Testikuläre intraepitheliale Neoplasie (TIN) des Hodens

März 2000

Gutachtliche Beurteilung des GdB/MdE-Grades beim TIN des Hodens

Ein Sozialgericht hatte die Frage gestellt, wie eine testikuläre intraepitheliale Neoplasie (TIN) des Hodens (früher: Carcinoma in situ des Hodens) gutachtlich zu bewerten sei. Es hatte die Stellungnahme des behandelnden Urologen beigefügt, der den Tumor aufgrund der therapeutischen Konsequenzen (Hodenentfernung oder Bestrahlung) einem Seminom bzw. nichtseminomatösen Tumor im Stadium T1 NO MO zugeordnet und mit einem GdB/MdE-Grad unter dem Gesichtspunkt einer Heilungsbewährung bewertet hatte.
Wie sich aus der wissenschaftlichen Literatur (z. B. Leitlinien zur Diagnostik und Therapie von Hodentumoren, Urologe A1/99 und 2/99) ergibt, ist eine TIN (WHO-Klassifikation, entspricht Tis in der Klassifikation der UICC) eine intratubuläre Neoplasie, bei der nach ihrer Beseitigung fast nie mit Rezidiven zu rechnen ist und bei der in besonders gelagerten Fällen sogar eine spezielle Behandlung zugunsten einer Überwachungsstrategie unterbleiben kann. Nach der Stadieneinteilung der UICC von 1997, die eine stärkere prognostische Aussagekraft besitzt, wird ein Hodentumor Tis NO MO (entsprechend TIN) dem Stadium 0 zugeordnet, während T1 NO MO-Tumoren bereits dem Stadium I entsprechen.
Nach Abwägung aller genannten Fakten vertraten die Anwesenden mehrheitlich die Auffassung, dass der GdB/-MdE-Grad eines TIN des Hodens nicht unter dem Gesichtspunkt der Heilungsbewährung zu beurteilen sei, da der Tumor nach seiner Entfernung nicht zu Rezidiven neigt und die Bedrohung für den Betroffenen insofern gering ist; die Beurteilung richtet sich somit allein nach den tatsächlich vorhandenen Funktionsstörungen. Auch bei einer notwendigen Therapie kommt eine Gleichsetzung mit einem Seminom des Stadiums T1 NO MO nicht in Betracht.



Versorungsmedizinische Grundsätze
in der Fassung der 5. Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung