Urteilsbegründung | ||
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Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 11. Senat Entscheidungsdatum: 23.09.2015 Aktenzeichen: L 11 SB 35/13 | Die Beurteilung der depressiven Störung richtet sich nach Teil B Nr. 3.7 der Anlage zu § 2 VersMedV. Danach sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20 zu bewerten; stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) sind mit einem GdB von 30 bis 40 zu bewerten; schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit) sind mit mittelgradigen sozialen Anpassungsstörungen mit einem GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 80 bis 100 zu bewerten.
Ein GdB von mindestens 50 setzt somit eine schwere Störung voraus. Zur Auslegung der Begriffe "mittelgradige" und "schwere" soziale Anpassungsschwierigkeiten können die vom Ärztlichen Sachverständigenbeirat beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales am Beispiel des "schizophrenen Residualzustandes" entwickelten Abgrenzungskriterien herangezogen werden (so Bundessozialgericht, Urteil vom 23. April 2009 - B 9 VG 1/08 R – (juris) unter Bezugnahme auf die Beschlüsse des Ärztlichen Sachverständigenbeirats vom 18./19. März 1998 und vom 8./9. November 2000). Danach werden leichte soziale Anpassungsschwierigkeiten angenommen, wenn z.B. Berufstätigkeit trotz Kontaktschwäche und/oder Vitalitätseinbuße auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch ohne wesentliche Beeinträchtigung möglich ist (wesentliche Beeinträchtigung nur in besonderen Berufen, z. B. Lehrer, Manager) und keine wesentliche Beeinträchtigung der familiären Situation oder bei Freundschaften, d. h. keine krankheitsbedingten wesentlichen Eheprobleme bestehen, mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten angenommen bei einer in den meisten Berufen sich auswirkenden psychischen Veränderung, die zwar eine weitere Tätigkeit grundsätzlich noch erlaubt, jedoch eine verminderte Einsatzfähigkeit bedingt, die auch eine berufliche Gefährdung einschließt; als weiteres Kriterium werden erhebliche familiäre Probleme durch Kontaktverlust und affektive Nivellierung genannt, aber noch keine Isolierung, noch kein sozialer Rückzug in einem Umfang, der z. B. eine vorher intakte Ehe stark gefährden könnte, schwere soziale Anpassungsschwierigkeiten angenommen, wenn die weitere berufliche Tätigkeit sehr stark gefährdet oder ausgeschlossen ist; als weiteres Kriterium werden schwerwiegende Probleme in der Familie oder im Freundes- oder Bekanntenkreis bis zur Trennung von der Familie, vom Partner oder Bekanntenkreis benannt. |
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Landessozialgericht Sachsen-Anhalt 7. Senat Entscheidungsdatum: 14.10.2014 Aktenzeichen: L 7 SB 23/12 |
Gründe: Nach Teil B, Nr. 3.7 VMG werden leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20 bewertet. Für stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) ist ein Bewertungsrahmen von 30 bis 40 vorgesehen. Schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten werden mit einem GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit 80 bis 100 bewertet. Psychische Anpassungsschwierigkeiten, die einen Behinderungsgrad von 30 bis 40 rechtfertigen, sind nach dem Beschluss des Ärztlichen Sachverständigenbeirates (BMA am 18./19.03.1998 – zitiert nach Rohr/Sträßer, Teil B: GdS-Tabelle-19, 96. Lfg. – Stand Dezember 2011) durch Kontaktschwäche und/oder Vitalitätseinbuße gekennzeichnet. Dieses Kriterium ist zur differenzierenden Einschätzung von Anpassungsschwierigkeiten analog auch dann heranzuziehen, wenn die Symptomatik der psychischen Störungen ganz unterschiedlich ist (Beschluss des Ärztlichen Sachverständigenbeirats, BMA am 8./9.11.2000, Rohr/Sträßer, a.a.O., GdS-Tabelle-18). Mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten setzen neben den Auswirkungen im Berufsleben erhebliche familiäre Probleme durch Kontaktverlust und affektive Nivellierung voraus (Beschluss des Ärztlichen Sachverständigenbeirats, BMA am 18./19.03.1998 – zitiert nach Rohr/Sträßer, a.a.O., GdS-Tabelle-19). |
. | Landessozialgericht Sachsen-Anhalt 7. Senat Entscheidungsdatum: 24.09.2015 Aktenzeichen: L 7 SB 112/13 |
LS: Eine den GdB erhöhende Berücksichtigung von regelmäßigen sportlichen Aktivitäten (Gymnastik, Fahrradfahren, Yoga, Schwimmen, Spazierengehen mit dem Hund) scheidet grundsätzlich aus. Im Übrigen spricht eine solche uneingeschränkte aktive Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gegen die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft.
Gründe: Nach den VMG (Teil B, Nr. 3.7) werden leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20 bewertet. Für stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) ist ein Bewertungsrahmen von 30 bis 40 vorgesehen. Schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten werden mit einem GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit 80 bis 100 bewertet. Psychische Anpassungsschwierigkeiten, die einen Behinderungsgrad von 30 bis 40 rechtfertigen, sind nach dem Beschluss des Ärztlichen Sachverständigenbeirates (BMA am 18./19.03.1998 – zitiert nach Rohr/Sträßer, Teil B: GdS-Tabelle-19, 96. Lfg. – Stand Dezember 2011) durch Kontaktschwäche und/oder Vitalitätseinbuße gekennzeichnet. Dieses Kriterium ist zur differenzierenden Einschätzung von Anpassungsschwierigkeiten analog auch dann heranzuziehen, wenn die Symptomatik der psychischen Störungen ganz unterschiedlich ist (Beschluss des Ärztlichen Sachverständigenbeirats, BMA am 8./9.11.2000, Rohr/Sträßer, a.a.O., GdS-Tabelle-18). Mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten setzen neben den Auswirkungen im Berufsleben erhebliche familiäre Probleme durch Kontaktverlust und affektive Nivellierung voraus (Beschluss des Ärztlichen Sachverständigenbeirats, BMA am 18./19.03.1998 – zitiert nach Rohr/Sträßer, a.a.O., GdS-Tabelle-19). Nach den Befundberichten der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dipl.-Med. S. vom 10. Dezember 2014 leidet die Klägerin an einer rezidivierenden depressiven Störung, eine Anpassungsstörung sowie einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung. Allerdings hat die Ärztin nur leichte psychovegetative Reaktionen wie Schwitzen und Unruhe sowie leichte Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit im Rahmen der psychischen Erkrankung (schnelle Erschöpfung, Überforderung) festgestellt. Die Klägerin benötige Pausen sowie bei familiären Belastungen (wie Besuch) teilweise Rückzugsmöglichkeiten. Die Ärztin hat über eine Besserung unter der Dauermedikation von Psychopharmaka berichtet und die psychischen Störungen in einen aktuellen Kontext (Tod der Mutter) gesetzt. Diese mitgeteilten Einschränkungen rechtfertigen nur die Annahme einer leichten psychischen Störung, für die ein GdB von maximal 20 eröffnet ist. Da im Reha-Bericht E. vom 29. Mai 2015 darüber hinaus mitgeteilt wurde, dass eine medikamentöse Behandlung der Depressionen derzeit nicht mehr erfolge, erscheint die Annahme eines GdB von 30 zum jetzigen Zeitpunkt auch unter Berücksichtigung der Schmerzen bzw. der Somatisierungsstörung als eher wohlwollend. Dafür spricht neben der fehlenden Behandlungsnotwendigkeit, dass auch im Reha-Bericht keine wesentlichen Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit zu erkennen sind. Zwar hat die Klägerin auch in E. über eine schnelle Ermüdbarkeit, Abgeschlagenheit, eine depressive Stimmungslage und Schlafstörungen berichtet. Teilhabebeeinträchtigende Alltagseinschränkungen sind damit aber nicht verbunden. Die Klägerin hat in der nichtöffentlichen Sitzung des Senats am 3. Juni 2015 über eine Vielzahl von Aktivitäten berichtet. Sie führt danach jeden Tag Gymnastik durch, fährt jeden Tag 5 km Fahrrad und geht mit dem Hund spazieren. Außerdem macht sie Yoga und geht Schwimmen. Damit hindern sie weder die geltend gemachten Schmerzen noch die Depressionen an einer aktiven Lebensweise. Ein sozialer Rückzug ist nicht erkennbar. Die von der Klägerin begehrte höhere Berücksichtigung dieser Aktivitäten kann bei der GdB-Bewertung nicht erfolgen, weil damit keine Teilhabebeeinträchtigung verbunden ist, sondern Maßnahmen zur Gesundheitsförderung durchgeführt werden, die die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben eher fördern als einschränken. |
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Landessozialgericht Rheinland-Pfalz 3. Senat
Entscheidungsdatum: 11.03.2014 Aktenzeichen: L 3 SB 229/12 JURIS |
Nach diesem Maßstab besteht bei der Klägerin führend eine dem Funktionsbereich Psyche zuzuordnende Beeinträchtigung. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Gutachten des Dr. G , der in seinem Gutachten die Beschwerden, die keiner organischen Ursache zugeordnet werden können, umfassend dargestellt und eine entsprechende Einordnung vorgenommen hat. Die GdB-Bewertung dieser Beschwerden erfolgt am Maßstab der psychovegetativen oder psychischen Störungen mit Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit und eventuellen sozialen Anpassungsstörungen iSv VG B Nr. 3.7 (AHP 26.3). Danach sind leichtere Störungen mit einem GdB von 20 zu bewerten, stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB von 30 bis 40. Schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheiten) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten sind mit einem GdB von 50 bis 70 zu bewerten. Bei schweren sozialen Anpassungsstörungen ist ein GdB von 80 bis 100 vorgesehen. Das Ausmaß der Beeinträchtigungen im familiären, privaten und ggfs. beruflichen Bereich als plastischer Ausdruck der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit ist wesentlich für die Bestimmung des Grades der sozialen Anpassungsstörungen. | . |
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 11. Senat Entscheidungsdatum: 11.08.2011 Aktenzeichen: L 11 SB 24/10 |
Gründe:Hingegen liegt bei der Klägerin keine schwere psychovegetative/psychische Störung mit (mindestens) mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten vor. Nach dem Auszug aus der Niederschrift über die Tagung der Sektion „Versorgungsmedizin“ des Ärztlichen Sachverständigenbeirats beim Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung vom 18. bis 19. März 1998 ist von mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten auszugehen, wenn sich die psychische Veränderung in den meisten Berufen auswirkt und eine weitere Tätigkeit zwar grundsätzlich noch erlaubt, jedoch eine verminderte Einsatzfähigkeit bedingt, die auch eine berufliche Gefährdung mit einschließt; darüber hinaus ist das Bestehen erheblicher familiärer Probleme durch Kontaktverlust und affektive Nivellierung zu berücksichtigen. Nach den vorliegenden Gutachten des Arztes Dr. G vom 3. März 2008, des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. G vom 12. April 2009 und des Nervenarztes Dr. K vom 12. April 2010 mag zwar einiges dafür sprechen, dass die Klägerin in den meisten Berufen in einer Weise vermindert einsatzfähig ist, die auch eine berufliche Gefährdung bedingt. Doch diese verminderte Einsatzfähigkeit im beruflichen Bereich wird nicht allein durch ihre psychovegetativen und psychischen Störungen verursacht, sondern erst im Zusammenwirken mit den weiteren nachfolgend noch zu würdigenden Gesundheitsstörungen der Klägerin. Im Übrigen spricht gegen die Annahme einer schweren Störung mit mittelgradigen Anpassungsstörungen, dass bei der Klägerin nach den vorgenannten Gutachten und den sonstigen vorliegenden ärztlichen Unterlagen keine erheblichen familiären Probleme durch Kontaktverlust und affektive Nivellierung bestehen. Insbesondere aus den Gutachten des Sachverständigen Dr. G vom 12. April 2009 nebst ergänzender Stellungnahme vom 24. Juli 2009 und des Nervenarztes Dr. K vom 12. April 2010 lässt sich nichts anderes entnehmen. So ergibt sich der Schweregrad der Behinderung der Klägerin auch nach Einschätzung des Sachverständigen Dr. G maßgeblich erst durch das Zusammenwirken von anatomisch oder neurophysiologisch zu erklärenden körperlichen Beschwerden mit einer somatoformen (Fibromyalgie) und depressiven (rezidivierende depressive Störung, Dysthymie) Störung. Entsprechendes gilt für die Einschätzung des Nervenarztes Dr. Kin seinem Gutachten vom 12. April 2010, die Klägerin sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch drei bis unter sechsstündig leistungsfähig. Im Übrigen enthalten die von dem Sachverständigen Dr. G und dem Nervenarzt Dr. K erhobenen Befunde keine wesentlichen Änderungen zu den insoweit vom Sachverständigen Dr. G getroffenen Feststellungen; abweichend zeigten sich bei Dr. G lediglich Verdeutlichungstendenzen der Klägerin, die aber nicht zu einer Höherbewertung ihres Leidens führen können. | |
Landessozialgericht Baden-Württemberg 6. Senat Entscheidungsdatum: 07.12.2017 Aktenzeichen: L 6 SB 4936/15 |
LS: Der Anwendungsbereich von Teil B Nr 3.6 der Anl zu § 2 VersMedV (schizophrene und affektive Psychosen) ist bei Gesundheitsstörungen ohne psychotische Symptome nicht eröffnet.
Gründe: In Anlehnung an die VG, Teil B, Nr. 3.7, wonach Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen mit einem GdB von 0 bis 20, bei St.er behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB von 30 bis 40 sowie bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einen GdB von 80 bis 100 zu bewerten sind, rechtfertigen die wegen der rezidivierenden depressiven Störung bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen in Analogie zu diesen vergleichbaren Gesundheitsstörungen (VG, Teil B, Nr. 1 b) beim Kläger ab 6. Februar 2012 bis aktuell einen Einzel-GdB von 30, aber keinen höheren. Die VG, Teil B, Nr. 3.6 (schizophrene und affektive Psychosen) finden demgegenüber weder direkt noch entsprechend Anwendung, da beim Kläger keine Psychose diagnostiziert wurde und auch die rezidivierende depressive Störung nicht mit psychotischen Symptomen (ICD-10-GM-2017 F33.3) einhergegangen ist. Störungen der Wahrnehmung oder des Ich-Erlebens erkannte Dr. A. während des Rehabilitationsaufenthaltes Ende 2011/Anfang 2012 nicht. Hinweise auf einen Wahn, eine Sinnestäuschung oder eine Ich-Störung ergaben sich beim stationären Aufenthalt Mitte 2014 ebenfalls nicht, wie die Chefärztin G. kundgetan hat. Zwar dosierte sie das mittelpotente Antipsychotikum Perazin ein und später wurde dem Kläger vom behandelnden Facharzt das atypische Neuroleptikum Quetiapin, 50 mg rezeptiert. Dr. M. führte zur Wirkung indes schlüssig aus, dass es zum einen depressive Symptome reduziere und zum anderen beruhigend als Einschlafhilfe bei Schlafstörungen, wie sie beim Kläger vorhanden gewesen sind, diene. Damit in Einklang steht, dass er keine Anzeichen für Ich-Störungen oder eine psychotische Symptomatik fand. Dr. St. fielen zuvor keine wahnhaften Denkinhalte auf. Es bestanden bei seiner Begutachtung weder Wahrnehmungsbeeinträchtigungen noch Ich-Störungen. Demgegenüber attestierte Dr. M. dem Kläger, hohe Selbstanforderungen und einen Anspruch an Perfektion zu haben. Damit hat allenfalls ein Zustand vorgelegen, die eigenen Fähigkeiten zu hoch einzuschätzen, indes keine Störung in der Verarbeitung von Sinneseindrücken im Zentralnervensystem. |
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Landessozialgericht Sachsen-Anhalt 7. Senat Entscheidungsdatum: 14.12.2016 Aktenzeichen: L 7 SB 86/15 | LS: Die Abgrenzung zwischen stärker behindernden Störungen mit wesentlichen Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (Einzel-GdB 30-40) und schweren Störungen (zB schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten (Einzel-GdB 50-70) ist nach den Umständen des Einzelfalls vorzunehmen. Fehlt es an stationären Aufenthalten auf psychiatrischem Fachgebiet, einer intensiven fachpsychiatrischen Behandlung und weiteren Indizien, die für eine schwere psychische Störung sprechen, wird die Grenze zur Schwerbehinderung regelmäßig nicht erreicht. Gründe: Entgegen der Ansicht der Klägerin hält der Senat die Bewertungen von Dipl.-Med. P. dagegen für nicht überzeugend. In ihrem Bericht vom 17. Dezember 2015 hat sie über einen sich stetig verschlechternden Gesundheitszustand der Klägerin berichtet und dabei schwere Depressionen sowie schwere Phobien diagnostiziert. Konkrete Belege sowie nachvollziehbare Begründungen für diese schwergradigen Diagnosen und Entwicklungen finden sich nicht. Die von Dipl.-Med. P. beigefügten Arztbriefe der Klinik für Innere Medizin des Klinikums in den P. S. M., der Fachärztin für Frauenheilkunde Dr. B. sowie Privatdozent Dr. L. von der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe (Klinikum M.) können derartig schwere psychiatrischen Befunde nicht belegen. So hat Dr. L. in einer Begleitdiagnose lediglich eine rezidivierende depressive Störung (gegenwärtig mittelgradige Episode) diagnostiziert. Der Senat verkennt dabei nicht, dass sich die Klägerin wegen einer schweren depressiven Episode, einer Somatisierungsstörung und einer Persönlichkeitsstörung bei chronischem Schmerzsyndrom von März bis Mai 2014 stationär behandeln lassen musste. Dieser anfänglich hochgradige Erkrankungsgrad auf psychiatrischem Gebiet war jedoch nicht von Dauer, sondern wurde gerade durch den Einsatz von Psychopharmaka, den die Klägerin zunächst noch anfänglich abgelehnt hatte, deutlich besser. So ergab die Abschlussdiagnostik der Klinik deutlich verbesserte Depressionswerte. Auch konnte sich die Klägerin von suizidalen Ideen distanzieren und schilderte ein für sie tragendes Familienleben. Gegen eine schwere psychiatrische Erkrankung, die ähnlich einer Zwangserkrankung bewertet werden müsste, spricht auch die Behandlungsintensität der Klägerin. So fehlt es an aktuellen stationären Aufenthalten oder an ggf. gleichwertigen hochintensiven Behandlungsintervallen auf diesem Fachgebiet, worauf die ärztlichen Gutachter des Beklagten wiederholt zutreffend hinwiesen. Die Klägerin sucht die sie behandelnden Ärzte lediglich alle vier Wochen auf und absolviert einmal wöchentlich ihre Psychotherapie bei der Rehabilitationspsychologin M ... Nach Frau M. ergeben sich dabei sogar leichte Verbesserungen in der Verlaufsdiagnostik (vgl. Bericht vom 22. September 2016). Auch nach den Angaben der Klägerin im Erörterungstermin vom 12. August 2016 hat sie die in der Klinik begonnene medikamentöse Therapie kontinuierlich und offenbar mit Erfolg fortgesetzt, da nach dem 4. März bis 16. Mai 2014 keine stationären Aufenthalte mehr erforderlich geworden sind. Dies hält die Gutachterin des Beklagten Dr. W. auch überzeugend für ein wesentliches Kriterium, um wesentliche Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit von schweren Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten abzugrenzen. Die von Dipl.-Med. P. behaupteten schweren psychiatrischen Befunde bleiben damit lediglich isolierte Behauptungen, ohne nachvollziehbare Begründung auf die sich der Senat nicht stützen kann. |
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SG Aachen 12. Kammer Entscheidungsdatum: 20.09.2016 Aktenzeichen: S 12 SB 529/15 |
Gründe: Im vorliegenden Fall liegt nach den Feststellungen des Gutachters, denen sich die Kammer anschließt, bei dem Kläger eine eindeutig rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode vor. Hierbei handelt es sich nach ICD 10 F 33 um eine Störung, die durch wiederholte depressive Episoden (F32.-) charakterisiert ist. In der Anamnese finden sich dabei keine unabhängigen Episoden mit gehobener Stimmung und vermehrtem Antrieb (Manie). Kurze Episoden von leicht gehobener Stimmung und Überaktivität (Hypomanie) können allerdings unmittelbar nach einer depressiven Episode, manchmal durch eine antidepressive Behandlung mitbedingt, aufgetreten sein. Nach Auffassung der Kammer ist dieses Krankheitsbild - es handelt sich um eine langanhaltende rezidivierende Erkrankung - entsprechend den obigen Darlegungen grundsätzlich nach Teil B Ziffer 3.6 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zu bewerten. Im Hinblick darauf, dass der Kläger ausweislich der auch im Verwaltungsverfahren vorliegenden Befunde durchgängig unter einer leicht bis mittelgradigen chronische depressive Verstimmung litt, mit der Notwendigkeit auch der stationären Behandlung, erscheint der Kammer der vom Gutachter festgestellte GdB von 50 für das Funktionssystem Psyche angemessen. Hierbei wurde auch vergleichend das vom Gutachter beim Kläger festgestellte Sozial- und Aktivitätsniveau berücksichtigt. Der Kläger berichtete glaubhaft über eine Einschränkungen und Schwierigkeiten bei der Strukturierung des Tages und der täglichen Routinen. Mit Stress und Krisensituationen kann der Kläger schlecht umgehen. Er ist auch in der Fähigkeit, Hausarbeiten durchzuhalten und Probleme zielgerichtet zu lösen eingeschränkt. Seit 2014 ist er - mit Ausnahme eines kurzen Versuchs der Wiedereingliederung - arbeitsunfähig. Ein Vergleich mit der oben dargestellten Rechtsprung des Bundesozialgerichts zur Frage der mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeit zeigt nach Auffassung der Kammer das beim Kläger der in Ansatz gebrachte GdB - auch unter Berücksichtigung der Kriterien des Teil B Ziffer 3.7 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze - gerechtfertigt ist. |
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Landessozialgericht Sachsen-Anhalt 7. Senat Entscheidungsdatum: 14.06.2016 Aktenzeichen: L 7 SB 15/13 | LS: Anhaltende Bewegungseinschränkungen ohne organische Erklärung sind im Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche zu bewerten. Sofern trotz Erwerbsunfähigkeit und Pflegestufe eine nahezu uneingeschränkte Alltagskompetenz mit einer aktiven Lebensgestaltung besteht, liegen die Voraussetzungen für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft nicht vor.
Gründe: Eine höhere Bewertung als 40 im Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche kann nicht erfolgen, da keine schwere Störung mit zumindest mittelgradigen Anpassungsschwierigkeiten vorliegt, die den nächst höheren Bewertungsrahmen von 50 bis 70 eröffnet hätte. Hinweise für eine schwere psychische Störung haben sich an keiner Stelle ergeben. Trotz seiner Erwerbsunfähigkeit und seiner Pflegestufe kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger über seine Bewegungseinschränkungen und den Harndrang hinaus schwerwiegend in der Alltagsbewältigung beeinträchtigt ist. Nach dem Gutachten des Dr. V. hat er einen guten und großen Freundeskreis. Es erfolgen gegenseitige Besuche, Unternehmungen (wie z.B. gemeinsam Essen gehen) und Telefonate. Der Kläger hat gute Kontakte zur Familie der Ehefrau geschildert und als Hobbys Computertätigkeiten (unter anderem Website-Entwicklungen), Elektronik, Musik und zwei Katzen angegeben. Außerdem macht er die Buchhaltung für Freunde und Bekannte. Damit hindern ihn weder die geltend gemachten Schmerzen noch eine andere psychische Beeinträchtigung an einer aktiven Lebensweise. Ein sozialer Rückzug ist nicht erkennbar, sodass insgesamt nicht von einer schweren psychischen Störung ausgegangen werden kann. Im Übrigen hat nie eine kontinuierliche psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung stattgefunden. Auch sind in letzter Zeit keine stationären Aufenthalte mehr erfolgt. Dies spricht gegen ein sich laufend verschlimmerndes Erkrankungsbild und einen ständig steigenden Leidensdruck. Das Behandlungsspektrum des Klägers beschränkt sich seit Jahren im Wesentlichen auf seinen Hausarzt Dr. Z. und den Schmerztherapeuten Dr. G. Die Behandlung bei Dr. O. (Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie) ist lediglich im Zeitraum vom 14. November bis 20. Dezember 2012 erfolgt. Dieser Arzt hat nicht einmal stärke behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und der Gestaltungsfähigkeit und erst recht keine schwere Störungen feststellen können. Auch dieser Arzt hat weder eine Behandlung mit Psychopharmaka noch eine Psychotherapie als notwendig gesehen. |
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Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 13. Senat Entscheidungsdatum: 15.12.2016 Aktenzeichen: L 13 SB 2/16 |
Gründe: Die seelische Erkrankung der Klägerin bedingt im streitgegenständlichen Zeitraum einen Einzel-GdB von 40. Der Senat folgt der überzeugenden Einschätzung der Sachverständigen Dr. S, die nach Untersuchung der Klägerin am 6. Oktober 2014 dargelegt hat, dass diese an einer rezidivierenden mittelgradigen depressiven Episode und einer somatoformen Schmerzstörung leidet. Diese sind als stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit zu werten, für die nach Teil B Nr. 3.7 der Anlage zu § 2 VersMedV ein GdB-Rahmen von 30-40 vorgesehen ist. Nach Überzeugung des Senats ist vorliegend ein Einzel-GdB von 40 gerechtfertigt, da die sozialen Anpassungsschwierigkeiten der Klägerin zwar in ihrer Gesamtheit noch nicht einen mittelgradigen Ausprägungsgrad erreichen, der nach den Vorgaben der Versorgungsmedizinischen Grundsätzen mit einem Einzel-GdB von 50-70 zu bewerten ist, sich diesem jedoch teilweise annähern. Denn deren seelische Leiden zeitigen deutliche berufliche Auswirkungen. Wie sich aus dem psychiatrischen Gutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie R vom 13. April 2015 ergibt, ist die Klägerin aufgrund ihrer psychischen Leiden mit depressiven Symptomen, erhöhter Ängstlichkeit, mangelnder psychischer Belastbarkeit und mangelnder Ein- und Umstellfähigkeit zur Erfüllung ihrer beamtenrechtlichen Dienstpflichten dauernd unfähig. Erhebliche familiäre Probleme durch Kontaktverlust und affektive Nivellierung sind dagegen nicht beschrieben worden. |
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Landessozialgericht Sachsen-Anhalt 7. Senat Entscheidungsdatum: 24.09.2015 Aktenzeichen: L 7 SB 112/13 | LS: Eine den GdB erhöhende Berücksichtigung von regelmäßigen sportlichen Aktivitäten (Gymnastik, Fahrradfahren, Yoga, Schwimmen, Spazierengehen mit dem Hund) scheidet grundsätzlich aus. Im Übrigen spricht eine solche uneingeschränkte aktive Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gegen die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft.
Gründe: Nach den Befundberichten der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dipl.-Med. S. vom 10. Dezember 2014 leidet die Klägerin an einer rezidivierenden depressiven Störung, eine Anpassungsstörung sowie einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung. Allerdings hat die Ärztin nur leichte psychovegetative Reaktionen wie Schwitzen und Unruhe sowie leichte Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit im Rahmen der psychischen Erkrankung (schnelle Erschöpfung, Überforderung) festgestellt. Die Klägerin benötige Pausen sowie bei familiären Belastungen (wie Besuch) teilweise Rückzugsmöglichkeiten. Die Ärztin hat über eine Besserung unter der Dauermedikation von Psychopharmaka berichtet und die psychischen Störungen in einen aktuellen Kontext (Tod der Mutter) gesetzt. Diese mitgeteilten Einschränkungen rechtfertigen nur die Annahme einer leichten psychischen Störung, für die ein GdB von maximal 20 eröffnet ist. Da im Reha-Bericht E. vom 29. Mai 2015 darüber hinaus mitgeteilt wurde, dass eine medikamentöse Behandlung der Depressionen derzeit nicht mehr erfolge, erscheint die Annahme eines GdB von 30 zum jetzigen Zeitpunkt auch unter Berücksichtigung der Schmerzen bzw. der Somatisierungsstörung als eher wohlwollend. Dafür spricht neben der fehlenden Behandlungsnotwendigkeit, dass auch im Reha-Bericht keine wesentlichen Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit zu erkennen sind. Zwar hat die Klägerin auch in E. über eine schnelle Ermüdbarkeit, Abgeschlagenheit, eine depressive Stimmungslage und Schlafstörungen berichtet. Teilhabebeeinträchtigende Alltagseinschränkungen sind damit aber nicht verbunden. Die Klägerin hat in der nichtöffentlichen Sitzung des Senats am 3. Juni 2015 über eine Vielzahl von Aktivitäten berichtet. Sie führt danach jeden Tag Gymnastik durch, fährt jeden Tag 5 km Fahrrad und geht mit dem Hund spazieren. Außerdem macht sie Yoga und geht Schwimmen. Damit hindern sie weder die geltend gemachten Schmerzen noch die Depressionen an einer aktiven Lebensweise. Ein sozialer Rückzug ist nicht erkennbar. Die von der Klägerin begehrte höhere Berücksichtigung dieser Aktivitäten kann bei der GdB-Bewertung nicht erfolgen, weil damit keine Teilhabebeeinträchtigung verbunden ist, sondern Maßnahmen zur Gesundheitsförderung durchgeführt werden, die die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben eher fördern als einschränken. |
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