1) verordnet bekommen. Daneben greife sie regelmäßig auf bis zu drei Tabletten täglich Voltaren, 75 mg sowie Tramadol und Tilidin nach Bedarf zurück. Damit nehme die Klägerin ganz offensichtlich regelmäßig auch Opioide zu sich. Hierunter sei eine Gruppe von Medikamenten zu verstehen, welche morphinartige Eigenschaften aufwiesen und dementsprechend an den Opioidrezeptoren Wirkung entfalteten. Die Klägerin habe angegeben, ihr sexuelles Interesse habe sich längst schon sehr vermindert. Sie schlafe mit ihrem Ehemann nur noch deshalb, weil es sein müsse und er das wolle. Es sei etwa drei Mal je Woche. Immer, wenn er mit ihr schlafe, empfinde sie jedoch ein Hassgefühl für ihn. Einen Orgasmus habe sie schon lange nicht mehr bekommen. Ihre Hörfähigkeit habe sich seit etwa zehn Jahren beidseits vermindert, rechts mehr als links. Etwa zur gleichen Zeit habe sie erstmals Ohrgeräusche wahrgenommen. Seit 2012 sei es vermehrt zu Schwindelerscheinungen gekommen, vor allem wenn sie sich rasch bücke oder aufstehe. Diese Erscheinungen hielten dann jeweils mindestens eine halbe Stunde an. Die Symptomatik werde von Sehstörungen und Übelkeit begleitet. Drei- bis viermal am Tag träten Muskelkrämpfe in den Armen und Beinen auf, vor allem aber nachts. Sie verspüre ein ständiges Taubheitsgefühl in den Händen und Füßen sowie im Bereich der Oberschenkel. Kopfschmerzen habe sie mindestens zweimal in der Woche, wobei diese von Übelkeit begleitet seien. Schlafstörungen bestünden seit über zehn Jahren, weswegen sie Tabletten einnehme. Sie neige zu einer verstärkten Schweißbildung.
Es seien erhebliche Aggravationstendenzen, insbesondere im Rahmen der körperlich-neurologischen Untersuchungen, zu erkennen gewesen. Die Psychomotorik sei deutlich angespannt gewesen. Die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit sei subjektiv und objektiv eingeschränkt gewesen. Das Kurzzeitgedächtnis beziehungsweise die Merkfähigkeit sei als deutlich reduziert dargestellt worden. Bei den zugrundeliegenden Prüfungen hätten indes deutliche Übertreibungen im Sinne einer zur dokumentierenden Schwäche vorgelegen. Die Konzentrationsfähigkeit sei gut, die kritische Einstellung zu sich selbst reduziert und die allgemeine Kritikfähigkeit erhalten gewesen. Die Stimmungslage habe sich als gedrückt und mit einer besorgten Grundstimmung verbunden objektivieren lassen. Ein Hinweis auf eine akute oder latente Suizidalität habe nicht vorgelegen. Die Klägerin habe indes über eine Lebensüberdrüssigkeit berichtet. Die Affektivität sei deutlich in Richtung des depressiven Pols eingeengt gewesen. Es hätten Hinweise auf eine Affektlabilität vorgelegen. Der Antrieb sei subjektiv vermindert gewesen. Aus objektiver Sicht hätten sich bei der Klägerin keine anankastischen oder schizoiden Merkmale erfassen lassen, jedoch solche einer gewissen hysterischen Prägung. Bei der Klägerin sei eine schwierige Adoleszenz gegeben. Es seien vielerlei Konflikte im Laufe ihres Lebens aufgetreten. Bei seiner gutachterlichen Untersuchung hätten zwar keine Abwehr- oder Übertragungsphänomene festgestellt werden können, jedoch solche im Sinne eines so genannten "sekundären Krankheitsgewinnes" und der Tendenz zur Somatisierung intrapsychischer Beschwerden. Zusammenfassend habe die Klägerin mit Blick auf ihre spezifische Psychodynamik hervorgehoben, dass sie besonders durch den Ehebruch ihres Mannes vor vielen Jahren und durch ihre schlimme Kindheit belastet worden sei.
Hiergegen hat der Beklagte, im Wesentlichen gestützt auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W. vom 3. September 2015, eingewendet, der Sachverständige M. habe den Gesamt-GdB von 40 bestätigt. Er habe auf eine massive Simulation hingewiesen. Auch im Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. B. seien zumindest erhebliche Aggravationstendenzen erwähnt worden, wobei diese allerdings entsprechend relativiert worden seien. Die Klägerin habe danach mit dieser Verhaltensweise ihren eigenen Standpunkt unterstreichen wollen, da sie es angesichts ihrer Sprachdefizite nicht genügend zu verbalisieren vermocht habe, was sie seelisch betreffe. Hierdurch sei indes auf psychischem und körperlichem Gebiet ein vernünftiger und objektiver Befund nicht zu erheben gewesen. Ein solcher sei aber Voraussetzung für eine sachgerechte Bewertung des GdB. Es sei der Eindruck entstanden, dass sich die Klägerin durchaus sehr bewusstseinsnah verhalten habe, was sich der sachverständigen Zeugenauskunft der Fachärztin für Allgemeinmedizin M. entnehmen lasse. Die Expertise von Prof. Dr. B. sei daher keine ausreichende objektive Grundlage für die Bewertung des GdB. Ohnehin sei nicht nachvollziehbar, dass er für zwei psychiatrische Erkrankungen jeweils einen Teil-GdB von 30 vergeben habe. Demgegenüber sei das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" nur mit einem Teil-GdB zu bewerten. Da der Teil-GdB von 20 für das Wirbelsäulenleiden wegen der bestehenden Aggravationstendenzen nicht nachvollzogen werden könne, was der Sachverständige M. offengelegt habe, sei selbst unter Zugrundelegung der von Prof. Dr. B. angenommenen Teil-GdB-Werte ein höherer Gesamt-GdB als 40 nicht stichhaltig zu begründen.
Die Klägerin hat im erstinstanzlichen Verfahren nach der Ladung des SG zur mündlichen Verhandlung vom 30. September 2015 den Bericht des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. von Anfang November 2015 vorgelegt, wonach sie sich seit Anfang Oktober 2012 in seiner regelmäßigen psychiatrischen-psychotherapeutischen Behandlung befinde. Wegen der bei ihr bestehenden ausgeprägten Beschwerden, welche zunähmen, sei von der direkten Anhörung durch das Gericht abzuraten. Die Verpflichtung, an der Verhandlung teilzunehmen, werde die Gesundheit der Klägerin weiter verschlechtern. Diese hat ergänzend ausgeführt, die Bekanntgabe des Termins zur mündlichen Verhandlung beim SG habe sich negativ auf ihren Zustand ausgewirkt. Sie wache nunmehr öfter in der Nacht schweißgebadet auf und sei voller Angst. Auch habe sie seither mehrmals darauf bezogene Albträume gehabt, welche immer wieder ähnlich abgelaufen seien. Sie sei durch die Behörde und das Gericht verhöhnt und beschuldigt worden, dass sie lüge und betrüge. Hintergrund hierfür sei die Behauptung ihrer bisherigen Hausärztin M., worunter sie erheblich leide. Ihr psychisches Wohlbefinden habe sich dadurch noch weiter verschlechtert.
In der mündlichen Verhandlung am 9. November 2015, bei der die Klägerin selbst nicht anwesend gewesen ist, nachdem das SG von ihrem persönlichen Erscheinen abgesehen hat, hat ihre Bevollmächtigte die Sachanträge gestellt, ohne die Hilfsanträge aufrechtzuerhalten. Das erstinstanzliche Gericht hat die Klage mit Urteil vom selben Tag abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Feststellungen eines höheren GdB als 40 sowie der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung der Merkzeichens "G" und "B".
Hiergegen hat sie am 9. Dezember 2015 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, mit der Bestellung von Prof. Dr. B. zum Sachverständigen habe das SG ihr Antragsrecht nach § 109 SGG ausgehöhlt, weshalb sie weiterhin begehre, im Rahmen dieser Norm Gutachten bei Prof. Dr. E. und Dr. H. einzuholen. Ohnehin stützten neben dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. B. auch die sachverständige Zeugenauskunft von Dr. L. und die Ausführungen von Dr. H. zumindest einen Gesamt-GdB von 50. Der Sachverständige M. habe erkennen lassen, dass ihm die Bedeutungen von Simulation und Aggravation nicht geläufig seien.
Die Klägerin beantragt zuletzt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. November 2015 und den Bescheid vom 25. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2013 aufzuheben sowie den Beklagten zu verpflichten, bei ihr unter Abänderung des Bescheides vom 3. August 2005 den Grad der Behinderung mit 80 sowie die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Nachteilsausgleiche "G" und "B" ab 10. Juli 2012 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Er trägt im Wesentlichen vor, deren Begehren könnten nicht zum Erfolg führen. Ein Verstoß gegen formelles oder materielles Recht lasse sich nicht erkennen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.
Die Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 SGG), aber nur zu einem geringen Teil begründet.
Das SG hat zu Unrecht die Anfechtungsklage als Teil der Kombination aus ihr und der Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG, vgl. zur Klageart BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R -, juris, Rz. 25 m. w. N.), mit der die Klägerin die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleiches "G" verfolgt hat, als unbegründet abgewiesen, soweit damit in Bezug darauf auch die teilweise Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2013 begehrt worden ist. Im Übrigen hat das SG dieses Anfechtungsbegehren, soweit es auf die teilweise Aufhebung des Ausgangsbescheides vom 25. Januar 2013 abgezielt hat, das auf die Zuerkennung des Merkzeichens "G" gerichtete Verpflichtungsgesuch sowie die sonstige Klage, mit welcher die Feststellungen des GdB mit 80 und der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "B" verfolgt worden sind, zu Recht abgewiesen.
Gegenstand der Klage sind die Aufhebung des Bescheides vom 25. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2013 sowie die Ansprüche der Klägerin auf Neufeststellung des GdB mit 80 aufgrund einer geltend gemachten Verschlimmerung desjenigen Gesundheitszustandes, welcher dem bestandskräftigen Bescheid vom 3. August 2005 zugrunde lag, und die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung der Merkzeichen "G" und "B", jeweils ab 10. Juli 2012. Die gerichtliche Nachprüfung richtet sich, bezogen auf die tatsächlichen Verhältnisse, in Fällen einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rz. 34).
Die Berufung ist begründet, soweit das SG die Anfechtungsklage gegen den Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2013 auch in dem Umfang abgewiesen hat, wie die Widerspruchsbehörde die originäre Entscheidung getroffen hat, dass die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" bei der Klägerin nicht festzustellen sind. Das Regierungspräsidium Stuttgart als Widerspruchsstelle, § 85 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 5 des Gesetzes zur Reform der Verwaltungsstruktur, zur Justizreform und zur Erweiterung des kommunalen Handlungsspielraumes (Verwaltungsstruktur-Reformgesetz - VRG) vom 1. Juli 2004 (GBl. S. 469) in Verbindung mit § 69 Abs. 1 Satz 1 und 6 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) in Verbindung mit § 12, § 24 Abs. 2 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I), ist funktional und sachlich nicht zuständig gewesen, an Stelle des Landratsamtes Enzkreis als Ausgangsbehörde des Beklagten (Art. 1 Abs. 4 Satz 1 VRG i. V. m. § 69 Abs. 1 Satz 1 und 6 SGB IX i. V. m. § 12, § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB I) über dieses erstmals im Widerspruchsverfahren geltend gemachte Recht zu befinden. In diesem Umfang ist der angefochtene Widerspruchsbescheid als Verwaltungsakt (vgl. Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O., § 85 Rz. 7) rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG), auch wenn der Senat darauf hinweist, dass die Tatbestandsmerkmale für die Feststellung der Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" bei vollständig erhaltenem Gehvermögen ganz unzweifelhaft nicht erfüllt sind.
Im Übrigen ist die Berufung nicht begründet.
Dieses Rechtsmittel ist bereits mangels Zulässigkeit der Klage unbegründet, soweit mit dieser unter Aufhebung des angefochtenen Urteils des SG und des Ausgangsbescheides vom 25. Januar 2013 die Verpflichtung des Beklagten zur Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleiches "G" begehrt worden ist. Mit dieser angefochtenen Verwaltungsentscheidung hat der Beklagte nur die Neufeststellung des GdB und die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleiches "B" abgelehnt. Damit liegen die Sachentscheidungsvoraussetzungen für das Klagebegehren, welches auf die Verpflichtung zur Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" abzielt, nicht vor.Die Klägerin ist insoweit, bezogen auf die gegen den Ausgangsbescheid gerichtete Anfechtungsklage, nicht klagebefugt im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG. Es reicht zwar aus, dass eine Verletzung in eigenen Rechten möglich ist und Rechtsschutzsuchende die Beseitigung einer in ihre Rechtssphäre eingreifenden Verwaltungsmaßnahme anstreben, von der sie behaupten, sie sei nicht rechtmäßig (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2007 - B 9/9a SGB 2/06 R -, SozR 4-3250 § 69 Nr. 5, Rz. 18). An der Klagebefugnis fehlt es demgegenüber, wenn eine Verletzung subjektiver Rechte nicht in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil vom 14. November 2002 - B 13 RJ 19/01 R -, BSGE 90, 127 <130>), weil hinsichtlich des Klagebegehrens keine gerichtlich überprüfbare Verwaltungsentscheidung vorliegt (BSG, Urteil vom 21. September 2010 - B 2 U 25/09 R -, juris, Rz. 12). Über ein Recht in Bezug auf den Nachteilsausgleich "G" wurde mit dem Bescheid vom 25. Januar 2013 nicht entschieden. Die Unzulässigkeit dieses Anfechtungsbegehrens zieht die Unzulässigkeit der mit ihm kombinierten Verpflichtungsklage nach sich.
Soweit die Klägerin mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage die Beseitigung des ablehnenden Bescheides vom 25. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2013 sowie die Verpflichtung des Beklagten zur Neufeststellung des GdB mit 80 und die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "B", jeweils ab 10. Juli 2012, verfolgt hat, ist die Berufung ebenfalls unbegründet, hingegen nicht wegen Unzulässigkeit, sondern wegen Unbegründetheit der Klage. Denn mangels Vorliegen der Voraussetzungen für diese begehrten Feststellungen, sind die insoweit angefochtenen Verwaltungsakte rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Rechtsgrundlage für den Klageanspruch auf Neufeststellung des GdB mit 80 ab 10. Juli 2012 ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten der Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X). Dabei liegt eine wesentliche Änderung vor, soweit der Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen nicht mehr so erlassen werden dürfte, wie er ergangen war. Die Änderung muss sich nach dem zugrundeliegenden materiellen Recht auf den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes auswirken. Das ist bei einer tatsächlichen Änderung nur dann der Fall, wenn diese so erheblich ist, dass sie rechtlich zu einer anderen Bewertung führt. Von einer wesentlichen Änderung ist im vorliegenden Zusammenhang bei einer Verschlechterung im Gesundheitszustand der Klägerin auszugehen, wenn aus dieser die Erhöhung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 folgt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 11.November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 12). Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt - teilweise - aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG, Urteil vom 22. Oktober 1986 - 9a RVs 55/85 -, juris, Rz. 11 m. w. N.). Die Feststellung einer wesentlichen Änderung setzt einen Vergleich der Sach- und Rechtslage bei Erlass des - teilweise - aufzuhebenden Verwaltungsaktes und zum Zeitpunkt der Überprüfung voraus (vgl. BSG, Urteil vom 2. Dezember 2010 - B 9 V 2/10 R -, juris, Rz. 38 m. w. N.; Schütze, in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Aufl. 2014, § 48 Rz. 4).
Bei dem Bescheid vom 3. August 2005 über die Feststellung des GdB mit 40 seit 19. April 2005 handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R -, juris, Rz. 31 m. w. N.). In den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass dieser Verwaltungsentscheidung vorlagen, ist indes keine wesentliche Änderung eingetreten.
Der Anspruch der Klägerin richtet sich nach § 69 Abs. 1 und 3 SGB IX. Danach stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderung die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Schwerbehindert sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG (bis 30. Juni 2011: § 30 Abs. 17 BVG) erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Von dieser Ermächtigung hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Gebrauch gemacht und die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412) erlassen, um unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht"
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen, unabhängig ihrer Ursache, final bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (etwa "Altersdiabetes" oder "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17 m. w. N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5).
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer unbenannten Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzel-fall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R -, juris, Rz. 13). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder der Vorinstanz Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird.
In Anwendung dieser durch den Gesetz- und Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze sowie unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen der Klägerin nach dem 9. Juli 2012 keinesfalls einen höheren GdB als 40 begründen, wie er vom Beklagten mit Bescheid vom 3. August 2005 festgestellt worden ist.
Das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" hat einen Teil-GdB von 20 zur Folge.
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass die Klägerin mittlerweile an einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (ICD-10-GM-2016 F45.41) leidet, wie es der Ärztliche Leiter V. nach seinem im Wege des Urkundenbeweises (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 415 ff. Zivilprozessordnung - ZPO) verwerteten Entlassungsbericht über ihren stationären Aufenthalt in der Reha-Klinik S. im Herbst 2012, die behandelnden Ärzte in der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie im Krankenhaus L. des Klinikums Nordschwarzwald nach der stationären Unterbringung der Klägerin von Ende August bis Ende Oktober 2014, wie es der Sachverständige M. wiedergegeben hat, und dieser selbst nach seiner gutachterlichen Untersuchung Mitte November 2014 schlüssig diagnostiziert haben. Demgegenüber ist sie mittlerweile nicht nur an der von dem Sachverständigen Prof. Dr. B. noch Mitte Juli 2015 angenommenen anhaltenden somatoformen Schmerzstörung (ICD-10-GM-2016 F45.40) erkrankt. Denn es liegen neben einer Chronifizierung auch psychische Faktoren vor, ohne dass entschieden zu werden braucht, ob dies noch im Frühjahr 2013, wie damals von dem sachverständigen Zeugen Priv.-Doz. Dr. W. angenommen, anders war. In Übereinstimmung mit der Bewertung durch Dr. St. hat insbesondere der Sachverständige M. überdies festgehalten, dass die Schmerzsymptomatik eher psychosomatisch im Rahmen einer chronischen Schmerzstörung zu erklären ist und weniger durch die dokumentierten degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule. Der Bericht von Dr. H., in dessen Praxis Dr. St. tätig gewesen ist, von Anfang November 2015 bringt bereits deswegen keinen weiteren Aufschluss, da er unzutreffend behauptete, dass sich die Klägerin seit Anfang Oktober 2012 in seiner regelmäßigen psychiatrischen-psychotherapeutischen Behandlung befunden hat. Demgegenüber ist sie nach ihrem eigenen Vortrag und ausweislich der schriftlichen sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. St. in der damaligen Zeit von diesem behandelt worden.
Daneben geht der Senat davon aus, dass bei der Klägerin eine Dysthymia (ICD-10-GM-2016 F34.1) vorliegt, wie sie der Sachverständige M. ebenfalls nachvollziehbar festgestellt hat. Das Diagnoseklassifikationssystem ICD-10 umschreibt sie als eine chronische, wenigstens mehrere Jahre andauernde depressive Verstimmung, die weder schwer noch hinsichtlich einzelner Episoden anhaltend genug ist, um die Kriterien einer schweren, mittelgradigen oder leichten rezidivierenden depressiven Störung (ICD-10-GM-2016 F33.-) zu erfüllen. Der Sachverständige M. beschreibt das Ergebnis seiner gezielten gutachterlichen Untersuchung dahingehend plausibel, dass wegen der Eheprobleme sowie der Doppelbelastung durch die Arbeit und die Versorgung des Ehemannes reaktiv depressive Verstimmungen entstanden sind. Diese biographischen Belastungen haben insgesamt die Neigung zur Somatisierung begünstigt. Hierdurch erklärt sich zudem eine gewisse Ausrichtung am Krankheitsgewinn. Die Klägerin führte in Bezug darauf gegenüber dem Sachverständigen M. offen aus, dass sie letztlich ein Rentenverfahren anstrebt. Nach dem Untersuchungsbefund hat dieser zwar nachvollziehen können, dass sie bedrückt war. Allerdings war die Beurteilbarkeit des psychischen Befundes durch die massive Simulation, also das bewusste, gesteuerte und absichtliche Vortäuschen einer krankhaften Störung zu bestimmten, klar erkennbaren Zwecken, erheblich eingeschränkt, so dass insoweit kein psychopathologischer Befund, also ein objektives Kriterium, zu erheben war. Bei allen drei durchgeführten Tests zur Validierung der Beschwerden zeigte sich eine massive Simulation, weshalb der Umstand, dass der Klägerin Ende Januar 2015 bereits über fünf Monate hinweg ärztlicherseits Arbeitsunfähigkeit attestiert wurde, an Gewicht verliert. Wesentliche, für den Senat nachvollziehbare Unterschiede in der Bewertung durch den Sachverständigen M. gegenüber den medizinischen Einschätzungen von Dr. St. und den behandelnden Ärzten der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie im Krankenhaus L. des Klinikums Nordschwarzwald resultierten daraus, dass bei seiner gezielten Begutachtung, anders als bei den auf Therapie ausgerichteten Behandlungen, in erheblichen Teilen eine Simulation sowie durchaus eindeutig und explizit massive Hinweise auf eine Aggravation, also die bewusste verschlimmernde beziehungsweise überhöhende Darstellung einer krankhaften Störung zu erkennbaren Zwecken, die Übertreibung vorwiegend subjektiver Krankheitserscheinungen nicht vorhandener Defizite, vorlagen. Die Simulation der Klägerin bei der Untersuchung durch den Sachverständigen M. zeigte sich etwa auch bei der Demonstration des Gehvermögens. Auf die Aufforderung, im Zimmer auf- und abzugehen, zeigte sie ein extrem langsames Gangbild. Spontan war dieses jedoch völlig unauffällig, was mit der gesamten Aktenlage in Einklang steht, wonach kein organisch erklärender Befund für eine Einschränkung des Gehvermögens erhoben worden ist. Bei der Begutachtung durch den Sachverständigen Prof. Dr. B. gab sie vor, auf einen Rollator angewiesen zu sein. Nachdem sie dessen Praxis verlassen hatte und sich unbeobachtet wähnte, schritt sie demgegenüber rasch, diese Gehhilfe vor sich hinschiebend, voran. Wegen der damit feststehenden, doch ganz erheblichen negativen Antwortverzerrung der Klägerin ließ sich somit weder eine mittelschwere depressive Symptomatik, wie von dem diese behandelnden Dr. St. angenommen, noch gar eine schwergradige depressive Episode, wie während der stationären Therapiemaßnahme in der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie im Krankenhaus L. des Klinikums Nordschwarzwald unmittelbar vor der Begutachtung durch den Sachverständigen M. diagnostiziert, nachweisen. Die Verwendung der Begrifflichkeiten Simulation und Aggravation sind, anders als von der Klägerin angenommen, dem Sachverständigen M. geläufig. Seine Expertise lässt Gegenteiliges nicht erkennen, zumal er sich auch im Rahmen seines Internetauftritts ("www.neuro24.de", Allgemeines, Glossar unter "Simulation") unter Nennung zahlreicher Literaturfundstellen hiermit eingehend auseinandersetzt. Dr. L. ist als Orthopäde ohnehin nur fachfremd und folglich von vornherein nicht nachvollziehbar von einer mittelgradigen depressiven Episode ausgegangen. Der Sachverständige Prof. Dr. B. diagnostizierte zwar Mitte Juli 2015 nach seiner gutachterlichen Untersuchung ebenfalls eine rezidivierende Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode (ICD-10 F33.1). Die von diesem erwähnten erheblichen Aggravationstendenzen der Klägerin hat er unter Hinweis darauf entsprechend zu relativieren versucht, sie habe mit dieser Verhaltensweise ihren eigenen Standpunkt unterstreichen wollen. Denn sie vermöge angesichts ihrer Sprachdefizite nicht genügend zu verbalisieren, was sie seelisch betreffe. Dies überzeugt den Senat schon deshalb nicht, da Prof. Dr. B. selbst die Deutschkenntnisse als relativ gut beschrieben hat, sich somit selbst widerspricht. Der Sachverständige M. hat ebenfalls erwähnt, die Klägerin spreche sehr gut Deutsch, was dies bestätigt. Darüber hinaus erklärt die von Prof. Dr. B. vorgenommene Relativierung nicht, weshalb die Klägerin eine solche Verhaltensweise auch in vermeintlich unbeobachteten Momenten zeigt, wie im Falle des vor sich hinschiebenden Rollators. Zudem ändert dieses Gebaren nichts daran, dass auf psychiatrischem Fachgebiet kein vernünftiger und objektiver Befund zu erheben gewesen ist, worauf der Beklagte, gestützt auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W. von Anfang September 2015, zutreffend hingewiesen hat. Die Nichterweislichkeit rechtlich erheblicher Tatsachen geht nach den Grundsätzen der objektiven Feststellungslast indes zu Lasten derjenigen Beteiligten, welche aus ihr eine ihnen günstige Rechtsfolge herleiten wollen (vgl. BSG, Urteil vom 24. November 2010 - B 11 AL 35/09 R -, juris, Rz. 20), wie vorliegend die Klägerin. Einzig eine leichtere anhaltende depressive Störung ist noch grenzwertig objektivierbar gewesen, weshalb lediglich eine Dysthymia belegt ist.
In Anlehnung an die VG, Teil B, Nr. 3.7, wonach Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen mit einem GdB von 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB von 30 bis 40 sowie bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einen GdB von 80 bis 100 zu bewerten sind, rechtfertigen die wegen der chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren sowie der Dysthymia bestehenden Funktionseinschränkungen allenfalls einen GdB von 20. Ein höherer ist nicht angemessen, da bei der Klägerin die Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit nicht wesentlich eingeschränkt ist. Sie arbeitet nach einer längeren Phase, in der sie ab der ersten Jahreshälfte 2014 bis in das Folgejahr arbeitsunfähig erkrankt war, wieder als Vorarbeiterin in Vollzeit im Produktionsprozess eines Unternehmens. Sie hat Prof. Dr. B. gegenüber Mitte Juli 2015 einen strukturierten Tagesablauf beschrieben, wonach sie morgens normalerweise um 7 Uhr aufsteht und nach der Arbeit alle anfallenden Haushaltsarbeiten erledigt. Sie pflegt darüber hinaus ihren Ehemann, sie duscht beziehungsweise wäscht ihn und zieht ihn an und aus. Selbst als sie arbeitsunfähig erkrankt war, war es ihr möglich, diese Aufgaben zu erledigen, mit dem einzigen Unterschied, dass sie etwa einer Stunde später aufstand. Soziale Kontakte zu Freundinnen und Freunden sind noch erhalten, auch wenn sich die Anzahl reduziert haben mag. Ein sozialer Rückzug zur Familie liegt in keiner Weise vor. Sie hält Kontakt zu ihren beiden Kindern, insbesondere die Tochter kommt mit ihrem Ehemann alle zwei bis drei Wochen sonntags zum Essen vorbei. Sie geht regelmäßig spazieren, entweder allein oder mit ihrem Ehemann. Als Ablenkung sieht sie oft fern, abwechselnd in deutscher und türkischer Sprache, vorrangig Nachrichten, Shows und Serien. Einmal in der Woche geht sie in ein Thermalbad. Noch im Jahre 2014 war sie mit ihrer Familie, also einschließlich ihres pflegebedürftigen Ehemannes, drei Wochen bei ihrer Schwester in der Türkei im Urlaub, wie sie gegenüber den Sachverständigen M. und Prof. Dr. B. angab. Nach der Einlassung der Klägerin gegenüber Letzterem übt sie zwar den Geschlechtsverkehr mit ihrem Ehemann nur aus, weil dieser es wolle. Zudem bekomme sie schon längst keinen Orgasmus mehr und empfinde sogar ein Hassgefühl für ihn, wenn sie mit ihm schlafe. Selbst dieses angegebene verminderte sexuelle Interesse hat sie bislang aber nicht davon abgehalten, regelmäßig drei Mal in der Woche mit ihrem Ehemann intim zu werden, wie sie kundtat. Der von dem Sachverständigen M. gewonnene Eindruck, dass die Klägerin bedrückt wirkte und ihre affektive Schwingungsfähigkeit in der Untersuchungssituation vermindert war, aber durchaus positive Emotionen auslösbar waren, unterstreicht diese der Klägerin noch mögliche Tagesstruktur. Neben fehlenden Hinweisen auf kognitive Defizite war der psychopathologische Befund im Übrigen normwertig. Damit noch in Einklang steht der von Prof. Dr. B. acht Monate später objektivierte Befund, der an der Tagesstruktur nichts Wesentliches geändert hat. Danach zeigte sich die Psychomotorik deutlich angespannt sowie die Stimmungslage gedrückt und mit einer besorgten Grundstimmung verbunden. Die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit waren auch objektiv eingeschränkt. Das Kurzzeitgedächtnis beziehungsweise die Merkfähigkeit wurde demgegenüber zwar als deutlich reduziert dargestellt. Bei den zugrundeliegenden Prüfungen lagen indes deutliche Übertreibungen im Sinne einer zu dokumentierenden Schwäche vor. Die Konzentrationsfähigkeit war gut, lediglich die kritische Einstellung zu sich selbst reduziert und die allgemeine Kritikfähigkeit erhalten. Ein Hinweis auf eine akute oder latente Suizidalität fand sich nicht, die Klägerin berichtete allein über eine Lebensüberdrüssigkeit. Die Affektivität war weiter deutlich in Richtung des depressiven Pols eingeengt. Hinweise auf eine Affektlabilität lagen vor. Der Antrieb war indes nur subjektiv vermindert, aus objektiver Sicht ließen sich keine anankastischen oder schizoiden Merkmale erfassen, allerdings solche einer gewissen hysterischen Prägung. Trotz schwieriger Adoleszenz und aufgetretenen Konflikten im Laufe des Lebens sind keine Abwehr- oder Übertragungsphänomene festgestellt worden, einzig solche im Sinne eines sekundären Krankheitsgewinnes und der Tendenz zur Somatisierung intrapsychischer Beschwerden. Soweit der sachverständige Zeuge Dr. St. ausgeführt hat, im psychiatrischen Befund hätten alle geklagten Beschwerden wie Konzentrationsverlust, Grübeln, schlechte Stimmung bis zur Hoffnungslosigkeit und latent suizidale Gedanken nachvollziehbar wiedergefunden werden können, konnte dies der Senat bereits deshalb nicht nachvollziehen, da er diesen nicht spezifiziert dargelegt hat. Selbst unter Berücksichtigung der wegen der Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet verordneten Medikation, wie sie die Klägerin gegenüber Prof. Dr. B. Mitte Juli 2015 angegeben hat, also der Einnahme von Venlafaxin, 150 mg, zweimal eine Tablette täglich und Serolong Prolong, 50 mg (0-0-1), der Schlafstörungen als einzig beschriebene psychovegetative Begleiterscheinung, weswegen sie Zolpidem, 10 mg zur Nacht einnimmt, und der einmaligen, bereits im Frühjahr 2013 endenden etwa halbjährigen Verhaltenstherapie bei Dr. St. mit einer durchschnittlichen Frequenz von einer Sitzung alle zwei Wochen, also danach dreizehn Konsultationen, lässt sich kein höherer GdB als 20 begründen.
Die von der Klägerin gegenüber den Sachverständigen M. und Prof. Dr. B. geäußerte Schwindelsymptomatik, weswegen sie sich bereits im März 2012 kurzzeitig stationär in der Medizinischen Klinik des Krankenhauses M. aufhielt und der dortige Chefarzt Dr. F. einen unspezifischen Schwindel diagnostizierte, lässt sich nach der plausiblen Darlegung des Sachverständigen M. neurologisch nicht erklären, weshalb sie von vornherein nicht dem Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" zugeordnet werden kann. Die Klägerin gab eher einen Schwank- oder Benommenheitsschwindel an. Im Romberg-Versuch, einer orientierenden klinischen Untersuchung zur Überprüfung der Standsicherheit, demonstrierte sie ein Schwanken, wobei sie allerdings mit geschlossenen Augen auf die Fersen ging sowie hin und her schwankte, ohne jedoch eine Fallneigung zu zeigen. Der Versuch wurde dann nochmals durchgeführt und dabei ein Zahlenerkennen an der Stirn vorgenommen. Die Zahlen wurden von der Klägerin zwar nicht erkannt, das Schwanken endete jedoch sofort, weshalb nach dem Gesamtzusammenhang eine in jedem Fall mit vorhandene aktive Steuerung gegeben war. Ein Schwindel, welcher bei Augenbewegungen zum Erbrechen führt, ist, wie der Sachverständige M. überzeugend ausgeführt hat, neurologisch nicht erklärbar und im Rahmen einer aggravierenden Darstellung zu sehen. Bei dessen gutachterlicher Untersuchung zeigte sich kein Nystagmus, weder beim Lagerungswechsel noch spontan oder bei der Prüfung der Augenfolgebewegungen. Ein Hinweis auf eine Gleichgewichtsstörung oder Ataxie lag nicht vor. Hinsichtlich der von der Klägerin zuletzt gegenüber Prof. Dr. B. angeführten Kopfschmerzen, die zweimal in der Woche aufträten und von Übelkeit begleitet seien, welche aber bislang nicht als psychovegetative Begleiterscheinung der Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet belegt sind, ist bis aktuell keine Migräne diagnostiziert worden, die erst unter Berücksichtigung der VG, Teil B, Nr. 2.3 einen höheren Teil-GdB stützen kann. Das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" ist daher mit einem Teil-GdB von 20 ausreichend bewertet.
Die bei der Klägerin wegen der Gesundheitsstörungen an den Haltungs- und Bewegungsorganen vorliegenden Funktionsbehinderungen bedingen in Bezug auf die Funktionssysteme "Rumpf", "Arme" und "Beine" jeweils keine Teil-GdB von wenigstens 10. Nach den VG, Teil B, Nr. 18.1 wird der GdB für angeborene und erworbene Schäden an den Haltungs- und Bewegungsorganen entscheidend bestimmt durch die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen (Bewegungsbehinderung und Minderbelastbarkeit) sowie die Mitbeteiligung anderer Organsysteme. Die üblicherweise auftretenden Beschwerden sind dabei mitberücksichtigt. Außergewöhnliche Schmerzen sind gegebenenfalls zusätzlich zu werten (vgl. VG, Teil A, Nr. 2 j). Schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Gelenke können schwerwiegender als eine Versteifung sein. Bei Haltungsschäden und/oder degenerativen Veränderungen an Gliedmaßengelenken und an der Wirbelsäule (z. B. Arthrose, Osteochondrose) sind auch Gelenkschwellungen, muskuläre Verspannungen, Kontrakturen oder Atrophien zu berücksichtigen. Mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z. B. degenerativer Art) allein rechtfertigen noch nicht die Annahme eines GdB. Ebenso kann die Tatsache, dass eine Operation an einer Gliedmaße oder an der Wirbelsäule (z. B. Meniskusoperation, Bandscheibenoperation, Synovialektomie) durchgeführt wurde, für sich allein nicht die Annahme eines GdB begründen. Bei den entzündlich-rheumatischen Krankheiten sind unter Beachtung der Krankheitsentwicklung neben der strukturellen und funktionellen Einbuße die Aktivität mit ihren Auswirkungen auf den Allgemeinzustand und die Beteiligung weiterer Organe zu berücksichtigen.
Entzündlich-rheumatische Krankheiten, wofür die VG in Teil B, Nr. 18.2.1 eine GdB-Tabelle vorsehen, liegen bei der Klägerin nicht vor. Der sachverständige Zeuge Dr. G. hat zwar nach Untersuchungen im Juni 2012 und im Folgemonat den Schweregrad der von ihm angenommenen rheumatologischen Behinderungen als leicht bis mittelgradig eingestuft. Hierfür hat er sich indes ausschließlich auf die Angaben der Klägerin gestützt, wonach sie seit Jahren zunehmende Schmerzen in allen Gelenken habe, ohne einen diese Beschwerden stützenden Befund wiederzugeben. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin M., die damalige Hausärztin der Klägerin, hat im Juli 2012 mitgeteilt, dass eine rheumatische Erkrankung nicht nachgewiesen werden konnte, also auch nicht nach den ihr vorliegenden Fremdbefundberichten. Demgegenüber leide sie eher an diffusen Rücken- und Schulterschmerzen. Ihr noch im Verwaltungsverfahren vorgelegter Bericht kann als Urkundenbeweis verwertet werden, ohne dass es darauf ankommt, welche Auswirkungen die Anzeige der Klägerin bei der Staatsanwaltschaft Karlsruhe wegen Beleidigung und Verleumdung in Bezug auf deren schriftliche sachverständige Zeugenauskunft von Anfang 2014 hat. Nach den Ausführungen des Sachverständigen M. fanden sich bei seiner gutachterlichen Untersuchung ebenfalls weder Arthrosen, welche multiple Gelenkschmerzen erklärten, noch ein gezielter Hinweis auf eine rheumatologische Erkrankung.
Ab dem streitgegenständlichen Antrag auf Neufeststellung des GdB vom 10. Juli 2012 ist der Nachweis für eine Fibromyalgie (VG, Teil B, Nr. 18.4) nicht erbracht. Die sachverständigen Zeugen Dr. L. und Dr. St. haben diese Diagnose zwar angeführt beziehungsweise sind auf diese Entität eingegangen, ohne sie allerdings mit einem Untersuchungsbefund zu untermauern. Darüber hinaus hat der Sachverständige M. sinngemäß schlüssig ausgeführt, selbst ein angenommenes Fibromyalgiesyndrom entspreche vollständig der bereits erfassten chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, weshalb ihm keine weitre GdB-Relevanz zukäme.
Das Funktionssystem "Rumpf" erreicht keinen Teil-GdB von wenigstens 10.
Nach den VG, Teil B, Nr. 18.9 ergibt sich der GdB bei angeborenen und erworbenen Wirbelsäulenschäden (einschließlich Bandscheibenschäden, Scheuermann-Krankheit, Spondylolisthesis, Spinalkanalstenose und dem so genannten "Postdiskotomiesyndrom") primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte. Der Begriff Instabilität beinhaltet die abnorme Beweglichkeit zweier Wirbel gegeneinander unter physiologischer Belastung und die daraus resultierenden Weichteilveränderungen und Schmerzen. So genannte "Wirbelsäulensyndrome" (wie Schulter-Arm-Syndrom, Lumbalsyndrom, Ischialgie sowie andere Nerven- und Muskelreizerscheinungen) können bei Instabilität und bei Einengungen des Spinalkanals oder der Zwischenwirbellöcher auftreten. Für die Bewertung von chronisch-rezidivierenden Bandscheibensyndromen sind aussagekräftige anamnestische Daten und klinische Untersuchungsbefunde über einen ausreichend langen Zeitraum von besonderer Bedeutung. Im beschwerdefreien Intervall können die objektiven Untersuchungsbefunde nur gering ausgeprägt sein.
Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität haben einen GdB von 0 zur Folge. Gehen diese mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurzdauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) einher, ist ein GdB von 10 gerechtfertigt. Ein GdB von 20 ist bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) vorgesehen. Liegen schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt vor (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ist ein Teil-GdB von 30 angemessen. Ein GdB-Rahmen von 30 bis 40 ist bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorgesehen. Besonders schwere Auswirkungen (etwa Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst [z.B. Milwaukee-Korsett]; schwere Skoliose [ab ca. 70° nach Cobb]) eröffnen einen GdB-Rahmen von 50 bis 70. Schließlich ist bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB-Rahmen zwischen 80 und 100 vorgesehen. Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen - oder auch die intermittierenden Störungen bei der Spinalkanalstenose - sowie Auswirkungen auf die inneren Organe (etwa Atemfunktionsstörungen) sind zusätzlich zu berücksichtigen. Bei außergewöhnlichen Schmerzsyndromen kann auch ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen (z. B. Postdiskotomiesyndrom) ein GdB über 30 in Betracht kommen.
Die bereits von dem Ärztlichen Leiter V. im Herbst 2012 diagnostizierten Zervikobrachialgien und Lumboischialgien links bei mäßigen degenerativen Hals- und Lendenwirbelsäulenveränderungen und einem Bandscheibenvorfall im Bereich C5/6 (ICD-10-GM-2016 M53.1) sowie die von Dr. L. beschriebene Linksblockierung im Bereich C0/1 haben in keinem Wirbelsäulenabschnitt mindestens geringe funktionelle Auswirkungen zur Folge. Bei der orientierenden Untersuchung durch den Sachverständigen M. ließ sich keine schwerwiegende Bewegungseinschränkung feststellen. Ohnehin waren bei beiden von den Sachverständigen M. und Prof. Dr. B. durchgeführten gutachterlichen Untersuchungen auch insoweit erhebliche Aggravationstendenzen zu erkennen, wie beide ausdrücklich bekundet haben. Die Klägerin demonstrierte gegenüber dem Sachverständigen M. einen Finger-Boden-Abstand von 30 cm, welcher sich bei Prüfung des Finger-Zehen-Abstandes im Langsitz, was die gleiche Dehnung beinhaltet, auf Null verkürzte. Auch sonst ließ sich weder bei den passiven Bewegungen noch beim An- und Ausziehen eine Bewegungseinschränkung objektivieren. Soweit der Ärztliche Leiter V. im Herbst 2012 nach seiner klinischen Untersuchung den Finger-Boden-Abstand mit 25 cm sowie die Beweglichkeitsmaße der Halswirbelsäule nach der Neutral-0-Methode für die Rotation rechts/links mit 50-0-30° und die Seitneigung rechts/links mit 20-0-10° angab, fehlen ob der sich im Verfahren gezeigten Aggravationstendenzen der Klägerin Funktionsprüfungen der passiven Beweglichkeit, welche diese Werte hätten nachvollziehbar machen können. Das Zeichen nach Schober wurde mit 10/13 cm gemessen und weist damit noch nicht auf eine wesentlich eingeschränkte Entfaltbarkeit der Lendenwirbelsäule hin (vgl. Buckup, Klinische Tests an Knochen, Gelenken und Muskeln, 5. Aufl. 2012, S. 27). Die vom Beklagten seiner bisherigen Feststellung des GdB zugrunde gelegte Spinalkanalstenose hat sich weiter nicht objektivieren lassen. Der Sachverständige M. hat plausibel dargelegt, dass zwar radiologisch in einer Etage eine relative Enge beschrieben wurde, allerdings keine entsprechende Symptomatik einer Claudicatio spinalis, also das schmerzbedingte Hinken, bei seiner gutachterlichen Untersuchung zu eruieren war. Nach der Aktenlage sind solche Beschwerden von der Klägern auch nie vorgetragen worden. Zudem bestand keine Schädigung der Cauda oder des zervikalen Rückenmarks. Die bei der Klägerin vorhandene Schmerzsymptomatik ist überdies nicht überwiegend mit den geringen degenerativen Wirbelsäulenveränderungen zu erklären, sondern entspricht demgegenüber der psychosomatischen Störung, welche ihre Grundlage in biographischen Belastungsfaktoren hat und die organische Komponente der Schmerzstörung eher den geringeren Anteil einnimmt. Eine eindeutige auf die Bandscheibendegeneration zurückzuführende Symptomatik hat sich jedenfalls nicht feststellen lassen. Ferner waren hinsichtlich der angegebenen Wirbelsäulenbeschwerden keine Hinweise auf eine Nervenwurzelkompression oder -irritation von dem Sachverständigen M. erkannt worden. Hierzu passt, dass das Lasègue-Zeichen bei den Untersuchungen durch den Ärztlichen Leiter V. und den Sachverständigen M. in einem Abstand von zwei Jahren beidseits bis 90° jeweils negativ war. Auch für die Polyarthralgie ist keine weitergehende nachvollziehbare organische Grundlage gefunden worden. Außergewöhnliche Schmerzen, die zusätzlich zu berücksichtigen wären (VG, Teil A, Nr. 2 j; stRspr, vgl. Urteil des Senats vom 26. Februar 2015 - L 6 SB 2969/14 -, juris, Rz. 56), sind ebenfalls nicht nachgewiesen. Soweit Prof. Dr. B. dargestellt hat, dass die Klägerin regelmäßig Opioide einnimmt, liegt bereits ein Widerspruch zu seinen vorangegangenen Ausführungen im Gutachten vor. Denn danach greife sie neben Venlafaxin, 150 mg, zweimal eine Tablette täglich, Zolpidem, 10 mg (0-0-0-1) und Serolong Prolong, 50 mg (0-0-1) regelmäßig nur noch auf bis zu drei Tabletten Voltaren, 75 mg zurück, demgegenüber auf Tramadol und Tilidin, welches von dem Ärztlichen Leiter V. im Herbst 2012 abgesetzt wurde, nur noch bei Bedarf, was keine kontinuierliche dauerhafte Schmerztherapie darstellt. Damit in Einklang steht die Untersuchungssituation bei dem Sachverständigen M., während der die Klägerin kein Schmerzverhalten zeigte. Sie nahm keinen häufigen Lagewechsel vor. Die Bewegungen wurden zügig und ohne erkennbare Schonhaltung durchgeführt. Bei der Prüfung der Druckschmerzhaftigkeit fiel überdies auf, dass sie den Sachverständigen M. schon darauf hinwies, wo er drücken müsse und diese auftrete, noch bevor er überhaupt mit dem Test begonnen hatte. Ein Teil-GdB von wenigstens 10 für das Funktionssystem "Rumpf" ist danach nicht begründet.
Der GdB bei Gliedmaßenschäden ergibt sich nach den VG, Teil B, Nr. 18.11 aus dem Vergleich mit dem GdB für entsprechende Gliedverluste. Trotz erhaltener Extremität kann der Zustand gelegentlich ungünstiger sein als der Verlust. Die aufgeführten GdB für Gliedmaßenverluste gehen, soweit nichts anderes erwähnt ist, von günstigen Verhältnissen des Stumpfes und der benachbarten Gelenke aus. Bei ausgesprochen ungünstigen Stumpfverhältnissen, bei nicht nur vorübergehenden Stumpfkrankheiten sowie bei nicht unwesentlicher Funktionsbeeinträchtigung des benachbarten Gelenkes sind diese Sätze im allgemeinen um 10 zu erhöhen, unabhängig davon, ob Körperersatzstücke getragen werden oder nicht. Körperersatzstücke, orthopädische und andere Hilfsmittel mindern bei Verlust und Funktionsstörungen der Gliedmaßen sowie bei Funktionseinschränkungen des Rumpfes die Auswirkungen der Behinderung, ohne dass dadurch der durch den Schaden allein bedingte GdB eine Änderung erfährt. Bei der Bewertung des GdB von Pseudarthrosen ist zu berücksichtigen, dass straffe günstiger sind als schlaffe. Bei habituellen Luxationen richtet sich die Höhe des GdB außer nach der Funktionsbeeinträchtigung der Gliedmaße auch nach der Häufigkeit der Ausrenkungen.
Danach haben die Funktionssysteme "Arme" (vgl. VG, Teil B, Nr. 18.13) und "Beine" (vgl. VG, Teil B, Nr. 18.14) jeweils keinen Teil-GdB im messbaren Bereich zur Folge.
Die von dem Ärztlichen Leiter V. im Herbst 2012 noch diagnostizierte Epicondylitis humeri radialis rechts (ICD-10-GM-2016 M25.50) haben in der Folgezeit weder Dr. L. noch die Sachverständigen M. oder Prof. Dr. B. beschrieben, weshalb der Senat annimmt, dass sie ausgeheilt ist und keine Funktionsbehinderungen hinterlassen hat. Ohnehin waren die Armre-flexe bereits damals rechts kräftig und links immerhin noch abgeschwächt erhalten. Durch den Sachverständigen M. wurde Mitte November 2014 ein leichtes Karpaltunnelsyndrom beidseits festgestellt, welches nach der elektrophysiologischen Untersuchung die von der Klägerin angegebenen Missempfindungen teilweise nachvollziehbar gemacht hat. Zu objektivieren gewesen ist indes nur eine leichte Ausprägung der Krankheit, das gesamte Ausmaß der von ihr angegebenen Beschwerden hat sich demgegenüber nicht erklären lassen. Der Sachverständige M. hat nachvollziehbar dargelegt, dass es nicht plausibel ist, wenn die Hände angeblich bereits bei der Benutzung von Gabel und Messer beim Essen einschlafen. Bleibende sensible Defizite sowie eine Muskelverschmächtigung oder Parese, die ihre Angaben ansatzweise objektivieren könnten, bestanden in diesem Zusammenhang nicht. Es handelt sich um ein gutartiges häufiges Nervenkompressions-Syndrom, was die Klägerin insbesondere nicht daran hindert, ihre berufliche Tätigkeit als Vorarbeiterin im Produktionsprozess bei der Herstellung von Verteilern für Satellitenanlagen mit einer täglichen Arbeitszeit zwischen neun und zehn Stunden in der Normalschicht auszuüben. Die von dem Ärztlichen Leiter V. und von Prof. Dr. B. diagnostizierten Gonalgien, während des stationären Aufenthaltes in der Reha-Klinik S ist zudem eine Retropatellararthrose rechts gesehen worden, haben keine für den GdB relevanten Funktionsstörungen zur Folge. Bewegungseinschränkungen sind von keinem der beiden dokumentiert worden. Im Herbst 2012 sind der Patellar- und Achillessehnenreflex beidseits weiter kräftig auslösbar gewesen. Die Funktionssysteme "Arme" und "Beine" erreichen danach jeweils keinen Teil-GdB von 10.
Für das Funktionssystem "Ohren" ist ein Teil-GdB von 10 gerechtfertigt.
Maßgebend für die Bewertung des GdB bei Hörstörungen ist die Herabsetzung des Sprachgehörs, deren Umfang durch Prüfung ohne Hörhilfen zu bestimmen ist. Der Beurteilung ist die von der Deutschen Gesellschaft für HNO-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie empfohlene Tabelle (siehe VG, Teil B, Nr. 5.2.4, Tabelle D) zugrunde zu legen. Nach Durchführung eines Ton- und Sprachaudiogrammes ist der Prozentsatz des Hörverlustes aus entsprechenden Tabellen abzuleiten. Der sachverständige Zeuge Dr. B. behandelte die Klägerin bis Anfang August 2012. Zu diesem Zeitpunkt lag nach seiner Auskunft eine Innenohrschwerhörigkeit links vor, wobei der Hörverlust indes noch unter 20 % lag, also für den GdB noch nicht relevant war. Hinsichtlich der Ménière-Krankheit (ICD-10-GM-2016 H81.0), also einer Erkrankung des Innenohres, welche anfallsartig mit Drehschwindel, Hörminderung und Tinnitus einhergeht, lag lediglich der Verdacht für das linke Ohr vor, eine gesicherte Diagnose wurde indes nicht gestellt. Der Schwindel erreichte damals nach Stoll et al. nur die Intensitätsstufe 1 und bestand zuletzt ausschließlich bei rechtsseitiger Lage. Bereits damals sah Dr. B. nachvollziehbar einen GdB von 10 für die beginnende Schwerhörigkeit mit Tinnitus und Lagerungsschwindel als angemessen an. Gegenüber dem Sachverständigen M. gab die Klägerin Mitte November 2014 einen Tinnitus aurium beidseits (ICD-10-GM-2016 H93.1) an, welcher jedoch, so der Sachverständige, nicht mit wesentlichen psychischen Folgeerscheinungen einherging (vgl. VG, Teil B, Nr. 5.3). In Bezug auf die Schwindelproblematik stellte er bei seiner Untersuchung den Zustand nach einem gutartigen anfallsweisen Lagerungsschwindel fest, wobei sich die Schädigung des Vestibularorgans unter Berücksichtigung der Ausführungen des die Klägerin behandelnden HNO-Arztes Dr. B. nach entsprechendem Lagerungstraining zurückgebildet hatte. Zuletzt bestand im Jahre 2012 ein benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel, wobei dieser bei der gutachterlichen Untersuchung durch den Sachverständigen M. nicht mehr nachweisbar war. Dieser hat überzeugend dargelegt, dass ohnehin regelhaft aus einem solchen Lagerungsschwindel keine sechs Monate überdauernde Funktionseinschränkung resultiert, was auch bei der Klägerin der Fall war. Soweit Prof. Dr. B., gestützt auf das Tonaudiogramm von Mitte Juli 2015, das er erstellen ließ, eine beidseitige Innenohrschwerhörigkeit beschrieben hat, ist deren Ausmaß nicht objektiviert. Denn er hat nicht offengelegt, wer das Audiogramm erstellte, ob es also eine fachkundige Person wie eine Fachärztin oder ein Facharzt für HNO-Heilkunde oder zumindest eine Akustikerin oder ein Akustiker war. Zudem wurden die Begleitumstände, unter denen die von der Mitwirkung der Klägerin abhängige Hörprüfung durchgeführt wurde, nicht mitgeteilt. Wegen der Simulations- und Aggravationstendenzen, die sich während des gesamten gerichtlichen Verfahrens gezeigt haben, wäre dies erforderlich gewesen, um nachvollziehen zu können, ob die ausgewiesenen Werte die tatsächliche Hörbeeinträchtigung wiedergegeben. Ein höherer Teil-GdB als 10 ist daher für das Funktionssystem "Ohren" nicht begründbar.
Mit den sonstigen in den medizinischen Unterlagen erwähnten Erkrankungen sind vorliegend gleichermaßen keine Gesundheitsstörungen nachgewiesen, derentwegen einem Funktionssystem zuzuordnende Einschränkungen vorliegen, welche überhaupt erst geeignet wären, den Gesamt-GdB zu erhöhen. Insbesondere der Zustand nach erfolgter Uterusexstirpation mit aufgetretenen Myomen bei der 1961 geborenen Klägerin, bei der kein Kinderwunsch mehr besteht (vgl. VG, Teil B, Nr. 14.2), der sachverständige Zeuge Dr. St. hat insoweit aus medizinischer Sicht eine einen GdB begründende Funktionsstörung ausgeschlossen, die allergische Diathese, die von der damaligen Hausärztin M. im Verwaltungsverfahren als harmlos beschriebene Leberzyste sowie das in der Vergangenheit bestandene Magengeschwür mit -blutung haben ab 10. Juli 2012 jeweils keinen GdB von wenigstens 10 zur Folge.
Unter Berücksichtigung der Grundsätze für die Bildung des Gesamt-GdB, wonach insbesondere einzelne Teil-GdB-Werte nicht addiert werden dürfen (VG, Teil A, Nr. 3 a) und grundsätzlich leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen (VG, Teil A, Nr. 3 d ee), ist im Falle der Klägerin nach dem 9. Juli 2012 mit einem nur gerechtfertigten Gesamt-GdB von 20 aufgrund des Funktionssystems "Gehirn einschließlich Psyche" nicht einmal der bereits vom Beklagten festgestellte GdB von 40 begründet, worauf schon der Sachverständige Dr. M. in aller Deutlichkeit hingewiesen hat. Der von Dr. L., Dr. St. und Prof. Dr. B. befürwortete GdB von 50 ist nicht hinreichend mittels objektiver Befunde belegt, der von der Klägerin verfolgte GdB von 80 entbehrt jeder Grundlage und wird nicht einmal von diesen befürwortet. Darüber hinaus hat Prof. Dr. B. entgegen den VG, Teil A, Nr. 2 e Teil-GdB-Werte für jede der beiden von ihm angenommenen Krankheiten auf psychiatrischem Fachgebiet vergeben und nicht das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" insgesamt bewertet, wie der Beklagte aufgezeigt hat. Die Aufhebung der Feststellung des GdB ist dem Gericht wegen des im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz - GG) verankerten Grundsatzes der reformatio in peius, wonach eine Rechtsmittelführenden gegenüber ergangene Verwaltungsentscheidung auch im Berufungsverfahren nicht zu ihren Ungunsten abgeändert werden darf (vgl. BSG, Urteil vom 29. Februar 1956 - 10 RV 75/55 -, BSGE 2, 225 <228 f.>), indes verwehrt.
Ein Anspruch der Klägerin auf die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens "B" besteht ebenfalls nicht.
Rechtsgrundlage hierfür ist § 69 Abs. 4 SGB IX. Danach stellen die zuständigen Behörden neben einer Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale fest, was Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen für Menschen mit Schwerbehinderung ist. Nach § 69 Abs. 4 in Verbindung mit § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX in der bis zum 14. Januar 2015 gültigen Fassung (a. F.) ist seit dem 21. Dezember 2007 zusätzlich auf die VersMedV Bezug genommen, so dass seit dem 1. Januar 2009 diejenige vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412), zuletzt geändert durch die Fünfte Verordnung zur Änderung der VersMedV vom 11. Oktober 2012 (BGBl I S. 2122), auch für das Verfahren der Feststellung der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen heranzuziehen ist. Sie bindet als Rechtsverordnung Verwaltung und Gerichte (BSG, Urteil vom 23. April 2009 - B 9 SB 3/08 R -, juris, Rz. 27). Zwischenzeitlichen Bedenken an dieser Ermächtigung des Verordnungsgebers, insbesondere zum Erlass von Vorgaben für die Beurteilung von Nachteilsausgleichen (vgl. Dau, jurisPR-SozR 4/2009 Anm. 4), hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz vom 7. Januar 2015 (BGBl II S. 15) Rechnung getragen und in § 70 Abs. 2 SGB IX eine eigenständige Ermächtigungsgrundlage geschaffen. Diese erlaubt es dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales seit 15. Januar 2015 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die auch für die medizinischen Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Für eine Übergangszeit bis zum Erlass einer neuen Rechtsverordnung verbleibt es insoweit bei der bisherigen Rechtslage (vgl. § 159 Abs. 7 SGB IX; hierzu BT-Drucks 18/2953 und 18/3190, S. 5).
Die Grundsätze für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für Nachteilsausgleiche werden ebenfalls in den VG näher konkretisiert. Trotz der Bedenken an der Ermächtigung des Verordnungsgebers auf der Grundlage des § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX a. F. sind diese Konkretisierungen verbindlich, zumal die zum 1. Januar 2009 in Kraft getretenen VG ebenso wie die insoweit inhaltlich übereinstimmenden Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz
Zu den Nachteilsausgleichen gehört auch die Berechtigung für eine ständige Begleitung, also das Merkzeichen "B". Gemäß § 146 Abs. 2 Satz 1 SGB IX sind zur Mitnahme einer Begleitperson Menschen mit Schwerbehinderung berechtigt, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf Hilfe angewiesen sind. Die Feststellung bedeutet nach § 146 Abs. 2 Satz 2 SGB IX nicht, dass die Person mit Schwerbehinderung, wenn sie nicht in Begleitung ist, eine Gefahr für sich oder für andere darstellt. Nach den VG, Teil D, Nr. 2 (i. V. m. dem Gesetz vom 7. Januar 2015 i. V. m. § 70 Abs. 2 SGB IX, s. oben) gilt, dass für die unentgeltliche Beförderung einer Begleitperson nach dem SGB IX die Berechtigung für eine ständige Begleitung zu beurteilen ist (Buchst. a). Eine solche ist bei Menschen mit Schwerbehinderung, bei denen die Voraussetzungen für die Merkzeichen "G", "Gl" oder "H" vorliegen, gegeben, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind. Dementsprechend ist zu beachten, ob sie bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel regelmäßig auf fremde Hilfe beim Ein- und Aussteigen oder während der Fahrt des Verkehrsmittels angewiesen sind oder ob Hilfen zum Ausgleich von Orientierungsstörungen (z. B. bei Sehbehinderung oder geistiger Behinderung) erforderlich sind (Buchst. b). Die Berechtigung für eine ständige Begleitung ist anzunehmen bei Querschnittgelähmten, Ohnhändern, Blinden und Sehbehinderten, Hörbehinderten, Menschen mit geistiger Behinderung sowie Anfallskranken, bei denen die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr gerechtfertigt ist (Buchst. c). Diese Anforderungen decken sich mit denjenigen, die nach der Rechtslage vor dem 15. Januar 2015 galten (vgl. Urteil des Senats vom 21. Februar 2013 - L 6 SB 5788/11 -, juris, Rz. 23).
Der Anspruch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "B" scheitert bereits daran, dass die Klägerin mangels GdB von mindestens 50 nicht schwerbehindert ist (§ 2 Abs. 2 SGB IX). Unabhängig davon und auch ob überhaupt die kumulativ erforderlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen "G", "Gl" oder "H" vorliegen (VG, Teil D, Nr. 2 b), ist die Klägerin bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung nicht regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen. Ihr gelingt unter Berücksichtigung sämtlicher medizinischer Befundunterlagen das Ein- und Aussteigen durchweg selbstständig. Relevante Orientierungsstörungen, ein Anfallsleiden oder andere Einschränkungen, die fremde Hilfe bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln erfordern, haben zu keinem Zeitpunkt bestanden. Keiner der die Klägerin behandelnden Ärztinnen und Ärzte haben die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "B" als gegeben angesehen. Der Sachverständige M. hat ausgeführt, dass bei ihr keine Behinderung die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel eingeschränkt, wofür sie auch nicht auf fremde Hilfe angewiesen ist. Es sind bei seiner gutachterlichen Untersuchung keine Gesundheitsstörungen objektiviert worden, welche die Notwendigkeit einer Begleitperson bedingt haben. Auch Prof. Dr. B. ist zu dem Ergebnis gekommen, dass sie bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen der bei ihr bestehenden Behinderungen nicht regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen ist.
Über einen nach § 109 SGG auf Erstattung von psychiatrisch-psychosomatischen und orthopädischen Gutachten durch Prof. Dr. E. und Dr. H. gestellten Hilfsantrag der Klägerin war nicht zu befinden, da er in der mündlichen Verhandlung beim LSG, in der sie anwaltlich vertreten war, nicht aufrechterhalten worden ist (vgl. BSG, Beschluss vom 29. März 2007 - B 9a VJ 5/06 B -, SozR 4-1500 § 160 Nr. 13, Rz. 11 m. w. N.).
Nach alledem hatte die Berufung überwiegend keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Wegen des geringen Teilerfolges der Klägerin war es nicht gerechtfertigt, dem Beklagten auch nur anteilig ihre außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen. Diese hat selbst erst im Widerspruchsverfahren vorgebracht, auch die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" verfolgen zu wollen. Im streitigen gerichtlichen Verfahren hat sie überdies zu keiner Zeit ihr Klagebegehren damit begründet, dass der Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2013 mangels Zuständigkeit der Widerspruchsbehörde rechtswidrig ist, allein deswegen sie offensichtlich keine Aufwendungen zur Erstreitung ihres vermeintlichen Rechts getätigt hätte. Aus diesen Gründen ist es sachgerecht, dass die Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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