Mai 2006
Nach offenen Hirnverletzungen ist der GdB/MdE-Grad auch dann nicht unter 30 festzustellen, wenn bei späteren Untersuchungen keine hirnorganischen Funktionsstörungen und Leistungsbeeinträchtigungen mehr zu erkennen sind (Nr. 26.3. Seite 52 der „Anhaltspunkte“). Es war angefragt worden, ob nach einer Hirnoperation, z. B. wegen Akustikusneurinom, die gleichen Beurteilungskriterien wie nach einer offenen Hirnverletzung gelten würden. Die Beiratsmitglieder stellten dazu fest, daß in den Fällen, in denen vor einer oder infolge einer Hirnoperation von einer Hirnschädigung auszugehen ist, in der Regel auch dann ein Mindest- GdB/MdE-Grad von 30 anzunehmen ist, wenn weder neurologisch noch psychiatrisch Folgen nachzuweisen sind.
Bei einem nachgewiesenen Hirnschaden ohne hirnorganische Funktionsstörungen und Leistungsbeeinträchtigungen ist der GdB/MdE-Wert nicht unter 20 zu beurteilen (vgl. Nr. 26.3 Abs. 2, Seite 42, der „Anhaltspunkte“). In den zwei Fallbeispielen, bei denen nach schweren Hirnschäden (in einem Fall nach Pockenschutzimpfung, im anderen Fall nach größerem Hirnsubstanzdefekt) epileptische Anfälle bestanden, war der GdB/MdE-Grad wegen Besserung der Verhältnisse jeweils auf 30 herabgesetzt worden. Anlässlich einer erneuten Nachuntersuchung ergab sich die Frage einer weiteren Reduzierung des GdB/MdE-Grades. In der Diskussion wurde darauf hingewiesen, daß mit den früher zur Verfügung stehenden Untersuchungsmethoden nur schwere Hirnschäden nachgewiesen werden konnten. Daher sei bei diesen Hirnschäden auch dann ein GdB/MdE-Grad von wenigstens 30 als gerechtfertigt angesehen worden, wenn keine bleibenden Ausfallserscheinungen mehr feststellbar waren (vgl. Nr. 88 der „Anhaltspunkte“, Ausgabe 1973). Dieser Mindest-GdB/MdE-Grad ist im Rahmen der Neufassung der „Anhaltspunkte“, Ausgabe 1983, auf 20 v. H. gesenkt worden, weil zu berücksichtigen war, daß durch verfeinerte moderne Untersuchungsmethoden auch geringere Hirnschäden festgestellt werden können. Ein GdB/MdE-Grad von 20 wäre demzufolge nur dann gerechtfertigt, wenn es sich um einen solchen geringfügigen Hirnschaden handele. Im Hinblick auf diese Ausführungen vertraten die Anwesenden die Auffassung, bei nachgewiesenen schwereren Hirnschäden den GdB/MdE-Grad – wie früher – auch dann nicht niedriger als 30 zu bewerten, wenn keine funktionellen Auswirkungen erkennbar sind und insofern in beiden geschilderten Fällen auf Nachuntersuchungen zu verzichten.
Von einem Beiratsmitglied war vorgeschlagen worden, bei der Beurteilung von Kindern mit Ventilversorgung eines Hydrozephalus auch beim Fehlen neurologischer Symptome einen GdB von wenigstens 30 anzunehmen. Die Anwesenden wiesen darauf hin, daß bei einem Hydrozephalus immer von einer Hirnschädigung ausgegangen werden müsse, die nach der Nummer 26.3 der „Anhaltspunkte“ (Seite 42) auch ohne hirnorganische Funktionsstörungen schon mit einem GdB von wenigstens 20 zu beurteilen sei. Es bestand Übereinstimmung, daß bei diesen Kindern unter zusätzlicher Berücksichtigung der Einschränkungen durch die Drainage in jedem Fall ein GdB um wenigstens 30 gerechtfertigt sei.