Versorgungsmedizinische
Grundsätze

Versorgungsmedizinische Grundsätze REFERENTENENTWURF

19 Muskuloskeletale Funktionen

19.1.1
Das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung bei Störungen der muskuloskeletalen Funktionen richtet sich insbesondere nach der
Ausprägung der Gesundheitsstörung, nach der
Art und dem Umfang medizinisch notwendiger Hilfsmittel, nach dem
erreichten Behandlungsergebnis und nach den
Auswirkungen auf Aktivitäten, insbesondere der

Wenn aufgrund der Beeinträchtigung der Gehfähigkeit und Fortbewegung dauerhaft auch zuhause die Benutzung eines Rollstuhls medizinisch notwendig ist, liegt in der Regel eine Teilhabebeeinträchtigung vor, die mit einem GdB von 100 bewertet wird.

19.1.2
Korreliert das feststellbare Ausmaß der Störung der Körperstruktur oder - funktion mit dem Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung, so ist diese Störung Begutachtungskriterium. Ist die Korrelation nicht eindeutig, so sind die durch die Gesundheitsstörung insbesondere beeinträchtigten Aktivitäten Begutachtungskriterium. Grundsätzlich lassen Einzelbefunde, Diagnosen oder durchgeführte Therapien allein keinen Rückschluss auf das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung zu.

19.1.3
Schmerzen, die mit den muskuloskeletalen Funktionen in Verbindung stehen, sind im jeweiligen GdB berücksichtigt. Wenn Schmerzen mit dem feststellbaren Ausmaß der Gesundheitsstörung korrelieren, sind sie über die Struktur- oder Funktionsstörung erfasst. Schmerzen wirken sich auf Aktivitäten aus und sind somit über dieses Kriterium erfasst.

19.1.4
Der aktive Bewegungsumfang berücksichtigt die funktionelle Einheit aus Gelenk, Kapsel, Bandstrukturen und Muskulatur. Die Auswirkungen von Störungen dieser Strukturen, wie insbesondere Gelenkschwellungen, Kontrakturen oder Atrophien, reduzieren den aktiven Bewegungsumfang. Sie sind somit im GdB enthalten. Die angegebenen Winkelgrade gehen von der Neutral-0-Stellung aus.

19.1.5
Bei der Begutachtung ist zu beachten, dass auch Verletzungen von Kapselund Bandstrukturen oder der Muskulatur ohne direkte Gelenkbeteiligung die Gelenkstabilität mindern oder den Bewegungsumfang reduzieren können. Auswirkungen von Weichteilverletzungen, insbesondere unter Beteiligung des Blut- oder Lymphgefäßsystems, sind im jeweiligen Funktionssystem getrennt zu bewerten. Das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung bei Osteoporose richtet sich nach deren funktionellen Auswirkungen einschließlich Schmerzen.

Die Neufassung berücksichtigt alle Aspekte, die die Teilhabe bei Störungen der muskuloskeletalen Funktionen beeinträchtigen können. Auf den bisherigen Begriff des „Schadens“, der in der Medizin meist mit Strukturveränderung gleichgesetzt wird, wird in der Neufassung unter Berücksichtigung der ICF einerseits und der Verwendung dieses Begriffes im sozialen Entschädigungsrecht andererseits verzichtet. Weitere nicht eindeutig definierte oder in der Medizin nicht mehr gebräuchliche Begrifflichkeiten werden mit dem Ziel der einheitlichen Anwendung ebenfalls vermieden oder präzisiert. Die Struktur des Verordnungstextes berücksichtigt die zu beachtenden Klassifikationen (ICD-10-GM und ICF) sowie versorgungsmedizinische Erfordernisse zur Gewährleistung einer rechtssicheren und einheitlichen Anwendung.

Unter Nummer 19.1 wird beschrieben, wodurch die Beeinträchtigung der Teilhabe bei Störungen der muskuloskeletalen Funktionen insbesondere bestimmt ist. Die medizinische Notwendigkeit, dauerhaft auch zuhause einen Rollstuhl zur Fortbewegung benutzen zu müssen, ist nicht allein von einer in diesem Kapitel aufgeführten Störung der Körperstruktur oder -funktion abhängig. Die medizinische Notwendigkeit ergibt sich auch aus personenbezogenen Faktoren und Wechselwirkungen verschiedener im Einzelfall vorliegender Gesundheitsstörungen. Während sich beispielsweise ein jüngerer Mensch bei einer hochgradigen Funktionsstörung der unteren Extremitäten für kurze Strecken zuhause mit Gehstützen fortbewegen kann, ist dies einem älteren Menschen bei gleicher Diagnose nicht unbedingt gleichermaßen möglich. Wechselwirkungen bei beispielsweise gleichzeitig bestehender Schultergelenkarthrose, Herzleistungsminderung, Polyneuropathie und kognitiven Störungen können dazu führen, dass die Benutzung eines Rollstuhls dauerhaft auch zuhause medizinisch notwendig ist.

Die Auswahl der Begutachtungskriterien wird erläutert und darauf hingewiesen, dass Einzelbefunde, Diagnosen oder durchgeführte Therapien allein keinen Rückschluss auf das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung zulassen. Dies betrifft insbesondere auch Befunde bildgebender oder anderer messtechnischer Verfahren sowie allein darauf beruhende Diagnosen (wie zum Beispiel degenerative Wirbelsäulenerkrankung oder Osteoporose). Die Neutral-0-Stellung ist einheitlich definiert. Sie entspricht der Gelenkstellung, die ein gesunder Mensch im aufrechten Stand mit hängenden Armen und nach vorn gehaltenem Daumen und parallelen Füßen einnehmen kann. Von dieser 0-Stellung aus ergibt sich der bei der Bewegung durchlaufene Winkel. Die Neutral-0-Stellung ist die Ausgangsstellung für die Untersuchung und Dokumentation von Gelenkbewegungen in der Medizin. Die Messblätter der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung finden hierfür breite Anwendung in Klinik, Praxis und Begutachtung. Während nach der Untersuchungsmethode Neutral-0-Methode derjenige Bewegungsumfang gemessen und dokumentiert wird, der durch die vom Untersucher geführte Bewegung erreicht wird, ist in dieser Verordnung immer der tatsächlich mögliche Bewegungsumfang Begutachtungskriterium, da dieser für die Ausführung von Aktivitäten relevant ist.

Es wird auch auf weitere Aspekte, die für eine einheitliche und reproduzierbare Begutachtung von Bedeutung sind, hingewiesen. Weder eine ausschließlich messtechnisch nachgewiesene Minderung des Knochenmineralgehalts noch die Diagnose Osteoporose lassen einen Rückschluss auf die Beeinträchtigung der Teilhabe zu. Erst wenn durch eine Störung der Knochenstruktur oder der Funktionen einschließlich Schmerzen Aktivitäten beeinträchtigt sind, stellt sich die Frage einer wesentlichen Teilhabebeeinträchtigung. Schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Gelenke oder der Wirbelsäule hingegen können schwerwiegendere Auswirkungen auf Aktivitäten und die Teilhabe entfalten als beispielsweise eine Gelenkversteifung. Fremdkörper beeinträchtigen die Funktion nicht, wenn sie in Muskel oder Knochen reaktionslos eingeheilt sind und durch ihre Lage keinen ungünstigen Einfluss auf Gelenke, Nerven oder Gefäße ausüben.

Bei allen Störungen der Struktur oder der Funktion der Extremitäten wurde für die Neufassung geprüft, ob eine beidseitige Betroffenheit versorgungsmedizinisch relevant ist und somit einer eigenen Bewertung bedarf. Die bisher zahlreichen Bewertungen für eine beidseitige Betroffenheit bei Extremitätenverlusten waren historisch bedingt. Demgegenüber ist heutzutage eine beidseitige Betroffenheit insbesondere bei Funktionsstörungen der Gelenke und bei Endoprothesen häufig. Dem wird in der Neufassung Rechnung getragen mit dem Ziel einer einheitlichen und reproduzierbaren Bewertung. Wenn im Einzelfall eine beidseitige Betroffenheit vorliegt, für die in der Verordnung kein GdB angegeben ist, erfolgt die versorgungsärztliche Bewertung der daraus resultierenden Teilhabebeeinträchtigung bei der Bildung des GdB für das Funktionssystem gemäß Teil A Nummer 3.

19.2.1
Die aus der chronischen Osteomyelitis oder einer chronischen Osteitis folgenden, dauerhaft verbleibenden Funktionsstörungen ergeben sich aus der Funktionsstörung der betroffenen Körperstruktur. Die hieraus folgende Teilhabebeeinträchtigung ist im entsprechenden Funktionssystem zu bewerten.

19.2.2
Bei der Begutachtung ist zu beachten, dass sich eine Beeinträchtigung der Teilhabe, die sich aus der Funktionsbeeinträchtigung oder aus Komplikationen wie insbesondere Fistel- oder Sequesterbildung ergibt, nicht größer sein kann als jene, die sich aus der Amputation oberhalb der Fistel ergeben würde. Dauerhafte Auswirkungen der Therapie oder einer systemischen Beteiligung sind getrennt zu bewerten.

19.2.3
Bei einem Rezidiv der chronischen Osteomyelitis oder chronischen Osteitis beträgt der GdB ab Diagnose des Rezidivs für einen Zeitraum von fünf Jahren 30 (Heilungsbewährung). Funktionsstörungen, die mit Beginn des Zeitraums der Heilungsbewährung eindeutig nachgewiesen sind und deren Auswirkungen auf die Teilhabe über den Zeitraum der Heilungsbewährung hinaus dauerhaft verbleiben, sind getrennt zu bewerten. Mit Ablauf des Zeitraums der Heilungsbewährung ist zu beachten, dass Auswirkungen der chronischen Entzündung oder der Therapie verbleiben können. Die Teilhabebeeinträchtigung ist dann entsprechend Nummer 19.2.1 und 19.2.2 zu bewerten.

Die Teilhabebeeinträchtigung bei chronischer Osteomyelitis oder chronischer Osteitis ergibt sich einerseits aus der Funktionsstörung des betroffenen Knochens und seiner Umgebung, wie insbesondere reduzierte Belastbarkeit, Schwellung und Schmerz, und andererseits aus einer möglichen systemischen Beteiligung sowie aus den Auswirkungen der Therapie (einschließlich einer eventuellen systemischen antibiotischen oder immunsuppressiven Behandlung). Die Amputation stellt eine radikale Entfernung der Osteomyelitis oder Osteitis dar.

Das Ausmaß möglicher dauerhafter Auswirkungen der chronischen Entzündung oder der Therapie ist mit Beginn der Therapie nicht absehbar. Die dadurch eventuell verbliebende Teilhabebeeinträchtigung ist daher nach Ende des Zeitraums der Heilungsbewährung entsprechend dem Nachweis im jeweiligen Funktionssystem zu bewerten.

Bei einem Rezidiv handelt es sich um eine akute Exazerbation einer chronischen Osteomyelitis oder Osteitis. Dazu zählt auch ein neuer septischer Herd in anderer Lokalisation durch denselben Erreger nach zuvor abgelaufener chronischer Osteomyelitis oder chronischer Osteitis.

19.3.1 Nach Abschluss des Wachstums und bei harmonischem Körperbau gilt:

19.3.1.1 Bei einer Körpergröße über 145 Zentimeter bis 150 Zentimeter beträgt der GdB 10.

19.3.1.2 Bei einer Körpergröße über 140 Zentimeter bis 145 Zentimeter beträgt der GdB 20.

19.3.1.3 Bei einer Körpergröße über 135 Zentimeter bis 140 Zentimeter beträgt der GdB 30.

19.3.1.4 Bei einer Körpergröße von 130 Zentimeter bis 135 Zentimeter beträgt der GdB 40.

19.3.1.5 Bei einer Körpergröße unter 130 Zentimeter beträgt der GdB mindestens 50.

19.3.2
Weitere Störungen der muskuloskeletalen Funktionen, wie insbesondere durch einen disproportionierten Körperbau oder durch Störungen der Gelenk- oder Muskelfunktionen, sind entsprechend der dadurch folgenden Teilhabebeeinträchtigung zusätzlich zu bewerten. Störungen anderer Körperfunktionen (insbesondere der mentalen Funktionen, der Sinnesfunktionen oder der endokrinen Funktionen) sind im jeweiligen Funktionssystem getrennt zu bewerten.

Großwuchs allein bedingt keine wesentliche Teilhabebeeinträchtigung.

Die Beeinträchtigung der Teilhabe bei Kleinwuchs steigt umgekehrt proportional zur Körpergröße kontinuierlich. Dementsprechend wurden GdB für kleinwüchsige Betroffene bis zu einer Körpergröße von 150 cm festgesetzt. Zudem wird darauf hingewiesen, dass gegebenenfalls weitere Gesundheitsstörungen in demselben oder einem anderen Funktionssystem zu berücksichtigen sind.

19.5.1.1
Das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung durch Störungen der Funktionseinheit Wirbelsäule richtet sich insbesondere nach der Einschränkung der statischen Belastbarkeit, nach der Einschränkung der Beweglichkeit, nach der Beeinträchtigung der segmentalen Stabilität, nach Deformitäten der Wirbelsäule und nach Schmerzen sowie der daraus folgenden Beeinträchtigung von Aktivitäten und der Teilhabe, insbesondere der Mobilität, der Selbstversorgung sowie des häuslichen, schulischen oder beruflichen Lebens.

19.5.1.2
Bei der Begutachtung ist zu beachten, dass Schmerzen häufig nicht mit dem feststellbaren Ausmaß der Gewebeschädigung korrelieren, sich aber regelhaft auf Aktivitäten auswirken. Entsprechend sind Schmerzen (auch pseudoradikuläre und radikuläre Schmerzen) ebenso wie radikuläre Sensibilitätsstörungen im GdB enthalten.

19.5.1.3
Sowohl das mögliche Bewegungsausmaß als auch Schmerzen und somit die Beeinträchtigung von Aktivitäten sind bei Störungen der Funktionseinheit Wirbelsäule variabel. Bei der Begutachtung ist deshalb darauf zu achten, dass die aufgeführten Begutachtungskriterien länger als sechs Monate erfüllt sind.

19.5.1.4
Die Teilhabebeeinträchtigung steigt, wenn die funktionelle Kompensation durch angrenzende Gelenke, wie insbesondere Schulter- oder Hüftgelenke, nicht möglich ist. Dies ist bei der Bildung des Gesamt-GdB zu berücksichtigen.

19.5.1.5
Bei Störungen der Funktionseinheit Wirbelsäule kann die Teilhabe durch andere anhaltende Gesundheitsstörungen zusätzlich beeinträchtigt sein. Hierzu gehören insbesondere:

a) radikuläre motorische Symptome,

b) intermittierende oder dauerhafte motorische Störungen bei Spinalkanalstenose (Claudicatio intermittens spinalis, zervikale Myelopathie),

c) Störungen der Miktion oder der Defäkation,

d) kardiale Funktionsstörungen oder

e) pulmonale Funktionsstörungen.

Die daraus folgende Teilhabebeeinträchtigung ist im jeweiligen Funktionssystem getrennt zu bewerten.

19.5.2.1 Wenn Aktivitäten, insbesondere aus den Bereichen Mobilität, häusliches, schulisches oder berufliches Leben, wie vor allem Überkopfarbeiten, Bildschirmtätigkeit oder Haushaltsaufgaben erledigen, nur mit Anstrengung durchführbar sind, beträgt der GdB

10

19.5.2.2 Wenn Aktivitäten, insbesondere aus den Bereichen Mobilität, häusliches, schulisches oder berufliches Leben, wie vor allem Überkopfarbeiten, Bildschirmtätigkeit oder Haushaltsaufgaben erledigen, leicht beeinträchtigt sind, beträgt der GdB

20

19.5.2.3 Wenn zahlreiche Aktivitäten, insbesondere aus den Bereichen Mobilität, häusliches, schulisches oder berufliches Leben, wie vor allem Überkopfarbeiten, Bildschirmtätigkeit oder Haushaltsaufgaben erledigen, leicht oder einzelne dieser Aktivitäten stark beeinträchtigt sind, beträgt der GdB

30

19.5.3.1 Wenn Aktivitäten, insbesondere aus den Bereichen Mobilität, häusliches, schulisches oder berufliches Leben, wie vor allem längeres Gehen, Stehen und Sitzen oder Haushaltsaufgaben erledigen, nur mit Anstrengung durchführbar sind, beträgt der GdB 10.

19.5.3.2 Wenn Aktivitäten, insbesondere aus den Bereichen Mobilität und häusliches, schulisches oder berufliches Leben, wie vor allem längeres Gehen, Stehen und Sitzen oder Haushaltsaufgaben erledigen, leicht beeinträchtigt sind, beträgt der GdB 20.

19.5.3.3 Wenn zahlreiche Aktivitäten, insbesondere aus den Bereichen Mobilität, häusliches, schulisches oder berufliches Leben, wie vor allem längeres Gehen, Stehen und Sitzen, Gegenstände anheben und tragen oder Haushaltsaufgaben erledigen, leicht oder einzelne dieser Aktivitäten stark beeinträchtigt sind, beträgt der GdB 30.

19.5.4 Wenn bei Funktionsstörungen der Halswirbelsäule oder der Brust-/Lendenwirbelsäule zahlreiche Aktivitäten, insbesondere aus den Bereichen Mobilität, häusliches, schulisches oder berufliches Leben, stark beeinträchtigt sind und zusätzlich Aktivitäten der Selbstversorgung, wie insbesondere Ankleiden oder Waschen, beeinträchtigt sind, beträgt der GdB 40.

19.5.5 Wenn bei Funktionsstörungen der Halswirbelsäule und der Brust-/Lendenwirbelsäule in einem unter Nummer 19.5.2 und 19.5.3 aufgeführten Ausmaß die Kompensationsmöglichkeiten durch den jeweils anderen funktionellen Wirbelsäulenabschnitt aufgehoben sind, ist der GdB je nach Beeinträchtigung der Aktivitäten höher als unter Nummer 19.5.2 und 19.5.3 angegeben zu bewerten.

19.5.6 Bei Störungen der Funktion oder der Struktur der Halswirbelsäule oder der Brust-/Lendenwirbelsäule, wie insbesondere Versteifung von funktionell besonders bedeutenden Wirbelsäulenanteilen, schwerer Skoliose, Instabilität über mehrere Segmente oder anhaltender Ruhigstellung durch Rumpforthese, die die gesamte Wirbelsäule umfasst, gilt Folgendes:

19.5.6.1 Wenn zahlreiche Aktivitäten, insbesondere aus den Bereichen Mobilität, häusliches, schulisches oder berufliches Leben, wie vor allem längeres Gehen, Stehen und Sitzen, Gegenstände anheben und tragen sowie Haushaltsaufgaben erledigen, nicht möglich sind, beträgt der GdB 50 - 70, je nachdem ob Gehhilfen dauerhaft erforderlich sind und je nachdem, ob einzelne Aktivitäten der Selbstversorgung, wie insbesondere Ankleiden und Waschen, stark beeinträchtigt oder gerade noch möglich sind.

19.5.6.2 Wenn freies Gehen nicht möglich ist und dauerhaft auch zuhause Gehen nur mit beidseitiger Gehhilfe unter großer Anstrengung möglich ist oder zahlreiche Aktivitäten der Selbstversorgung, wie insbesondere Ankleiden oder Waschen, dauerhaft ohne Hilfe nicht möglich sind, beträgt der GdB 80 - 90, je nach Schwere der Beeinträchtigung.

19.5.6.3 Wenn aufgrund der Beeinträchtigung der Gehfähigkeit und der Fortbewegung dauerhaft auch zuhause die Benutzung eines Rollstuhls medizinisch notwendig ist, beträgt der GdB 100.

Als Funktionseinheit Wirbelsäule werden die Wirbelkörper und das Kreuzbein mit zugehörigen Gelenken, Bandscheiben, Bandstrukturen, Kapselstrukturen und der dazugehörigen Muskulatur verstanden. Als funktionelle Abschnitte werden in dieser Verordnung die Halswirbelsäule (HWS) einerseits und die Brust-/Lendenwirbelsäule (BWS/LWS) andererseits bezeichnet.

Einer Störung der Funktionseinheit Wirbelsäule können angeborene, degenerative, traumatische, entzündliche oder tumoröse Veränderungen und ihre jeweilig gegebenenfalls operativ behandelten Folgen zu Grunde liegen. Die häufigsten Störungen der Struktur und der Funktion werden in der Verordnung genannt. Das Ausmaß der Beeinträchtigung der Teilhabe wird durch die Auswirkungen dieser Störungen bestimmt.

Zur Ermittlung der Auswirkungen einer Störung der Funktionseinheit Wirbelsäule sind in der Begutachtung die in ärztlichen Untersuchungen erhobenen Befunde zu Grunde zu legen, die über Struktur- und Funktionsstörungen einschließlich Schmerzen Aufschluss geben. Erst in der ärztlichen Gesamtschau der Anamnese, der Untersuchungsbefunde und gegebenenfalls des Therapieverlaufs lassen sich vor dem Hintergrund ärztlichen Wissens und ärztlicher Erfahrung die Art und das Ausmaß der Beeinträchtigung von Aktivitäten einordnen. Einzelbefunde erlauben keinen Rückschluss auf das Ausmaß der Beeinträchtigung. Bei der Bewertung von Untersuchungsbefunden ist deren hohe Variabilität zu berücksichtigen (zum Beispiel je nach Untersuchungszeitpunkt, Untersuchungskontext oder Untersucher).

Zwar können bei der Begutachtung Befundangaben insbesondere zur jeweils führenden Bewegungsrichtung eines funktionellen Wirbelsäulenabschnitts hilfreich für die Einschätzung sein. So kann ein aktiver Bewegungsumfang von weniger als 30 Grad Rotation der HWS oder ein Befund im Schober-Test zur Prüfung der aktiven Vorneigung der LWS mit einer Entfaltung von 10 Zentimeter auf weniger als 11 Zentimeter auf eine Funktionsstörung hinweisen, deren Auswirkung auf die Teilhabe einem GdB von 30 entspricht. Da aber weder der morphologische (auch in bildgebenden Untersuchungen darstellbare) noch der in der Funktionsprüfung individuell messbare Befund regelhaft mit dem Ausmaß der Beeinträchtigung der Teilhabe korreliert, sind auch in der Neufassung die Auswirkungen der Beeinträchtigung der Struktur oder Funktion maßgebliches Begutachtungskriterium. Zur Funktion gehört dabei entsprechend der ICF auch die Funktion Schmerz. Die Auswirkungen werden in der Neufassung - im Sinne der ICF - im Hinblick auf die Beeinträchtigung von Aktivitäten und Teilhabe konkretisiert bei gleichbleibender Bewertung.

Evidenzbasierte Untersuchungen, wie sie in Leitlinien und der Nationalen Versorgungsleitlinie „Nicht-spezifischer Kreuzschmerz“ (NVL) zusammengefasst sind, belegen die geringe Spezifität bildgebender Untersuchungen an der Wirbelsäule im Hinblick auf Funktion und Schmerz. Auch die Trennschärfe anderer Untersuchungsmethoden zur differentialdiagnostischen Beurteilung der Funktion muskulärer und gelenkbezogener Strukturen ist ebenso wenig belegt wie zur Beurteilung schmerzbedingter Funktionsstörungen. Weder die Bezeichnung chronische Rückenschmerzen noch Methoden zur Schmerzerfassung und Skalierung finden einheitlich Anwendung. Zudem sind die zur Verfügung stehenden Skalierungen chronischer Schmerzen unter anderen Fragestellungen validiert. Schmerzwissenschaftliche Studien zeigen aber, dass chronische Schmerzen mit der Beeinträchtigung von Aktivitäten und Teilhabe einhergehen. Das gilt auch für chronische spezifische ebenso wie für nicht spezifische Rückenschmerzen. Da Schmerzen häufig nicht mit dem feststellbaren Ausmaß der Gewebeschädigung der an der Funktionseinheit Wirbelsäule beteiligten Strukturen korrelieren, ist ein für die Gesundheitsstörung typisches Maß nicht definierbar. Es entspricht den wissenschaftlichen Erkenntnissen, Schmerz über die Beeinträchtigung von Aktivitäten abzubilden.

Die insbesondere betroffenen Aktivitäten sind in zahlreichen Funktionsassessments, Schmerzfragebögen, ICF Core Sets und zum Teil mittels WHODAS 2.0 validiert. Sie sind ebenso wie der Untersuchungsbefund medizinischen Berichten zu entnehmen. Die bei chronischen Rückenschmerzen häufig betroffenen Aktivitäten der Selbstversorgung (Ankleiden) und des häuslichen Lebens (Haushaltsaufgaben erledigen, Einkaufen) sowie der Mobilität (Gehen, Stehen) werden zudem auch in dem von der NVL für die ambulante Versorgung empfohlenen Screening zur Erfassung psychosozialer Risikofaktoren für eine Chronifizierung von Rückenschmerzen erfragt. In den Assessment-Instrumenten wird zumeist unter einer längeren Gehstrecke eine Distanz von einem Kilometer, unter längerem Stehen eine Dauer von 30 Minuten, unter längerem Sitzen eine Dauer von einer Stunde verstanden.

Die bei Funktionsstörungen der Halswirbelsäule häufigen Beeinträchtigungen bei Überkopfarbeiten oder Bildschirmtätigkeiten wirken sich auf das häusliche ebenso wie auf das schulische oder berufliche Leben aus. Die bei Funktionsstörungen der Brust- oder Lendenwirbelsäule häufigen Beeinträchtigungen beim Gehen, Stehen und Sitzen, Bücken oder Heben von Lasten wirken sich insbesondere auf die Mobilität sowie das häusliche und schulische oder berufliche Leben aus. Mit zunehmender Schwere der Funktions- oder der Strukturstörung der Wirbelsäule sind weitere Aktivitätsbereiche wie insbesondere die Selbstversorgung betroffen.

Schwere strukturelle Veränderungen haben regelhaft Auswirkung auf die Funktion. Die häufigsten funktionellen Auswirkungen sind in der Verordnung genannt. Dabei beinhaltet der Begriff Instabilität die abnorme Beweglichkeit zweier Wirbel gegeneinander (ein Bewegungssegment) unter physiologischer Belastung, die daraus resultierenden Weichteilveränderungen und Schmerzen. Diese muss von einer konstitutionellen Hypermobilität, welche vor dem Hintergrund alters- und geschlechtsspezifischer Unterschiede eine über das physiologische Maß hinausgehende Gelenkbeweglichkeit, aber keine krankhafte Veränderung darstellt, abgegrenzt werden.

Wirbelsäuleninstabilitäten können zur Beeinträchtigung von Aktivitäten führen, ohne dass regelhaft eine Funktionseinbuße messbar ist. Versteifungen hingegen bedingen regelhaft Einschränkungen der messbaren Funktion; das Ausmaß der Funktionsstörung hängt vom betroffenen Wirbelsäulenanteil ab. Die Teilhabebeeinträchtigung bei Versteifung von Teilen der Wirbelsäule unterscheidet sich, je nachdem welcher Abschnitt betroffen ist. So umfasst die Versteifung des ersten mit dem zweiten Halswirbelkörper zwar nur ein Segment, bedeutet aber mehr als den hälftigen Verlust der Rotation. Dagegen hat die Versteifung der mittleren und unteren Halswirbelsegmente eine geringere funktionelle Auswirkung. Es kommt somit weniger auf die Anzahl versteifter Wirbelsäulensegmente an, sondern darauf, ob Abschnitte besonderer Bedeutung betroffen sind. Die Beeinträchtigung ist am höchsten bei Versteifungen an der oberen Halswirbelsäule, wenn die Kopfgelenke einbezogen sind, geringer bei Versteifung der mittleren und unteren Halswirbelsäule oder im Bereich der Lendenwirbelsäule, am geringsten bei Versteifung im Bereich der Brustwirbelsäule. Grundsätzlich ist die Funktionseinschränkung nach Versteifungen variabel und die Auswirkungen auf die Ausführung von Aktivitäten abhängig davon, ob eine Kompensation durch angrenzende Wirbelsäulenabschnitte oder Gelenke möglich ist.

Grundsätzlich können bei Beeinträchtigung insbesondere der führenden Bewegungsrichtungen (wie zum Beispiel Rotation für die HWS, Vorneigung für die BWS/LWS) der jeweils andere Wirbelsäulenabschnitt oder angrenzende Wirbelsäulensegmente kompensatorisch wirken. Fehlen diese Kompensationsmöglichkeiten, ist die funktionelle Auswirkung ausschlaggebend für die Ausführung von Aktivitäten. Diese funktionellen Aspekte liegen auch der Entscheidung zu Grunde, die Teilhabebeeinträchtigung nur bei den leichteren und nur einen funktionellen Wirbelsäulenabschnitt betreffenden Beeinträchtigungen getrennt zu betrachten. Sobald beide funktionelle Wirbelsäulenabschnitte betroffen sind, erfolgt die Abbildung der Teilhabebeeinträchtigung gemeinsam mit einem GdB.

Insbesondere bei schweren strukturellen oder funktionellen Störungen erübrigt sich eine Differenzierung des Wirbelsäulenabschnitts unter dem Gesichtspunkt der Beeinträchtigung von Aktivitäten und Teilhabe. Bei Anwendung der Begutachtungskriterien, bei denen eine GdB-Spanne angegeben ist, sind die im Einzelfall vorliegenden Kompensationsmöglichkeiten entsprechend zu berücksichtigen.

Auch den angrenzenden Gelenken, wie insbesondere den Schulter- und Hüftgelenken, kommt eine große kompensatorische Bedeutung für die Ausführung von Aktivitäten zu. Sind die Kompensationsmöglichkeiten durch angrenzende Gelenke eingeschränkt, kann dies die Ausführung von Aktivitäten erheblich beeinflussen. Die höhere Teilhabebeeinträchtigung ist dann bei der Bildung des Gesamt-GdB entsprechend Teil A, Nummer 3.2 zu berücksichtigen. Hierauf wird in der Verordnung explizit hingewiesen.

Gesundheitsstörungen, die sich bei Störungen der Funktionseinheit Wirbelsäule entwickeln können und im jeweils entsprechenden Funktionssystem zusätzlich zu bewerten sind, sind in der Verordnung beispielhaft aufgeführt.

19.6.1 Grundlagen

19.6.1.1 Das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung durch Störungen der Funktionseinheit Becken wird insbesondere durch die statische Belastbarkeit und durch die daraus folgenden Beeinträchtigungen, vor allem der Mobilität (wie Gehen, Stehen, Treppensteigen oder Sitzen) sowie durch Schmerzen bestimmt. Bei der Beurteilung von Auswirkungen einer Instabilität oder knöcherner Defekte ist darauf zu achten, dass die entsprechende Strukturveränderung der Beckenregion nachgewiesen ist.

19.6.1.2 Das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung nach Hüftgelenksresektion wird ebenfalls insbesondere durch die statische Belastbarkeit des betroffenen Beins und durch die daraus folgenden Beeinträchtigungen, vor allem der Mobilität (wie Gehen, Stehen, Treppensteigen oder Sitzen) sowie durch Schmerzen bestimmt. Daher erfolgt die Begutachtung nach diesen Kriterien.

19.6.1.3 Bei Störungen der Funktionseinheit Becken kann die Teilhabe durch weitere anhaltende Gesundheitsstörungen beeinträchtigt sein. Hierzu gehören insbesondere: a) motorische Paresen, b) urogenitale Funktionsstörungen oder c) rektale Funktionsstörungen. Die daraus folgende Teilhabebeeinträchtigung ist im jeweiligen Funktionssystem getrennt zu bewerten.

19.6.2 Wenn freies Gehen und Stehen möglich sind, aber das Bewegungsmuster gestört ist (insbesondere durch Hinken), beträgt der GdB 10 - 20, je nach Auswirkung der Gangstörung auf die Fortbewegung.

19.6.3 Wenn freies Gehen außerhalb des Zuhauses stark beeinträchtigt oder gerade noch möglich ist, beträgt der GdB 30 - 40, je nach Auswirkung der Gangstörung auf die Fortbewegung.

19.6.4 Wenn freies Gehen und Stehen nicht möglich sind, beträgt der GdB 50 - 70, je nachdem, ob Gehhilfen ein- oder beidseitig dauerhaft erforderlich sind, und je nach Ausmaß der Beinlängendifferenz.

19.6.5 Wenn das Gehen dauerhaft auch zuhause nur mit beidseitiger Gehhilfe unter großer Anstrengung möglich ist, beträgt der GdB 80 - 90, je nach Schwere der Beeinträchtigung.

19.6.6 Wenn aufgrund der Beeinträchtigung der Gehfähigkeit und der Fortbewegung dauerhaft auch zuhause die Benutzung eines Rollstuhls medizinisch notwendig ist, beträgt der GdB 100.

Als Funktionseinheit Becken wird das Os ilium, Os pubis und Os ischium (mit Überschneidungen zur Funktionseinheit Wirbelsäule und Os sacrum) mit zugehörigem Iliosakralgelenk und Azetabulum, Bandstrukturen, Kapselstrukturen und der dazugehörigen Muskulatur verstanden.

Störungen der Funktionseinheit Becken liegen insbesondere vor bei Instabilitäten des Beckenrings, wie zum Beispiel nach Beckenverletzungen, bei knöchernen Defekten oder bei Beckenteilersatz nach rekonstruktiven Eingriffen an Becken oder Hüftgelenk, wie zum Beispiel nach Revisionsoperationen im Rahmen der Hüftendoprothetik oder im Rahmen der Tumortherapie.

Die Teilhabebeeinträchtigung bei Hüftgelenksresektion hängt insbesondere von der Fähigkeit zu gehen, stehen und sitzen ab. In der höchsten Ausprägung kann die Benutzung eines Rollstuhls medizinisch notwendig sein. Die Teilhabebeeinträchtigung bei Hüftgelenkresektion unter Erhalt des Beins entspricht der bei anderen Funktionsstörungen der Funktionseinheit Becken.

Bei medizinischer Notwendigkeit der Entlastung des ganzen Beins ist die Teilhabebeeinträchtigung variabel. Sie ist insbesondere abhängig von der Gehfähigkeit sowie der Art und dem Umfang der medizinisch notwendigen Hilfsmittelnutzung. Sie steht in Relation zur Teilhabebeeinträchtigung bei Störung der Funktionseinheit Becken und kann analog unter Berücksichtigung der individuell vorliegenden Beeinträchtigung der Aktivitäten begutachtet werden. Daher wird in der Neufassung auf ein eigenes Kriterium mit fixem GdB verzichtet.

Während die Darstellung des Bewegungsumfangs bei Funktionsstörungen der Gliedmaßen oder des Hüftgelenks von der Neutral-0-Stellung ausgeht, existiert eine entsprechende Darstellung für das Becken nicht. Bei der Begutachtung von Störungen der Funktionseinheit Becken ist daher darauf zu achten, dass die einer Funktionsstörung zu Grunde liegenden Strukturveränderungen oder knöcherne Defekte nachgewiesen sind. Der Nachweis erfolgt insbesondere durch bildgebende Untersuchungen.

Mit dem angegebenen GdB wird auch die Teilhabebeeinträchtigung umfasst, die durch assoziierte Weichteilveränderungen einschließlich daraus eventuell resultierender sensibler Störungen und Schmerzen entsteht. Bei Instabilitäten des Beckenrings liegt häufig, bei einer Becken-Femur-Ersatzverbindung außerhalb des Hüftgelenkes immer eine Beinlängendifferenz vor; die hierdurch bedingten Auswirkungen sind im GdB enthalten.

Den Kompensationsmöglichkeiten innerhalb der Funktionseinheit Becken kommt in der Bewertung besondere Bedeutung zu. Die Funktionsbeeinträchtigung steigt, wenn zum Beispiel strukturell bedingte Störungen muskulär nicht kompensiert werden können; dies ist insbesondere nach wiederholten Revisionsoperationen der Fall. Demgegenüber sind Kompensationsmöglichkeiten durch angrenzende Wirbelsäulenabschnitte gutachterlich bei der Bildung des Gesamt-GdB zu beachten.

Das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung hängt davon ab, ob Gehen und Stehen frei, das heißt ohne die Notwendigkeit einer Gehhilfe, möglich sind. Kompensatorische Hilfsmittel, wie zum Beispiel eine Orthese zur Stabilisierung des Kniegelenks, kommen bei einer Störung der Funktionseinheit Becken in der Regel nicht in Betracht. Die Teilhabebeeinträchtigung hängt sowohl von der Art der medizinisch notwendigen Gehhilfe als auch davon ab, ob diese ein- oder beidseitig notwendig ist (zum Beispiel beidseitige Unterarmgehstütze, Gehbock oder Gehwagen).

Die medizinische Notwendigkeit einer Gehhilfe zur Fortbewegung hängt auch mit der zu bewältigenden Strecke zusammen. So können Gehhilfen insbesondere zur Fortbewegung außerhalb des Zuhauses medizinisch notwendig sein, während sie zuhause nicht erforderlich sind. Eine Validierung der Aktivität Gehen allein anhand der Gehstrecke würde alltagsrelevante Aspekte außer Acht lassen. So ist es für die Teilhabe zum Beispiel relevant, wie die Fortbewegung auf unterschiedlichen Oberflächen möglich ist und ob übliche Hindernisse im öffentlichen Raum bewältigt werden können. Die Fähigkeit zur Fortbewegung zuhause berücksichtigt neben der Gehstrecke unter anderem auch die Vertrautheit des eigenen Lebensbereichs sowie Hilfe und Sicherung durch Gegenstände des täglichen Lebens.

Die Formulierung nach Fortbewegung innerhalb gegenüber außerhalb des Zuhauses lehnt sich an die ICF und den von der WHO auf Grundlage der ICF entwickelten WHODAS 2.0 (deutsche Übersetzung) und den dort formulierten Fragen zur Mobilität an.

Neuere Studien zeigen, dass sich Beeinträchtigungen insbesondere nach Verletzungen des Beckens nicht allein aus dem Verletzungsmuster und den bildgebend nachweisbaren Veränderungen im Beckenskelett ableiten lassen. Die Stärke des Beeinträchtigungserlebens variiert individuell; es wird ein Zusammenhang mit der Schwere und Komplexität des Unfallereignisses beobachtet, insbesondere wenn dieses zu einem Polytrauma geführt hat. In der Begutachtung ist entsprechend auf die Beeinträchtigung in weiteren Funktionssystemen und somit auch auf mögliche psychische Störungen zu achten

19.7.1 Grundlagen

19.7.1.1 Das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung bei Extremitätenverlust wird insbesondere durch das Ausmaß des Verlustes der jeweiligen Körperstruktur und das Ausmaß der Störung bewegungsbezogener und sensibler Funktionen sowie durch die daraus folgenden Beeinträchtigungen, vor allem der Mobilität, der Selbstversorgung sowie der interpersonellen Interaktionen und Beziehungen, bestimmt.

Der bisherigen Bewertung bei Extremitätenverlusten lagen die in der Verwaltungsvorschrift zu § 30 BVG unter der Nummer 5 genannten Mindesthundertsätze zugrunde, die seit mehr als 50 Jahren weitgehend unverändert geblieben sind. Diese stimmten zum Teil noch überein mit den „Anhaltspunkten für die Beurteilung der Minderung der Erwerbsfähigkeit“ aus dem Jahr 1920. Diese historischen Schadenswerte wurden für die Neufassung erstmals und grundsätzlich nach dem bio-psycho-sozialen Modell überarbeitet. Die Verwaltungsvorschrift bewertete ausschließlich „erhebliche äußere Körperschäden“. Somit ist die bisherige Bewertung insbesondere aufgrund des Standards der Versorgung mit modernen Funktionsprothesen aber auch aufgrund des gesellschaftlichen Wandels in der Akzeptanz der Prothesenversorgung und mit dem kontinuierlichen Abbau von Mobilitätsbarrieren im öffentlichen Raum nicht mehr zeitgemäß. Während damals traumatische Amputationen die Hauptursache für Gliedmaßenprothesen waren, stellen heute Durchblutungsstörungen die häufigste Indikation dar.

Die Hilfsmittelversorgung, die funktionelle Rekonstruktion sowie die Kompensation können nur die Funktionsstörung teilweise ausgleichen. Die Teilhabebeeinträchtigung ergibt sich aber nicht allein aus der Störung der Funktion. Sie geht darüber hinaus. Entsprechend dem bio-psycho-sozialen Modell von Krankheit und Gesundheit sind weitere Aspekte relevant wie zum Beispiel die Störung der körperlichen Integrität. Diesen Aspekten wird in der Neufassung Rechnung getragen; die daraus folgende Teilhabebeeinträchtigung ist in den angegebenen GdB enthalten.

Die bisherigen GdB bei Extremitätenverlust berücksichtigten Hilfsmittel nicht. Die Teilhabebeeinträchtigung unter oder ohne Verwendung beispielsweise einer Beinprothese unterscheidet sich aber wesentlich. Der Unterschied ergibt sich nicht nur in der Domäne Mobilität, sondern beispielsweise auch in der Selbstversorgung, dem häuslichen Leben, den bedeutenden Lebensbereichen sowie dem Gemeinschafts- und sozialen Leben. Die Prothesenversorgung ist medizinischer Standard.

Die neu festgesetzten Mindest-GdB für Extremitätenverluste stellen Werte bei bestmöglichem Behandlungsergebnis dar. Das bestmögliche Behandlungsergebnis ist durch Hilfsmittelversorgung, Rekonstruktion oder funktionelle Kompensation zu erreichen. Dies schließt gegebenenfalls die Anpassung der Händigkeit mit ein. Neben der modernen Prothesentechnik berücksichtigt die Neufassung auch evidenzbasierte Operationsmethoden.

Das bestmögliche Behandlungsergebnis ist nicht mit dem theoretisch besten gleichzusetzen. Außergewöhnlich gute Behandlungsergebnisse (insbesondere bei an beiden Unterschenkeln prothetisch versorgten Leistungssportlern oder bei an beiden Oberschenkeln prothetisch versorgten nicht rollstuhlpflichtigen Betroffenen) gelten nicht als Maßstab.

19.7.1.2 Die angegebenen Mindest-GdB für Extremitätenverluste gehen vom bestmöglichen Behandlungsergebnis aus. Dieses beinhaltet die bestmögliche funktionelle Kompensation, die bestmögliche Rekonstruktion und die bestmögliche Hilfsmittelversorgung. Wenn nachgewiesen ist, dass das bestmögliche Behandlungsergebnis nicht erreicht ist, und deswegen eine wesentlich höhere Teilhabebeeinträchtigung vorliegt, ist der Mindest-GdB entsprechend zu erhöhen.
Bei der Begutachtung ist darauf zu achten, dass insbesondere die nachfolgend genannten Bedingungen dazu führen können, dass das bestmögliche Behandlungsergebnis nicht erreicht wird:

a) ungünstige Stumpfverhältnisse,

b) Nervenschädigung,

c) deutliche Muskelminderung,

d) ausgeprägte Narbenbildung oder

e) Art der Hilfsmittelversorgung.

19.7.1.3 Die angegebenen Mindest-GdB für Extremitätenverluste berücksichtigen, dass die funktionelle Rekonstruktion oder die Hilfsmittelversorgung nur die Funktionsstörung teilweise ausgleichen können. Sie berücksichtigen neben der Funktionsstörung weitere Aspekte, die die Teilhabe beeinträchtigen, wie insbesondere die Störung der körperlichen Integrität. Auch eine durch den Extremitätenverlust bedingte Fehlwahrnehmung (Phantomgefühl) ist in den angegebenen Mindest- GdB berücksichtigt.

19.7.1.4 Die angegebenen Mindest-GdB für Fingerverluste berücksichtigen die Restfunktionen der Motorik (insbesondere Fein- und Grobgriff), der Sensibilität (insbesondere Tasten), der Druck- und Kraftausübung, die Ausdruckfähigkeit (Gestik) sowie die Kompensationsmöglichkeiten durch Anpassungen der Händigkeit und Anpassungen der Funktionen der einzelnen Langfinger.

19.7.1.5 Die angegebenen Mindest-GdB für Fingerverluste gelten für den Verlust des jeweils ganzen Fingers. Bei Verlust einzelner Fingerglieder ist der GdB entsprechend der vorhandenen Teilhabebeeinträchtigung niedriger zu bewerten.

19.7.1.6 Unter einem kurzen Stumpf ist ein Stumpf zu verstehen, der eine dem Verlust der Extremität im angrenzenden Gelenk vergleichbare Funktionseinbuße zur Folge hat.

19.7.2.1 Bei Verlust eines Arms im Schultergelenk beträgt der GdB mindestens 80.

19.7.2.2 Bei Verlust eines Arms im Oberarm mit kurzem Oberarmstumpf beträgt der GdB mindestens 80.

19.7.2.3 Bei Verlust eines Arms im Oberarm oder im Ellenbogengelenk beträgt der GdB mindestens 70.

19.7.2.4 Bei Verlust eines Arms im Unterarm mit kurzem Unterarmstumpf beträgt der GdB mindestens 70.

19.7.2.5 Bei Verlust eines Armes im Unterarm beträgt der GdB mindestens 60.

Bei Verlust einer ganzen Hand beträgt der GdB mindestens 60.

19.7.4.1 Bei Verlust eines Langfingers einer Hand beträgt der GdB mindestens 10.

19.7.4.2 Bei Verlust von zwei Langfingern einer Hand beträgt der GdB mindestens 20.

19.7.4.3 Bei Verlust von drei Langfingern derselben Hand beträgt der GdB mindestens 30.

19.7.4.4 Bei Verlust von vier Langfingern derselben Hand beträgt der GdB mindestens 40.

19.7.4.5 Bei Verlust aller Finger einer Hand mit Erhalt aller Mittelhandknochen beträgt der GdB mindestens 50.

19.7.4.6 Bei Pollizisation durch den Zeigefinger oder durch eine Zehe an einer Hand beträgt der GdB mindestens 20.

19.7.4.7 Bei Verlust des Daumens einer Hand beträgt der GdB mindestens 30.

19.7.4.8 Bei Verlust des Daumens und bei zusätzlichem Verlust entweder eines Langfingers oder des Ring- und des Kleinfingers derselben Hand beträgt der GdB mindestens 30.

19.7.4.9 Bei Verlust des Daumens und bei zusätzlichem Verlust des Zeige- und des Mittelfingers derselben Hand beträgt der GdB mindestens 40.

Aufgrund der überragenden Bedeutung manueller Funktionen für die Teilhabe in allen Lebensbereichen in der heutigen Zeit erfolgt eine differenzierte Wichtung der GdB bei Verlust der oberen Extremität. Die Prothesenversorgung ist hier schwieriger als an den unteren Extremitäten.

Der Verlust eines Langfingers stellt unabhängig von der eventuellen Betroffenheit des Mittelhandknochens eine wesentliche Teilhabebeeinträchtigung dar. Im Vergleich zur Teilhabebeeinträchtigung bei Verlust von zwei oder mehr Langfingern ist die Funktionalität der Hand weniger beeinträchtigt. Die körperliche Integrität, die insbesondere an der Hand im Hinblick auf ihre Bedeutung für Gestik, Ausdrucksfähigkeit und Persönlichkeitsdarstellung wesentlich ist, macht bei Verlust eines Langfingers in der Relation einen größeren Anteil der Teilhabebeeinträchtigung aus.

Wegen der hohen Kompensationsmöglichkeit innerhalb von sechs Monaten besteht kein wesentlicher Unterschied in der Teilhabebeeinträchtigung bei Verlust des einen Fingers gegenüber dem anderen Finger. Von herausragender Bedeutung für die Handfunktion ist jedoch der Daumen. Insbesondere die Oppositionsbewegung des Daumens ermöglicht es, wichtige Greiffunktionen auszuführen.

Fehlt der Daumen, kommt den verbleibenden Fingern eine höhere Bedeutung für die Restfunktionalität der Hand zu. Dies wird bei der Neufassung stärker berücksichtigt. Der zusätzliche Verlust eines Langfingers bei Verlust des Daumens stellt gegenüber dem Daumenverlust alleine noch keine wesentlich andere Teilhabebeeinträchtigung dar. Fehlen neben dem Daumen zusätzlich der Ring- und Kleinfinger derselben Hand, so verbleibt durch den Zeige- und Mittelfinger der Interdigitalgriff erhalten und somit die Fähigkeit, mit zwei starken nebeneinanderliegenden Langfingern etwas feinmotorisch zu manipulieren bzw. kraftvoll anzuheben. Auch diese Konstellation stellt gegenüber dem Daumenverlust alleine noch keine wesentlich höhere Teilhabebeeinträchtigung dar. Bei der Bewertung anderer Konstellationen von Fingerverlusten ist diese Funktionalität zu berücksichtigen. Fehlen jedoch zusätzlich zum Daumen der Zeige- und Mittelfinger, liegt eine wesentliche Minderung dieser Restfunktionalität vor. Hierbei entspricht die Teilhabebeeinträchtigung in ihrem Ausmaß der bei kombiniertem Verlust von Daumen und drei Langfingern. Der Erhalt nur eines Langfingers stellt gegenüber dem Verlust aller Finger einer Hand hinsichtlich der Teilhabe einen wesentlichen Unterschied dar, weil zum Beispiel Tätigkeiten auf einer Tastatur oder Wischbewegungen noch partiell ausgeführt werden können.

Im Vergleich zum Verlust der gesamten Hand kann der Handteller im Sinne einer Schaufel motorisch eingesetzt werden. Bei erhaltener Sensibilität ist zudem auch ein Vorteil im Vergleich zur Handprothese gegeben. Der Verlust der Extremität im Unterarm bedingt keine wesentlich andere Teilhabebeeinträchtigung als der Verlust der gesamten Hand.

19.7.5.1 Bei Verlust eines Beins im Beckenskelett oder im Hüftgelenk beträgt der GdB mindestens 80.

19.7.5.2 Bei Verlust beider Beine im Hüftgelenk oder im Oberschenkel beträgt der GdB unabhängig von der Stumpflänge 100.

19.7.5.3 Bei Verlust eines Beins im Oberschenkel mit kurzem Oberschenkelstumpf und Sitzstabilität beträgt der GdB mindestens 70.

19.7.5.4 Bei Verlust eines Beins im Oberschenkel beträgt der GdB mindestens 60.

19.7.5.5 Bei Verlust eines Beins im Kniegelenk beträgt der GdB mindestens 50.

19.7.5.6 Bei Verlust beider Beine im Kniegelenk beträgt der GdB mindestens 80.

19.7.5.7 Bei Verlust eines Beins im Unterschenkel beträgt der GdB mindestens 40.

19.7.5.8 Bei Verlust beider Beine im Unterschenkel beträgt der GdB mindestens 70.

19.7.6.1 Bei Verlust eines Fußes im Mittelfuß beträgt der GdB mindestens 20.

19.7.6.2 Bei Verlust beider Füße im Mittelfuß beträgt der GdB mindestens 40.

19.7.6.3 Bei Verlust eines Fußes durch Amputation im Rückfuß mit Arthrodese des Sprunggelenks beträgt der GdB mindestens 30.

19.7.6.4 Bei Teilverlust beider Füße durch Amputation im Rückfuß mit Arthrodese des Sprunggelenks beträgt der GdB mindestens 60.

19.7.7 Verlust von Zehen

19.7.7.1 Bei Verlust aller Zehen eines Fußes beträgt der GdB mindestens 10.

19.7.7.2 Bei Verlust aller Zehen beider Füße beträgt der GdB mindestens 20.

An der unteren Extremität liegt eine wesentliche Teilhabebeeinträchtigung erst bei Verlust aller Zehen eines Fußes vor und steigt mit der Amputationshöhe kontinuierlich an, wobei das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung bei Amputationen im Unterschenkel nicht wesentlich von der Stumpflänge beeinflusst wird.

Bei Verlust des Fußes ist die Amputationshöhe jedoch relevant für die Möglichkeit der orthopädischen Schuhversorgung und somit der Stabilität beim Stehen und Gehen. Während bei einseitigem Verlust i. d. R. eine Kompensation gut möglich ist, ist die Beeinträchtigung der Teilhabe bei beidseitigem Verlust doppelt so hoch.

Bei Amputationen im Kniegelenk kommt es infolge der Prothesenanpassung mit Aufsetzen des künstlichen Gelenkes auf die gesamte Oberschenkellänge zu einer - insbesondere im Sitzen - auffälligen Verlängerung des Oberschenkels. Entsprechend ist die Teilhabebeeinträchtigung bei Kniegelenkexartikulationen höher als bei Amputationen im Unterschenkel bei erhaltenem Kniegelenk. Sie ist aber geringer als bei Amputationen im Oberschenkel wegen der besseren Belastbarkeit und besseren Sitzfunktion.

Die bisherige Bewertung des GdB bei Verlust eines Beins im Oberschenkel berücksichtigte Hilfsmittel nicht. Die Teilhabebeeinträchtigung unter oder ohne Verwendung einer Beinprothese unterscheidet sich aber wesentlich. Die Versorgung mit einer Beinprothese, die das Gehen erlaubt, ist medizinischer Standard. Die Möglichkeit der Versorgung mit einer Beinprothese und damit unter anderem die Herstellung der Gehfähigkeit ohne Gehhilfe, hängt insbesondere von der Länge des Stumpfs ab. Somit unterscheidet sich die Teilhabebeeinträchtigung je nach Länge des Oberschenkelstumpfs. Entsprechend der individuell erreichten Versorgungsqualität, die insbesondere die Mobilität bestimmt, ist der angegebene Mindest- GdB in der Begutachtung im Einzelfall ggf. höher anzusetzen.

Bei Verlust eines Beins im Beckenskelett oder im Hüftgelenk ist zusätzlich die Fähigkeit zu sitzen bzw. in einer sitzenden Position zu verbleiben regelhaft beeinträchtigt. Hierin unterscheidet sich die Teilhabebeeinträchtigung gegenüber der bei Verlust eines Beins im Oberschenkel mit kurzem Oberschenkelstumpf, bei dem die Sitzstabilität erhalten ist. Die Fähigkeit bzw. Beeinträchtigung des Sitzens hat Einfluss auf weitere Aktivitäten. Diesem Unterschied in der Teilhabe wird in der Neufassung Rechnung getragen.

19.8.1 Grundlagen

19.8.1.1 Unter Versteifung ist eine komplette Einsteifung mit stabiler knöcherner Durchbauung zu verstehen.

19.8.1.2 Die für Versteifung in günstiger Stellung angegebenen GdB gehen vom bestmöglichen Behandlungsergebnis aus. Die funktionell günstige Stellung ist im Folgenden für jedes Gelenk beschrieben. Wenn für die Versteifung in funktionell ungünstiger Stellung kein GdB genannt ist, ist der angegebene GdB entsprechend der im Einzelfall vorliegenden Teilhabebeeinträchtigung zu erhöhen. Dies gilt auch, wenn die Teilhabebeeinträchtigung im Einzelfall durch eine Pseudarthrose, durch eine Nervenschädigung oder durch ungünstige Narbenverhältnisse erhöht ist.

19.8.2 Versteifung des Schulterhauptgelenks

19.8.2.1 Als funktionell günstig gilt eine Versteifung des Schulterhauptgelenks mit Abspreizwinkel des Oberarms von 20 bis 40 Grad, in leichter Vorhalte von 20 bis 40 Grad und einer Innendrehung von circa 40 Grad.

19.8.2.2 Bei Versteifung des Schulterhauptgelenks in günstiger Stellung und bei guter aktiver Beweglichkeit des gleichseitigen Schulterblatts gegenüber dem Brustkorb beträgt der GdB 30.

19.8.2.3 Bei Versteifung des Schulterhauptgelenks in ungünstiger Stellung oder bei gestörter aktiver Beweglichkeit des gleichseitigen Schulterblatts gegenüber dem Brustkorb beträgt der GdB 40 - 50.

19.8.3.1 Als funktionell günstig gilt eine Versteifung des Ellenbogens in Beugestellung in einem Winkel von 80 bis 100 Grad und bei der Aufhebung der Unterarmdrehbeweglichkeit die Einstellung in mittlerer Einwärtsdrehung.

19.8.3.2 Bei isolierter Aufhebung der Unterarmdrehbeweglichkeit in günstiger Stellung beträgt der GdB 10.

19.8.3.3 Bei Versteifung des Ellenbogens in günstiger Stellung bei erhaltener Unterarmdrehbeweglichkeit beträgt der GdB 20.

19.8.3.4 Bei Versteifung des Ellenbogens in günstiger Stellung bei aufgehobener Unterarmdrehbeweglichkeit in günstiger Stellung beträgt der GdB 30.

19.8.4 Versteifung des Handgelenks

19.8.4.1 Als funktionell günstig gilt eine Versteifung des Handgelenks leicht handrückenwärts und leicht ellenwärts.

19.8.4.2 Bei Versteifung eines Handgelenks in günstiger Stellung beträgt der GdB 20.

19.8.5.1 Als funktionell günstig gilt eine Versteifung des Hüftgelenks in leichter Abspreizstellung des Oberschenkels von circa 10 Grad, in mittlerer Drehstellung und in leichter Beugestellung.

19.8.5.2 Bei Versteifung eines Hüftgelenks in günstiger Stellung beträgt der GdB 40.

19.8.5.3 Wenn zusätzlich zu einer Versteifung des Hüftgelenks eine Störung der Funktionseinheit Becken vorliegt, wie insbesondere nach Revisionsendoprothetik, ist zu prüfen, ob und inwieweit die Begutachtungsgrundsätze unter Nummer 19.6 heranzuziehen sind.

19.8.6.1 Als funktionell günstig gilt eine Versteifung des Kniegelenks in Streckbis leichter Beugestellung von circa 15 Grad.

19.8.6.2 Bei Versteifung eines Kniegelenks in günstiger Stellung beträgt der GdB 30.

19.8.6.3 Bei Versteifung beider Kniegelenke in günstiger Stellung beträgt der GdB 70.

19.8.7.1 Als funktionell günstig gilt eine Versteifung des oberen Sprunggelenks fußsohlenwärts um 5 bis 15 Grad und des unteren Sprunggelenks in Mittelstellung.

19.8.7.2 Bei Versteifung des oberen Sprunggelenks in günstiger Stellung beträgt der GdB 20.

19.8.3.1 Als funktionell günstig gilt eine Versteifung des Ellenbogens in Beugestellung in einem Winkel von 80 bis 100 Grad und bei der Aufhebung der Unterarmdrehbeweglichkeit die Einstellung in mittlerer Einwärtsdrehung.

19.8.3.2 Bei isolierter Aufhebung der Unterarmdrehbeweglichkeit in günstiger Stellung beträgt der GdB 10.

19.8.3.3 Bei Versteifung des Ellenbogens in günstiger Stellung bei erhaltener Unterarmdrehbeweglichkeit beträgt der GdB 20.

19.8.3.4 Bei Versteifung des Ellenbogens in günstiger Stellung bei aufgehobener Unterarmdrehbeweglichkeit in günstiger Stellung beträgt der GdB 30.

Da der Begriff „Versteifung“ in der medizinisch-wissenschaftlichen Literatur nicht eindeutig definiert ist, wird er für die Anwendung in dieser Verordnung konkretisiert.

Wesentlich für das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung bei Versteifung des Schulterhauptgelenks ist der verbliebene Handlungsspielraum vor und hinter dem Körper. Das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung steigt bei ungünstiger Versteifungsstellung und bei gestörter aktiver Beweglichkeit des gleichseitigen Schulterblatts gegenüber dem Brustkorb.

Entscheidend für das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung bei Funktionsstörungen des Ellenbogens sind die Versteifungsstellung, das Vorhandensein oder Fehlen der Unterarmdrehbeweglichkeit und der Umfang der Streck- und Beugefähigkeit des Unterarms. Die Unterarmdrehbeweglichkeit ist von herausragender Bedeutung insbesondere für die Ausübung von täglichen Verrichtungen wie Schreiben, Kämmen, Zähneputzen und Intimpflege. Demzufolge ist die Aufhebung der Unterarmdrehbeweglichkeit in mittlerer Einwärtsdrehung funktionell günstig. Die Aufhebung der Unterarmdrehbeweglichkeit in Neutralstellung oder Auswärtsdrehung ist funktionell ungünstig und kann einen höheren GdB bedingen.

Bei der Neubewertung der Versteifung des Hüftgelenks wird nur die versorgungsmedizinisch relevante, häufiger zu begutachtende günstige Versteifung eines Hüftgelenks genannt. Eine Becken-Femur-Ersatzverbindung außerhalb des Hüftgelenks führt immer zu einer ungünstigen Stellung und ist somit höher als mit einem GdB von 40 zu bewerten.

Wegen des funktionellen Zusammenhangs der Hüftregion und des Beckens ist gutachterlich zu prüfen, welchen Einfluss Störungen des Hüftgelenks und Störungen der Funktionseinheit Becken gemeinsam auf die Teilhabe haben. Die Beeinträchtigung von Kompensationsmöglichkeiten innerhalb dieser funktionellen Einheit ist bei der Begutachtung zu berücksichtigen. Die Beeinträchtigung steigt, wenn zum Beispiel strukturell bedingte Störungen muskulär nicht kompensiert werden können; dies ist insbesondere nach wiederholten Revisionsoperationen im Rahmen der Hüftendoprothetik der Fall.

Die bei einseitiger Versteifung eines Kniegelenks mögliche Kompensation durch die andere Extremität ist bei beidseitiger Betroffenheit nicht mehr gegeben, so dass das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung bei beidseitiger Versteifung der Kniegelenke überproportional steigt und im Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung dem Verlust beider Beine im Unterschenkel vergleichbar ist.

Es besteht kein Unterschied in der Teilhabebeeinträchtigung zwischen der Versteifung des oberen Sprunggelenks und des oberen und unteren Sprunggelenks in günstiger Stellung, da die Auswirkungen auf das Gehen und die Fortbewegung im Wesentlichen gleichartig sind.

Bei Versteifung des oberen und unteren Sprunggelenks - auch in ungünstiger Stellung - bleibt die taktile Wahrnehmung des Bodenkontaktes erhalten mit entsprechender Auswirkung auf die Stand- und Gangsicherheit.

19.9.1 Grundlagen

19.9.1.1 Der GdB bei Funktionsstörungen der Extremitäten ergibt sich aus dem Vergleich mit dem GdB für entsprechende Verluste von Extremitäten. Trotz erhaltener Extremität kann die Funktionsstörung im Einzelfall ungünstiger sein als der Verlust.

19.9.1.2 Der aktive Bewegungsumfang berücksichtigt die funktionelle Einheit aus Gelenk, Kapsel, Bandstrukturen und Muskulatur. Die Auswirkungen von Störungen dieser Strukturen, wie insbesondere Gelenkschwellungen, Kontrakturen oder Atrophien, reduzieren den aktiven Bewegungsumfang. Sie sind somit im angegebenen GdB enthalten.

19.9.1.3 Die angegebenen Winkelgrade gehen von der Neutral-0-Stellung aus.

19.9.1.4 Für die Ermittlung der Teilhabebeeinträchtigung bei Funktionsstörungen der Gelenke bei Bewegungseinschränkung und Instabilität können zusätzlich funktionelle Scores, die reliabel und valide sind, angewendet werden. Des Weiteren können Angaben über Fähigkeiten zu komplexen Bewegungsabläufen, wie insbesondere Gang oder Schulternackengriff, angewendet werden.

19.9.1.5 Bei der Begutachtung bei Gelenkinstabilität ist zu beachten, dass unter Ausrenkung eine vollständige Desintegration der Gelenkpartner verstanden wird.

19.9.2.1 Bei aktivem Bewegungsumfang der Funktionseinheit Schulter über 120 Grad Abspreizen und über 120 Grad Vorhalten des Oberarms liegt regelhaft keine wesentliche Teilhabebeeinträchtigung vor.

19.9.2.2 Bei einseitig aktivem Bewegungsumfang der Funktionseinheit Schulter bis 120 Grad Abspreizen und bis 120 Grad Vorhalten des Oberarms beträgt der GdB 10; bei entsprechend beidseitig aktivem Bewegungsumfang beträgt der GdB 20.

19.9.2.3 Bei aktivem Bewegungsumfang der Funktionseinheit Schulter bis 90 Grad Abspreizen und bis 90 Grad Vorhalten des Oberarms beträgt der GdB 20.

19.9.2.4 Bei aktivem Bewegungsumfang der Funktionseinheit Schulter bis 40 Grad Abspreizen und bis 40 Grad Vorhalten des Oberarms beträgt der GdB 30.

19.9.3.1 Bei unvollständigen rezidivierenden Ausrenkungen des Schultergelenks beträgt der GdB höchstens 10.

19.9.3.2 Bei leichter Instabilität des Schultergelenks (rezidivierende Ausrenkungen bei Ausnutzung des maximalen Bewegungsumfangs) beträgt der GdB 10.

19.9.3.3 Bei mittlerer Instabilität des Schultergelenks (rezidivierende Ausrenkungen bei Ausnutzung des mittleren Bewegungsumfangs von Abspreizung und Drehung) beträgt der GdB 20.

19.9.3.4 Bei hochgradiger Instabilität des Schultergelenks (rezidivierende Ausrenkungen bereits beim Erledigen von Haushaltsarbeiten oder der Selbstversorgung) beträgt der GdB 30.

19.9.3.5 Bei dauerhafter Ausrenkung des Schultergelenks beträgt der GdB 40.

19.9.4.1 Bei einseitig aktivem Bewegungsumfang des Ellenbogengelenks mit einer Streckung/Beugung bis 0 - 30 - 120 Grad bei freier Unterarmdrehbeweglichkeit beträgt der GdB 10; bei entsprechend beidseitig aktivem Bewegungsumfang beträgt der GdB 20.

19.9.4.2 Bei aktivem Bewegungsumfang des Ellenbogengelenks mit einer Streckung/ Beugung bis 0 - 30 - 120 Grad bei aufgehobener Unterarmdrehbeweglichkeit in günstiger Stellung beträgt der GdB 20.

19.9.4.3 Bei aktivem Bewegungsumfang des Ellenbogengelenks mit einer Streckung/ Beugung bis 0 - 30 - 120 Grad bei aufgehobener Unterarmdrehbeweglichkeit in ungünstiger Stellung beträgt der GdB 30.

19.9.4.4 Bei einer Restbeweglichkeit des Ellenbogengelenks mit einem Bewegungsumfang unter 60 Grad zwischen Beugung und Streckung und einer Einschränkung der Unterarmdrehbeweglichkeit beträgt der GdB 20.

19.9.4.5 Bei einer Restbeweglichkeit des Ellenbogengelenks mit einem Bewegungsumfang unter 30 Grad zwischen Beugung und Streckung und einer Einschränkung der Unterarmdrehbeweglichkeit beträgt der GdB 30.

19.9.5.1 Bei Instabilität des Ellenbogengelenks beträgt der GdB 10 - 20, je nach muskulärer Stabilisierbarkeit.

19.9.5.2 Bei Instabilität des Ellenbogengelenks ohne muskuläre Stabilisierbarkeit (Schlottergelenk) beträgt der GdB 30.

19.9.6 Bewegungsumfang des Handgelenks

19.9.6.1 Bei einem einseitig aktiven Bewegungsumfang des Handgelenks von Streckung/Beugung bis 20 - 0 - 30 Grad beträgt der GdB 10; bei entsprechend beidseitig aktivem Bewegungsumfang beträgt der GdB 20.

19.9.6.2 Bei einem geringeren aktiven Bewegungsumfang des Handgelenks als unter 19.9.6.1. angegeben beträgt der GdB 20 - 30, je nach Ausmaß der Instabilität.

19.9.7.1 Die Bewertung der Teilhabebeeinträchtigung bei Funktionsstörungen der Daumen- und Fingergelenke orientiert sich am Ausmaß der durch Fingerverlust bedingten Teilhabebeeinträchtigung.

19.9.7.2 Bei der Begutachtung ist zu beachten, dass Versteifungen der Finger in Streck- oder starker Beugestellung die Teilhabe stärker beeinträchtigen können als ein glatter Verlust.

19.9.8.1 Bei einseitig aktivem Bewegungsumfang des Hüftgelenks mit Abspreizfähigkeit des Oberschenkels bis 20 Grad und Drehfähigkeit bis 10 - 0 - 10 Grad beträgt der GdB 10; bei entsprechend beidseitig aktivem Bewegungsumfang beträgt der GdB 20.

19.9.8.2 Bei einseitig aktivem Bewegungsumfang des Hüftgelenks mit Abspreizfähigkeit des Oberschenkels bis 10 Grad und aufgehobener Drehfähigkeit und Streckung/ Beugung bis 0 - 10 - 90 Grad beträgt der GdB 20; bei entsprechend beidseitig aktivem Bewegungsumfang beträgt der GdB 30.

19.9.8.3 Bei einseitig aktivem Bewegungsumfang des Hüftgelenks mit aufgehobener Abspreiz- und Drehfähigkeit des Oberschenkels und Streckung/Beugung bis 0 - 20 - 80 Grad beträgt der GdB 30; bei entsprechend beidseitig aktivem Bewegungsumfang beträgt der GdB 50.

19.9.8.4 Wenn zusätzlich zu einer Funktionsstörung des Hüftgelenks eine Störung der Funktionseinheit Becken vorliegt (wie insbesondere nach Revisionsendoprothetik), ist zu prüfen, ob und inwieweit die Begutachtungsgrundsätze unter Nummer 19.6 heranzuziehen sind.

Da der Begriff Instabilität in der medizinisch-wissenschaftlichen Literatur nicht eindeutig definiert ist, wird er für die Anwendung in dieser Verordnung konkretisiert.

Bei allen Funktionsstörungen wurde geprüft, ob die beidseitige Betroffenheit versorgungsmedizinisch relevant ist. Ist für einseitige Betroffenheit ein GdB von 10 festgesetzt, ist angegeben, falls bei beidseitiger Betroffenheit ein GdB von 20 resultiert.

Maßgeblich für das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung bei Bewegungseinschränkung der Funktionseinheit Schulter ist die erhaltene Fähigkeit des Abspreizens und Vorhaltens des Oberarms. Bei einer Einschränkung des aktiven Bewegungsumfangs der Funktionseinheit Schulter bis 40 Grad Abspreizen und bis 40 Grad Vorhalten des Oberarms können ebenso wie bei der Versteifung des Schulterhauptgelenks in günstiger Stellung bei guter aktiver Beweglichkeit des gleichseitigen Schulterblattes komplexe Bewegungsabläufe wie der Nacken- und Schürzengriff sowie die Körperpflege (insbesondere Kämmen, Zähneputzen, Intimpflege) nicht mehr durchgeführt werden. Mit zunehmendem Bewegungsumfang sinkt das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung.

Der Schweregrad der Schulterinstabilität wird konkretisiert durch die Beschreibung des Bewegungsumfangs und der Tätigkeiten, die zur Ausrenkung führen. Ein Bewegungsumfang ohne Teilhabebeeinträchtigung und somit maximaler Bewegungsumfang liegt vor, wenn der Oberarm über 120 Grad abgespreizt und vorgehalten werden kann. Ein mittlerer Bewegungsumfang liegt vor, wenn der Oberarm bis 120 Grad abgespreizt und vorgehalten und bis 30 Grad auswärts gedreht werden kann. Bei hochgradiger Instabilität sind insbesondere das Erledigen von Hausarbeiten sowie die Selbstversorgung (An-/Ausziehen von Kleidung oder Schuhwerk, Waschen oder Abtrocknen der Körperteile, Pflegen der Haut, der Zähne, der Haare oder der Nägel) beeinträchtigt.

Entscheidend für das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung bei Funktionsstörungen des Ellenbogens sind das Vorhandensein oder Fehlen der Unterarmdrehbeweglichkeit und der Umfang der Streck- und Beugefähigkeit des Unterarms.

Das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung bei Instabilität des Ellenbogengelenks ist abhängig von der muskulären Stabilisierung. Die Teilhabebeeinträchtigung steigt, wenn es sich um ein auch durch muskuläres Training nicht mehr stabilisierbares Schlottergelenk handelt.

Eine wesentliche Teilhabebeeinträchtigung bei Funktionsstörungen des Handgelenks liegt ab einer Einschränkung der Streckung/Beugung bis 20 - 0 - 30 Grad vor. Bei einer stärkeren Einschränkung der Bewegungsfähigkeit wird die Teilhabebeeinträchtigung zusätzlich durch das Ausmaß der Instabilität bestimmt.

Das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung bei Bewegungseinschränkung des Hüftgelenks ist abhängig von der Drehfähigkeit, der Abspreizfähigkeit und dem Umfang der Streck- und Beugefähigkeit des Oberschenkels. Eine wesentliche Teilhabebeeinträchtigung liegt vor bei einer einseitigen Einschränkung der Abspreizfähigkeit des Oberschenkels bis 20 Grad und der Drehfähigkeit bis 10 - 0 - 10 Grad. Die Teilhabebeeinträchtigung steigt zunächst mit Aufhebung der Drehfähigkeit, im Weiteren mit zusätzlicher Aufhebung der Abspreizfähigkeit und durch eine zunehmende Einschränkung der Streckung und Beugung. In der Neufassung wird entsprechend differenziert.

Auch bei der Begutachtung bei Funktionsstörungen des Hüftgelenks ist besonders auf den funktionellen Zusammenhang der Hüftregion und des Beckens zu achten. Die Ausführungen hierzu in der Begründung zu Nummer 19.8 gelten gleichermaßen.

Die Teilhabebeeinträchtigung bei Störungen der Funktionseinheit Knie ist insbesondere abhängig von der Belastungsminderung beim Stehen und Gehen, der Gelenkschwellung, dem aktiven Bewegungsumfang und der vorhandenen Stabilität. Eine leichtgradige Funktionsstörung verursacht in der Regel eine Teilhabebeeinträchtigung, die einem GdB von 10 entspricht; eine mittelgradige Funktionsstörung in der Regel eine, die einem GdB von 20 entspricht; eine hochgradige Funktionsstörung in der Regel eine, die einem GdB von 30 entspricht. In Ausnahmefällen kann die Kombination aus hochgradiger Belastungsminderung und ausgeprägter Instabilität an einem Knie einen höheren GdB als 30 bedingen. Bei zunehmender Einschränkung der Beugefähigkeit sind Alltagstätigkeiten wie insbesondere das Treppensteigen, das Anziehen der Schuhe und das Fahrradfahren nicht mehr möglich.

Der morphologische Befund muss die Belastungsminderung beim Gehen und Stehen erklären. Deshalb ist das Ausmaß des Arthrosegrades in die Begutachtung mit einzubeziehen. Dieser orientiert sich an der radiologischen Einteilung nach Kellgren und Lawrence (Kellgren JH, Lawrence JS. Radiological assessment of osteoarthrosis. Ann Rheum Dis 1957, 16:494-502), nach der vier Arthrosegrade beschrieben sind.

Die Graduierung der Instabilität der Funktionseinheit Knie wird für die Anwendung dieser Verordnung konkretisiert.

Das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung bei wiederkehrender habitueller Kniescheibenausrenkung ist abhängig von der Art der Tätigkeiten, die zur Ausrenkung führen. Unter Alltagstätigkeiten sind Tätigkeiten zu verstehen, die in ihrer Schwere dem „Gehen auf ebenem Grund“ vergleichbar sind. Wenn es nur bei stärkeren Belastungen wie insbesondere Rennen, Springen, Klettern zur Ausrenkung der Kniescheibe kommt, ist der GdB gegebenenfalls geringer zu bewerten.

Als funktionell ungünstig gilt eine Versteifung der Zehen oder Großzehen in Beugestellung im Grundgelenk, da hierbei das Abrollen des Fußes nicht mehr möglich ist. Die Teilhabebeeinträchtigung bei Versteifung aller Zehen eines Fußes in ungünstiger Stellung ist in ihrem Ausmaß der bei Verlust aller Zehen eines Fußes vergleichbar.

19.9.9.1 Die Teilhabebeeinträchtigung bei Störungen der Funktionseinheit Knie ist insbesondere abhängig von der Belastungsminderung beim Stehen und Gehen, der Gelenkschwellung, dem aktiven Bewegungsumfang und der vorhandenen Stabilität. Bei der Begutachtung ist zu beachten, dass sich Störungen der Funktionseinheit Knie überwiegend entweder als Belastungsminderung oder als Instabilität auswirken.

19.9.9.2 Bei der Begutachtung ist darauf zu achten, dass der morphologische Befund die Belastungsminderung erklärt. Der Arthrosegrad orientiert sich an der radiologischen Einteilung nach Kellgren und Lawrence.

19.9.9.3 Eine mittelgradige Instabilität im Sinne dieser Verordnung liegt vor, wenn mehrere Bänder betroffen sind und eine krankhafte Beweglichkeit des Knies in mindestens zwei Achsen oder Ebenen besteht. Eine hochgradige Instabilität im Sinne dieser Verordnung liegt vor, wenn es sich um eine kombinierte Störung mit Beteiligung der Seitenbänder, der Kreuzbänder, der Gelenkkapsel und der Menisken handelt und eine krankhafte Beweglichkeit des Knies in allen Ebenen besteht. Eine muskulär nicht kompensierbare Instabilität im Sinne dieser Verordnung liegt vor, wenn durch Umfangmessung des Oberschenkels eine Muskelminderung nachweisbar ist.

19.9.9.4 Bei leichtgradiger Belastungsminderung der Funktionseinheit Knie beim Stehen und Gehen sowie einem Arthrosegrad von mindestens I beträgt der GdB 10 bei

a) dokumentierter wiederkehrender Gelenkschwellung,

b) Einschränkung des aktiven Bewegungsumfangs mit einer Streckung/Beugung bis 0 - 0 - 100 Grad oder

c) muskulär gut stabilisierbarer leicht- bis mittelgradiger Instabilität der Funktionseinheit Knie.

19.9.9.5 Bei mittelgradiger Belastungsminderung der Funktionseinheit Knie beim Stehen und Gehen sowie einem Arthrosegrad von mindestens II beträgt der GdB 20 bei

a) dokumentierter wiederkehrender oder anhaltender Gelenkschwellung oder

b) Einschränkung des aktiven Bewegungsumfangs mit einer Streckung/Beugung bis 0 - 10 - 90 Grad oder

c) muskulär stabilisierbarer mittel- bis hochgradiger Instabilität der Funktionseinheit Knie.

19.9.9.6 Bei hochgradiger Belastungsminderung der Funktionseinheit Knie beim Stehen und Gehen sowie einem Arthrosegrad von III oder IV beträgt der GdB 30 bei

a) dokumentierter wiederkehrender oder anhaltender Gelenkschwellung,

b) Einschränkung des aktiven Bewegungsumfangs mit einer Streckung/Beugung bis 0 - 30 - 80 Grad,

c) muskulär nicht ausreichend stabilisierbarer hochgradiger Instabilität der Funktionseinheit Knie oder

d) Ruheschmerz.

19.9.10.1 Nummer 19.9.9.1 und 19.9.9.3 gelten entsprechend.

19.9.10.2 Bei muskulär stabilisierbarer mittelgradiger Instabilität der Funktionseinheit Knie beträgt der GdB 10.

19.9.10.3 Bei muskulär stabilisierbarer hochgradiger Instabilität der Funktionseinheit Knie beträgt der GdB 20.

19.9.10.4. Bei muskulär nicht stabilisierbarer hochgradiger Instabilität der Funktionseinheit Knie beträgt der GdB 30.

19.9.10.5 Bei wiederkehrender habitueller Kniescheibenausrenkung beim Gehen auf ebenem Grund beträgt der GdB 20.

19.9.11.1 Bei der Begutachtung einer beidseitigen Betroffenheit der Funktionseinheit Knie sind zunächst die Belastungsminderung oder die Instabilität getrennt für jede Seite entsprechend Nummer 19.9.9 und 19.9.10 zu betrachten. Die Teilhabebeeinträchtigung ist dann immer mit einem GdB für die beidseitige Betroffenheit zu bewerten

19.9.11.2 Bei beidseitig leichtgradigen Störungen der Funktionseinheit Knie beträgt der GdB höchstens 20.

19.9.11.3 Bei beidseitig mittelgradigen Störungen der Funktionseinheit Knie beträgt der GdB höchstens 30.

19.9.11.4 Bei beidseitig hochgradigen Störungen der Funktionseinheit Knie beträgt der GdB höchstens 50.

19.9.12.1 Bei einseitig aufgehobenem Heben (Heben/Senken 0 - 0 - 30 Grad) im oberen Sprunggelenk beträgt der GdB 10; bei entsprechend beidseitig reduziertem Bewegungsumfang beträgt der GdB 20.

19.9.12.2 Bei geringerer Restbeweglichkeit des oberen Sprunggelenks mit einem maximalen Bewegungsumfang von Heben/Senken 0 - 10 - 30 Grad beträgt der GdB 20.

Bei Verlust der Streckfähigkeit aller Zehen eines Fußes oder bei Verlust der Streckfähigkeit des Großzehengrundgelenks beträgt der GdB 10.

19.10.1 Grundlagen

19.10.1.1 Die angegebenen Mindest-GdB für Endoprothesen gehen vom bestmöglichen Behandlungsergebnis aus. Wenn nachgewiesen ist, dass das bestmögliche Behandlungsergebnis nicht erreicht ist, und deswegen eine wesentlich höhere Teilhabebeeinträchtigung besteht, ist der Mindest-GdB entsprechend zu erhöhen. Bei der Begutachtung ist darauf zu achten, dass insbesondere die nachfolgend genannten Bedingungen dazu führen können, dass das bestmögliche Behandlungsergebnis nicht erreicht wird:

a) Beweglichkeits- und Belastungseinschränkung des Gelenks,

b) Nervenschädigung,

c) deutliche Muskelminderung oder

d) ausgeprägte Narbenbildung.

19.10.1.2 Die Beeinträchtigung der Teilhabe durch die bei der jeweiligen Versorgungsart regelhaft gebotenen Beschränkungen ist im angegebenen GdB für die Endoprothese enthalten.

19.10.1.3 Endoprothesen der kleinen Gelenke bedingen keine wesentliche Teilhabebeeinträchtigung.

19.10.2.1 Bei einseitiger Endoprothese des Schultergelenks beträgt der GdB mindestens 20.

19.10.2.2 Bei beidseitiger Endoprothese des Schultergelenks beträgt der GdB mindestens 40.

19.10.3.1 Bei einseitiger Totalendoprothese des Ellenbogengelenks beträgt der GdB mindestens 30.

19.10.3.2 Bei beidseitiger Totalendoprothese des Ellenbogengelenks beträgt der GdB mindestens 50.

19.10.4.1 Bei einseitiger Endoprothese des Hüftgelenks beträgt der GdB mindestens 10.

19.10.4.2 Bei beidseitiger Endoprothese des Hüftgelenks beträgt der GdB mindestens 20.

19.10.5.1 Bei einseitiger Teilendoprothese des Kniegelenks beträgt der GdB mindestens 10.

19.10.5.2 Bei beidseitiger Teilendoprothese des Kniegelenks beträgt der GdB mindestens 20.

19.10.5.3 Bei einseitiger Totalendoprothese des Kniegelenks beträgt der GdB mindestens 20.

19.10.5.4 Bei beidseitiger Totalendoprothese des Kniegelenks beträgt der GdB mindestens 30.

19.10.6.1 Bei einseitiger Endoprothese des oberen Sprunggelenks beträgt der GdB mindestens 10.

19.10.6.2 Bei beidseitiger Endoprothese des oberen Sprunggelenks beträgt der GdB mindestens 20.

Die mit der Dritten Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung vorgenommene Neubewertung der Teilhabebeeinträchtigung bei Endoprothesen bleibt unverändert. Hinsichtlich des Begriffes „bestmögliches Behandlungsergebnis“ erfolgt die Anpassung an Teil A Nummer 1.2.7.

19.11.1 Bei der Begutachtung ist zu beachten, dass Pseudarthrosen in der Regel Frakturheilungsstörungen sind, die länger als sechs Monate bestehen und sich unbehandelt nicht knöchern durchbauen..

19.11.2 Bei Pseudarthrose des Schlüsselbeins mit Bewegungsstörung des Schultergürtels beträgt der GdB 10..

19.11.3 Bei Pseudarthrose des Oberarms beträgt der GdB 30 - 40, je nach Belastbarkeit..

19.11.4 Die Bewertung bei Pseudarthrose des Kahnbeins oder bei Nekrose des Mondbeins orientiert sich am Ausmaß der daraus folgenden Funktionsstörung des Handgelenks..

19.11.5 Bei Pseudarthrose des Oberschenkels beträgt der GdB 50 - 60, je nach Belastbarkeit..

19.11.6 Bei Pseudarthrose des Schienbeins beträgt der GdB 20 - 30, je nach Belastbarkeit.

Da der Begriff „Pseudarthrose“ in der medizinisch-wissenschaftlichen Literatur nicht eindeutig definiert ist, wird er für die Anwendung in dieser Verordnung konkretisiert.

Die bisherige Unterteilung in schlaffe und straffe Pseudarthrose entfällt, da sie nicht mehr dem aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Stand entspricht. In die Neufassung werden nur die versorgungsmedizinisch relevanten Pseudarthrosen aufgenommen. Das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung bei Pseudarthrose des Schlüsselbeins ist dem durch Bewegungseinschränkung der Funktionseinheit Schulter mit Abspreizen und Vorhalten des Oberarms bis 120 Grad vergleichbar. Das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung bei Pseudarthrose des Oberarms ist variabel und je nach Belastbarkeit dem bei hochgradiger Instabilität des Schultergelenks oder dem bei dauerhafter Ausrenkung des Schultergelenks vergleichbar. Das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung bei Pseudarthrose des Oberschenkels ist in seiner Ausprägung variabel. Je nach Belastbarkeit des Beins ist es vergleichbar mit dem nach Hüftgelenkresektion. Das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung bei Pseudarthrose des Schienbeins ist je nach Belastbarkeit dem durch Verlust eines Fußes im Mittelfuß oder dem durch Verlust eines Fußes im Rückfuß mit Arthrodese des Sprunggelenks vergleichbar. Obwohl die Schienbeinkopfabstützung sich im Vergleich zum einseitigen prothetisch versorgten Unterschenkelverlust mehr auf das äußere Erscheinungsbild auswirkt, ist die resultierende Teilhabebeeinträchtigung derjenigen bei einseitigem Unterschenkelverlust vergleichbar, da die Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbildes durch die bessere taktile Wahrnehmung des Bodenkontakts aufgewogen wird. Die Notwendigkeit einer Schienbeinkopfabstützung kann sich nicht nur bei Pseudarthrosen, sondern auch bei anderen Gesundheitsstörungen, wie zum Beispiel der diabetischen Neuroosteoarthropathie, ergeben.

19.12.1 Bei einer Beinlängendifferenz von 2,5 bis 4 Zentimeter beträgt der GdB 10..

19.12.2 Bei einer Beinlängendifferenz über 4 bis 6 Zentimeter beträgt der GdB 20..

19.12.3 Bei einer Beinlängendifferenz über 6 Zentimeter beträgt der GdB 30..

19.12.4 Bei medizinischer Notwendigkeit einer orthopädietechnischen Versorgung mit Einschluss des Oberschenkels beträgt der GdB 40

Die Teilhabebeeinträchtigung bei Beinlängendifferenz steigt mit dem Ausmaß der Verkürzung, dem hierdurch erforderlichen Therapieaufwand und der daraus folgenden Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbildes, insbesondere durch die Notwendigkeit einer orthopädischen Schuhversorgung bzw. einer orthopädietechnischen Versorgung mit Einschluss des Oberschenkels.

19.13.1 Bei der Begutachtung ist zu beachten, dass die Belastbarkeit bei Fußdeformitäten insbesondere abhängig ist vom Ausmaß

a) des verbliebenen aktiven Bewegungsumfangs,

b) der dynamischen Abrollfähigkeit,

c) einer Beinlängendifferenz,

d) einer Narben- oder Schwielenbildung der Fußsohle,

e) einer Muskelminderung,

f) der Versorgungsfähigkeit und

g) des Versorgungsaufwands.

19.13.2 Ist eine Drei-Punkt-Belastung des Fußes möglich, beträgt der GdB bei einseitiger Betroffenheit höchstens 10; bei beidseitiger Betroffenheit höchstens 20.

19.13.3 Ist nur der Außen- oder Innenrand des Fußes oder nur der Vorfuß belastbar, beträgt der GdB höchstens 20.

19.13.4 Bei zusätzlich vorhandener Instabilität beträgt der GdB höchstens 30.

19.12.1 Bei einer Beinlängendifferenz von 2,5 bis 4 Zentimeter beträgt der GdB 10.

19.12.2 Bei einer Beinlängendifferenz über 4 bis 6 Zentimeter beträgt der GdB 20.

19.12.3 Bei einer Beinlängendifferenz über 6 Zentimeter beträgt der GdB 30.

19.12.4 Bei medizinischer Notwendigkeit einer orthopädietechnischen Versorgung mit Einschluss des Oberschenkels beträgt der GdB 40.

Es besteht keine Notwendigkeit der Differenzierung der einzelnen angeborenen oder erworbenen Fußdeformitäten, da die Teilhabebeeinträchtigung durch die vergleichbaren Auswirkungen der unterschiedlichen Deformitäten bestimmt ist. Das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung bei Fußdeformitäten ist variabel, jedoch im Vergleich zu dem bei Verlust eines Beins im Unterschenkel geringer, so dass die Beeinträchtigung höchstens mit einem GdB von 30 zu bewerten ist.

19.14.1 Grundlagen

19.14.1.1 Das Ausmaß der dauerhaft verbleibenden Teilhabebeeinträchtigung bei primär malignen Knochentumoren und malignen Weichteiltumoren der Extremitäten wird insbesondere durch das Ausmaß der Funktionsstörung der betroffenen Körperstruktur bestimmt. Funktionsstörungen, die mit Beginn des Zeitraums der Heilungsbewährung eindeutig nachgewiesen sind und deren Auswirkungen auf die Teilhabe über den Zeitraum der Heilungsbewährung hinaus dauerhaft verbleiben, sind im jeweiligen Funktionssystem getrennt zu bewerten.

19.14.1.2 Mit Ablauf des Zeitraums der Heilungsbewährung ist zu beachten, dass Auswirkungen des Tumors oder der Therapie, wie insbesondere chronische Müdigkeit, Sterilität, Neuropathien, Beeinträchtigung der Entwicklung oder Beeinträchtigung emotionaler, kognitiver und sozialer Funktionen, verbleiben können. Die daraus folgende Teilhabebeeinträchtigung ist dann im jeweiligen Funktionssystem zu bewerten.

19.14.2 Osteosarkom, Ewing-Sarkom

19.14.2.1 In den ersten zwei Jahren nach Erstdiagnose sowie nach Diagnose eines Progresses, einer Persistenz oder eines Rezidivs beträgt der GdB 100.

19.14.2.2 Nach den ersten zwei Jahren bei vollständiger Resektion (R0-Resektion) beträgt der GdB für einen Zeitraum von drei Jahren 80 (Heilungsbewährung).

19.14.3 Chondrosarkom

19.14.3.1 Bei hochmalignem Chondrosarkom beträgt der GdB ab Diagnose für einen Zeitraum von fünf Jahren 80 (Heilungsbewährung).

19.14.3.2 Bei niedrigmalignem Chondrosarkom beträgt der GdB ab Diagnose für einen Zeitraum von fünf Jahren 50 (Heilungsbewährung).

19.14.4 Hochmaligne Weichteiltumore der Extremitäten

19.14.4.1 Im ersten Jahr nach Erstdiagnose sowie nach Diagnose eines Progresses, einer Persistenz oder eines Rezidivs beträgt der GdB 100. 19.14.4.2 Nach dem ersten Jahr nach Erstdiagnose beträgt der GdB für einen Zeitraum von vier Jahren 80 (Heilungsbewährung).

19.14.5 Niedrigmaligne Weichteiltumore der Extremitäten

19.14.5.1 Bei einer Tumorgröße von unter 5 Zentimeter Durchmesser beträgt der GdB ab Diagnose für einen Zeitraum von fünf Jahren 30 (Heilungsbewährung).

19.14.5.2 Bei einer Tumorgröße ab 5 Zentimeter Durchmesser beträgt der GdB ab Diagnose für einen Zeitraum von fünf Jahren 50 (Heilungsbewährung).

Primäre maligne Knochentumore sind selten. Die drei häufigsten und versorgungsmedizinisch relevanten primären Knochentumore werden in der Verordnung aufgeführt. Weitere maligne Knochentumore müssen entsprechend ihrer Teilhabebeeinträchtigung analog bewertet werden.

Die Stadieneinteilung der malignen Knochentumore richtet sich nach Enneking (Clinical Orthopaedics and Related Research; 204; 9-24; 1986). Die Beeinträchtigung der Teilhabe durch die Hochdosis-Chemotherapie und notwendige Operationen beim Osteosarkom und Ewing-Sarkom ist in allen Stadien der Erkrankungen gleichermaßen ausgeprägt, so dass sich eine Differenzierung erübrigt. Beim Chondrosarkom ist aufgrund der unterschiedlichen Beeinträchtigung der Teilhabe eine Differenzierung notwendig. Dies gilt auch für den häufigsten primär malignen Tumor des orthopädischen Fachgebiets, dem malignen Weichteiltumor der Extremitäten, der ebenfalls versorgungsmedizinisch relevant ist. Hierbei handelt es sich in erster Linie um das Leiomyosarkom.

Die Diagnose eines niedrigmalignen Chondrosarkoms oder niedrigmalignen Weichteiltumors gilt als gesichert, wenn sie durch eine Referenzpathologie bestätigt wurde. Ein Weichteiltumor über 5 Zentimeter Durchmesser gilt als groß.



Versorungsmedizinische Grundsätze
in der Fassung der geplanten 6. Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung (Referentenentwurf Stand 28.08.2018)