Urteil Lymphödem

Bei der Bewertung des GdB von Lymphödemen im Sinne der VG, Teil B, Nr 9.2.3 ist allein auf die Funktionseinschränkung beziehungsweise Gebrauchsfähigkeit der Gliedmaße und nicht auf den mit dem Tragen von Kompressionsstrümpfen sowie der Durchführung von Lymphdrainage und Lymphentstauung zusammenhängenden Therapieaufwand abzustellen.

Das SG hat überzeugend dargelegt, dass und warum das Lip-/Lymphödem der Klägerin mit einem GdB von 10 angemessen bewertet ist. Nach den VG, Teil B, Nr. 9.2.3 ist ein Lymphödem an einer Gliedmaße ohne wesentliche Funktionsbehinderung und mit dem Erfordernis einer Kompressionsbandage mit einem GdB von 0 bis 10, mit stärkerer Umfangsvermehrung (mehr als 3 Zentimeter) je nach Funktionseinschränkung mit einem GdB von 20 bis 40 und mit erheblicher Beeinträchtigung der Gebrauchsfähigkeit der betroffenen Gliedmaße, je nach Ausmaß, mit einem GdB von 50 bis 70 zu bewerten. Hieraus folgt, dass nach den von den VG, Teil B, Nr. 9.2.3 vorgesehenen Kriterien für die GdB-Beurteilung von Lymphödemen allein auf die Funktionseinschränkung beziehungsweise Gebrauchsfähigkeit abzustellen ist. Einen anderen Inhalt der VG, Teil B, Nr. 9.2.3 lassen die juristischen Auslegungsmethoden nicht zu. Ihr Wortlaut („ohne wesentliche Funktionsbehinderung“, „je nach Funktionseinschränkung“, „erhebliche Beeinträchtigung der Gebrauchsfähigkeit der betroffenen Gliedmaße, je nach Ausmaß“) ist insoweit eindeutig. Durch eine Nachfrage beim Ärztlichen Sachverständigenbeirat Versorgungsmedizin beziehungsweise dem für diesen geschäftsführend tätigen Bundesministerium für Arbeit und Soziales auszuräumende Zweifel bestehen nicht (vergleiche zu den VG, Teil B, Nr. 15.1: BSG, Urteil vom 02.12.2010 - B 9 SB 3/09 R - juris). Auf den Wortlaut der VG, Teil B, Nr. 9.2.3 hat auch Dr. K. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 16.02.2015 zutreffend abgestellt. Ferner hat nach den VG, Teil A, Nr. 2 Buchst. a der GdB die Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen zum Inhalt. Der GdB ist danach ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Eine Funktions- beziehungsweise Gebrauchsfähigkeitseinschränkung resultiert vorliegend aber aus dem beidseitigen Lip-/Lympödem der Klägerin gerade nicht. Dies haben Dr. E. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 29.07.2014 und Dr. I. in seinem Gutachten vom 15.11.2014 überzeugend dargelegt. Letzterer hat das Lip-/Lymphödem beider Beine aufgrund des guten Effekts der durchgeführten Therapie in Form einer dreimal wöchentlichen einstündigen Lymphdrainage und einer viermal wöchentlichen maschinellen Lymphentstauung als nur leicht ausgeprägt beschrieben und dargelegt, dass hieraus keine wesentliche Funktionsbehinderung resultiert. Auch ist nach den Angaben des Gutachters eine starke Schmerzhaftigkeit weder aufgrund der klinischen Untersuchung festgestellt noch von der Klägerin vorgetragen worden, so dass Dr. E. in seinem Arztbrief vom 24.10.2014 keine dauerhafte starke Schmerzhaftigkeit beschrieben haben kann. Im Übrigen hat Dr. E. in seinem Arztbrief vom 16.01.2017 den Zustand der Klägerin unter konsequenter Therapie als stabil beschrieben. Ferner ist in dem Entlassungsbericht des Reha-Zentrums Bad Nauheim vom 31.03.2015 die Beeinträchtigung durch diese Erkrankung in Aktivität und Teilhabe als nur mäßiggradig beschrieben worden. Entgegen der Ansicht der Klägerin und der Einschätzung des Sachverständigen rechtfertigt der erhebliche Therapieaufwand keine höhere GdB-Bewertung. Durch ihren individuellen Therapieaufwand wird die Klägerin nicht in ihrer Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt. Sie erleidet in ihrer gesamten Lebensführung keine gravierenden krankheitsbedingten Einschränkungen. Mithin ist das Lip-/Lympödem der Klägerin aufgrund des beiderseitigen Auftretens mit einem GdB von 10 angemessen bewertet. (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 28. Februar 2017 – L 3 SB 2093/16 –, Rn. 32, juris)

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Versorungsmedizinische Grundsätze
in der Fassung der 5. Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung