März 2000
Gutachtliche Beurteilung des GdB/MdE-Grades bei
Rückenmarkschäden
vollständige,
leichte Halsmarkschädigung mit bds. geringen motorischen
und sensiblen Ausfällen und ohne Störungen der Blasenund
Mastdarmfunktion ein GdB/MdE-Grad von 30 bis 60, bei
einer unvollständigen Halsmarkschädigung mit gewichtigen Teillähmungen
beider Arme und Beine und Störungen der Blasenund/
oder Mastdarmfunktion hingegen ein GdB/MdE-Grad von
100 vorgesehen. Es wurde bemängelt, dass keine GdB/MdE-Grade
für eine unvollständige Halsmarkschädigung mit nur mäßigen Teillähmungen
der Arme und Beine sowie Störungen der Blasen- undMastdarmfunktion genannt seien. Von manchen Gutachtern und
auch von Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit werde in solchen Fällen
stets der höhere GdB/MdE-Grad von 100 zugrunde gelegt ungeachtet
der Tatsache, dass die Auswirkungen dieser unvollständigen
Halsmarkschädigung geringer seien. Es wurde daher vorgeschlagen,
den in den „Anhaltspunkten“ genannten Kriterien eine
weitere Stufe hinzuzufügen, die eine GdB/MdE-Bewertung von 70
bis 100 ermögliche.
Die Anwesenden waren von solchen Beurteilungen einzelner Gutachter
und von Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit überrascht. Sie
wiesen darauf hin, dass die in Nummer 26.3 auf S. 62 der „Anhaltspunkte“
genannten Rückenmarkschäden nur beispielhaften
Charakter haben und als Orientierungswerte dienen, da nicht alle
in Betracht kommenden Schweregrade genannt werden können.
Es ist selbstverständlich, dass auch niedrigere GdB/MdE-Grade
in Betracht kommen können, wenn die neurologischen Ausfallserscheinungen
nicht so gravierend sind, dass ein GdB/MdE-Grad
von 100 gerechtfertigt ist. Insofern bedarf es keiner diesbezüglichen
Ergänzung der für die Beurteilung von Rückenmarkschäden
genannten Kriterien.
November 1992
Spätfolgen nach Poliomyelitis
Von der Selbsthilfevereinigung Polio e. V. war die Auffassung vertreten
worden, daß das erst in neuerer Zeit bekannt gewordene
Post-Poliomyelitis-Syndrom bei Begutachtungen nach dem Schwerbehindertengesetz
berücksichtigt werden müsse. Nach Auffassung
der Selbsthilfevereinigung würde vielfach ein Zusammenhang zwischen
den neu aufgetretenen Beschwerden und einer um Jahre
zurückliegenden akuten Erkrankung nicht erkannt, was zur Folge
hätte, dass von den Versorgungsämtern keine sachgerechten
Entscheidungen über die Höhe des GdB getroffen würden. Hierzu
stellen die Beiratsmitglieder fest, dass es bei Begutachtungen
nach dem Schwerbehindertengesetz allein auf die tatsächlich
vorliegenden Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen undzwar generell unabhängig von deren Ursache, ankommt. Wenn
Jahrzehnte nach einer abgelaufenen Polioerkrankung erneut relevante
Krankheitssymptome auftreten, können diese nicht anders
beurteilt werden, als wenn diese Symptome ohne vorangegangene
Polioerkrankung aufgetreten wären; sie können z. B. nicht als
Alterserscheinungen angesehen werden. Die Tatsache, dass diese
neuen Beschwerden auf einer früheren Polioerkrankung beruhen,
rechtfertigt keine höhere Bewertung des GdB.
In den Fällen, in denen im sozialen Entschädigungsrecht die Folgen
einer Poliomyelitis als Schädigungsfolge anerkannt sind, wird
das Post-Poliomyelitis-Syndrom in Anwendung der Nr. 63 Abs. 3
und 4 der „Anhaltspunkte“ bereits jetzt berücksichtigt. Die Nr. 54
(Seite 165) der „Anhaltspunkte“ wird bei der jetzt anstehenden
Überarbeitung der Richtlinien um das Post-Poliomyelitis-Syndrom
ergänzt werden.