Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer unbenannten Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzelfall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSGE 82, 176 (177 f.)). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar.
Der Kläger begehrt die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) mit 50 und damit die Schwerbehinderteneigenschaft.
Er ist deutscher Staatsangehöriger und wurde 1957 in der oberschlesischen Ortschaft R. in der Republik Polen geboren. Dort besuchte er von 1964 bis 1972 die Grund- und Hauptschule. Danach absolvierte er eine dreijährige Ausbildung zum Elektriker und arbeitete anschließend in diesem Beruf, bevor er mit seiner Familie 1996 in die Bundesrepublik Deutschland einwanderte. Von 1977 bis 1984 war er als Elektroinstallateur tätig. Fortan bis zum Beginn der passiven Altersteilzeit im Herbst 2017 war er vollschichtig als Monteur in der Abteilung Kabelsatz und Einbau von Steuergeräten bei der A. AG in XX beschäftigt. Er bewohnt mit seiner Ehefrau, die 1985 an Multipler Sklerose erkrankte und seit 2010 eine Rente wegen Erwerbsminderung bezieht, ein Reihenhaus, in dessen Untergeschoss seit 2002 seine mittlerweile an Demenz erkrankte Mutter lebt.
Zuletzt stellte das Landratsamt bei ihm mit Bescheid vom 29. Juli 2013 den GdB mit 20 seit 7. März 2013 fest. Dem lag die versorgungsärztliche Einschätzung von Dr. Ab. vom Vormonat zugrunde, wonach degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, ein Bandscheibenschaden und Nervenwurzelreizerscheinungen einen GdB in dieser Höhe rechtfertigten.
Am 10. April 2015 beantragte der Kläger unter Hinweis auf Bandscheibenvorfälle, eine Polyneuropathie und eine Synkope die Neufeststellung des GdB.
Nachdem von den behandelnden Ärztinnen und Ärzten des Klägers die Befundunterlagen beigezogen wurden, wertete sie Dr. Ab. im November 2015 versorgungsärztlich aus und sah nunmehr zudem für eine Polyneuropathie einen Einzel-GdB von 20 vor, woraus sich ein Gesamt-GdB von 30 ergebe. Das Landratsamt stellte daraufhin mit Bescheid vom 11. März 2016 den GdB in dieser Höhe seit 10. April 2015 fest. Der Widerspruch wurde vom Regierungspräsidium mit Widerspruchsbescheid vom 11. November 2016 zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 25. November 2016 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben, welches Dr. Ul., Fachärztin für Neurologie, Dr. Gu., Facharzt für Chirurgie, sowie Dr. Kr., Fachärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin, spezielle Schmerztherapie, als sachverständige Zeuginnen und Zeugen befragt hat, welche im Februar 2017 geantwortet haben.
Dr. Ul. hat geäußert, sie habe den Kläger seit April 2015 und zuletzt im Dezember 2016 behandelt. Sie habe eine Polyneuropathie der Beine und ein chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom diagnostiziert. Anamnestisch hätten infolge der Schädigung von peripheren Nerven brennende Missempfindungen und Schmerzen im Bereich der Füße bestanden. Infolge der Störung der Tiefensensibilität sei eine Unsicherheit bei den erschwerten Stand- und Gangprüfungen aufgefallen. Im längerfristigen Verlauf hätten sich eine Zunahme der Polyneuropathie sowie der dadurch bedingten Dysästhesien und Schmerzen feststellen lassen. Durch eine medikamentöse Behandlung mit Pregabalin, 50 mg (1-0-2) habe keine Schmerzfreiheit erreicht werden können. Aufgrund dessen, der Dysästhesien, der Kraftminderung der distalen Beinmuskulatur sowie der Stand- und Gangataxie bewerte sie den Einzel-GdB für die Polyneuropathie mit 30. Die wirbelsäulenbedingten Symptome erreichten einen Einzel-GdB von 20.
Dr. Gu. hat mitgeteilt, er behandele den Kläger seit 2002 und konkret wegen der Wirbelsäule seit 2014. Seit April 2015 konsultiere dieser ihn regelmäßig in jedem Quartal. Bei der versorgungsmedizinischen Bewertung seien bislang die Arthrose der rechten Handwurzel und die beginnende Fingerarthrose unberücksichtigt geblieben. Er hat den Entlassungsbericht von Prof. Dr. Ma., Ärztlicher Direktor der Fachklinik für Neurologie D. in Sw., über den einwöchigen stationären Aufenthalt des Klägers im Februar 2015 vorgelegt, wonach eine Polyneuropathie unklarer Genese (ICD-10 G62.88) diagnostiziert worden ist. Als Nebendiagnose ist ein Bandscheibenvorfall im Segment L4/5 ohne wesentliche Einengung der Nervenwurzel aufgeführt worden. Die stationäre Einweisung sei zur Abklärung von Pelzigkeitsgefühlen im Bereich der Füße beidseits erfolgt. Elektrophysiologisch sei der Nachweis einer überwiegend axonalen motorisch betonten Schädigung der Beinnerven erbracht worden. Über dem Tarsaltunnel habe sich indes weder eine Leitungsverzögerung noch ein Leitungsblock erheben lassen. Zur Reduktion der Missempfindungen sei Lyrica, 25 mg (1-0-1) eingesetzt und die Dosis schrittweise erhöht worden, was bereits zu einer Reduktion der Beschwerden geführt habe. Die Medikation bei der Entlassung habe aus Pregabalin (Lyrica), 75 mg (1-0-1) bestanden. Er hat weiter den Bericht von Dr. S., R. Th.- und A., über die ambulante Behandlung vom 15. August bis 6. Dezember 2016 übersandt, wonach Lumbalgien und eine Lumboischialgie rechts bei einer Osteochondrose der Lendenwirbelsäule und ein Bandscheibenvorfall im Segment L4/5 (ICD-10 M51.1), eine Polyneuropathie unklarer Genese mit einer Gleichgewichtsstörung und Schmerzen (ICD-10 G62.9), eine Fingerpolyarthrose mit einem Handkraftdefizit (ICD-10 M15.1) sowie emotionale Belastungsfaktoren (ICD-10 F43.9) diagnostiziert worden sind. Das Zeichen nach Schober sei gegen Ende der Maßnahme um 2 cm verbessert gewesen und habe 10/14 cm betragen. Die Reklination habe bis 10 Grad vorgenommen werden können, bevor sie schmerzhaft eingeschränkt gewesen sei. Die Seitneige sei zu beiden Seiten um 20 Grad möglich gewesen. Die Beweglichkeit der Halswirbelsäule sei ebenfalls verbessert gewesen. Der Finger-Boden-Abstand habe 30 cm betragen.
Dr. Kr. hat kundgetan, sie habe den Kläger bis 2013 und erneut ab Januar 2017 behandelt. Er habe brennende Schmerzen in den Händen und Füßen bei bekannter Polyneuropathie gehabt. Es bestehe eine Chronifizierung der Schmerzen. Ein GdB von 50 sei angemessen.
Das SG hat Dr. Am., Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie, mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Nach der ambulanten klinischen und radiologischen Untersuchung des Klägers am 5. April 2017 hat er ausgeführt, im Bereich der Hals- und Brustwirbelsäule seien jeweils eine fortgeschrittene Spondylosteochondrose festgestellt worden. Im Bereich der Lendenwirbelsäule habe ein chronisches Syndrom bei einem Bandscheibenvorfall in den Segmenten L4/5 und L5/S1 vorgelegen. Der Kinnspitzen-Jugulum-Abstand habe 5/21 cm betragen. Das Seitneigen habe bis 20-0-25 Grad und das Drehen bis 65-0-50 Grad vorgenommen werden können. Im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule sei das Seitneigen ebenfalls bis 20-0-25 Grad erfolgt. Das Drehen im Sitzen sei bis 25-0-15 Grad demonstriert worden. Das Rückwärtsneigen des Körpers sei bis 20 Grad gezeigt worden. Der Finger-Boden-Abstand habe 41 cm betragen. Das Zeichen nach Ott sei mit 30/31 cm und dasjenige nach Schober mit 10/13 cm gemessen worden. Mit einem Einzel-GdB von 30 seien die Funktionsbeeinträchtigungen in allen drei Wirbelsäulenabschnitten und das lumbal zentrierte chronische Schmerzsyndrom abgedeckt. Der bislang berücksichtigte Einzel-GdB von 20 werde den Verhältnissen nicht mehr gerecht. Eine Polyarthrose an den Fingergelenken beider Hände sei erkannt worden. Es seien eine Schwellung, eine Deformierung, eine Kraftminderung und eine Einschränkung der Beweglichkeit aufgefallen. Bei der Ermittlung des GdB müsse wohl Bezug genommen werden auf Teil B, Nr. 18.2.1 der versorgungsmedizinischen Grundsätze. Die degenerativen Veränderungen seien den entzündlichen gleichzusetzen, weil aktivierte arthrotische Prozesse immer mit derartigen Begleiterscheinungen verbunden seien. Bei Gelenkbefall mit geringen Auswirkungen sei ein Bewertungsrahmen von 20 bis 40 gegeben. Er empfehle daher insoweit einen Einzel-GdB von 20. Unter Berücksichtigung des Vorschlages der Neurologin, die Polyneuropathie mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten, sei ein Gesamt-GdB von 50 gerechtfertigt.
Gegenüber Dr. Am. hat der Kläger kundgetan, das Opiat Targin, 5 mg (1-0-2) und eineinhalb Tabletten täglich Pregabalin, 100 mg als Analgetikum einzunehmen. Bedarfsweise greife er auf Novaminsulfon zurück. Gegen auftretende Kopfschmerzen nehme er Paracetamol ein. Seit einem Jahr neige er zu Depressionen, wogegen er jedoch keine spezifische Therapie in Anspruch genommen habe. Er könne nicht lange gehen, vor allem wegen der Polyneuropathie. Die Gehstrecke betrage auf der Ebene einen Kilometer, dann müsse er eine Pause einlegen, ehe er den Weg fortsetzen könne. Seitens der Hals- und Brustwirbelsäule seien keine Beschwerden geäußert worden. Wegen der Fingergelenksarthrose habe er tagsüber Schmerzen, nachts weniger. Feinarbeiten seien für ihn erschwert vorzunehmen. Die Kraft der Hände sei gemindert. Er habe etwa Probleme, eine Flasche zu öffnen. Seinem Ansinnen, eine leichte Arbeit zugewiesen zu bekommen, sei nicht nachgekommen worden. Eigentlich dürfe er nicht am Fließband arbeiten, wie er selbst geäußert habe. Nach längerem Stehen verspüre er Schmerzen in beiden Kniegelenken. Psychisch sei er ausgeglichen, mitteilsam und kommunikativ gewesen. Zeichen einer Ausmalung der Symptome seien nicht zu erkennen gewesen. Eine leichte depressive Verstimmung sei aufgefallen. Auf dem Flur der Praxis sei ein sicherer, etwas langsamer, mittelschrittiger und ordentlich fördernder Gang demonstriert worden. Ein leichtes Schonhinken rechts sei aufgefallen. Das Begehen der Treppe sei sicher erfolgt, wenn auch wiederum relativ langsam. Dabei sei ein Bein vor das andere gesetzt worden. Der Handlauf sei nicht benutzt worden. Der Einbein- und Zehenstand sowie der Zehengang seien wegen der Gefühlsstörung unsicher vorgenommen worden. Der Hackenstand und -gang seien sicher demonstriert worden. Die Hockstellung sei unvollständig eingenommen worden. Sie sei etwa um ein Viertel eingeschränkt gewesen. Der Kläger habe dies auf seine Kniebeschwerden zurückgeführt. Eine deutliche Verdickung der Mittelgelenke der Finger II bis V, jeweils mit Druckschmerzhaftigkeit, sei aufgefallen. Am stärksten betroffen gewesen sei der Mittelfinger. Eine leichte Ulnardeviation im Mittelgelenk des zweiten und dritten Fingers sei erkannt worden. Die Beweglichkeit der Finger sei erheblich eingeschränkt gewesen. Der Faustschluss habe nur inkomplett gezeigt werden können. Die Streckung der Langfinger, vor allem des fünften Fingers, sei deutlich reduziert gewesen. Die Beweglichkeit der Daumen sei wiederum nur leicht beeinträchtigt gewesen, was insbesondere die Beugung betroffen habe.
Daraufhin hat der Beklagte im Juli 2017, unter Berücksichtigung der versorgungsärztlichen Einschätzung von Dr. Hi., insbesondere der Polyneuropathie mit einem Einzel-GdB von 30, ein Vergleichsangebot unterbreitet, wonach der GdB mit 40 und eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit ab 5. April 2017 festzustellen sind, welches der Kläger nicht angenommen hat.
Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 4. Oktober 2017 unter teilweiser Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsentscheidung den Beklagten verpflichtet, beim Kläger unter Abänderung des Bescheides vom 29. Juli 2013 den GdB mit 40 ab 1. April 2016 festzustellen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers sind dem Beklagten zu einem Drittel auferlegt worden. Die Polyneuropathie sei mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten. Die beiden weiteren Funktionsbeeinträchtigungen durch die Gesundheitsstörungen im Bereich der Wirbelsäule und die Fingerpolyarthrose, welche jeweils einen Einzel-GdB von 20 zur Folge hätten, beträfen andere Organsysteme als die Polyneuropathie. Unter Berücksichtigung der Grundsätze über die Bildung des Gesamt-GdB sei gleichwohl ein solcher von 40 ausreichend. Dieser sei ab 1. April 2016 festzustellen. Erhebungen zu der Fingerpolyarthrose fänden sich bereits in dem von Dr. Gu. vorgelegten Karteikartenauszug im März 2015, seinem Arztbrief von Oktober 2016 sowie im Entlassungsbericht von Dr. Sc. von Dezember 2016. Aufgrund dieser Unterlagen sei davon auszugehen, dass die damit einhergehenden Funktionseinschränkungen bereits vor dem Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. Am. vorgelegen hätten. Es sei daher ohne Weiteres nachvollziehbar, dass dieser die Höherbewertung des GdB auf April 2016 „rückdatiert“ habe.
Gegen die den Bevollmächtigten des Klägers am 9. Oktober 2017 zugestellte Entscheidung des SG hat dieser am 9. November 2017 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und den Bericht von Dr. Gu. von November 2017 vorgelegt, wonach erhebliche degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule mit einem Bandscheibenvorfall im Segment L4/5 bestünden. Die Polyneuropathie trete vorrangig an den unteren Extremitäten auf. Die Fingerpolyarthrose gehe mit einem Defizit der Handkraft einher. Seien Funktionsausfälle im selben Organsystem vorhanden, komme es dazu, dass sie von gesunden Organen nicht übernommen und kompensiert werden könnten. Daher addierten sich die einzelnen funktionellen Störungen eher zu einer größeren Gesamtbeeinträchtigung, weshalb ein Gesamt-GdB von 50 vorliegend gerechtfertigt sei.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat Dr. Ma., Facharzt für Orthopädie, ein Gutachten erstattet. Nach seiner ambulanten klinischen und radiologischen Untersuchung am 24. Januar 2018 hat er ausgeführt, im Mittelpunkt der orthopädischen Problematik stünden langjährige, tiefsitzende Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule, welche allerdings nicht ausstrahlten oder zu Lähmungen führten. Darüber hinaus seien im Rahmen einer Polyneuropathie Schmerzen und Verkrampfungen sowie eine Taubheit der Füße aufgetreten. Zusätzlich habe der Kläger an Schmerzen im Bereich beider Hände bei Verschleiß der Fingerend- und -mittelgelenke gelitten. Darüber hinaus habe er seit einem Jahr Schmerzen in beiden Kniegelenken, insbesondere beim Treppengehen, beklagt. Seit Juli 2017 habe die linke Schulter geschmerzt. Diagnostiziert habe er ein chronisch-rezidivierendes degeneratives Lendenwirbelsäulensyndrom (ICD-10 M47.86, M54.5), einen Bandscheibenvorfall im Segment L4/5 (ICD-10 M51.2) sowie eine Bandscheibenprotrusion im Segment L5/S1 (ICD-10 M51.2), eine Heberden-Arthrose (ICD-10 M15.1) und eine Bouchard-Arthrose (ICD-10 M15.2), jeweils in beiden Händen, eine Rhizarthrose links (ICD-10 M18.1), eine Scapho-Trapezo-Trapezoidal-Arthrose beidseits, rechts mehr als links (ICD-10 M19.04), einen Knick-Hohl-Spreiz-Fuß (ICD-10 M21.60, M21.63), einen Hallux valgus interphalgenus beidseits (ICD-10 M20.1), eine Plantarfasziitis beidseits (ICD-10 M72.2), einen leichten Fußrückenhöcker beidseits (ICD-10 M89.47), eine beginnende Gonarthrose rechts und eine mittelgradige Gonarthrose links (ICD-10 M17.0), eine Tendinitis der Supra- und Infraspinatussehne links (ICD-10 M75.1), eine Bursitis subcoracoidea und subacromialis sowie gering subdeltoidea (ICD-10 M75.5), eine Tendinitis der langen Bizepssehne (ICD-10 M75.2), eine Arthrose des Akromioklavikulargelenkes sowie eine geringgradige Omarthrose (ICD-10 M19.01). Die Wirbelsäulenschädigungen mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule und damit einem Wirbelsäulenabschnitt bewerte er mit einem Einzel-GdB von 20. Das Funktionssystem „Rumpf“ sei nicht höher zu bewerten, weil im Bereich der Halswirbelsäule lediglich eine leichte Einschränkung der Beweglichkeit festzustellen gewesen sei. Zudem hätten nur leichte bis mittelgradige Verspannungen vorgelegen. Im Bereich der Brustwirbelsäule hätten sich zwar deutliche Verspannungen gezeigt, jedoch habe der Kläger Beschwerden weder im Bereich der Hals- noch der Brustwirbelsäule angeführt, so dass nicht von Gesundheitsstörungen ausgegangen werden könne, welche sich über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten erstreckten. Dr. Am. habe ebenfalls lediglich Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule erhoben. Das Funktionssystem „Arme“ rechtfertige ebenfalls einen Einzel-GdB von 20. Das Funktionssystem „Beine“ habe einen Einzel-GdB von 10 zur Folge. Unter Berücksichtigung des Einzel-GdB von 30 für die fachfremde Polyneuropathie sei ein Gesamt-GdB von 50 angemessen. Die versorgungsärztliche Einschätzung von Dr. Hi. teile er. Eine Abweichung ergebe sich nur bei der Bestimmung des Gesamt-GdB. Während die Polyneuropathie primär im Bereich der Füße zu lokalisieren sei und damit den Gang und den Stand beeinflusse, betreffe die Funktionsstörung der Lendenwirbelsäule zusätzliche Qualitäten wie das Bücken, Heben, Tragen und Sitzen. Die Funktionsbeeinträchtigung der Hände in Form der Polyarthrose beeinflusse weitere Lebensbereiche wie die Nahrungsaufnahme und Hygiene, das Heben und Greifen sowie die Feinarbeiten. Insofern wirkten sich alle drei relevante Gesundheitsstörungen in unterschiedlichen Bereichen des täglichen Lebens aus.
Der Kläger habe angegeben, seit Frühjahr 2017 an einer Hypertonie zu leiden. Aktuell habe er Pregabalin, 75 mg (1-1-1) und bei Schmerzen Novaminsulfon, 500 mg (2-2-2) eingenommen. Alternativ habe er auf Ibuprofen, 600 mg (1-1-1) zurückgegriffen. Bei Dr. Gu. habe er im Juli 2017 und vier Monate später Kortisoninjektionen erhalten. Der Kläger stehe dreimal die Woche um 6:45 Uhr auf, weil seine Mutter dienstags und donnerstags in die Tagespflege gehe und um 7:40 Uhr abgeholt werde. Seine Ehefrau habe mittwochs um 8 Uhr zu Hause eine therapeutische Anwendung. Er bereite das Frühstück für seine Ehefrau und seine Mutter vor, wenn Letztere nicht in der Tagespflege sei. Jeden zweiten Tag sauge der Kläger im ganzen Haus. Jeweils zweimal die Woche wische er Staub und putze die Böden. Drei- bis viermal die Woche erledige er Kleinigkeiten am Morgen, etwa einkaufen gehen oder Ärzte aufzusuchen. Gegen 11:15 Uhr beginne er zusammen mit seiner Ehefrau mit den Vorbereitungen für das Mittagessen. Danach räume er mit ihr auf und kümmere sich um die Spülmaschine. Er könne jedoch wegen der Kreuz- und Knieschmerzen nur die obere Etage befüllen. Zwischen 17 Uhr und 17:30 Uhr bereite er das Abendessen vor. Einmal die Woche komme eine Reinigungskraft zum Bügeln, Wäsche waschen, Bettwäsche aufhängen und Fenster putzen. Feinmotorische Tätigkeiten wie Schleifen binden könne der Kläger wegen der Fingerarthrose nicht mehr vornehmen. Im Sommer mähe er den Rasen, dessen Fläche etwa 1 Ar einnehme und wofür er etwa 20 Minuten benötige. Die Rosen und den Flieder schneide er selbst zurück. Wegen der Betreuung seiner Ehefrau und seiner Mutter sei er seit mehreren Jahren nicht mehr im Urlaub gewesen. Bei der Inklination habe der Abstand zwischen der Kinnspitze und dem Brustbein 2,5 cm betragen. Bei der Extension habe der Nasenrücken die Horizontale erreicht. Die Seitneigung der Halswirbelsäule sei beidseits bis 30 Grad und die Rotation beidseits bis 60 Grad erfolgt. Die Beweglichkeit der gesamten Wirbelsäule habe für die Flexion und Extension 45-0-10 Grad, für die Seitneigung rechts/links 15-0-15 Grad sowie für die Rotation rechts/links, bei fixiertem Becken, 20-0-20 Grad ergeben. Der Fingerspitzen-Boden-Abstand bei gestreckten Kniegelenken und vornüber geneigtem Rumpf habe 50 cm betragen. Das Zeichen nach Schober sei mit 10/12,5 cm und dasjenige nach Ott mit 30/30,5 cm gemessen worden. Der Langsitz sei nicht durchführbar gewesen. Die Werte nach der Neutral-Null-Methode bei der Bewegung der Schultergelenke hätten für das Beugen und Strecken rechts 170-0-50 Grad und links 140-0-40 Grad betragen. Die Ab- und Adduktion hätten rechts bis 160-0-50 Grad und links bis 120-0-50 Grad vorgenommen werden können. Die Innen- und Außenrotation bei anliegendem Oberarm hätten beidseits Werte von 90-0-60 Grad ergeben. Die Beweglichkeit der Kniegelenke bei der Flexion und Extension sei beidseits mit 130-0-0 Grad ermittelt worden. Eine Schwellung oder ein Erguss hätten beidseits nicht festgestellt werden können. Die Umfangmaße der unteren Extremitäten hätten an keiner Stelle um mehr als 1 cm voneinander abgewichen.
Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, bei ihm lägen sowohl im Bereich der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen vor. Bislang unberücksichtigt geblieben sei, dass er seine Arme nur bis zur Höhe der Schultern anheben könne. Er habe andauernd Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule, aber auch in beiden Schultern. Er könne sich nicht mehr richtig bücken, insbesondere nicht allein die Socken anziehen. Unter Berücksichtigung der gutachtlichen Erhebungen durch Dr. Am. und Dr. Ma. sei ein Gesamt-GdB von 50 gerechtfertigt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 4. Oktober 2017 abzuändern, den Bescheid vom 11. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2016 teilweise aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, bei ihm den Grad der Behinderung unter weiterer Abänderung des Bescheides vom 29. Juli 2013 mit 50 ab 10. April 2015 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Er trägt, im Wesentlichen gestützt auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. Wo. von April 2018, vor, der von Dr. Ma. angenommene Teil-GdB von 10 für das Funktionssystem „Beine“ sei etwas weitreichend, zumal hinsichtlich der Kniegelenke beidseits bei freier Beweglichkeit keine Schwellung und kein Erguss festgestellt worden seien. Abgesehen davon sei ein diesbezüglicher Wert auf den Gesamt-GdB ohne Auswirkung. Die jeweiligen Teil-GdB-Werte beträfen zwar unterschiedliche Funktionssysteme und überschnitten sich nicht. Es lägen jedoch auch keine besonders ungünstigen gegenseitigen Wechselwirkungen vor. Nur dann sei ein Gesamt-GdB von 50 gerechtfertigt. Ansonsten sei grundsätzlich bei Teil-GdB-Werten von 30 und zweimal 20 auch bei fehlenden gegenseitigen Überschneidungen ein Gesamt-GdB von 50 nicht begründbar. Randnummer23 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.
Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1 i. V. m. § 105 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 Halbsatz 1 SGG) sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 SGG), aber unbegründet.
Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens ist der Gerichtsbescheid des SG vom 4. Oktober 2017, mit dem die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) erhobene Klage, mit welcher der Kläger unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 11. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2016 die Verpflichtung des Beklagten zur Feststellung des GdB mit 50 ab 10. April 2015 unter Abänderung des Bescheides vom 29. Juli 2013 verfolgte, abgewiesen wurde. Maßgebend für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist für diese Klageart grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen (vgl. BSG, Urteil vom 2. September 2009 - B 6 KA 34/08 R -, BSGE 104, 116 (124); Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Aufl. 2017, § 54 Rz. 34), welche am 6. September 2018 stattfand.
Die Berufung ist mangels Begründetheit der Klage unbegründet. Der seinem Begehren entgegenstehende Bescheid vom 11. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2016 (§ 95 SGG) ist im Umfang der Abweisung der Klage durch das SG rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG), da er keinen entsprechenden Anspruch hat.
Rechtsgrundlage für die verfolgte behördliche Anerkennung des GdB mit 50 ab 10. April 2015 ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten der Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X). Dabei liegt eine wesentliche Änderung vor, soweit der Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen nicht mehr so erlassen werden dürfte, wie er ergangen war. Die Änderung muss sich nach dem zugrundeliegenden materiellen Recht auf den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes auswirken. Das ist bei einer tatsächlichen Änderung nur dann der Fall, wenn diese so erheblich ist, dass sie rechtlich zu einer anderen Bewertung führt. Von einer wesentlichen Änderung ist im vorliegenden Zusammenhang bei einer Verschlechterung im Gesundheitszustand des Klägers auszugehen, wenn aus dieser die Erhöhung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 folgt (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 12). Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt - teilweise - aufzuheben und durch die zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG, Urteil vom 22. Oktober 1986 - 9a RVs 55/85 -, juris, Rz. 11 m. w. N.). Die Feststellung einer wesentlichen Änderung setzt einen Vergleich der Sach- und Rechtslage bei Erlass des - teilweise - aufzuhebenden Verwaltungsaktes und zum Zeitpunkt der Überprüfung voraus (vgl. BSG, Urteil vom 2. Dezember 2010 - B 9 V 2/10 R -, SozR 4-3100 § 35 Nr. 5, Rz. 38 m. w. N.; Schütze, in: von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Aufl. 2014, § 48 Rz. 4).
Bei dem Bescheid vom 29. Juli 2013, womit der GdB mit 20 ab 7. März 2013 festgestellt wurde, handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. In den tatsächlichen Verhältnissen, die bei Erlass dieser Verwaltungsentscheidung vorlagen, ist zwar eine wesentliche Änderung eingetreten. Die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen des Klägers sind indes vom 10. April 2015 bis 31. März 2016 mit keinem höheren Gesamt-GdB als 30 und in der Folgezeit mit keinem höheren als 40 zu bewerten, wie vom Beklagten bereits festgestellt beziehungsweise vom SG ausgeurteilt wurde.
Der Anspruch des Klägers richtet sich nach § 152 Abs. 1 und 3 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) in der aktuellen, seit 1. Januar 2018 geltenden Fassung durch Art. 1 und 26 Abs. 1 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG) vom 23. Dezember 2016 (BGBl I S. 3234). Danach stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderung die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Auf Antrag kann festgestellt werden, dass ein GdB bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat (§ 152 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Menschen mit Behinderungen sind nach § 2 Abs. 1 Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können (Satz 1). Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht (Satz 2). Menschen sind im Sinne des Teils 3 des SGB IX schwerbehindert, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt (§ 152 Abs. 1 Satz 5 SGB IX). Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des GdB maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (§ 153 Abs. 2 SGB IX). Von dieser Ermächtigung hat das BMAS Gebrauch gemacht und die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412) erlassen, um unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Soweit noch keine Verordnung nach § 153 Abs. 2 erlassen ist, gelten die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der aufgrund des § 30 Abs. 16 BVG Rechtsverordnungen entsprechend (§ 241 Abs. 5 SGB IX). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht“ (AHP) getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R -, SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen, unabhängig ihrer Ursache, final bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (etwa "Altersdiabetes" oder "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 152 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17 m. w. N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5).
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer unbenannten Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzelfall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSGE 82, 176 (177 f.)). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder der Vorinstanz Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird.
In Anwendung dieser durch den Gesetz- und Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze sowie unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen des Klägers vom 10. April 2015 bis 31. März 2016 keinen höheren Gesamt-GdB als 30 und in der Folgezeit keinen höheren als 40 rechtfertigen.
Das Funktionssystem „Gehirn einschließlich Psyche“, dem wegen der Verortung in den VG, Teil B, Nr. 3.11 die Polyneuropathie zuzuordnen ist, erreicht keinen höheren Teil-GdB als 20, wie er von Dr. Ab. im November 2015 versorgungsärztlich eingeschätzt wurde.
Bei den Polyneuropathien ergeben sich nach dieser Ziffer die Funktionsbeeinträchtigungen aufgrund motorischer Ausfälle (mit Muskelatrophien), sensibler Störungen oder Kombinationen von beiden. Der GdB motorischer Ausfälle ist in Analogie zu den peripheren Nervenschäden einzuschätzen. Bei den sensiblen Störungen und Schmerzen ist zu berücksichtigen, dass schon leichte Störungen zu Beeinträchtigungen, etwa bei Feinbewegungen, führen können.
Die von der sachverständigen Zeugin Dr. Ul. teilweise allein auf die Angaben des Klägers gestützten Dysästhesien, die Kraftminderung der distalen Beinmuskulatur sowie die Stand- und Gangataxie sind nicht in einem solchen Ausmaß objektiviert, dass sich bereits ein Einzel-GdB von 30 begründen ließe, was der Senat den Erhebungen von Dr. Am. bei seiner gutachtlichen Untersuchung entnimmt. Nur der Einbein- und Zehenstand sowie der Zehengang wurden wegen der Gefühlsstörung unsicher vorgenommen. Auf dem Flur der Praxis wurde demgegenüber ein sicherer, etwas langsamer, mittelschrittiger und ordentlich fördernder Gang demonstriert. Es fiel lediglich ein leichtes Schonhinken rechts auf. Das Begehen der Treppe erfolgte sicher, wenn auch wiederum relativ langsam. Dabei wurde ein Bein vor das andere gesetzt. Der Handlauf musste nicht benutzt werden. Der Hackenstand und -gang wurden sicher demonstriert. Die Hockstellung wurde zwar unvollständig eingenommen, was der Kläger selbst jedoch auf seine Kniebeschwerden zurückführte. Nennenswerte Muskelatrophien zeigten sich bislang nicht, was nicht zuletzt dadurch deutlich wird, dass selbst die von Dr. Ma. jüngst erhobenen Umfangmaße der unteren Extremitäten altersentsprechende Werte ergaben und beim Vergleich beider Seiten an keiner Stelle um mehr als 1 cm voneinander abwichen. Damit in Einklang steht, dass durch die medikamentöse Behandlung mit Pregabalin, 50 mg zwar mit Dr. Ul. keine Schmerzfreiheit, aber immerhin durch die Erhöhung der Dosis auf 75 mg, in der Vergangenheit etwa durch Prof. Dr. Ma. im Februar 2015, eine Linderung der Missempfindungen erzielt werden konnte. Nach Abklärung von Pelzigkeitsgefühlen im Bereich beider Füße zeigten sich bei ihm in Bezug auf die unteren Extremitäten außer dem Fußheber und dem Großzehenheber rechts mit 3/5 insbesondere keine latenten oder manifesten Paresen. Seine elektrophysiologische Untersuchung erbrachte zwar den Nachweis einer überwiegend axonalen motorisch betonten Schädigung der Beinnerven. Über dem Tarsaltunnel ließ sich indes weder eine Leitungsverzögerung noch ein Leitungsblock erheben. Die sachverständige Zeugin Kr. beschrieb keine weitergehenden Funktionsbeeinträchtigungen, etwa ab Januar 2017 aufgrund von auftretenden Gleichgewichtsstörungen, wie sie einzig Dr. Sc.Ende 2016 auflistete. Ein Einzel-GdB von 30 wegen der Polyneuropathie, wie ihn Dr. Ul. medizinisch befürwortete, und den die Sachverständigen sowie Dr. Hi. und Dr. Wo. unter Bezugnahme auf ihn in ihren versorgungsärztlichen Stellungnahmen ohne nähere Ausführungen zugrunde legten, ist damit nicht untermauert.
Eine dem Funktionssystem „Gehirn einschließlich Psyche“ zuzuordnende psychiatrische Erkrankung wurde bereits nicht fachärztlich diagnostiziert, weshalb sich hieraus keine Erhöhung des Teil-GdB ableiten lässt. Dr. Sc. führte als einziger und zudem fachfremd emotionale Belastungsfaktoren an und verschlüsselte sie nach der ICD-10-GM-2018 mit „F43.9“, was für eine Reaktion auf schwere Belastung, nicht näher bezeichnet steht. Gegenüber Dr. Am. berichtete der Kläger, dass er seit einem Jahr zu Depressionen neigt, hingegen noch keine spezifische Therapie in Anspruch nahm. Ihm fiel er als ausgeglichen, mitteilsam und kommunikativ auf, weshalb er fachfremd nur eine leichte depressive Verstimmung annahm. Ein messbarer Einzel-GdB lässt sich dem nach den VG, Teil B, Nr. 3.7 nicht entnehmen.
Die beim Kläger wegen der Gesundheitsstörungen an den Haltungs- und Bewegungsorganen vorliegenden Funktionsbehinderungen bedingen in Bezug auf die Funktionssysteme „Rumpf“ und „Arme“ jeweils einen Teil-GdB von 20. Das Funktionssystem „Beine“ erreicht keinen höheren Wert als 10.
Nach den VG, Teil B, Nr. 18.1 wird der GdB für angeborene und erworbene Schäden an den Haltungs- und Bewegungsorganen entscheidend bestimmt durch die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen (Bewegungsbehinderung und Minderbelastbarkeit) sowie die Mitbeteiligung anderer Organsysteme. Die üblicherweise auftretenden Beschwerden sind dabei mitberücksichtigt. Außergewöhnliche Schmerzen sind gegebenenfalls zusätzlich zu werten (vgl. VG, Teil A, Nr. 2 j). Schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Gelenke können schwerwiegender als eine Versteifung sein. Bei Haltungsschäden und/oder degenerativen Veränderungen an Gliedmaßengelenken und an der Wirbelsäule (z. B. Arthrose, Osteochondrose) sind auch Gelenkschwellungen, muskuläre Verspannungen, Kontrakturen oder Atrophien zu berücksichtigen. Mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z. B. degenerativer Art) allein rechtfertigen noch nicht die Annahme eines GdB. Ebenso kann die Tatsache, dass eine Operation an einer Gliedmaße oder an der Wirbelsäule (z. B. Meniskusoperation, Bandscheibenoperation, Synovialektomie) durchgeführt wurde, für sich allein nicht die Annahme eines GdB begründen. Bei den entzündlich-rheumatischen Krankheiten sind unter Beachtung der Krankheitsentwicklung neben der strukturellen und funktionellen Einbuße die Aktivität mit ihren Auswirkungen auf den Allgemeinzustand und die Beteiligung weiterer Organe zu berücksichtigen.
Für entzündlich-rheumatische Krankheiten sehen die VG in Teil B, Nr. 18.2.1 folgende GdB-Tabelle vor: ohne wesentliche Funktionseinschränkung mit leichten Beschwerden stützen einen GdB von 10, mit geringen Auswirkungen (leichtgradige Funktionseinbußen und Beschwerden, je nach Art und Umfang des Gelenkbefalls, geringe Krankheitsaktivität) zwischen 20 und 40, mit mittelgradigen Auswirkungen (dauernde erhebliche Funktionseinbußen und Beschwerden, therapeutisch schwer beeinflussbare Krankheitsaktivität) zwischen 50 und 70 sowie mit schweren Auswirkungen (irreversible Funktionseinbußen, hochgradige Progredienz) zwischen 80 und 100. Auswirkungen über sechs Monate anhaltender aggressiver Therapien sind gegebenenfalls zusätzlich zu berücksichtigen. Die Fibromyalgie, das Chronische Fatigue Syndrom (CFS), die Multiple Chemical Sensitivity (MCS) und ähnliche Syndrome sind jeweils im Einzelfall entsprechend der funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen.
Das Funktionssystem „Rumpf“ ist nach diesen Maßstäben mit einem Teil-GdB von 20 ausreichend bewertet.
Nach den VG, Teil B, Nr. 18.9 ergibt sich der GdB bei angeborenen und erworbenen Wirbelsäulenschäden (einschließlich Bandscheibenschäden, Scheuermann-Krankheit, Spondylolisthesis, Spinalkanalstenose und dem so genannten „Postdiskotomiesyndrom“) primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte. Der Begriff Instabilität beinhaltet die abnorme Beweglichkeit zweier Wirbel gegeneinander unter physiologischer Belastung und die daraus resultierenden Weichteilveränderungen und Schmerzen. So genannte „Wirbelsäulensyndrome“ (wie Schulter-Arm-Syndrom, Lumbalsyndrom, Ischialgie sowie andere Nerven- und Muskelreizerscheinungen) können bei Instabilität und bei Einengungen des Spinalkanals oder der Zwischenwirbellöcher auftreten. Für die Bewertung von chronisch-rezidivierenden Bandscheibensyndromen sind aussagekräftige anamnestische Daten und klinische Untersuchungsbefunde über einen ausreichend langen Zeitraum von besonderer Bedeutung. Im beschwerdefreien Intervall können die objektiven Untersuchungsbefunde nur gering ausgeprägt sein.
Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität haben einen GdB von 0 zur Folge. Gehen diese mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurzdauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) einher, ist ein GdB von 10 gerechtfertigt. Ein GdB von 20 ist bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) vorgesehen. Liegen schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt vor (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ist ein Teil-GdB von 30 angemessen. Ein GdB-Rahmen von 30 bis 40 ist bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorgesehen. Besonders schwere Auswirkungen (etwa Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst (z.B. Milwaukee-Korsett); schwere Skoliose (ab ca. 70Grad nach Cobb)) eröffnen einen GdB-Rahmen von 50 bis 70. Schließlich ist bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB-Rahmen zwischen 80 und 100 vorgesehen. Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen - oder auch die intermittierenden Störungen bei der Spinalkanalstenose - sowie Auswirkungen auf die inneren Organe (etwa Atemfunktionsstörungen) sind zusätzlich zu berücksichtigen. Bei außergewöhnlichen Schmerzsyndromen kann auch ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen (z. B. Postdiskotomiesyndrom) ein GdB über 30 in Betracht kommen.
Die Sachverständigen Dr. Am. und Dr. Ma. erhoben im Bereich der Hals- und Brustwirbelsäule jeweils eine fortgeschritten Spondylosteochondrose sowie hinsichtlich der Lendenwirbelsäule ein chronisch-rezidivierendes degeneratives Lendenwirbelsäulensyndrom, einen Bandscheibenvorfall im Segment L4/5 und eine Bandscheibenprotrusion im Segment L5/S1. Mittelgradige funktionelle Auswirkungen ließen sich indes mit Dr. Ma. entgegen der Annahme des Klägers nur im unteren Wirbelsäulenabschnitt objektivieren, weshalb kein höherer Einzel-GdB als 20 begründbar ist. Zuletzt war ihm bei der gutachtlichen Untersuchung Anfang 2018 das Seitneigen der Rumpfwirbelsäule lediglich noch bis 15-0-15 Grad möglich (Referenzwert 30 bis 40-0-30 bis 40 Grad; vgl. hierzu und zu den folgenden Werten Buckup, Klinische Tests an Knochen, Gelenken und Muskeln, 5. Aufl. 2012, S. 23 ff.). Das Drehen im Sitzen rechts/links konnte bis 20-0-20 Grad (30-0-30 Grad) vorgenommen werden. Der Fingerspitzen-Boden-Abstand bei gestreckten Kniegelenken und vornüber geneigtem Rumpf betrug 50 cm, was erklärt, dass sich der Kläger die Socken allein nicht anziehen kann, hingegen Ende 2016 bei einer Untersuchung durch Dr. Sc. noch 30 cm. Das Zeichen nach Schober, welches im Rahmen der ambulanten therapeutischen Behandlung bei diesem um 2 cm auf 10/14 cm verbessert werden konnte, wurde mit 10/12,5 cm (7/10/13 cm) und dasjenige nach Ott mit 30/30,5 cm (28/30/32 cm) gemessen. Der Langsitz war nicht durchführbar. Neben den allenfalls leichtgradigen funktionellen Auswirkungen im Bereich der Brustwirbelsäule waren sie in Bezug auf die Halswirbelsäule nicht mehr als gering. Bei der Inklination betrug der Abstand zwischen der Kinnspitze und dem Brustbein 2,5 cm. Bei der Extension erreichte der Nasenrücken die Horizontale. Die Seitneigung der Halswirbelsäule erfolgte beidseits bis 30 Grad (45-0-45 Grad) und die Rotation beidseits bis 60 Grad (60 bis 80-0-60 bis 80 Grad; vgl. insoweit Thomsen/Wich, Körperliche Untersuchung - Anleitung in Bildern für Studium und Praxis, 2. Aufl. 2018, S. 186). Unter Berücksichtigung der Messfehlerspanne ergaben sich bei der gutachtlichen Untersuchung durch Dr. Am. im Frühjahr 2017 keine Abweichungen. Der Kinnspitzen-Jugulum-Abstand betrug damals 5/21 cm. Das Seitneigen wurde vom Kläger bis 20-0-25 Grad und das Drehen bis 65-0-50 Grad vorgenommen. Bezeichnenderweise äußerte der Kläger gegenüber Dr. Am. keine Beschwerden im Bereich der Hals- und Brustwirbelsäule. Das chronisch-rezidivierende Lendenwirbelsäulensyndrom geht mit üblicherweise damit verbundenen Schmerzen einher, was in den Werten der GdB-Tabelle bereits berücksichtigt ist. Außergewöhnliche Schmerzen, die insoweit zusätzlich zu berücksichtigen wären (VG, Teil A, Nr. 2 j; st. Rspr. vgl. Urteil des Senats vom 26. Februar 2015 - L 6 SB 2969/14 -, juris, Rz. 56), sind indes nicht nachgewiesen. Lediglich während einer kurzen Zeitspanne, in welche die Begutachtung bei Dr. Am. fiel, nahm der Kläger das Opiat Targin, 5 mg (1-0-2) ein. Anfang 2018 griff er demgegenüber ausschließlich auf Novaminsulfon, 500 mg (2-2-2) und alternativ Ibuprofen, 600 mg (1-1-1) zurück, wie er gegenüber Dr. Ma. äußerte. Solchen Schwankungen im Gesundheitszustand ist mit einem Durchschnittswert Rechnung zu tragen (VG, Teil A, Nr. 2 f). Die Schmerzen strahlten im Übrigen weder aus noch führten sie zu Lähmungen. Damit in Einklang steht, dass der Kläger nach eigenem Bekunden jeden zweiten Tag im ganzen Haus saugt sowie zweimal die Woche Staub wischt und die Böden putzt. Bis Herbst 2017 war er zudem als Monteur an einem Fließband vollschichtig tätig. Die Arbeit mag er zuletzt als beschwerlich empfunden haben. Nennenswerte krankheitsbedingte Ausfallzeiten sind allerdings nicht belegt. Anhaltende Funktionsstörungen infolge einer Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen oder Auswirkungen auf die inneren Organe sind nicht dargetan. Die medizinische Einschätzung von Dr. Am., der einen Einzel-GdB von 30 befürwortete, was etwa mittelgradige funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten voraussetzte, konnte der Senat nicht nachvollziehen. Das Funktionssystem „Rumpf“ ist folglich mit einem Teil-GdB von 20 angemessen bewertet.
Der GdB bei Gliedmaßenschäden ergibt sich nach den VG, Teil B, Nr. 18.11 aus dem Vergleich mit dem GdB für entsprechende Gliedverluste. Trotz erhaltener Extremität kann der Zustand gelegentlich ungünstiger sein als der Verlust. Die aufgeführten GdB für Gliedmaßenverluste gehen, soweit nichts Anderes erwähnt ist, von günstigen Verhältnissen des Stumpfes und der benachbarten Gelenke aus. Bei ausgesprochen ungünstigen Stumpfverhältnissen, bei nicht nur vorübergehenden Stumpfkrankheiten sowie bei nicht unwesentlicher Funktionsbeeinträchtigung des benachbarten Gelenkes sind diese Sätze im Allgemeinen um 10 zu erhöhen, unabhängig davon, ob Körperersatzstücke getragen werden oder nicht. Körperersatzstücke, orthopädische und andere Hilfsmittel mindern bei Verlust und Funktionsstörungen der Gliedmaßen sowie bei Funktionseinschränkungen des Rumpfes die Auswirkungen der Behinderung, ohne dass dadurch der durch den Schaden allein bedingte GdB eine Änderung erfährt. Bei der Bewertung des GdB von Pseudarthrosen ist zu berücksichtigen, dass straffe günstiger sind als schlaffe. Bei habituellen Luxationen richtet sich die Höhe des GdB außer nach der Funktionsbeeinträchtigung der Gliedmaße auch nach der Häufigkeit der Ausrenkungen.
Das Funktionssystem „Arme“ begründet danach ob der Polyarthrose an den Fingergelenken beider Hände, wie sie erstmals der sachverständige Zeuge Dr. Gu. feststellte, und unter Berücksichtigung der VG, Teil B, Nr. 18.13, ohne dass auf Nr. 18.2.1 zurückzugreifen ist, wie Dr. Am. meinte, einen Teil-GdB von 20. Diese Gesundheitsstörung geht mit Schwellungen, Deformierungen, einer Kraftminderung und einer eingeschränkten Beweglichkeit einher, wie sie die Sachverständigen objektivierten, allerdings erstmals durch die gutachtliche Untersuchung durch Dr. Am. Ihm fiel eine deutliche Verdickung der Mittelgelenke der Finger II bis V, jeweils mit Druckschmerzhaftigkeit, auf. Am stärksten betroffen war der Mittelfinger. Er erkannte eine leichte Ulnardeviation im Mittelgelenk des zweiten und dritten Fingers. Die Beweglichkeit der Finger war erheblich eingeschränkt. Der Faustschluss konnte nur inkomplett gezeigt werden. Die Streckung der Langfinger, vor allem des fünften Fingers, war deutlich reduziert. Die Beweglichkeit der Daumen war hingegen nur leicht beeinträchtigt, was insbesondere die Beugung betraf. Hierdurch ist der Kläger bei der Nahrungsaufnahme und Hygiene, beim Heben und Greifen sowie bei Feinarbeiten wie dem Binden einer Schleife oder dem Öffnen einer Flasche beeinträchtigt, wie Dr. Ma. herausstellte. Gleichwohl kann er den Pflanzenschnitt im Garten selbst durchführen, weshalb ein Teil-GdB von 20 aufgrund der Begutachtung durch Dr. Am. ab Anfang April 2017 angemessen, aber auch ausreichend ist. Entgegen der Einlassung des Klägers ist nicht belegt, dass er seine Arme nur bis zur Höhe der Schultern anheben kann. Die zuletzt von Dr. Ma. erhobenen Werte nach der Neutral-Null-Methode bei der Bewegung der Schultergelenke betrugen für das Beugen und Strecken rechts 170-0-50 Grad und links 140-0-40 Grad. Die Ab- und Adduktion wurden rechts bis 160-0-50 Grad und links bis 120-0-50 Grad vorgenommen. Die Innen- und Außenrotation bei anliegendem Oberarm ergaben beidseits Werte von 90-0-60 Grad. Hierdurch ist eine deutlich bessere Beweglichkeit als von ihm angegeben nachgewiesen. Da allein der Kläger Berufung einlegte, kann offenbleiben, ob sich, wie vom SG angenommen, ein Teil-GdB von 20 bereits ab April 2016 begründen lässt.
Das Funktionssystem „Beine“ erreicht nach den VG, Teil B, Nr. 18.14 keinen höheren Teil-GdB als 10, wie ihn Dr. Ma. ob des von ihm diagnostizierten Knick-Hohl-Spreiz-Fußes, des Hallux valgus interphalgenus beidseits, der Plantarfasziitis beidseits, des leichten Fußrückenhöckers beidseits, der beginnenden Gonarthrose rechts und der mittelgradigen Gonarthrose links medizinisch einschätzte. Insbesondere die Beweglichkeit der Kniegelenke stellte er mit Werten nach der Neutral-Null-Methode für die Beugung und Streckung von 130-0-0 Grad als frei fest. Eine Schwellung oder ein Erguss wurden nicht erhoben.
In Bezug auf die bei Antragstellung im April 2015 angeführte Synkope, die bedarfsweise mit Paracetamol behandelten Kopfschmerzen sowie die Hypertonie, welche nicht etwa mit einem diastolischen Blutdruck mehrfach über 100 mmHg oder einer Organbeteiligung verbunden ist (VG, Teil B, Nr. 9.3), sind nach den medizinischen Befundunterlagen keine Gesundheitsstörungen objektiviert, derentwegen einem Funktionssystem zuzuordnende Einschränkungen vorliegen, welche überhaupt erst geeignet wären, den Gesamt-GdB zu erhöhen.
Unter Berücksichtigung der Grundsätze für die Bildung des Gesamt-GdB, wonach insbesondere einzelne Teil-GdB-Werte nicht addiert werden dürfen (VG, Teil A, Nr. 3 a) und grundsätzlich leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen (VG, Teil A, Nr. 3 d ee), ist im Falle des Klägers wegen der Teil-GdB von 20 für die Funktionssysteme „Gehirn einschließlich Psyche“, „Rumpf“ und „Arme“ ab dem vom SG zugrunde gelegten 1. April 2016 kein höherer Gesamt-GdB als 40 erreicht, zuvor wegen des Teil-GdB von 10 für das Funktionssystem „Arme“ kein höherer als 30. Den medizinischen Einschätzungen eines solchen von 50 folgt der Senat nicht. Ihnen liegt allesamt die nicht nachvollziehbare Annahme zugrunde, die Polyneuropathie bedinge einen Einzel-GdB von 30. Es bestehen zwar Zweifel, ob die generelle Aussage des Beklagten, dass sich bei Teil-GdB-Werten von 30, 20 und 20 selbst bei fehlenden gegenseitigen Überschneidungen ein Gesamt-GdB von 50 nicht begründbar ist, zutrifft. Hierauf musste indes nicht weiter eingegangen werden.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.