Die Leitlinien der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft sind bei der Prüfung der Blindheit oder einer vergleichbaren Störung des Sehvermögens zu beachten. Wenn eine angebliche drastische Verschlechterung des Sehvermögens nicht auf einer objektivierbaren Änderung der Augenerkrankung beruht, sondern der Sachverständige sich allein auf die Angaben des Klägers stützt, ohne dies nachvollziehbar festzustellen, so hat dies keinen ausreichenden Beweiswert.
Die Leitlinien der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft sind bei der Prüfung der Blindheit oder einer vergleichbaren Störung des Sehvermögens zu beachten. Wenn eine angebliche drastische Verschlechterung des Sehvermögens nicht auf einer objektivierbaren Änderung der Augenerkrankung beruht, sondern der Sachverständige sich allein auf die Angaben des Klägers stützt, ohne dies nachvollziehbar festzustellen, so hat dies keinen ausreichenden Beweiswert.
Streitig ist, ob bei der Klägerin die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens Bl (Blindheit) vorliegen.
Die am … 1963 geborene Klägerin ist nach eigenen Angaben gelernte Schneiderin, arbeitete zuletzt aber als Endkontrolleurin im Verlagswesen und stellte hier Formulare und schriftliche Unterlagen für den jeweiligen Kunden zusammen. Aufgrund eines 2010 erlittenen Bandscheibenvorfalles ist sie derzeit berentet. Sie stellte am 25.05.2010 einen Erstantrag nach § 69 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Im Antragsformular gab sie u. a. als Gesundheitsstörung eine Sehschärfe von 10 % auf beiden Augen an. Auf Anfrage des Beklagten teilte der Hausarzt Dr. W. mit Schreiben vom 27.06.2010 mit, es liege bei der Klägerin seit der Kindheit eine schwere Myopie vor, die zu einer zunehmenden Sehbehinderung durch myopische Makuladegeneration führe. Beigefügt war der Befundbericht des Universitätsklinikums M. vom 25.02.2010, in dem über eine ambulante Vorstellung der Klägerin am 08.01.2010 mit dem Wunsch einer Verbesserung des Sehvermögens berichtet wurde. Gemessen wurde eine Sehschärfe rechts von 0,5 und links von 0,1. Die vorderen Augenabschnitte waren unauffällig. Am hinteren Pol fanden sich links mehr als rechts ausgeprägte Dehnungsherde sowie eine myopische Makuladegeneration. Außerdem wurde in dem Bericht ausgeführt, dass harte Kontaktlinsen gut vertragen würden und von einer Operation abgeraten worden sei, da es der Klägerin primär um eine Sehverbesserung gegangen sei, die hierdurch jedoch nicht hätte erreicht werden können.
Nach Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme (Sehminderung Teil-GdB 50, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden Teil-GdB 20, Migräne Teil-GdB 10, Funktionsbehinderung beider Kniegelenke Teil-GdB 10, Gesamt-GdB 60) stellte der Beklagte mit Bescheid vom 17.08.2010 den Grad der Behinderung (GdB) mit 60 fest, lehnte aber u. a. die Feststellung des Merkzeichens Bl ab.
Am 08.09.2010 beantragte die Klägerin die Erhöhung des GdB sowie die Feststellung der Merkzeichen G, B sowie RF. Auch hier gab die Klägerin im Antragsformular an, dass die „Sehsicht“ nur noch 10 % betrage. Als weitere Gesundheitsstörung benannte die Klägerin psychische Probleme.
Der Beklagte legte diesen Antrag als Widerspruch gegen den Bescheid vom 17.08.2010 aus und holte bei dem Neurologen und Psychiater Dr. Z. den Befundschein vom 08.10.2010 ein. Dieser hielt aufgrund der von ihm diagnostizierten C6-Wurzelreizung rechts, des Bandscheibenvorfalls C5/6 rechts medio-lateral, zunehmender Minderung der Sehfähigkeit, depressiver Störung und somatoformer Störung aus nervenärztlicher Sicht einen GdB von 80 mit dem Merkzeichen B für angemessen.
Nach Einholung einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme (Sehminderung Teil-GdB 50, seelische Störung Teil-GdB 40, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden Teil-GdB 20, Funktionsbehinderung beider Kniegelenke Teil-GdB 10, Migräne Teil-GdB 10, Gesamt-GdB 80), stellte der Beklagte mit Teil-Abhilfebescheid vom 16.11.2010 den GdB mit 80 seit 25.05.2010 fest, lehnte hingegen die Anerkennung der Merkzeichen G, B und RF weiterhin ab.
Die Klägerin war mit dem Teil-Abhilfebescheid nicht einverstanden, bat um Erlass eines Widerspruchsbescheides und teilte am 17.12.2010 mit, sie benötige die Merkzeichen B, RF und Bl (Bl. 54 RS Behördenakten). Im Hinblick auf die von Dr. Z. angegebene Zunahme der Sehminderung holte der Beklagte bei dem Augenarzt O. den Befundschein vom 05.10.2010 ein, der darin mitteilte, am 03. und 08.09.2010 als Befund die Sehschärfen eB (eigene Brille) OD (oculus dexter = rechtes Auge) 0,2, OS (oculus sinister = linkes Auge) 0,2 sowie CL (Contaktlinsen) OD 0,2, OS 0,1 erhoben zu haben. Die vorderen Augenabschnitte seien beidseits reizfrei, brechende Medien klar und Contaktlinsen beidseits bene. Zu den hinteren Augenabschnitten wurde angegeben beidseits SSNE (schräger Sehnerveneintritt), myope Makuladegeneration sowie äquatoriale Degeneration. Hinsichtlich des Gesichtsfeldes (Perimetrie) wurde lediglich beim rechten Auge der Befund fehlender Skotome erhoben, zum linken Auge wurden keine Angaben gemacht. Außerdem legte die Klägerin den Befundbericht der Augenärztin E. vom 01.03.2011 zur Untersuchung vom 15.02.2011 vor, in dem ein Fernvisus mit Korrektur rechts 1/50 und links 1/50 angegeben wird. In der Goldmann-Perimetrie hätten sich beidseits allgemeine Einschränkungen gezeigt. Diagnostiziert wurde eine hochgradige Sehherabsetzung, eine Myopia magna beidseitig sowie eine myope Makuladegeneration beidseitig. In ihrer augenfachärztlichen Bescheinigung zur Gewährung von Blindenhilfe nach dem Landesblindengesetz bestätigte die Augenärztin E., dass die subjektiven Angaben mit dem objektiven Befund übereinstimmten und die medizinischen Voraussetzungen zur Erlangung der Blindenhilfe vorlägen, weil seit 15.02.2011 die Sehschärfe auf dem besseren Auge nicht mehr als 1/50 betrage.
Der Beklagte hat die Klägerin durch den Augenarzt Dr. B. begutachten lassen, der eine Vorstellung der Klägerin im Universitätsklinikum F. am 30.06.2011 veranlasste. Dort wurde die Sehschärfe beidseits mit „Fingerzählen“ umschrieben und beidseits eine trockene, links narbige Makuladegeneration bei hoher Myopie diagnostiziert. Außerdem wurden für beide Augen Gesichtsfeldeinschränkungen gemessen, wobei mit beiden Augen die Marken III/4, I/4, I/3 und I/2 erkannt wurden und am linken Auge ein Zentralskotom der Marke I/4 festgestellt wurde. Dr. B. teilte nach eigenen Untersuchungen am 05.05. und 19.07.2011 zur Vorgeschichte mit, die Klägerin sei schon lange hochgradig myop (ca. – 12,0), sei früher aber noch Auto ohne Gutachten gefahren, habe also mindestens noch über eine Sehschärfe von 0,7 verfügt, seit letztem Jahr bestehe eine starke Sehverschlechterung. Er setzte die Sehschärfe „Fingerzählen“ einer Sehminderung von < 1/50 (mit Fernbrille) gleich und beschrieb zum Gesichtsfeld beidseits eine deutliche Einengung für die Marke III/4, allerdings überlagert durch den mangelnden Myopieausgleich jenseits der 30° Glasrandbegrenzung und mit Hinweis darauf, dass die Klägerin keine Kontaktlinsen vertrage. Nach zentral werde beidseits die Marke I/3 erkannt und es bestehe kein sicheres Zentralskotom perimetrierbar. Die sehr schlechte Sehschärfe passe zu dem organischen Augenbefund mit beidseits ausgeprägter trockener AMD (Makuladegeneration). Erstaunlich gut werde auch nahe dem Zentrum die Gesichtsfeldmarke I/3 erkannt und an der Uni Augenklinik Freiburg sogar die Marke I/2. Es erscheine aber fast unmöglich, hier Diskrepanzen auszuräumen, da ein Visus-VEP bei derart niedrigen Sehschärfewerten keine verwertbare objektive Diskriminierung erlaube. Es bestehe Blindheit im Sinne des Gesetzes und der GdB betrage 100.
Der Beklagte holte sodann bei Prof Dr. R., Landesarzt für Sehbehinderte und Blinde in Baden-Württemberg, die Stellungnahme vom 18.09.2011 ein. Dieser wies darauf hin, dass dem Befundbericht der Augenärztin E. vom 01.03.2011 bei nur geringgradig eingeengten Außengrenzen in der Goldmann-Perimetrie ohne jegliches Zentralskotom die erhebliche weitere Sehverschlechterung bei unverändertem Befund am Augenhintergrund nicht entnommen werden könne. Auch die Untersuchung in der Universitäts-Augenklinik F. habe keine zentralen Ausfälle im Gesichtsfeld ergeben, sondern es sei im Gegenteil selbst eine sehr kleine Reizmarke (I/3) innerhalb von 10 bis 12 Grad erkannt worden. Schließlich habe die weitere Vorstellung bei Dr. B. ergeben, dass das Gesichtsfeld zentral erstaunlich unauffällig sei. Angesichts des recht plötzlichen Abfalls der Sehschärfe von 0,3 und 0,1 bzw. beidseits 0,2 im September und Oktober 2010 auf 1/50 und weniger im März 2011 bei bereits im Oktober 2010 angegebenen erheblichen Schwierigkeiten der Lebensführung falle vor allem auf, dass hierzu keine entsprechende Befundänderung beschrieben sei. Im Gegenteil seien die Gesichtsfeldbefunde gerade bezüglich des zentralen Gesichtsfeldes für eine so erhebliche Funktionseinschränkung untypisch. Korrekt sei, dass im Bereich der Grenzwerte der Blindheit auch ein spezielles VEP nur eine gewisse Aussagekraft habe und keineswegs eine sichere Sehschärfeneinschätzung erlaube. Es ergäben sich aus den Unterlagen allerdings doch erhebliche Zweifel, ob es wirklich zu einer Funktionsänderung gegenüber den Sehschärfewerten von 0,3 bis 0,1 gekommen sei. In diesem Bereich sei dann gegenüber den jetzt angegebenen Sehschärfewerten von deutlich unter 1/50 durchaus eine eindeutige Aussage mit objektiven Methoden denkbar. Er empfehle daher eine entsprechende gutachtliche Abklärung. Allein aufgrund der subjektiven Angaben halte er die Funktionsänderung nicht für ausreichend erklärt.
Sodann beauftragte der Beklagte Prof. Dr. R. mit der entsprechenden augenärztlichen Begutachtung. Nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 15.11.2011 führte dieser in seinem Gutachten vom 12.01.2012 aus, dass die Klägerin an beiden Augen lediglich eine Sehschärfe von maximal 1/50 erkannt habe. Auch bei einem Simulationstest seien keine anderen Angaben gemacht worden, mit einer achtfachen Vergrößerung habe sie auch hier eine Sehschärfe von 0,05 erkannt. Demgegenüber seien in Übereinstimmung mit den früheren Untersuchungen bei der Goldmann-Perimetrie weitgehend freie Außengrenzen und kein nachweisbares Zentralskotom angegeben worden, selbst deutlich kleinere Reizmarken seien zentral erkannt worden. Hierzu passe auch, dass die Klägerin zwar mühsam, aber recht sicher in der Lage gewesen sei, beim Farbflecktest die Farbklötzchen anzuordnen. Dies sei bei einer Sehschärfe von 0,5/50 typischerweise nicht mehr möglich. Die elektrophysiologischen Untersuchungen hätten beim ERG einen völligen Normalbefund ergeben, wenn man die hochgradige Myopie berücksichtige. Das Muster-VEP habe ebenfalls eindeutige Reizantworten gezeigt. Insbesondere der Befund des VEP sei bei einer Sehschärfe von 1/50 oder weniger nicht zu erklären, sondern setze einen Visus von mindestens 0,1 zumindest am rechten Auge voraus, auch am linken Auge müsse ein Visus von mehr als 0,02 bestehen. Der morphologische Befund am Augenhintergrund zeige zwar deutliche Veränderungen im Bereich der Makula, die als Folgeveränderung der Kurzsichtigkeit zu erklären seien, eine wie subjektiv angegeben auf unter 1/50 reduzierte Sehschärfe sei durch diesen Befund jedoch nicht erklärt. Insgesamt bestünden bereits aufgrund der subjektiven Angaben zu Gesichtsfeld und Farbsehvermögen erhebliche Zweifel an einer der Blindheit gleich zu achtenden Sehschädigung, die objektiven elektrophysiologischen Befunde des VEP sicherten darüber hinaus eine Sehschärfe von mindestens 0,1. Ein Anspruch auf Zuerkennung des Merkzeichens Bl bestehe daher nicht.
Nach nochmaliger Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme durch Dr. W. (hochgradige Sehbehinderung Teil-GdB 100, seelische Störung Teil-GdB 40, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden Teil-GdB 20, Funktionsbehinderung beider Kniegelenke Teil-GdB 10, Migräne Teil-GdB 10, Gesamt-GdB 100) gab der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.01.2012 dem Widerspruch insoweit statt, als der GdB seit 15.02.2011 mit 100 festgestellt und die Merkzeichen G, B, H und RF anerkannt wurden. In den Gründen des Widerspruchsbescheides wurde die Zuerkennung des Merkzeichens Bl in Auswertung des Gutachtens von Prof. Dr. R. versagt.
Hiergegen hat die Klägerin am 09.02.2012 beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben und sich auf die Befundberichte der Augenärzte E. und die Ausführungen von Dr. B. berufen.
Das SG hat Dr. B. als sachverständigen Zeugen schriftlich vernommen. Dieser hat in seinem Schreiben vom 23.04.2012 nochmals die am 05.05. und 19.07.2011 erhobenen Befunde genannt und ergänzend ausgeführt, dass aufgrund der von ihm erhobenen Befunde wegen der Diskrepanzen zwischen der sehr schlechten Sehschärfe und der erkannten Testmarken im Gesichtsfeld-Test keine sichere Beurteilung erfolgen könne, ob Blindheit im Sinne des Gesetzes vorliege. Außerdem hat das SG die Augenärztin E. als Zeugin schriftlich vernommen, die als letztmaligen Befund vom 14.02.2012 den Visus beidseits mit 1/50 sowie angegeben hat, dass neben der hochgradigen Sehminderung beider Augen mit Visus-Abfall auf 1/50 im Vergleich zur Untersuchung 2002 eine okuläre Hypertension zusätzlich festgestellt worden sei. Die hochgradige Sehminderung beruhe auf einer myopen Makuladegeneration.
Das SG hat anschließend Prof. Dr. B. von Amts wegen mit der Erstattung eines augenärztlichen Gutachtens beauftragt. Die Klägerin hat das ärztliche Attest des Dr. Z. vom 22.10.2012 vorgelegt, wonach die Klägerin unter massiven Ängsten, Depressionen und schwerer Fehlsichtigkeit leide und aus nervenärztlicher Sicht aus psychischen Gründen nicht in der Lage sei, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum augenärztlichen Gutachter zu reisen. Sie sei ferner auf Begleitung angewiesen. Das Sozialgericht hat dem Antrag der Klägerin auf Übernahme der Taxikosten für die Fahrt nach Tübingen stattgegeben, jedoch die Auszahlung eines Vorschusses auf die Taxikosten abgelehnt.
In Absprache mit dem Vorsitzenden hat die Sachverständige Prof. Dr. B. sodann das augenfachärztliche Gutachten vom 15.01.2013 nach Aktenlage erstattet, da eine erneute Untersuchung der Klägerin nicht notwendig sei, die gestellten Fragen vielmehr zweifelsfrei nach Aktenlage beantwortet werden könnten. Die Klägerin leide an beiden Augen an einer hohen Kurzsichtigkeit (Myopie) sowie am rechten Auge an trockenen Makulaveränderungen bei Kurzsichtigkeit (Veränderungen an der Stelle des schärfsten Sehens) und am linken Auge an einer atrophen Aderhautnarbe (Narbe in Netzhautmitte bei hoher Kurzsichtigkeit). Alle subjektiven Sehschärfenangaben der Klägerin könnten nicht verwertet werden, da die Klägerin eindeutig aggraviere. Somit könne nur im Wege objektiver Methoden die Sehschärfe ermittelt werden, was durch Prof. Dr. R. erfolgt sei. Das Ergebnis der objektiven elektrophysiologischen Untersuchungen sei eine Sehschärfe am rechten Auge mindestens 0,1 und am linken Auge von 0,02. In der Gesichtsfeld-Untersuchung hätten keine relevanten Gesichtsfeld-Einschränkungen oder zentralen Defekte bestanden. Der GdB im augenfachärztlichen Gebiet betrage 90. Die Klägerin sei definitiv nicht blind und es bestehe kein Anspruch auf das Merkzeichen Bl.
Mit Urteil vom 14.08.2013 hat das SG die Klage abgewiesen und sich zur Begründung auf die Ausführungen von Prof. Dr. R. sowie das Gutachten von Prof. Dr. B. berufen. Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung einen weiteren Befundbericht der Augenärztin E. vom 11.07.2013 vorgelegt habe, enthalte dieser keine konkreten Angaben zum Visus.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 24.09.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 01.10.2013 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung wird ausgeführt, dass nicht Prof. Dr. B., sondern Dr. A. das Gutachten erstattet habe und dieses deshalb nicht hätte verwertet werden dürfen. Im Übrigen sei zwischenzeitlich eine erhebliche Verschlechterung ihrer Sehfähigkeit eingetreten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 14. August 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, in Abänderung des Bescheides vom 17. August 2010 in der Fassung des Teil-Abhilfebescheides vom 16. November 2010 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2012 ihr das Merkzeichen Bl zuzuerkennen, hilfsweise sie erneut augenärztlich begutachten zu lassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf Anfrage des Senats hat der Vorsitzende der erkennenden Kammer des SG mitgeteilt, er habe zunächst ein Gutachten mit Untersuchung angefordert, dann aber, nachdem ihm von Seiten der bearbeitenden Ärztin mitgeteilt worden sei, dass eine Untersuchung im Hinblick auf die von Prof. Dr. R. erhobenen Befunde überflüssig sei, der Klinik fernmündlich freigestellt, ein Gutachten nach Aktenlage zu erstatten. Dies habe er in die mündliche Verhandlung eingeführt.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat bei Prof. Dr. M. das augenfachärztliche Gutachten vom 10.03.2014 eingeholt. Dieser hat nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 25.02.2014 eine hochgradige Kurzsichtigkeit, Hornhautverkrümmung, kurzsichtigkeitsbedingte Dehnungsherde an der Stelle des schärfsten Sehens sowie eine Augeninnendruckerhöhung an beiden Augen und eine Linsentrübung des rechten Auges diagnostiziert. Bei der Klägerin bestehe wahrscheinlich seit kurzem bzw. jetzt Blindheit oder eine hochgradige Sehbehinderung im Sinne von Teil A, Nr. 6 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VG), wobei einschränkend gesagt werden müsse, dass am rechten Auge eine eindeutige Ermüdungsspirale auslösbar gewesen sei und die Klägerin sich scheinbar sehr sicher im Raum bewege. Es sei wahrscheinlich, dass die Sehverschlechterung in den letzten Jahren seit den Untersuchungen von Prof. Dr. R. und Prof. Dr. B. zugenommen habe. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die Klägerin ein aggravierendes Verhalten zeige, d. h. versuche, die bereits bestehenden Veränderungen bzw. Einschränkungen ihrer Sehfähigkeit weiter zu verstärken. Er halte den Einfluss dieser Aggravation allerdings für gering.
Der Senat hat bei Prof. Dr. R. das augenfachärztliche Gutachten nach Aktenlage vom 30.09.2014 zu der Frage eingeholt, ob aufgrund der im Gutachten von Prof. Dr. M. angegebenen Befunde bei der Klägerin Blindheit oder eine hochgradige Sehbehinderung nachgewiesen sei. Der Sachverständige hat keine wirklich eindeutige Änderung des morphologischen Befundes gesehen, sondern höchstens minimale Veränderungen zwischen den Untersuchungen am 15.11.2011 und 25.02.2014 festgestellt. Aus der fehlenden Reizantwort im Muster-VEP bei der Begutachtung durch Prof. Dr. M. könne nicht sicher auf eine Sehschärfe-Reduktion geschlossen werden. Hinsichtlich der Gesichtsfeldmessung seien zwei völlig unterschiedliche Befunde vorgelegt worden. Während in der einen Untersuchung mit einem Spiralgesichtsfeld am rechten Auge ein sicherer Hinweis auf eine Aggravation dokumentiert worden sei, sei bei einer weiteren Untersuchung lediglich eine deutliche Gesichtsfeldeinengung gefunden worden, wobei im Zentrum auch der kleinen Reizmarke I/4 keinerlei Ausfall festgestellt worden sei. Es sei nicht erklärbar, warum bei der Untersuchung des Gesichtsfeldes eine weitere konzentrische Einengung eingetreten sein solle, auch der nunmehr von der Klägerin angegebene zentrale Ausfall am linken Auge sei angesichts des seit November 2011 unveränderten zentralen Augenhintergrundbefundes nicht sicher erklärt. Prof. Dr. M. beurteile den Einfluss einer Aggravation zwar eher als gering. Da Blindheit jedoch nach der Rechtsprechung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, d. h. im Sinne eines Vollbeweises nachgewiesen sein müsse, seien die auch anlässlich der Untersuchung in Augsburg eindeutig nachgewiesenen Falschangaben ausreichend, um angesichts einer fehlenden Erklärung durch den morphologischen Befund auch Zweifel an den Angaben zur Sehschärfe zu haben. Er halte daher Blindheit unverändert nicht für ausreichend nachgewiesen. Angesichts der nunmehr nicht mehr ableitbaren Antworten im Muster-VEP nehme er allerdings durchaus eine gewisse weitere Verschlechterung an und gehe daher von einer hochgradigen Sehbehinderung und damit von einem GdB von 100 aus.
Die Klägerin ist mit Schreiben vom 25.10.2014 den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. R. entgegengetreten. Ohne ihre persönliche Untersuchung könne eine Aggravation weder festgestellt noch behauptet werden. Auch Prof. Dr. B. habe sie, anders als Prof. Dr. M., nicht persönlich untersucht.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorgelegte Behördenakte sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Die nach §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG form- und fristgemäß eingelegte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Der Beklagte hat zu Recht mit Bescheid vom 17.08.2010 und Widerspruchsbescheid vom 20.01.2012 die Zuerkennung des Merkzeichens Bl abgelehnt und das SG die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen. Dabei geht der Senat ebenso wie das SG von der Zulässigkeit der Klage aus, obwohl die Klägerin gegen den Bescheid vom 17.08.2010 innerhalb der Widerspruchsfrist (§ 84 Abs. 1 SGG) keinen Widerspruch eingelegt hatte. Insoweit konnte der Beklagte den Änderungsantrag vom 08.09.2010 auch nicht als Widerspruch auslegen, da dieser gerade nicht auf Zuerkennung des mit Bescheid vom 17.08.2010 abgelehnten Merkzeichens Bl gerichtet war. Erst am 17.12.2010 hat die Klägerin mitgeteilt, sie benötige auch das Merkzeichen Bl. Da der Beklagte den Widerspruch jedoch nicht insoweit als unzulässig zurückgewiesen, sondern in der Sache über das Bestehen eines Anspruchs auf Zuerkennung des Merkzeichens Bl entschieden hat, steht die Versäumung der Widerspruchsfrist der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen (BSG, Urteil vom 12.10.1979 - 12 RK 19/78 -, SozR 2200 § 1422 Nr. 1).
Anspruchsgrundlage für die begehrte Feststellung ist § 69 Abs. 4 SGB IX. Hiernach stellen die zuständigen Behörden neben einer Behinderung auch gesundheitliche Merkmale fest, die Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilausgleichen für schwerbehinderte Menschen sind. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 der Schwerbehindertenausweisverordnung ist auf dem Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen Bl einzutragen, wenn der schwerbehinderte Mensch blind im Sinne des § 72 Abs. 5 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) oder entsprechender Vorschriften ist. Der Begriff der Blindheit ist nicht legal definiert. Sie wird angenommen, wenn die Sehfähigkeit vollständig fehlt (Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, § 72 Rdnr. 4 m. w. N.; Grube/Wahrendorf/Grube, SGB XII, § 72 Rdnr. 4; Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, § 72 Rdnr. 4). Nach § 72 Abs. 5 SGB XII stehen blinden Menschen Personen gleich, deren beidäugige Gesamtsehschärfe nicht mehr als ein Fünfzigstel beträgt oder bei denen dem Schweregrad dieser Sehschärfe gleichzuachtende, nicht nur vorübergehende Störungen des Sehvermögens vorliegen. Die im Rahmen der Landesblindenhilfe in zahlreichen Landesgesetzen getroffenen Regelungen haben weitgehend diese Definitionen übernommen (vgl. z. B. § 1 Abs. 2 Sächs. LandesblindenG). Insoweit stimmt der Blindheitsbegriff in § 72 Abs. 5 SGB XII mit demjenigen nach Teil A Nr. 6 a) der Anlage zu § 2 der VG überein. In VG, Teil A, Nr. 6 b) wird auf die Richtlinien der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft Bezug genommen, wonach eine der Herabsetzung der Sehschärfe auf 0,02 (1/50) oder weniger gleich zusetzende Sehbehinderung bei folgenden Fallgruppen vorliegt:
- bei einer Einengung des Gesichtsfeldes, wenn bei einer Sehschärfe von 0,033 (1/30) oder weniger die Grenze des Restgesichtsfeldes in keiner Richtung mehr als 30° vom Zentrum entfernt ist, wobei Gesichtsfeldreste jenseits von 50° unberücksichtigt bleiben,
- bei einer Einengung des Gesichtsfeldes, wenn bei einer Sehschärfe von 0,05 (1/20) oder weniger die Grenze des Restgesichtsfeldes in keiner Richtung mehr als 15° vom Zentrum entfernt ist, wobei Gesichtsfeldreste jenseits von 50° unberücksichtigt bleiben,
- bei einer Einengung des Gesichtsfeldes, wenn bei einer Sehschärfe von 0,1 (1/10) oder weniger die Grenze des Restgesichtsfeldes in keiner Richtung mehr als 7,5° vom Zentrum entfernt ist, wobei Gesichtsfeldreste jenseits von 50° unberücksichtigt bleiben,
- bei einer Einengung des Gesichtsfeldes, auch bei normaler Sehschärfe, wenn die Grenze der Gesichtsfeldinsel in keiner Richtung mehr als 5° vom Zentrum entfernt ist, wobei Gesichtsfeldreste jenseits von 50° unberücksichtigt bleiben,
- bei großen Skotomen im zentralen Gesichtsfeldbereich, wenn die Sehschärfe nicht mehr als 0,1 (1/10) beträgt und im 50°-Gesichtsfeld unterhalb des horizontalen Meridians mehr als die Hälfte ausgefallen ist,
- bei homonymen Hemianopsien, wenn die Sehschärfe nicht mehr als 0,1 (1/10) beträgt und das erhaltene Gesichtsfeld in der Horizontalen nicht mehr als 30° Durchmesser besitzt,
- bei bitemporalen oder binasalen Hemianopsien, wenn die Sehschärfe nicht mehr als 0,1 (1/10) beträgt und kein Binokularsehen besteht.
Außerdem wird in VG, Teil A, Nr. 6 c) geregelt, dass auch ein behinderter Mensch mit einem nachgewiesenen vollständigen Ausfall der Sehrinde (Rindenblindheit) blind ist, nicht aber mit einer visuellen Agnosie oder anderen gnostischen Störungen. Nach st. Rspr. des Senats sind die VG hinsichtlich der getroffenen Regelungen für die nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilsausgleiche G, B, aG, Gl und Bl jedoch unwirksam, da es insoweit an einer gesetzlichen Verordnungsermächtigung fehlt. Eine solche Ermächtigung findet sich nämlich - mit Ausnahme des Nachteilsausgleichs H - weder in § 30 Abs. 17 Bundesversorgungsgesetz (BVG) in der Fassung bis zum 30.06.2011 beziehungsweise § 30 Abs. 16 BVG in der Fassung ab dem 01.07.2011, noch in sonstigen Regelungen des BVG oder des SGB IX (Urteile des Senats vom 09.06.2011 - L 6 SB 6140/09, vom 04.11.2010 - L 6 SB 2556/09; Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 09.05.2011 - L 8 SB 2294/10, vom 14.08.2009 - L 8 SB 1691/08, vom 24.09.2010 - L 8 SB 4533/09; Dau, jurisPR-SozR 4/2009, Anm. 4). Für den vorliegenden Rechtsstreit ist allerdings zu berücksichtigen, dass die in VG, Teil A, Nr. 6b enthaltenen Verweise auf die Leitlinien der Deutschen Ophtalmologischen Gesellschaft keine verbindliche Regelung enthalten, sondern lediglich auf den – ohnehin zu beachtenden – aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft Bezug nehmen. Insoweit sind die dort genannten Gleichsetzungen deshalb durchaus von rechtlicher Bedeutung. Dies gilt umso mehr als das BSG in seiner Entscheidung vom 20. Juli 2005 (B 9a BL 1/05 R) zu den insoweit wortgleichen Regelungen in den früher geltenden "Anhaltspunkten" klargestellt hat, dass es nur einen bundeseinheitlich geltenden Begriff der Blindheit gibt und für eine faktische Blindheit nicht nur die Beeinträchtigungen der Sehschärfe und die Einschränkung des Gesichtsfeldes, sondern vielmehr alle Störungen des Sehvermögens zu berücksichtigen sind, soweit sie in ihrem Schweregrad einer Beeinträchtigung auf 1/50 oder weniger gleich zu achten sind. Da im Falle der Klägerin eine visuelle Agnosie oder andere gnostische Störungen nicht diagnostiziert worden sind, kommt der Einschränkung nach VG, Teil A Nr. 6 c) vorliegend ohnehin keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe liegen bei der Klägerin die Voraussetzungen für das Merkzeichen Bl nicht vor.
Ein vollständiger Verlust der Sehfähigkeit ist bei der Klägerin zu keinem Zeitpunkt diagnostiziert worden. Ebenso wenig liegt ein vollständiger Ausfall der Sehrinde vor. Die Klägerin kann jedoch auch nicht einem Blinden gleichgestellt werden, denn weder kann eine Herabsetzung ihrer beidäugigen Gesamtsehschärfe auf 1/50 noch eine dem Schweregrad dieser Sehminderung gleichzuachtende, nicht nur vorübergehende Störung des Sehvermögens (faktische Blindheit) festgestellt werden. Die Klägerin trägt jedoch die Beweislast für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen, mithin vorliegend für eine mit Blindheit gleichzusetzende Sehstörung. Diese muss im Vollbeweis gesichert sein. Für den Vollbeweis muss sich das Gericht die volle Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Tatsache verschaffen. Zwar verlangt auch der Vollbeweis keine absolute Gewissheit, sondern lässt eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit ausreichen. Denn ein darüber hinausgehender Grad an Gewissheit ist so gut wie nie zu erlangen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 128 Rdnr 3b m. w. N.), sodass auch dem Vollbeweis gewisse Zweifel innewohnen können. Verbleibende Restzweifel sind aber bei der Überzeugungsbildung nur dann unschädlich, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten (BSG, Urteil vom 24.11.2010 - B 11 AL 35/09 R -; Urteil vom 17.04.2013 – B 9 V 3/12 R –, jeweils zit. n. juris).
Vorliegend hat sich der Senat nicht davon überzeugen können, dass die Klägerin an einer Herabsetzung ihrer Sehfähigkeit auf 1/50 oder einer dieser Sehminderung gleichzustellenden Sehstörung leidet.
Hierbei stützt sich der Senat auf die urkundlich zu verwertenden Stellungnahmen des Landesblindenarztes Prof. Dr. R. im Verwaltungsverfahren sowie dessen gutachtlichen Ausführungen im Berufungsverfahren, die in Übereinstimmung stehen mit der schriftlichen Zeugenaussage des Dr. B., der ebenfalls eine sichere Beurteilung der Frage, ob bei der Klägerin Blindheit i. S. des Gesetzes vorliegt, nicht vorzunehmen vermochte, und den Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. B. in ihrem von Amts wegen eingeholten Gutachten. Bedenken hinsichtlich der Verwertbarkeit dieses Gutachtens bestehen nicht. Seinen ursprünglichen Auftrag, die Begutachtung nach ambulanter Untersuchung der Klägerin vorzunehmen, hat der Vorsitzende der erkennenden Kammer anschließend abgeändert und eine Untersuchung der Klägerin in das Ermessen der Sachverständigen gestellt. Die anschließend erfolgte Begutachtung nach Aktenlage bleibt somit nicht hinter dem Gutachtensauftrag zurück. Ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden ist, dass das Gutachten durch die Fachärztin der Klinik Dr. A. abgefasst worden ist. Denn die beauftragte Sachverständige Prof. Dr. B. hat sich aufgrund eigener Überprüfung und Urteilsbildung mit diesem Gutachten einverstanden erklärt und es sich dadurch zu eigen gemacht. Nach § 118 SGG i. V. m. § 407a Abs. 2 Satz 2 letzter Halbsatz Zivilprozessordnung (ZPO) ist es dem Sachverständigen erlaubt, sich zur Erledigung des Gutachtensauftrags anderer Personen - auch anderer Ärzte - zu bedienen. Seine uneingeschränkte persönliche Verantwortung für das Gutachten erklärt der beauftragte Sachverständige nämlich durch seine Unterschrift mit dem sinngemäßen Zusatz, er habe die Arbeit seines qualifizierten Mitarbeiters selbst nachvollzogen und sich zu Eigen gemacht, er sei auf Grund eigener Überzeugung und Urteilsbildung einverstanden (st. Rspr, vgl. z. B. BSG, Beschluss vom 15.07.2004 - B 9 V 24/03 B -, SozR 4-1750 § 407a Nr. 2, Beschluss vom 18.09.2003 - B 9 VU 2/03 B – zit. n. juris, m. w. N.). Erst wenn aus Art und Umfang der Mitarbeit des weiteren Arztes gefolgert werden kann, der beauftragte Sachverständige habe seine - das Gutachten prägenden und regelmäßig in einem unverzichtbaren Kern von ihm selbst zu erbringenden - Zentralaufgaben delegiert (vgl. BSG a. a. O.), ist die Grenze der erlaubten Mitarbeit überschritten und liegt ein unverwertbares Gutachten vor. Vorliegend wurde das Gutachten nach Aktenlage erstattet, einer persönlichen Untersuchung der Klägerin bedurfte es nicht, nachdem bereits Prof. Dr. R. anlässlich seiner Begutachtung am 15.11.2011 die Klägerin untersucht und die maßgeblichen Befunde erhoben hatte. Weder die Auswertung der aktenkundigen Befunde durch die Augenärztin Dr. A. noch die schriftliche Abfassung des Gutachtens gehören in jedem Fall zu den unverzichtbaren Kernaufgaben, die der Sachverständige selbst erledigen muss. Soweit sich nicht aus der Eigenart des Gutachtenthemas ergibt, dass für bestimmte Untersuchungen die spezielle Sachkunde und Erfahrung des Sachverständigen benötigt wird, reicht es aus, wenn dieser die von Hilfskräften erhobenen Daten und Befunde nachvollzieht. Entscheidend ist, dass der Sachverständige die Schlussfolgerungen seines Mitarbeiters überprüft und durch seine Unterschrift die volle Verantwortung für das Gutachten übernimmt (BSG, Beschluss vom 30.01.2006 – B 2 U 358/05 B – zit. n. juris, m. w. N.). Dass dies hier nicht geschehen ist, hat die Klägerin nicht dargelegt und ist auch nicht von Amts wegen ersichtlich. Weder das SG noch der Senat mussten sich gedrängt sehen, die seitens der Klägervertreterin formulierten Beweisfragen der Sachverständigen zur Beantwortung vorzulegen. Inhaltlich ging es hierbei nämlich nicht um eine weitere Sachaufklärung, sondern um die Kritik an der erfolgten Begutachtung nach Aktenlage und den medizinischen Einschätzungen des Prof. Dr. R., denen sich die Sachverständige Prof. Dr. B. angeschlossen hat. Letztlich hatte die Sachverständige mit ihren Ausführungen im Gutachten die nachträglich gestellten Beweisfragen bereits beantwortet, einer nochmaligen Bestätigung durch die Einholung einer ergänzenden Stellungnahme bedurfte es nicht.
Dass eine Blindheit der Klägerin nicht im Vollbeweis gesichert ist, ergibt sich vorliegend daraus, dass zum einen noch im Jahr 2010 ihr Sehvermögen auf beiden Augen weit besser war als 1/50 bei fehlenden Nachweisen von relevanten Gesichtsfeldeinschränkungen, zum anderen Befundveränderungen, die eine Verminderung des Sehvermögens auf 1/50 oder weniger im Folgezeitraum belegen könnten, nicht erwiesen sind und verschiedene weitere Indizien darauf hindeuten, dass die Klägerin bei der mitarbeitsabhängigen (subjektiven) Sehschärfenbestimmung aggravierende Angaben gemacht hat, sodass hierauf die Annahme der Blindheit nicht gestützt werden kann.
Ausweislich des Befundberichtes des Universitätsklinikums M. besaß die Klägerin bei der ambulanten Vorstellung dort am 08.01.2010 eine Sehschärfe rechts von 0,5 und links von 0,1 und war damit zu diesem Zeitpunkt weit entfernt von einer Blindheit i. S. des Gesetzes. Die damaligen Messungen hält der Senat für höchst aussagekräftig und verlässlich, denn Anlass der Untersuchungen war damals nicht die Feststellung einer fraglichen Blindheit, sondern eine von der Klägerin in Betracht gezogene Augenoperation zur Verbesserung der Sehfähigkeit. Hier lag es also im ureigenen Interesse der Klägerin, möglichst genaue, dem tatsächlichen Sehvermögen entsprechende Erkenntnisse zu erlangen, da hiervon Sinn und Tragweite einer Korrektur abhingen. Auch acht Monate später hat der Augenarzt O. mit einem beidäugigen Visus von 0,2 einen nach wie vor weit besseren Befund erhoben als es für die Annahme einer Blindheit erforderlich wäre. Auch wenn dieser Befund bzgl. des rechten Auges eine Verschlechterung bedeutete, war das Sehvermögen des linken Auges sogar verbessert. Selbst wenn es sich hier um subjektive, d. h. mitarbeitsabhängige Angaben gehandelt hat, spricht die Tatsache, dass zwei Messungen im Abstand von fünf Tagen (03. und 08.09.2010) gleichbleibende Werte ergaben, doch für eine gewisse Objektivität, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits das Verfahren auf Feststellung des GdB eingeleitet und am 08.09.2010 einen Erhöhungsantrag gestellt hatte.
Soweit sodann ca. fünf Monate später die Augenärztin E. einen Fernvisus mit Korrektur beidseits mit 1/50 und die Universitätsklinik F. die Sehschärfe am 30.06.2011 beidseits mit „Fingerzählen“ sowie Dr. B. wiederum die Sehminderung mit < 1/50 angegeben haben, beruhen all diese Befunde ausschließlich auf den Angaben der Klägerin zu ihrer Sehfähigkeit. Diese sind vorliegend jedoch nicht hinreichend verlässlich, als dass allein hieraus auf eine tatsächliche Sehminderung in diesem Umfang geschlossen werden könnte.
Dies folgt zum einen aus dem Umstand, dass eine Verschlechterung des Sehvermögens weder in diesem Zeitraum noch in der nachfolgenden Zeit bis zur gutachterlichen Untersuchung durch Prof. Dr. M. mit einer objekivierbaren Änderung der Augenerkrankung einhergeht. Wenn aber sich augenärztliche Befunde im Rahmen eines Gutachtens nach § 109 SGG sich im Wesentlichen auf die Angaben und das Verhalten eines Prozessbeteiligten ohne zusätzliche objektive und nachvollziehbare Feststellungen stützen, kommt ohne zusätzliche objektive und nachvollziehbare Feststellungen diesen kein ausreichender Beweiswert zu (so ausdrücklich LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.02.2013 - L 7 SB 13/09 - Juris zu einem vergleichbaren Fall). Die Klägerin leidet nach übereinstimmender Auffassung aller gehörten Ärzte an einer hohen Kurzsichtigkeit sowie am rechten Auge an trockenen Makulaveränderungen und am linken Auge an einer atrophen Aderhautnarbe. Bereits 2011 lagen bei der Klägerin an beiden Augen weit fortgeschrittene Veränderungen der Netzhaut im Bereich der Stelle des schärfsten Sehens vor, die eindeutig Folge der bestehenden hochgradigen Kurzsichtigkeit sind. Hinzugekommen ist bei der Untersuchung durch Prof. Dr. M. eine Erhöhung des Augeninnendrucks sowie eine Linsentrübung des rechten Auges. Soweit er die Auffassung vertreten hat, dass die Sehverschlechterung seit den Untersuchungen durch Prof. Dr. R. und Prof. Dr. B. zugenommen hat, fehlt es jedoch an entsprechenden Belegen. Dies entnimmt der Senat den überzeugenden und schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. R. in dessen Gutachten nach Aktenlage vom 30.09.2014, wonach keine wirklich eindeutige Änderung des morphologischen Befundes zu erkennen ist, sondern bei einem Bildervergleich nur minimale Veränderungen zwischen den Untersuchungen am 15.11.2011 und 25.02.2014 festgestellt werden können. Ein dort dargestellter zentraler Ausfall von 1 bis 2 Papillendurchmessern führt nicht zu einer Sehschärfeminderung auf 1/50 oder gar zu lediglich noch möglichen Wahrnehmungen von Handbewegungen. Auch die an sich objektive, weil nicht mitarbeitsabhängige VEP-Untersuchung durch Prof. Dr. M. lässt nach der gut verständlichen Erklärung des Landesblindenarztes und Sachverständigen Prof. Dr. R. vorliegend keinen eindeutigen Rückschluss auf eine Sehschärfereduktion zu. Denn es ist schon grundsätzlich nur selten möglich, mit Hilfe eines Muster-VEP eine sichere Aussage zur Sehschärfe zu machen. Bei dieser Untersuchung wird ein Schachbrett-Muster in den zentralen Gesichtsfeldbereich von etwa 10 Grad projiziert und die Reizantwort in der primären Sehrinde abgeleitet. Bestehen aber - wie im Falle der Klägerin am rechten Auge - in diesem Netzhautareal deutliche Veränderungen, ist häufig keine reproduzierbare Reizantwort mehr zu erhalten. Insofern kann aus der fehlenden Reizantwort im Muster-VEP nicht sicher auf eine Sehschärfereduktion im Bereich der gesetzlichen Blindheit geschlossen werden. Im außerdem durchgeführten Blitz-VEP hat Prof. Dr. M. beidseits eine Nervenfunktion nachgewiesen. Dies belegt, dass die Klägerin nicht völlig blind ist, was von allen befassten Ärzte bestätigt worden ist.
Die Zweifel an den subjektiven Angaben der Klägerin zu ihrer Sehschärfe ergeben sich vor allem aus den Ergebnissen der Goldmann-Perimetrie, mit der Gesichtsfeldeinschränkungen gemessen werden. Auch insoweit stützt sich der Senat auf die gutachterlichen Ausführungen von Prof. Dr. B. und Prof. Dr. R. sowie dessen urkundlich zu verwertende Stellungnahmen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens und die schriftliche Zeugenaussage von Dr. B.. Die von der Augenärztin E. am 15.02.2011 erhobenen Gesichtsfelder haben nur geringgradig eingeengte Außengrenzen, aber keinerlei Zentralskotom gezeigt. Bei der Untersuchung in der Universitätsklinik Freiburg am 30.06.2011 waren unverändert keine zentralen Ausfälle vorhanden, sondern es konnte im Gegenteil selbst eine sehr kleine Reizmarke (I/3) innerhalb von 10 bis 12 Grad erkannt werden. Anlässlich der weiteren Vorstellung bei Dr. B. am 05.05. und 19.07.2011 war das Gesichtsfeld unverändert zentral unauffällig. Schließlich hat die Klägerin bei der ambulanten Untersuchung durch Prof. Dr. R. am 15.11.2011 weitgehend freie Außengrenzen und kein nachweisbares Zentralskotom angegeben. Den Umstand, dass die Klägerin in der Lage ist, noch sehr kleine und dunkle Reizmarken im Zentrum zu erkennen und kein zentraler Gesichtsfeldausfall feststellbar ist, haben sowohl Prof. Dr. R. als auch Prof. Dr. B. als deutlichen Hinweis dafür gewertet, dass eine Aggravation im Hinblick auf die subjektiven Sehschärfeangaben besteht und die Klägerin insoweit falsche Angaben macht. Denn sie hat kleine und lichtschwache Marken wahrgenommen, die nur mit einer deutlich besseren Sehschärfe erkannt werden können, als die Klägerin angibt. Soweit Prof. Dr. M. hiervon abweichende Gesichtsfeldmessungen durchgeführt hat, hält der Senat diese nicht für aussagekräftig. Denn zu Recht hat Prof. Dr. R. darauf hingewiesen, dass der Sachverständige zwei Messungen durchgeführt hat, die zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen geführt haben. Während in der einen Untersuchung mit einem Spiralgesichtsfeld am rechten Auge ein sicherer Hinweis auf eine Aggravation dokumentiert worden ist, ist bei einer weiteren Untersuchung lediglich eine deutliche Gesichtsfeldeinengung gefunden worden, wobei im Zentrum auch der kleinen Reizmarke I/4 keinerlei Ausfall festgestellt worden ist. Diese sich widersprechenden Messergebnisse lassen keinen eindeutigen Rückschluss auf eine die Sehminderung stützende Gesichtsfeldeinschränkung zu. Hinzu kommt, dass zwar ein Glaukom diagnostiziert worden ist, der Befund des Sehnervenkopfes mit einem schrägen Sehnerveneintritt nach der für den Senat überzeugenden Einschätzung des Prof. Dr. R. bei einer derart hohen Kurzsichtigkeit vollkommen normal ist und keinerlei Gesichtsfeldausfall erklärt. Somit fehlt es an einer Erklärung, weshalb bei der Untersuchung des Gesichtsfeldes durch Prof. Dr. M. eine weitere konzentrische Einengung eingetreten sein soll, auch der nunmehr von der Klägerin angegebene zentrale Ausfall am linken Auge ist angesichts des seit November 2011 unveränderten zentralen Augenhintergrundbefundes nicht sicher erklärt. Schließlich sind die Angaben der Klägerin im Rahmen der Sehschärfenbestimmung auch deshalb zweifelhaft, weil sie bei der Untersuchung in der Universitätsklinik Heidelberg am 15.11.2011 in der Lage war, beim Farbflecktest Panel-D15 die gesättigten Farbklötzchen mit einzelnen unspezifischen Fehlern anzuordnen und selbst die entsättigten Farben wurden noch sortiert. Das gute Ergebnis im Farbtest ist nach übereinstimmender Auffassung von Prof. Dr. R. und Prof. Dr. B. nur mit einer deutlich besseren Sehschärfe als von der Klägerin angegeben möglich und daher als weiteres Indiz für eine Aggravation der Klägerin zu bewerten. Im Übrigen geht auch Prof. Dr. M. davon aus, dass die Angaben der Klägerin im Rahmen der Sehschärfenmessung nicht zutreffend sind und die Klägerin aggraviert und versucht, die bereits bestehenden Veränderungen bzw. Einschränkungen ihrer Sehfähigkeit weiter zu verstärken. Seiner Einschätzung, dass der Einfluss dieser Aggravation „eher gering sein dürfte“, vermag sich der Senat schon deshalb nicht anzuschließen, weil Prof. Dr. M. gleichzeitig mitgeteilt hat, dass die Klägerin sich scheinbar sehr sicher im Raum bewegt, was gerade auf eine hohe Diskrepanz zwischen behaupteter Blindheit oder gleichzustellender Sehminderung und tatsächlicher Sehfähigkeit hinweist. Die nur äußerst unpräzise Formulierung deutet darüber hinaus auf verbliebene Restzweifel bei dem Sachverständigen hin. Hinzu kommt, dass der Sachverständige Prof. Dr. M. die aktenkundigen Anhaltspunkte für eine Aggravation der Klägerin, die bereits bei Antragstellung im Jahr 2010 den augenärztlichen Befunden widersprechend eine Sehschärfe von nur 10 % beidseits behauptet hat, nur unzureichend in seiner Begutachtung ausgewertet hat und sich letztlich keine überzeugende Erklärung dafür findet, weshalb er den falschen Angaben der Klägerin nur geringe Bedeutung beimisst.
Ergeben sich aus den objektiven Messungen nicht hinreichend eindeutige Ergebnisse, die eine beidäugige Gesamtsehschärfe von nicht mehr als 1/50 oder Gesichtsfeldeinengungen in dem durch die Leitlinien der Deutschen Ophtalmologischen Gesellschaft beschriebenen relevanten Bereich belegen, und sind die mitarbeitsabhängigen Sehschärfemessungen aufgrund der eindeutigen und nachgewiesenen Aggravation der Klägerin ungeeignet, den Nachweis der Blindheit zu erbringen, besteht kein Anspruch auf Zuerkennung des Merkzeichens Bl der insoweit beweispflichtigen Klägerin.
Ihre Berufung ist nach alledem daher erfolglos.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, bestehen nicht.